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Ireton
Tue Nov 09 23:07:01 CET 2010 |
Ireton
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106, Abschied, Peugeot, Peugeot 205
Autos und Wehmut - passt das? Eigentlich handelt es sich ja nur um einen technischen Gebrauchsgegenstand, und kaum jemand würde sentimental werden, wenn er seinen alten Röhrenfernseher abgibt. Aber bei Autos ist es doch etwas anders. Morgen bekomme ich mein neues Auto, und danach schicke ich den Vorgänger nach 150.000 gemeinsam gefahrenen Kilometern auf eine Reise mit ungewissem Ausgang.
Und tatsächlich empfinde ich heute bei einer der letzten Fahrten mit diesem Auto Wehmut. Es ist ein bisschen wie mit alter Popmusik, die überraschend nach vielen Jahren wieder im Radio gespielt wird: Ein sentimentales Gefühl macht sich breit, und ich erinnere mich, was ich mit diesem Auto erlebt habe: Mehrere Jahre Reporterdasein in Norddeutschland. Im Sommer fuhr mich der Wagen von Strand zu Strand, im Winter pflügte ich mich durch Schneemassen zu irgendwelchen mecklenburgischen Dörfern. Danach mehrere Umzüge, wechselnde Lebensabschnittsgefährten, die auf dem Beifahrersitz saßen, Nachtfahrten durch die norddeutsche Tiefebene, Übernachtungen auf Autobahnparkplätzen - ihr kennt das. 😉
Der Wagen war 2002 eine Art Notkauf. Ich brauchte für meinen Job ein Auto und erbte den vier Jahre alten Wagen meiner Mutter. Ziemlich schnell bin ich mit dem Wagen warm geworden, nicht zuletzt, weil ich Peugeot als Marke ohnehin schätze und mag. Da ich zuvor öfter mit einem 205 Junior unterwegs war, erschien mir der 106 geradezu die Mutter des Fortschritts zu verkörpern: Vergleichsweise standfeste Bremsen, ein etwas gefälligerer Innenraum, und Sitze, die zumindest Ansätze von Konturen aufwiesen. 😉 Was mich vor allem am Anfang begeisterte, war der spritzige Motor: Mit 75 PS ist der 106 alles andere als untermotorisiert, und ich als junger Heißsporn habe ich den armen Wagen in den ersten Jahren auf der Autobahn ziemlich gefordert - was irgendwann mit einer defekten Zylinderkopfdichtung quittiert wurde. Ein gängiges Problem beim 106. Es war zum Glück (und erstaunlicherweise?) die einzige größere Reparatur, die an dem Auto fällig wurde.
Was nicht heißt, dass alles perfekt war. Der Wagen knackt und klappert zwar nicht, aber bei nüchterner Betrachtung muss auch ich zugeben, dass der 106 - um es vorsichtig zu sagen - nicht mehr auf dem neuesten Stand der Technik ist. Das Auto ist bei hoher Geschwindigkeit laut, die Sitze sind für meinen Geschmack für lange Strecken nicht gerade perfekt geeignet, und die Sicherheit hat bei fehlendem ABS auch ihre Grenzen. Andere kleine, ebenfalls typische Macken kamen hinzu: der Kurzschluss am Blinker, der bei kalter Witterung zu unmotiviertem Blinkergeräuschen führte, war vermutlich die mit Abstand nervigste.
Nichtsdestotrotz - unter dem Strich gefällt mir der Wagen noch immer, und im Moment finde ich, es ist ein Jammer, dass ich ihn abgeben muss. Ist es nicht wie mit den alten Popstars, die wir als Jugendliche vergöttert haben und für die wir uns nun zum Teil öffentlich schämen? Im Innersten mögen wir sie noch immer.