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Auto- und Radfahren in Italien

Themenstarteram 30. Mai 2017 um 6:02

In letzter Zeit häufen sich die Nachrichten (wobei es sich nicht um eine Entwicklung handelt, sondern um den Zufall, dass in den letzten Tagen häufiger Sport-Promis betroffen sind).

Nicky Hayden

Michele Scarponi

Julia Villehner

...oder auch "Sieben auf eine Streich" (2010).

Ehrlich gesagt, lese och diese Nachrichten mit einem Schulterzucken. Bisher.

Nun war ich letzte Woche zum ersten mal im Leben (für mehr als nur kurz über die Grenze) in Italien. Dabei habe ich ca. 1000 km auf Landstraßen zurückgelegt. Ich war schon in vielen Ländern unterwegs, auch in Ländern, in denen komisch gefahren wird. Frankreich, der ehemailige Ostblock (Polen, Ungarn, Rumänien) und Griechenland sind Bereiche, in denen ich regelmäßig fahre. Der Verkehr in diesen Ländern ist auch nicht ohne - ABER abgesehen von einigen Rowdies sind die Verkehrsteilnehmer auch im Chaos meist altruistisch. Viele fahren zwar einen "heißen Reifen", drängeln, hupen und mißachten jede Regel (besonders die Griechen), ABER sie fahren IHRE Linie, und LASSEN Dich Deine fahren. Besonders die Griechen LASSEN Dich nicht nur, sondern HELFEN Dir auch. Du kannst bei Gegenverkehr und engen Straßen überholen: blinken, und raus. Es kann auch sein, dass in dem Moment im Gegenverkehr auch einer zum überholen ansetzt. Dann fahren eben vier Autos an einander gleichzeitig vorbei. Kein Problem (klappt nicht immer, dann gibt es Tote, aber der Versuch zu helfen, dass auch das blödeste Manöver klappt, ist sicher). In Ungarn bleiben andere Verkehrsteilnehmer stehen, um Vorfahrt zu gewähren, und man wird "reingeblinkt", obwohl man HINTER der Vorfahrtfahrzeug locker Platz hätte... Besonders merkwürdig ist, wenn ein LINIENBUS(!) inkl. Passagieren ohne ersichtlichem Grund auf die Vorfahrtverzichtet (hinter mir wartet niemand, ich blockiere keine Spur - nichts - und der Bus bleibt stehen und gibt mir Handzeichen zu fahren - WTF??) Usw.

Als Radfahrer hat man in allen diesen Ländern einen schlechten Stand (und oft schlechte Straßen), aber als Verkehrsteilnehmer sind Radfahrer eigentlich "beschützt", auch, wenn die Überholabstände gering sein können - der böse Wille fehlt, der Gedanke, den Radfahrer zu schützen ist ausgeprägt (wenn auch fahrtechnisch miserabel umgesetzt).

Anders in Italien.

Autofahren können die nicht. In Kurven mit Übersicht können die ordentlich feige fahren - trödeln. In Kurven OHNE Übersicht fahren die definitiv auf Kollisionskurs. Entsprechend habe ich mir mal den Spaß gemacht, abends die Autos der Einheimischen anzusehen. Wir waren die einzigen Touristen in jenem Ort (nahe Cinque Terre, ein Bergdörfchen mit nur EINER Ferienwohnung/Pension). Es gab KEIN Auto, das nicht mindestens zwei beschädigte Ecken hatte, auch kein unbeschädigter Piaggio Ape. Meist waren die Autos rundum beschädigt, viele Spiegel waren mit Klebeband angeklebt.

Da unsere Unterkunft etwas weit von Cinque Terre war, sind wir gegen 6h schon gestartet, um ca. 8h dort zu sein, und gratis parken zu können (der Plan ist aufgegangen). Natürlich sind viele Straßen gesperrt, und man muss auf übelst schmale Nebenstrecken ausweichen.

Und überall das selbe Bild: rasende Autofahrer und LKW. Lässt man etwas Abstand zum Vordermann, quetschen sich vor einem dauernd Autos hinein, als sei man ein Baustellenfahrzeug. Überholt wird Spiegel an Spiegel (oder Spiegel gegen Spiegel). Vorne geht es nicht weiter, aber es wird sich reingequetscht, wenn mehr als eine Stoßstangenbreite Abstand zum Vordermann gelassen wird. Keiner wird bei dichtem Verkehr gelassen, einzufahren. Die Methode dorrt ist, mit der Fahrzeugnase die Spur vorsichtig immer weiter zu blockieren, bis keiner vorbeikommt, und dann einzufahren. Wenn ich vom Gas gehe, um Andere reinzulassen (besser vom Gas, un Platz lassen, als stehenbleiben), fahren die nicht ein, und zügig weiter, sie stecken nur die Nase in die Lücke. Zum bösen Willen kommt also auch die komplett fehlende Übersicht für die Situation.

Viele Radfahrer sind Frühaufsteher - und abends wieder unterwegs (in geringerer Zahl sind auch tagsüber). Man könnte meinen, dass EIN (deutsches) Auto und einige versprengte Radfahrer gut mit einander klar kämen. Das ist nicht der Fall. Abgesehen davon, dass wir nur EINE Einheimische auf dem Rad gesehen haben, sonst nur Sportradfahrer, fahren die selbst wie Sau:

- neben einander (Straße blockierend)

- Straßenmitte

- in langer Kolonnen, die das Einfädeln nach dem Überholen unmöglich machen - und konsequent ohne Beleuchtung (auch in Tunneln). Man kommt aus der gleißenden Sonne in den dunklen Tunnel, und Radfahrer fahren mittig auf der Straße - ohne Licht, ohne Reflektor - nichts.

- auf engen Serpentinen in voller Abfahrgeschwindigkeit - Straßenmitte - bei Straßenbreiten von max. ein Fahrzeug. Dass ich keine Kollison mit einem Radfahrer hatte ist dem Zufall geschuldet, dass links von mir immer eine Radfahrerbreite Platz war. Es gibt aber auch Straßen/Passagen, wo dies nicht der Fall ist. Wer sich nicht in Luft auflösen kann, hat in solchen Fällen mit hoher Wahrscheinlichkeit einen Radfahrer auf der Motorhaube.

In der Tat sind Radfahrer in Italien selbst dann in Lebensgefahr, wenn sie sich korrekt verhalten. Was die Schramme an der Fahrzeugecke für den Autofahrer ist, kann der Tod für den Radfahrer sein, denn gefahren wird auf Crash-Kurs. Unter solchen Verhältnissen mit dem Rad auf die Straße zu gehen, betrachte ich als gelebten Darwinismus.

Auf einen korrekt fahrenden Radfahrer kommen ca. vier Radfahrer oder Gruppen, die so fahren, dass sie selbst in Münster oder Göttingen in Lebensgefahr wären.

Mein Fazit:

- wer auf die Idee kommt, in Italien das Fahrradtraining zu absolvieren ist von seiner Genetik her nicht lebensfähig, und überlebt höchstens per Zufall

- wer dann auch noch nebeneinander, in langen, ununterbrochenen Kolonnen, in der Straßenmitte, und/oder unbeleuchtet fährt, ist ein Selbstmörder.

Mein Mitfegühl mit den toten Radfahrern hält sich also schon wegen des ersten Fazit-Punktes in Grenzen, und ich rate definitiv davon ab, in Italien mit dem Rad in den Verkehr zu fahren, aber bei denen, dei auch noch idiotich fahren, sehe ich den Unfall als selbst provoziert an.

Mit dem Auto braucht man eine Auslandsschadenschutzversicherung.

Auf den Serpentinen helfen die deutschen Regeln für sicheres fahren übrigens ganz gut. Färht man ganz rechts und auf "halbe Sicht" minus 10%, hat man zwar ab und zu einige Deppen hinter sich, die sich aufregen, aber man hat eine relative Sicherheit, nicht getroffen zu werden..

Beste Antwort im Thema
Themenstarteram 30. Mai 2017 um 8:29

Zitat:

@Bopp19 schrieb am 30. Mai 2017 um 08:37:54 Uhr:

Bin ja so ein Italien Fan.

Komme mit der italienischen Fahrweise gut zurecht.

Allerdings bin ich nachts nicht um die Häuser gezogen und habe Dellen und Beulen gezählt,da war dolche Vita angesagt.

Komme mal nach Berlin Kreuzberg ,hier gehtes richtig zur Sache.

B 19

Es war toll in Italien - zweifellos.

Aber auf dem Weg von der Pizzeria nach Hause habe ich Dellen gezählt :-) Grund: ich war mir nicht sicher, ob ich gut parke, und habe versucht einzuschätzen, ob die Gefahr besteht, das ich mir Dellen einfange. Dann wurde mir klar, dass dies AUSNAHMSLOS keine Park-Dellen waren, sondern Fahr-Dellen.... So habe ich dann doch beruhig parken können (bzw. das Auto stehenlassen können).

Berlin (inkl. Kreuzberg) ist allerdings eine Zone politischen Versagens. Im Allgäu und am Bodensee lebt es sich entspannter (obwohl der Bodenseekreis schon eindeutig linke Versagenssymptome zeigt).

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Zitat:

@azrazr schrieb am 31. Mai 2017 um 17:54:37 Uhr:

LOL....

Mein highlight ist im Kontext Deutsche in IT immer dieser Vorfall

;-)

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