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The World we live in and life in general

Wed Feb 20 08:45:35 CET 2013    |    Ireton    |    Kommentare (0)

Das erste Mal hatte ich im vergangenen November davon gehört. Dass die Arbeitsbedingungen bei Amazon mies sind; dass die Verlage Rabatte von mehr als 60 Prozent Amazon gewähren müssen. Dass lokale Buchhändler unter Druck sind wegen der Online-Konkurrenz durch den amerikanischen Konzern, der nicht von einem Bücherliebhaber, sondern einem ehemaligen Hedgefond-Manager geleitet wird - das wusste ich ohnehin schon. Nicht wusste ich, dass Amazon in den europäischen Ländern, in denen es den größten Umsatz macht - Deutschland, Großbritannien, Frankreich - fast keine Steuern zahlt.

Vor dem November war ich ein treuer Amazon-Kunde. Mehrere tausend Euro habe ich in den vergangenen Jahren nach Luxemburg überwiesen. Der Service war und ist super. Das gilt besonders für englischsprachige Publikationen, die kein Anbieter so schnell und zuverlässig wie Amazon liefern kann. Jetzt habe ich mich dazu entschieden, Bücher konsequent nicht mehr bei Amazon zu kaufen. Ich hoffe, es bleibt dabei.

Ja, ich weiß: Es gibt eine Menge dubioser Unternehmen, Amazon ist nicht das einzige schwarze Schaf. Ich weiß, dass ich mein Konsumverhalten nie so hinbekommen werde, dass ich mich moralisch hundertprozentig korrekt verhalte. Das ist unmöglich. Aber spricht das dagegen, sich darüber zu ärgern, wenn ein Unternehmen, das man mochte und dem man vertraut hat, einem seine hässliche Fratze gezeigt hat? Wir Verbraucher haben auch Einflussmöglichkeiten, das hat sich bei Kik und Lidl gezeigt, die auf öffentlichen Druck ihre Geschäftspolitik ändern mussten. Es zeigt sich auch in den ökologischen Nachhaltigkeitsprogrammen, die es inzwischen bei so gut wie allen großen Industriekonzernen gibt. Viele Menschen wollen nicht nur möglichst billige Produkte, viele möchten darüber hinaus, dass ihr Geld nicht zur Ausbeutung anderer Menschen genutzt wird. Der Boom der fair gehandelten Produkte zeigt das.

Amazon ist - wie einige der Konkurrenten sicher auch - mit seinem Verhalten m.E. ein Dinosaurier. In unserer offenen Gesellschaft muss man solche Beschäftigungsverhältnisse und Ausbeutung von Vertragspartnern nicht mehr hinnehmen. Diese wird aber zunehmen, wenn Amazon seine Monopolstellung ausbauen kann und daher noch mächtiger im Verhältnis zu Angestellten und Vertragspartnern wird. Daher sage ich einstweilen: Good bye! - und hoffe darauf, dass Amazon versteht, dass in West- und Mitteleuropa auch soziale Standards einzuhalten sind.


Sun Sep 11 18:02:41 CEST 2011    |    Ireton    |    Kommentare (0)

Die Hirnforschung weiß es schon lange, Fahrschullehrer predigen es seit Jahrzehnten, aber manchmal muss man etwas praktisch erleben, um es zu verstehen: Was im Kopf vorgeht, hat man leider nicht immer ganz unter Kontrolle.

Seit etwa zwei Jahren fahre ich etwa viermal die Woche eine Pendelstrecke von etwa 50 Kilometern zwischen Freiburg und einem hochgelegenen Dorf im Schwarzwald. Eigentlich eine nette Fahrt - eine tolle Landschaft, eine Strecke voller Serpentinen, die beim Autofahren Spaß machen. Die Strecke kenne inzwischen auswendig - jeden Bauernhof, jeden Baum bilde ich mir ein zu kennen, egal ob tagsüber oder nachts, wenn ich oft der einzige Autofahrer auf der Straße bin.

Vielleicht ist es gerade diese Routine, die gefährlich ist. Als ich vor ein paar Tagen nachts nach Freiburg heruntergefahren bin, fiel mir unwillkürlich irgendetwas ein - ich weiß noch nicht mal mehr, was es war -, und ich war für wenige Sekunden gedanklich abgelenkt. Diese kurze Zeit hat ausgereicht, dass ich beinahe mit 120 km/h durch eine Serpentinenkurve gerast wäre - was natürlich zumindest für mein Auto und mich kein besonders gutes Ende genommen hätte. 😉 Vollbremsung und ABS haben mich in dieser Situation zwar gerettet - nachdenklich hat mich das Ganze schon gemacht: Ich war nicht müde, ich war nicht durch besonderen Stress abgespannt, ich war lediglich für einen kurzen Moment abgelenkt, der mich beinahe um ein Auto ärmer und ein paar Blessuren reicher gemacht hätte. 😉 Beängstigend, aber auch faszinierend, wie selbständig das Hirn agiert und wie wenig wir Assoziationen und Konzentrationsfähigkeit manchmal kontrollieren können.


Sun Jan 09 13:29:50 CET 2011    |    Ireton    |    Kommentare (2)    |   Stichworte: Golf VI, Island, Norden, Reisen, Schotterpisten, Straßenverkehr, Tourismus

Was bevorzugst Du im Urlaub?

'Schau mal da: Da sind sie schon, die Steine. Überall Steine.' Wir waren gerade mitten in der Nacht in Reykjavik gelandet und fuhren durch die isländische Finsternis, und meine Begleitung hatte recht: Es lagen überall Steine. Island ist ein Land voller Steine, aber das macht nichts, denn es hat trotzdem Spektakuläres zu bieten. Als ich mir am Wochenende die Bilder dieses Urlaubs wieder einmal angesehen habe, musste ich sowohl an diese Episode nach der Landung in Keflavik als auch an tolle Landschaft denken.

Ich gehöre nicht zu den Menschen, die von sich behaupten können, die ganze Welt schon bereist zu haben, sondern bin bisher immer im Westen geblieben. Unter den Ländern im Westen, die ich bisher ein bisschen kennenlernen durfte, bietet Island allerdings die eindrucksvollste Landschaft. Zum Teil ist es atemverschlagend, was man dort zu sehen und geboten bekommt - wahrlich gigantische Wasserfälle, sensationelle Gletscher, großartige Wanderungen und wirklich wunderbare Menschen. Das einzige, was höchstens für einen negativen Superlativ ausreicht, sind die Bäumchen in Island, die eher als Sträucher zu bezeichnen sind. Und fast das Tollste ist: Island liegt zwar am Polarkreis, aber das Klima ist dort dank des Golfstroms eigentlich ganz angenehm. Nur das Hochland sollte man tunlichst meiden, wenn man sonst seinen Urlaub im August lieber in Südspanien verbringt.

Für mich ist Island ein Beispiel dafür, wie wunderbar die nordeuropäische Landschaft ist. Die Südeuropäer sind ja in aller Regel im Vergleich zu den Nordlichtern die umgänglicheren und oft auch verträglicheren Menschen, aber mir sagt die Landschaft des Nordens eher zu. Aber das mag auch an meiner verqueren Haltung liegen; denn ich mag ja auch den Herbst lieber als den Sommer. Meine Begleitung versucht mich schon seit einiger Zeit, zu einem Urlaub in richtig heißen Regionen zu überreden: Borneo soll das Ziel sein. Bei dem Gedanken bilden sich schon erste Schweißperlen auf meiner Stirn. 😉

Um diesem Beitrag einen leicht MT-spezifischen Anstrich zu geben: Angesichts der Straßen in Island habe ich verstanden, dass nicht isländischer Größenwahn der Grund dafür ist, dass Geländewagen so erfolgreich in diesem kleinen Land sind. Nur die Ringstraße, die einmal um das Land herumführt, ist (fast) durchgehend asphaltiert, ansonsten überwiegen zum Teil abenteuerliche Schotterpisten; viele Straßen sind sogar ausschließlich für Geländewagen freigegeben. Wir waren zwei Wochen mit einem weißen Golf VI auf der Insel unterwegs, der nach dieser Tour aussah wie ein Bundeswehrfahrzeug und um dessen Fahrwerk und Karosserie wir uns doch ab und zu ernsthaft Sorgen machen mussten. Aber was soll man sagen: Wertarbeit aus Wolfsburg - der Golf hat die Belastung ohne Klagen hingenommen, und ich denke nicht, dass die Wolfsburger für den isländischen Markt Produkte mit versteifter Karosse und verbessertem Fahrwerk anbieten.

Was die Steine angeht: Die Isländer vertreten nicht die Auffassung, dass sie zu viel davon haben. Eine Mitnahme so ein kleinen Lavasteinchens, wie sie zu abertausenden in Island herumliegen, ist dem Reisenden verboten. Und wer weiß schon, wie die isländischen Elfen auf so einen Diebstahl reagieren würden?


Tue Nov 09 23:07:01 CET 2010    |    Ireton    |    Kommentare (20)    |   Stichworte: 106, Abschied, Peugeot, Peugeot 205

Da steht er.Da steht er.

Autos und Wehmut - passt das? Eigentlich handelt es sich ja nur um einen technischen Gebrauchsgegenstand, und kaum jemand würde sentimental werden, wenn er seinen alten Röhrenfernseher abgibt. Aber bei Autos ist es doch etwas anders. Morgen bekomme ich mein neues Auto, und danach schicke ich den Vorgänger nach 150.000 gemeinsam gefahrenen Kilometern auf eine Reise mit ungewissem Ausgang.

Und tatsächlich empfinde ich heute bei einer der letzten Fahrten mit diesem Auto Wehmut. Es ist ein bisschen wie mit alter Popmusik, die überraschend nach vielen Jahren wieder im Radio gespielt wird: Ein sentimentales Gefühl macht sich breit, und ich erinnere mich, was ich mit diesem Auto erlebt habe: Mehrere Jahre Reporterdasein in Norddeutschland. Im Sommer fuhr mich der Wagen von Strand zu Strand, im Winter pflügte ich mich durch Schneemassen zu irgendwelchen mecklenburgischen Dörfern. Danach mehrere Umzüge, wechselnde Lebensabschnittsgefährten, die auf dem Beifahrersitz saßen, Nachtfahrten durch die norddeutsche Tiefebene, Übernachtungen auf Autobahnparkplätzen - ihr kennt das. 😉

Der Wagen war 2002 eine Art Notkauf. Ich brauchte für meinen Job ein Auto und erbte den vier Jahre alten Wagen meiner Mutter. Ziemlich schnell bin ich mit dem Wagen warm geworden, nicht zuletzt, weil ich Peugeot als Marke ohnehin schätze und mag. Da ich zuvor öfter mit einem 205 Junior unterwegs war, erschien mir der 106 geradezu die Mutter des Fortschritts zu verkörpern: Vergleichsweise standfeste Bremsen, ein etwas gefälligerer Innenraum, und Sitze, die zumindest Ansätze von Konturen aufwiesen. 😉 Was mich vor allem am Anfang begeisterte, war der spritzige Motor: Mit 75 PS ist der 106 alles andere als untermotorisiert, und ich als junger Heißsporn habe ich den armen Wagen in den ersten Jahren auf der Autobahn ziemlich gefordert - was irgendwann mit einer defekten Zylinderkopfdichtung quittiert wurde. Ein gängiges Problem beim 106. Es war zum Glück (und erstaunlicherweise?) die einzige größere Reparatur, die an dem Auto fällig wurde.

Was nicht heißt, dass alles perfekt war. Der Wagen knackt und klappert zwar nicht, aber bei nüchterner Betrachtung muss auch ich zugeben, dass der 106 - um es vorsichtig zu sagen - nicht mehr auf dem neuesten Stand der Technik ist. Das Auto ist bei hoher Geschwindigkeit laut, die Sitze sind für meinen Geschmack für lange Strecken nicht gerade perfekt geeignet, und die Sicherheit hat bei fehlendem ABS auch ihre Grenzen. Andere kleine, ebenfalls typische Macken kamen hinzu: der Kurzschluss am Blinker, der bei kalter Witterung zu unmotiviertem Blinkergeräuschen führte, war vermutlich die mit Abstand nervigste.

Nichtsdestotrotz - unter dem Strich gefällt mir der Wagen noch immer, und im Moment finde ich, es ist ein Jammer, dass ich ihn abgeben muss. Ist es nicht wie mit den alten Popstars, die wir als Jugendliche vergöttert haben und für die wir uns nun zum Teil öffentlich schämen? Im Innersten mögen wir sie noch immer.


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Ireton Ireton