• Online: 3.471

VW Golf Sportsvan 2.0 TDI: Test - Der Sportsvan wehrt sich gegen das Beste am ganzen Auto

verfasst am

Etwas flacher und trotzdem höher als alle anderen: Der Golf Sportsvan überragt alle anderen Golf-Derivate und das freut nicht nur Hutträger: Ein Testbericht.

Der Golf Sportsvan trägt zwar den Begriff "Sport" im Namen, doch beim Fahrgefühl kann davon nicht die Rede sein Der Golf Sportsvan trägt zwar den Begriff "Sport" im Namen, doch beim Fahrgefühl kann davon nicht die Rede sein Quelle: MOTOR-TALK

Berlin - Neuer Name, alte Stärken. Der Golf Sportsvan hat bis auf Optik und Bezeichnung nur wenig vom Rentner-Image des Golf Plus abgelegt. Und das ist auch gut so. Denn nicht nur Ü-60-Menschen mögen bequeme Einstiege, viel Platz und eine gute Übersicht.

1. Gang: Die Basis

Longboard statt Gehhilfe: Die aufregendste Neuerung an diesem VW-Modell ist der Name. Am Konzept ändert der allerdings nichts. Bei diesem Golf-Aufwuchs geht es nicht um Sport, es geht um ein Plus an Platz – und zwar mehr denn je. Der Sportsvan ist 14 Zentimeter länger und 5 Zentimeter breiter als sein Vorgänger, der Golf Plus. Im Vergleich zu seiner Basis, dem 08/15-Golf, wächst der Sportsvan um acht Zentimeter in die Länge und ganze 12 Zentimeter in die Höhe.

Im Vergleich zum Golf Plus wächst der Sportsvan um 14 Zentimeter in die Länge Im Vergleich zum Golf Plus wächst der Sportsvan um 14 Zentimeter in die Länge Quelle: MOTOR-TALK Das schafft Platz nach oben, für Hüte, toupierte Frisuren und für Menschen, die gerne den Überblick behalten. Denn auch wenn der Sportsvan sich mit Worten und Kanten gegen das Rentner-Image wehrt, das Beste an diesem Golf bleibt die erhöhte Sitzposition. Im Vergleich zum Basis-Golf sitzt man im Sportsvan sechs Zentimeter höher – ganz ohne SUV-Wahn.

2. Gang: Das Beste

In der Golf-Riege überragt der Sportsvan alle. Dadurch können selbst auf der Rückbank 1,90-Meter-Menschen sitzen, ohne eine Delle in den Fahrzeughimmel zu drücken. Und wenn sie die Sitzbank bis Anschlag nach hinten schieben (18 Zentimeter), klappt das sogar mit einem gesunden Abstand zwischen Ohren und Knien.

Das Kofferraumvolumen reduziert sich dann von 590 auf 500 Liter (in den Variant passen mindestens 605 Liter). Nicht genug? Dann müssen Longboard-Fahrer und Rollator-Besitzer an einem vom Kofferraum aus zugänglichen Hebel ziehen. Das funktioniert ganz ohne Kraftaufwand im Finger - und die Lehne der Rückbank legt sich darnieder. Was bleibt ist eine große Ladefläche mit leichtem Anstieg. Wer 96 Euro extra investieren möchte, kann den Beifahrersitz komplett umklappen und seinen Mitfahrer gegen altbaugerechte Bücherregale tauschen.

3. Gang: Das Schwächste

VW liefert jeden Sportsvan mit Start-Stopp-Automatik aus. Das klingt nach Ruhe an der Ampel und selteneren Tankstopps. Allerdings arbeitet das System für unseren Geschmack zu träge – und verwandelt Ruhe rasch in Stress.

In den Kofferraum des Sportsvan passen bis zu 1.520 Liter Gepäck In den Kofferraum des Sportsvan passen bis zu 1.520 Liter Gepäck Quelle: MOTOR-TALK In unserem Testwagen startet das System einen 2,0-Liter-Diesel mit 150 PS - der stärkste und teuerste Motor im Sportsvan-Angebot. Ein solider, ausgereifter Selbstzünder, der lediglich auf den ersten Start am Morgen sehr brummig reagiert. Zum Glück kommt davon im Innenraum nur wenig an, einer guten Dämmung sei Dank. Den Sprint von 0 auf 100 km/h schafft der Sportsvan mit diesem Motor in 9,2 Sekunden, bei 212 km/h ist Schluss.

Wenig Sport, viel Van im Hochdach-Golf. Dafür passt selbst der Top-Motor in das Konzept Vernunftsauto. VW hat auf dem Prüfstand 4,3 bis 4,4 Liter Diesel pro 100 Kilometer gemessen. Im Berliner Alltagsbetrieb spritzten die Düsen durchschnittlich acht Liter Kraftstoff in die Brennräume. Selbst im Berufsverkehr berechnete der Bordcomputer selten mehr als zehn Liter. 340 Newtonmeter Motordrehmoment ziehen 1,8-Tonnen-Anhänger achtprozentige Steigungen hinauf.

4. Gang: Das Überflüssigste

Praktisch, aber nicht überall durchdacht. Denn wir finden keinen Zusammenhang zwischen kalten Fingern und kalten Po-Backen. Und deshalb sollten Sitz- und Lenkradheizung auch nicht auf ein und derselben Taste liegen, so wie in unserem Testwagen. Ich zum Beispiel, ich sitze gerne mollig warm. Ein warmes Lenkrad erinnert mich jedoch an schwitzig-warme Hände.

Mein Kollege bevorzugt hingegen warme Finger und kühle Backen. Klar, man kann die beiden Funktionen per Knopfdruck entkoppeln, allerdings muss man das an jedem Morgen wiederholen – so lange, bis es selbst meinen Fingern zu kalt wird.

Ebenfalls nervig: Die Sitzheizung gibt es für Trendline und Comfortline nur im Paket, zusammen mit beheizbaren Scheibenwischdüsen, einer Scheinwerfer-Reinigungsanlage und einer Warnleuchte für den Wischwasserstand. Kosten: 445 Euro.

5. Gang: Das Wissenswerte

Der Sportsvan ist sehr übersichtlich, nach vorne, zur Seite und eigentlich auch nach hinten. Es sei denn, man fährt rückwärts aus einer Parklücke. Dann versperren die anderen Pkw die Sicht und der neue Ausparkassistent muss helfen. Für 370 Euro schaut er beim Rückwärtsfahren ganz weit nach rechts und links und warnt vor herannahenden Autos.

Der Innenraum des Golf Sportsvan sieht aus wie jeder andere Golf-Innenraum Der Innenraum des Golf Sportsvan sieht aus wie jeder andere Golf-Innenraum Quelle: MOTOR-TALK Weitere nette Gimmicks im Sportsvan: Ein Gepäcknetz mit Reißverschluss, das in eine Tragetasche verwandelt werden kann, die (etwas klapprigen) Klapptische an den Lehnen der Vordersitze, ein variabler Ladeboden und ein 5-Zoll-Touchscreen. Besondere clevere Ablagemöglichkeiten wie etwa im Renault Captur gibt es allerdings nicht.

6. Gang: Das Besondere

Der Golf Sportsvan wiegt leer 1.492 Kilogramm – und damit etwa 90 Kilogramm weniger als sein Vorgänger. Das, die niedrigere Karosserie und die Kanten im Blech könnten den Eindruck erwecken, dass der Golf tatsächlich ein wenig Sportlichkeit vermitteln möchte. Tut er aber nicht. Im Gegenteil. Im Sportsvan fährt man viel komfortabler über schlechte gewartete Straßen als im normalen Golf – was am etwas längeren Radstand und der weicheren Abstimmung liegt. Zudem stehen leistungsstarke Motoren jenseits der 150 PS oder Allradantrieb nicht auf der Liste.

Dafür ein recht hoher Einstiegspreis von 19.975 Euro. Wer den 2,0-Liter-TDI mit 150 PS wählt, muss mindestens 30.750 Euro bezahlen. Allerdings bekommt er dafür auch gleich die Comfortline-Ausstattung.

Fazit:

Klar, der Sportsvan sieht viel schnittiger aus als der rundliche Golf Plus. Auch der Name macht mehr her. Dennoch bleibt das Modell, was es immer war: eine Alternative für Menschen, die gerne viel mitnehmen, gut sehen und bequem einsteigen. All das ist nichts, wofür man sich schämen müsste, liebe VWler, erst Recht nicht, wenn das Konzept erfolgreich ist.

Technische Daten: VW Golf Sportsvan:

  • Motor: 2,0-Liter-Diesel
  • Getriebe: Sechs-Gang-DSG
  • Leistung: 150 PS, 110 kW
  • Drehmoment: 340 Nm
  • 0-100 km/h in s: 9,2
  • Vmax: 212 Km/h
  • Verbrauch: 4,3 - 4,4 l (NEFZ), 8,0 (Test)
  • CO2: 112 – 115 g/Km
  • Länge x Breite x Höhe in m: 4,34 x 1,81 x 1,56
  • Leergewicht: 1.474 kg
  • Kofferraumvolumen: 590 – 1.520 l
  • Preis: 30.750 Euro

Avatar von sabine_ST
325
Hat Dir der Artikel gefallen? 21 von 31 fanden den Artikel lesenswert.
Diesen Artikel teilen:
325 Kommentare: