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"Mindset" fürs sichere Motorradfahren

Themenstarteram 19. Februar 2010 um 22:45

Eines vorweg: Wer nichts von mentalem, theoretischem Training hält, bzw. "den Spiegel" nach wenigen Seiten schon zur Seite gelegt hat... kann hier aufhören zu lesen.

Alle Anderen lade ich gerne ein, meine Gedanken zu teilen. Doch nun genug gesabbelt, los gehts:

 

Aus beruflichen Gründen beschäftige ich mich gerade mit einem Werk, welches mit Motorradfahren eigentlich so garnichts zu tun hat.

Doch habe ich dort ein interessantes System (Modell) entdeckt, welches sich auch aufs Motorradfahren übertragen lässt. Perfekt sogar!

Das Werk zitiert eine von Jeff Cooper (US-Marineoffizier und Schießlehrer) erdachte Farbskala, die Eskalationsstufen repräsentiert.

Das Modell dient dazu,

-die Beobachtungsgabe zu schärfen,

-sich in eine Bewusstseinshaltung zu versetzen in der man nicht mehr so leicht überrascht werden kann und

-unverzüglich Gegenmaßnahmen einleiten kann.

(hier kommt auch wieder "der Spiegel" ins Spiel: Etwas, das nicht überraschend und nicht plötzlich kommt, kann fast nicht zum Schreck werden...)

Bei dem Modell befindet man sich immer in einem Bewusstseinszustand, der je nach Bedrohungsgrad einer Farbe entspricht.

Weiß=Keine Anzeichen einer Gefahr bis zu

Rot=Dampfende K***e

Durch das ständige "sich bewusst sein" soll Routine und Gedankenlosigkeit verhindert werden und der Überraschungseffekt ausgeschaltet werden. Ich bin überzeugt, dass dies funktioniert.

Ich habe das Modell - mal eben - auf den Motorradbereich umgemünzt. Es ist sicher noch nicht perfekt, da in einem frühen Stadium, aber - so denke ich - "funktionstüchtig".

 

Stufe 1 Weiß:

Das ist die erste Eskalationsstufe, hier droht quasi keine Gefahr. Diese gilt für uns Motorradfahrer wohl nur, wenn wir am Treff neben dem Bock stehen und Benzin quatschen. Sobald wir am Straßenverkehr aktiv teilnehmen, schalten wir um auf:

 

Stufe 2 Gelb:

In dieser Stufe befinden wir uns die meiste Zeit. Sie bedeutet für uns, dass wir einfach eine erhöhte Aufmerksamkeit walten lassen.

Sicher, man könnte zu sich auch einfach sagen, was die Mama auch immer zu einem sagt: "Fahr Vorsichtig!"

Das meint zwar das Gleiche, bewirkt aber nicht das Gleiche, weil die bewusste Zuwendung fehlt.

Legt man im Geiste einen Hebel um und erhöht bewusst eine Eskalationsstufe, dann wird man der Tatsache gewahr, dass sich etwas an der Situation geändert hat.

Es wird einem bewusst, dass die Augenblickliche Situation prinzipiell mal gefährlicher ist als noch vor 5 Min, wo man noch am Treff seinen Kaffee getrunken hat und jetzt eine erhöhte Aufmerksamkeit fordert.

Jetzt aufzuzählen, auf was man in Stufe Gelb alles achten könnte, wie sich z.B. Gefahrensituationen oft anbahnen usw - das würde jetzt den Rahmen sprengen.

(Ein sehr empfehlenswertes Werk hierzu ist z.B. "Sicher ankommen - Motorradfahren mit Verstand von David Hough",

oder der Abschnitt "Urbanes Überleben aus dem Buch "Auf der Ideallinie" von Nick Lenatsch.)

Das ist auch nicht nötig. Mit dem bloßen sich bewusst werden ist schon viel gewonnen. Ein deutlicher Vorteil gegenüber dem, der einfach ins Auto oder aufs Motorrad steigt und wirklich gedankenlos "drauflos" fährt.

Stufe Gelb bedeutet, seine Umwelt aktiv wahrzunehmen, die Verkehrssituation zu beobachten, die Vorgänge um sich herum (auch hinter sich!) zu erfassen, zu bewerten und nach Gefahren abzusuchen.

Stufe 3 Orange:

Hierauf gilt es umzuschalten, wenn eine unklare Situation eintritt. Hebel umlegen, Farbe ändern und sich bewusst machen, das JETZT eine Konkrete Gefährdung vorliegen könnte und die Situation JETZT ein Eingreifen, bzw. absolute Aufmerksamkeit und Bereitschaft erfordert!

Bei Orange gilt es, sich auch gleich eine Lösungsmöglichkeit einfallen zu lassen, wie man - im Falle des Falles - wieder mit heiler Haut aus der Situation herauskommt.

Mit dem Umschalten auf Orange macht man sich also bewusst, dass eine Gefahr vorliegt und ein Eingreifen notwendig ist. Man verhindert damit, dass man UNTÄTIG bleibt und die Gefahr solange ignoriert bis die unumkehrbare Situation eingetreten ist.

Typische Orange-Situationen wären z.B:

-Linksabbieger in allen Variationen

-Auto steht an Querstraße/Parkplatz und will auf die Fahrbahn fahren

-Der Gegenverkehr ist eine Autoschlange, die hinter einem Trekker herschleicht

-Man will einen Spurwechsel im dichten Stadtverkehr machen

-Man hat eine Grüne Ampel und an der zu überquerenden Kreuzung steht kein Auto als "Prellbock"

Natürlich bedeutet ein Umschalten auf Orange nicht, dass man seine gesamte Aufmerksamkeit auf diesen einen Auslöser richtet... es findet weiterhin eine 360°-Aufmerksamkeit statt!

Zum Training kann man gerne mal (bei jedem kreuzendem Auto usw...) öfter zwischen Gelb und Orange wechseln! So sackt der Vorgang schneller ins Unterbewusstsein ab und läuft irgendwann automatisch.

 

Rot:

Hier ist es - eigentlich schon zu spät um präventiv zu agieren - man ist bereits in einer bedrohlichen Situation, hatte aber offenbar noch Zeit dies bewusst wahrzunehmen.

 

Bsp:

Der merkbefreite Gegenverkehr zieht in einiger Distanz zu Überholen raus,

auf der Passabfahrt versagt die Bremse,

auf der Rennstrecke stürzt der Fahrer vor einem, oder

man hat allgemein einen Fahrfehler gemacht, den man gleich auslöffeln muss.

Also eine Situationen einfach, wo man noch nicht gleich vor Schreck gelähmt ist, aber trotzdem absolut überfordert ist.

Rot ist eigentlich keine weitere Eskalationsstufe mehr, sondern vielleicht nur noch mal ein Hebelchen zum bewussten Umlegen -

das einen daran erinnert, möglichst ruhig zu bleiben - statt durch eine Panikreaktion alles noch viel schlimmer zu machen.

Quasi auf die Art: "Rot!!! Cooooooool bleiben!!!"

 

 

Vielleicht bringen meine Hirngespinste ja den einen oder anderen dazu sich selbst Gedanken zum Thema zu machen.

Vielleicht, wenn der eine oder andere kurz nachdenkt und vor dem Losfahren auf "Gelb" schaltet - statt einfach nur "drauflos" zu brettern... ist schon etwas gewonnen!

 

Allzeit gute Fahrt!

Beste Antwort im Thema
am 20. Februar 2010 um 19:50

Was bin ich froh, wenn das weiße Zeug weg ist und es endlich wieder mit dem MotarradFAHREN los geht.:p

Bei so vielen Gedanken vergess ich doch glatt das Losfahren.:D:p

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Ich geh jetzt gleich mit nem`Kumpel zur Rheinberger Motorradmesse, sollte mir da einer Gehirnjogging für Motorradfahrer anbieten, dann "... hau i dem so ane aufs hirn, dass dem rahmriassl de wadln blatzn...

Der bayerische Text ist geklaut(ratet mal von wem):D, spiegelt aber meine ehrliche Meinung wider.......

gereizte stimmung hier...sitzen wohl einige auf dicken eiern

Okay doc, so macht es Sinn. Nur dass der TE DAS damit meint, war echt nicht ersichtlich, ich hab schlichtweg geraten.

Und mit der Farbskala kann ich das immer noch nicht in Zusammenhang bringen.

Vielleicht sollt ich mal ein Buch vom Jeff lesen... Bis jetzt war ich nämlich immer der Meinung, wenn man viele bunte Farben sieht, SOLL man garnicht Motorrad fahren...

:D

am 21. Februar 2010 um 13:38

Das mit der Farbpalette hab' ich jetzt noch nie gehört, ich dachte immer "mind-setting" wird erreicht durch so ne Art mentales Training, wie es z.B. die Kunstflieger oder Geräteturner machen. Die stellen sich auf die Wiese, breiten die Arme zu Flügeln aus (könnte man sich ja eigentlich kringeln vor Lachen, macht aber viel Sinn) und fliegen ihre Kür paarmal im Geiste durch, um sich's einzuprägen, dass das vorbereitbare Programm dann "automatisch" abläuft und sie sich im Flug auf's reine Fliegen konzentrieren können, also z.B. das Auskorrigieren von Windböen und sowas Unvorhersehbarem. Die Rennfahrer machen das vermutlich auch, dass sie die Strecke im Geiste durchfahren, Bremspunkte, Ideallinie und sowas.

Tja, und wenn man sich auf's Motorrad setzt, sollte man ja ständig hochkonzentriert sein, also immer "gelb bis orange", man weiß ja nicht was plötzlich aus der Seitenstraße kommt - deswegen finde ich die Farbpalette etwas seltsam, denn wenn ich in einer Kurve plötzlich nen Kuhfladen vor mir sehe, muss ich ja sofort reagieren, und nicht erst rumüberlegen, ist's jetzt Orange oder schon Rot, dabei verliere ich ja nur wertvolle Zeit. Wenn man natürlich dem Hintermann noch dazu ein kurzes Warnsignal geben könnte, das wäre natürlich gut, und ich vermute daher rührt das Konzept, weil sich "orange" schneller sagen läßt als "Vorsicht Kuhfladen 12 Uhr voraus", denn die Kuhfladen muss ja jeder erst selbst sehen, dass er richtig reagieren kann o.ä. Zum eigenen Mindsetting ist's wohl besser, Gefahrenbremsungen 100 mal zu üben, dass die dann automatisch ablaufen können (und auch die Panikreaktion in der Situation wegfällt, weil man sie ja durch's viele Üben fast gewohnt ist), als sich Farbpaletten-Muster einzuprägen, zu welcher Farb-Gefahrenkatogorie die jeweilige Situation gehört....aber manches kann man halt nicht üben, z.B. wenn man mal "absteigen" muss, da glaube ich sind noch ganz andere Reflexe am Werk, da wird wohl sogar unbewußt miteinbezogen, was man mal nur beobachtet hatte, im Fernsehen oder so.

"Achtung oraaange"......."sch..sch..schooon reingetreten"....:D

PS: Ein Trauma ist ja ein Mind-Set in die ungünstige Richtung, man sieht bestimmte bekannte Muster einer ehemals bedrohlichen Situation, die damals dann auch schlimm wurde, und bei den leisesten Anzeichen dieses Musters, geht der Geist auf Alarmstufe "rot" mit Adrenalin-Ausschüttung und allem drum und dran, obwohl's gegenwärtig vielleicht objektiv gesehen gar nicht bedrohlich ist...da hilft sowas vielleicht, wenn man sich erstmal nüchtern überlegt, ob die gegenwärtige Situation eine Alarmstufe "rot" wert ist, weil die Reflexe in so einer ans Trauma erinnernden Situation eben unzuverlässig bis falsch sein können. Also ne Farbpalette für Traumabewältigung, warum nicht, z.B. wenn man schonmal auf nem unvorhersehbaren Kuhfladen weggerutscht ist und dann übertriebenerweise immer extrem nervös wird auf'm Motorrad, wenn - weithin sichtbar - Dreck am Straßenrand liegt. Aber wo schnelle aber trainierbare Reflexe gefragt sind, halte ich es eigentlich für kontraproduktiv, erst noch zu "kategorisieren", bevor die Reaktion auf den "Kuhfladen" kommt.

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