1.000km DCT - eine Abrechnung
Genau genommen sind's heute schon über 1.300km, aber im Wesentlichen hat das vergangene Wochenende schon gereicht, um sich ein Urteil zu bilden, dass ich sie heute endlich scheuchen und den Landstraßenverbrauch von 7,0 auf 7,7 Liter hoch treiben durfte, ist da nur das Tüpfelchen auf dem i.
Zuerst zu mir: Ich fahre seit jeher hoch drehende aber für ihre Leistungsklasse relativ schwere Motorräder. Soll heißen ich bin es gewohnt viel zu schalten, mache das gewisser Maßen auch gern, und ich fahre auch oft mit schleifender Kupplung. In Kurven stotternde Motoren lösen bei mir immer Unbehagen aus und ein Triebwerk soll drehen, dafür ist es gemacht.
Wie bin ich nun zum Doppelkupplungsgetriebe gekommen? Die kurze Geschichte lautet: Eine Probefahrt und ich war verliebt. Die lange Geschichte: Schon immer hat mich beim Autofahren neben der Untermotorisierung und den viel zu großen Abmessungen eine Sache gewaltig gestört: Das Rumgerühre im Getriebe. Das hat mir am Motorrad schon immer gefallen, einfach den Hebel antippen und man hat den nächsten Gang. Allerdings gehöre ich schon zur Gaming-Generation und damit ist klar, Kupplungshebel passen einfach nicht in mein Weltbild, wenn ich schalte, dann über eine Taste, die Einsen und Nullen hin und her schiebt.
Die Kupplung glüht!
Ja, so ist es, für keinen Gangwechsel bin ich mir mehr zu schade. Keinerlei Unruhe mehr im Fahrzeug - naja, fast, dazu gleich mehr - kein verschwendeter Gedanke daran, ob es lohnt für den kurzen Moment zu schalten und ob ich grade mitten in ner Kurve bin, ist auch total egal. Gefühlt ordne ich jetzt doppelt so viele Schaltvorgänge an wie auf ihrer kleinen Schwester, so ist das halt, wenn andere für einen arbeiten. In Städten mit vielen Ampeln ist das einfach nur ein Genuss, die Geschwindigkeit wird per Gas und Bremse vorgegeben, der Computer bedient die Kupplung souverän, ich kann jetzt auch beim Ampelstart grüßen und wenn ich an der Ampel vor fahre, dann muss ich nicht mehr (schon beim vor Fahren) die Kupplung (halb) gezogen halten, sondern mich nur entscheiden wann ich Gas geben will.
Nettes Detail: Feststellbremse! Da die Elektronik beim Anhalten automatisch den Gang raus nimmt und man somit beim Parken am Berg Probleme kriegt, gibt es einen extra Hebel zu ziehen, der das Hinterrad arretiert. Wenn also mal wieder eine Ampel oder Schranke am Hang zu einer längeren Wartezeit einlädt, dann einfach die "Handbremse" ziehen und zurücklehnen - eine Warnleuchte erinnert einen dran, sie auch wieder zu lösen.
Wo Licht ist, da ist natürlich auch der Schatten nicht weit. Zu allererst: Wer die (aktuelle) kleine VFR kennt, der weiß um ihre "spezifische" Motorcharakteristik. Meiner Meinung nach, ist das der völlig falsche Motor für diese Kupplung.
In einem Testbericht heißt es, sie sei heiser, und unter 4000min^-1 trifft es das genau. Bis 6000min^-1 fängt sie dann an zu knurren. Und ab 7000min^-1 macht's BUMMS! Also genau die Charakteristik der kleinen Schwester ABER mehr Bumms und weniger Drehzahl. (Mit einer Ausnahme, dazu wieder gleich mehr, bin ja grade dabei, das erste "gleich mehr" aufzuarbeiten.) Das Problem ist nun, wo wir normaler Weise die Kupplung schleifen lassen und das Herz unserer Liebsten etwas höher schlagen lassen, ist das nicht mehr möglich. Hier sind wir auf die Drehmomentkurve angewiesen und darum wäre m. E. ein homogener Reihenzylinder angebracht. Das typisch bockige V-Tec Verhalten, das hier in zwo Stufen nachempfunden wird, macht zwar extrem Laune, passt aber gar nicht zur computerisierten Kupplung. Vor allem wenn gerade so voll eingekuppelt ist, der Motor aber noch nicht ganz rund läuft (20...30km/h im ersten Gang) kommt es zu unangenehmem Stottern, genau so in höheren Gängen im Stadtverkehr, wo man (bzw. zumindest ich) manchmal gern mit ein wenig Kupplung korrigieren würde.
Nun zum Ampelstart. Ich hab mir immer noch nicht getraut, einfach mal Vollgas zu geben, aber ich hab ne Ahnung davon. Ich hatte es oben erwähnt, 9000 Umdrehungen und den Rest per Kupplung fällt flach, die Elektronik scheint mir sehr sachte an die Aufgabe heran zu gehen, für Rennfahrer ist das sicher nichts, es will sich kein so rechter Vortrieb entwickeln (wir reden hier über Motorrad-Verhältnisse, die Dosen stehen nach wie vor an der Startlinie während ich die Kreuzung bereits verlassen hab). Das mag aber sowohl mit besagter Motorcharakteristik und meiner Ängstlichkeit zusammenhängen. ABER - und hier kommen wir zum Punkt wo es einen richtigen Ruck gibt - WENN die Elektronik dann beschließt, richtig einzukuppeln... Ich habe den Eindruck, hier kommen zwo Punkte zusammen: Zwischen 6000 und 7000 Umdrehungen beginnt das Biest wie gesagt zu fauchen und wenn man von der Ampel mit halbwegs Schwung weg fährt, glaube ich, dass auch erst dann die Kupplung vollständig schließt.
Das gibt einen Ruck, dass man auf dem Sitzpolster zurück rutscht, auch wenn man drauf gefasst ist, gefühlte 10cm. Und ich hab beim ersten Mal unter'm Helm einfach nur gejubelt. Das zur unpassenden Motorcharakteristik.
So langsam verliere ich aber den Überblick über mein Getippe, drum will ich zu einem vorläufigen Ende kommen. Generell empfiehlt es sich,immer einen Gang niedriger zu sein als man es gewohnt ist, zumindest wenn man von der kleinen VFR kommt. Auch sie ist im ersten Gang auf 100 übersetzt und derzwote nimmt sich nicht viel, aber die fehlende Option auf den Kupplungshebel bringt das einfach mit sich. Wenn man das wirklich konsequent beherzigt, dann hängt sie immer schön am Gas und man ist glücklich. Konkret heißt das: Man kann innerorts im 4. rollen, der 3. ist aber besser und wenn'skleine Dörfer sind oder man am Ortsausgang beschleunigen will, dann ist der 2. Gang angesagt. Wie mit der kleinen Schwester ist unter 6000 Runden nix zu wollen. Wer den Ort mit Tempo 50 verlässt und Sprünge machen will, für den ist der 1. Gangt Pflicht, für enge Kurven sowieso.
Störend ist bei dieser Fahrweise nur wieder der Motor. Versteht mich nicht falsch, das Triebwerkkann sehr wohl begeistern. Aus dem heiseren Fauchen wird ein dumpfes Grollen, das zu einem kathartischen Schreien anwächst, welches sich - Achtung, persönliche Meinung - nicht vor einem V2 verstecken braucht. Das einzige Problem - und das mag mit dem V2 Konkurrenzkampf zusammenhängen - ist die Drehfreude. Die kleine Schwester mach unter 6000...7000U nix, ab er dann geht sie ab mit dem Leistungsmaximum bei knapp 11.000 oder so. Und danach marschiert sie noch elastisch bis 12.000...12.300. Ihre große Schwester ist da etwas konservativer. Ihre Leistungsentfaltung ist trotz allem was ich sagte insgesamt etwas gummibandartiger. Klar, da ist mehr, aber was die VFR Fahrer der letzten Generation lieben gelernt haben, dieser V-Tec Ruck, fehlt eben doch. Und es fehlt noch etwas, die Drehfreude. Die fehlenden 1.000...2.000 Umdrehungen merkt man deutlich ein 1l Motor wäre wohl die bessere Wahl gewesen. Vor allem der Abstand zwischen Maximalleistung und Begrenzer ist zu klein. Wo die Kleine noch locker in den roten Bereich dreht, nimmt die Große die Sache mit der Maximaldrehzahl sehr ernst. Dafür ist aber der Leistungspeak zu nahe dran und man krach tauf der Landstraße zu schnell in den Begrenzer (das war jetzt der Beitrat der Etappe 1.000 bis 1.300 Kilometer).
Das mag jetzt alles etwas zu negativ geklungen haben, war es aber gar nicht. Ich bin überzeugt von dem Motorrad, ich liebe meinen Schatzzzz, egal mit welcher Art von Motorrad ich sie vergleiche, sie hat immer etwas entgegen zu setzen und geht meistens als Gewinner von der Bühne. Das Fahren mit ihr macht mir unendlich viel Spaß und ich kann mir nichhts schöneres mehr vorstellen. Aber perfekt ist sie eben noch nicht, nur von allen am nähesten dran.
2 Antworten
Schöner Bericht, sehr auskunftsreich und mit Freude zu lesen (:
Schliesse mich da meinem Vorredner an. Gibt mir außerdem einen Eindruck davon, was ich definitiv nicht! haben will - ein Moped, welches mit Automatik ausgestattet ist und meint, daß es "mitdenkt".
Mit der Kupplung zu spielen gehört für mich einfach zum Kradfahren mit dazu. Einsen und Nullen schubse ich beruflich genug hin und her, da will ich auf dem Zweirad nix von wissen.
Was ich allerdings schön finde ist, daß der Wraith sein Moped so herzinnig liebt. Geht nichts darüber, die für einen persönlich beste Maschine zu finden! 😁