Ab wieviel ccm wird ein reguläres Motorradkennzeichen erteilt...?

Hallo,
liege ich mit meiner Vermutung richtig, dass alles oberhalb von 125ccm, also auch ein 200ccm Roller, ein reguläres Motorradkennzeichen erhält?
Oder auch bei 125ccm, wenn eine bestimmte Leistung erreicht wird?
Anders gefragt, was sind die Mindestanforderungen für ein Motorradkennzeichen? (Hubraum/KW)?

-🙂

Beste Antwort im Thema

Servus,

Die kurze Version:
Um ein amtliches Kennzeichen zu bekommen braucht man mindestens ein motorisiertes Zweirad mit mehr als 45 km/h Höchstgeschwindigkeit und mehr als 50 cm³.

Bei einem Leichtkraftrad (eigentlich zulassungsfrei, siehe unten) hat man dann eine Betriebserlaubnis und einen Fahrzeugschein.

Sobald man über 125 cm³ oder über 11 kW kommt, wird aus dem Leichtkraftrad ein Kraftrad und man hat statt der Betriebserlaubnis dann einen Fahrzeugbrief, wobei eine Betriebserlaubnis natürlich trotzdem bestehen muss.

Hier das Fachchinesisch:
Alles was man dazu braucht ist die Fahrzeug-Zulassungsverordnung.

§ 1 FZV "Anwendungsbereich":
Diese Verordnung ist anzuwenden auf die Zulassung von Kraftfahrzeugen mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 6 km/h und die Zulassung ihrer Anhänger.
(Quelle)

§ 2 FZV "Begriffsbestimmungen"
Im Sinne dieser Verordnung ist oder sind
1. Kraftfahrzeuge: nicht dauerhaft spurgeführte Landfahrzeuge, die durch Maschinenkraft bewegt werden;
[...]
3. Fahrzeuge: Kraftfahrzeuge und ihre Anhänger;
[...]
9. Krafträder: zweirädrige Kraftfahrzeuge mit oder ohne Beiwagen, mit einem Hubraum von mehr als 50 cm3 im Falle von Verbrennungsmotoren, und/oder mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h;
10. Leichtkrafträder: Krafträder mit einer Nennleistung von nicht mehr als 11 kW und im Falle von Verbrennungsmotoren mit einem Hubraum von mehr als 50 cm3, aber nicht mehr als 125 cm3;
11. Kleinkrafträder: zweirädrige Kraftfahrzeuge oder dreirädrige Kraftfahrzeuge mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von nicht mehr als 45 km/h und folgenden Eigenschaften:
a) zweirädrige Kleinkrafträder:
mit Verbrennungsmotor, dessen Hubraum nicht mehr als 50 cm3 beträgt, oder mit Elektromotor, dessen maximale Nenndauerleistung nicht mehr als 4 kW beträgt;
[...]
(Quelle)

§ 3 FZV "Notwendigkeit einer Zulassung":
(1) Fahrzeuge dürfen auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind. Die Zulassung wird auf Antrag erteilt, wenn das Fahrzeug einem genehmigten Typ entspricht oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist und eine dem Pflichtversicherungsgesetz entsprechende Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung besteht. Die Zulassung erfolgt durch Zuteilung eines Kennzeichens, Abstempelung der Kennzeichenschilder und Ausfertigung einer Zulassungsbescheinigung.
(2) Ausgenommen von den Vorschriften über das Zulassungsverfahren sind
1. folgende Kraftfahrzeugarten:
a) selbstfahrende Arbeitsmaschinen und Stapler,
b) einachsige Zugmaschinen, wenn sie nur für land- oder forstwirtschaftliche Zwecke verwendet werden,
c) Leichtkrafträder,
d) zwei- oder dreirädrige Kleinkrafträder,
[...]
(Quelle)

Ich fasse mal zusammen:
Alle Kraftfahrzeuge, bis auf die Ausgenommen, die schneller als 6 km/h fahren brauchen eine Zulassung. Unter den Ausnahmen stehen Leicht- und Kleinkrafträder. Demnach sind diese Fahrzeuge zulassungsfrei.

Bei Kleinkrafträdern sind alle "Roller" bis 50 cm³ und bis 45 km/h gemeint. Leichtkrafträder sind Krafträder, also Motorräder, mit einem Hubraum zwischen 51 cm³ und 125 cm³, einer Höchstgeschwindigkeit über 45 km/h und einer Leistung von weniger als 11 kW.
Für diese gibt es aber noch besondere Regeln. Diese sind wie folgt:

§ 4 FZV "Voraussetzungen für eine Inbetriebsetzung zulassungsfreier Fahrzeuge":
(1) Die von den Vorschriften über das Zulassungsverfahren ausgenommenen Fahrzeuge nach § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 2 Buchstabe a bis g und land- oder forstwirtschaftliche Arbeitsgeräte mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3 t dürfen auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie einem genehmigten Typ entsprechen oder eine Einzelgenehmigung erteilt ist.
(2) Folgende Fahrzeuge nach Absatz 1 dürfen auf öffentlichen Straßen nur in Betrieb gesetzt werden, wenn sie zudem ein Kennzeichen nach § 8 führen:
[...]
2. Kraftfahrzeuge nach § 3 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe c,
[...]
(Quelle)

Ich übersetze mal:
Die ausgenommenen Fahrzeuge, also unser Roller und unser Leichtkraftrad, dürfen nur gefahren werden, wenn für sie eine Betriebserlaubnis besteht. Das ist ein extra Dokument, das vorhanden sein muss. Zudem müssen Leichtkrafträder noch ein Kennzeichen führen. Dazu wird auch eine Zulassungsbescheinigung Teil 1 (Fahrzeugschein) mit ausgestellt, aber keine ZB2 (Fahrzeugbrief).

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Zitat:

@NOMON schrieb am 22. Juni 2018 um 01:48:16 Uhr:


Yeah, richtige Experten hier!
Nehmen wir an, ich hätte einen 50 ccm Roller, der eigentlich auf 45 km/h gedrosselt ist und mit Versicherungskennzeichen gefahren werden soll. Durch Entfernen der Drosselung am Vergaser kann das Ding etwas schneller fahren. Ist es möglich, das Gefährt mit "richtigen" Kennzeichen zuzulassen und diesen Umbau quasi zu legalisieren?

Wie mein Vorredner bereits erwähnt hat ist das möglich, aber alles andere als günstig. Ich bin mir sicher, dass du für das Geld 2 neue Roller kaufen kannst, die auch das können was du eigentlich haben willst.

Nur zum weiteren Verständnis:
Das Fahrzeug hat eine Betriebserlaubnis (BE), mit der alle rechtlich relevanten technischen Details abgedeckt und (manchmal in kleinen Bereichen) fixiert sind. Wenn am Fahrzeug bestimmte Änderungen vorgenommen werden, dann erlischt die BE.

Ein Beispiel:
Du hast einen Roller der EG-Fahrzeugklasse L1e mit 50 cm³ Hubraum und einem v_max von 45 km/h. Dein Fahrzeug wurde so homologiert und erfüllt damit alle von der EU-Verordnung 168/2013 geforderten Richtlinien, z. B. Bremsanlage, Beleuchtung, Abgaswerte, Geräuschwerte und so weiter und so fort, alles was da halt gefordert wird. Änderst du etwas um die Höchstgeschwindigkeit zu erhöhen, egal wie, so fällt dein Fahrzeug aus der L1e Klasse heraus, weil diese nur bis 45 km/h gilt, damit erlischt die BE. Jetzt liegt es vielleicht im Bereich der Fz.-Klasse L3e. Mit dem Ändern der Fahrzeugklasse ändern sich auch einige Vorschriften, die das Fahrzeug erfüllen muss. Jetzt muss alles, was zwischen den Klassen L1e und L3e anders ist, neu nachgewiesen werden um eine neue BE für das Teil zu bekommen, da ja noch niemand vorher das Fahrzeug vor diesen Gesichtspunkten geprüft hat. Alleine bei der Abgasprüfung, die mit Sicherheit anders ist, wird ein vierstelliger Betrag fällig. Der Rest ist, wie bereits erwähnt, auch nicht günstig, denn dafür benötigt man spezielles Equipment, eventuell besondere örtliche Gegebenheiten (Geräuschmessung), geschultes Personal und viel Zeit.

Wäre auch eine Frage des Baujahres. Wenn umgeschlüsselt wird zum Motorrad muss der Roller die Vorschriften zum Datum der Erstzulassung einhalten. Erste Abgasnormen waren Ende 80er? (geschätzt, zu faul zu suchen). Geräuschmessung wäre noch das kleinste Problem. Bei neurerem Roller den auf Euro XYZ zu bringen wird man eher nicht schaffen. Stichtwort G-Kat,OBD, teils noch 2T-Motoren im Roller, ....

Die Zulassung möglich als Motorrad wäre nach Fahrzeug-Zulassungsverordnung:
"Krafträder: zweirädrige Kraftfahrzeuge mit oder ohne Beiwagen, mit einem Hubraum von mehr als 50 cm3 im Falle von Verbrennungsmotoren, und/oder mit einer bauartbedingten Höchstgeschwindigkeit von mehr als 45 km/h;"

Also auf 46km/h drosseln 😛 😁

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