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Unsere Motoren können alleine atmen

Tue Sep 08 08:55:29 CEST 2009    |    KKW 20    |    Kommentare (8)    |   Stichworte: Aufladung, Diesel, Druckwellenlader

Hallo

Ich habe mal ein bißchen in der Mottenkiste des Automobilbaus gewühlt und bin dabei auf eine Entwicklung gestoßen, die wahrscheinlich einer der genialsten Arten ist einen Verbrennungsmotor aufzuladen, der Druckwellenlader oder auch Comprexlader genannt. Er vereint die Vorteile eines Turboladers mit denen eines Kompressors. Im Gegensatz zum Turbo wartet er nicht mit einem Turboloch auf, der Schub setzt also direkt ein und anders als der Kompressor entnimmt er dem Motor auch keine Leistung für den Antrieb.

Der Druckwellenlader wurde in den 70er und 80er Jahren von der schweizer Firma Brown, Boveri & Cie (kurz BBC) entwickelt.
Damals stand die GM-Tochter Opel vor dem Dilemma mit ihrem 2.3L Reihenvierzylinder Saugdiesel, der es auf vergleichbar dünne 71 PS brachte, nicht mehr konkurrenzfähig zu sein. So beschloss man in Rüsselsheim dem Motor zu mehr Leistung zu verhelfen und stattete ihn mit der neuen BBC Entwicklung aus. Die Leistung stieg nun auf 86 PS was der Dieselversion des Rekord E, dem ersten mit diesem Motor ausgestatteten Modell, zu deutlich verbesserten Fahrleistungen verhalf. Später war der Motor auch im Senator A, Commodore C und dem Rekord-Nachfolger Omega lieferbar.

Das Prinzip ist denkbar einfach. Im Gehäuse dreht sich ein über den Zahnriemen oder Kette angetriebenens Zellenrad. An der Vorderseite tritt Frischgas ein, mit einer Viertelumdrehung kommt Abgas aus dem Auslasskrümmer hinzu und verdichtet das Frischgas, ohne sich mit diesem zu vermischen. Nach einer weiteren Viertelumdrehung kann das verdichtete Frischgas unter Druck in den Einlasskrümmer austreten. Eine weitere Viertelumdrehung entweicht das Abgas in den Auslasskrümmer, der dadurch entstehende Unterdruck bewirkt das nach einer weiteren Viertelumdrehung neues Frischgas angezogen wird und das Spiel von Neuem beginnt.

Ein Nachteil war das durch die gleichgroßen Zellen des Zellenrads ein singendes und als unangenehm empfundenes Geräusch erzeugt wurde. Man versuchte Abhilfe zu schaffen, in dem man die Zellen duch mehrere Röhrchen in unterschiedlichen Durchmessern ersetzte. Die Röhrchen wurden aus einer dünnwandigen Keramik gefertigt, die zwar sehr stabil und absolut hitzebeständig waren, aber den Herstellungsprozess stark verteuerten.
Desweiteren musste der Lader auf jeden Motor speziell angepasst werden, was die Entwicklung ebenfalls stark verteuerte und sehr aufwendig machte.
Außerdem ist der Druckwellenlader stark Gegendruckempfindlich, dadurch können selbst kleine Veränderungen auf der Ansaug -oder Abgasseite (z.B. ein kleines Loch im Auspuff oder ein verschmutzter Luftfilter) bewirken, daß der Motor stottert oder sich verschluckt. Ein Nachteil der möglicherweise durch heute übliche E-Gas Systeme oder andere Techniken kompensiert werden könnte.

Nachdem BBC 1988 mit der schwedischen ASEA zu ABB fusionierte wurde die gesamte Technik des Druckwellenladers an Mazda verkauft. Die Japaner nutzten den Druckwellenlader noch bis 1996 in der 75 PS Version ihres 2.0L Diesels, danach verabschiedete er sich, vielleicht auch nur vorerst, von der Bildfläche.

Gruß Oli

Grafische Darstellung
Grafische Darstellung

Tue Sep 08 09:20:32 CEST 2009    |    Trennschleifer2381

Warum sind die ausgestorben? Oder gibt es noch aktuelle Fahrzeuge, die einen Druckwellenlader nutzen?

Liest sich ja ansich alles ziemlich positiv . . .

Tue Sep 08 09:30:49 CEST 2009    |    KKW 20

Momentan ist mir kein Fahrzeug bekannt was einen Druckwellenlader besitzt. Der Hauptgrund das sich diese Aufladungsform nicht durchgesetzt hat dürften wohl die Kosten für das System selbst, aber auch der Aufwand für die Anpassung an den dafür vorgesehen Motor sein.

Da setzen halt die Techniker auf weniger aufwändige und weniger kostenintensive Techniken.

Tue Sep 08 11:08:25 CEST 2009    |    Antriebswelle135730

Interessanter Artikel. 🙂

Tue Sep 08 11:25:16 CEST 2009    |    mousejunkie

diese art von aufladung ist wirklich sehr interessant, wird aber nicht mehr genutzt, weil sie entscheidende nachteile hat. steht ja alles im artikel.

ich finde es nur schade, dass der artikel fast gleich zu wikipedia ist. tiefer gehende informationen wären schöner gewesen. 😉

hier das prinzip noch etwas genauer: LINK

da stehen auch noch einige nachteile warum diese auflademethode ausgestorben ist. 😉

und hier noch was allgemein zu aufgeladenen motoren und dann noch kurz speziell der comprex: LINK

Tue Sep 08 14:15:38 CEST 2009    |    KKW 20

Vielen Dank für die Links.🙂

Tue Sep 08 15:01:29 CEST 2009    |    Marsupilami72

Afaik war der Comprex-Lader ursprünglich für den Smart im Gespräch, da man bei dem geringen Hubraum (600ccm) Schwierigkeiten mit der Turboaufladung befürchtet hatte.

Letztendlich wurde es dann aber doch ein Turbo...

http://www.swissauto.com/.../projekt_detail.jsp?ID_Display=20000L

Tue Sep 08 16:11:44 CEST 2009    |    Hyperbel

Die erreichte Leistungssteigerung war auch nicht gerade prickelnd.
Mit Turbo und Kompressor schafft man deutlich mehr Aufladung.

Aber dieses Prinzip der schwingenden Luftsäulen wird heute noch verwendet bzw. berücksichtigt.
Zum einen wird auf der Einlass-Seite des Motor durch eine veränderbare Länge des Einlasskanals (oder eine optimierte Länge) erreicht, dass Luft mit Druck in den Zylinder kommt.
Zum anderen auf der Auslasseite indem mit dem Abgasgegendruck "gespielt" wird.

Hyperbel

Wed Sep 09 00:50:27 CEST 2009    |    124er-Power

Interessanter Artikel - Danke 🙂

Deine Antwort auf "Der Druckwellenlader - das (fast) vergessene Bindeglied"

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