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Infos zu Maßnahmen gegen Fahrzeugdiebstahl

Ich möchte hier meine Erfahrungen zum Thema Fahrzeugdiebstahl und wirksamen Gegenmaßnahmen sammeln. Ein Schwerpunkt liegt auf GPS-Trackern und Tracking-Portalen. Ich würde mich über einen Erfahrungsaustausch mit anderen Usern freuen.

Thu Jan 07 20:17:38 CET 2016    |    tom667de    |    Kommentare (32)    |   Stichworte: Alarmanlage, Diebstahl, GPS-Tracker, Lenkradkralle, OBD, Polizei, Wegfahrsperre

Im folgenden Beitrag will ich einen kurzen Abriss darüber geben, welche Möglichkeiten es gibt, sein Fahrzeug gegen Diebstahl zu sichern, und welche Schwachstellen diese jeweils haben. Die Betrachtung der Schwachstellen ist bei mir auf Fahrzeuge aus dem VW-Konzern (VW, Audi, Skoda, Seat) fokussiert, weil ich mit diesen am meisten Erfahrung habe. Anhand der Diebstahl-Statistiken kann man aber leicht erahnen, dass auch BWM und Mercedes Schwachstellen in ihren Sicherheitssystemen haben werden. Und das Franzosen, Japaner und Koreaner seltener gestohlen werden, dürfte weniger an der guten (Sicherheits-)Technik, als eher an der geringeren Nachfrage in den Abnahmeländern und auf dem Ersatzteilemarkt liegen 😉

Mein erster Artikel zum Thema Fahrzeugdiebstahl (quasi die Erläuterung für meine Motivation, sich so intensiv mit diesem Thema auseinander zu setzen) liegt schon eine Weile zurück. Sorry, dass die Fortsetzung so lange auf sich warten ließ, aber es gab für mich dringenderes zu tun. 🙄

Inhalt:
1. Türschlösser
2. Lenkradschloss
3. Wegfahrsperre
4. Alarmanlage (Werkseitig)
5. Alarmanlage (nachträglich eingebaut)
6. Zündunterbrecher
7. Lenkradkralle
8. OBD-Unterbrecher
9. GPS-Tracker

1. Türschlösser

Das sich Türschlösser knacken lassen, sollte jedem klar sein. War es Anfang der 80’er noch ein leichtes, eine Tür eines VW mit einem Schraubendreher unterhalb des Türgriffes aufzuhebeln, wird heute meistens der Schließzylinder mit einem verlängerten Spezialschlüssel („Polenschlüssel“) zerstört. Auch bei neueren Fahrzeugen, die scheinbar kein Türschloss mehr haben, findet sich zumindest an der Fahrertür meist noch ein Notschloss unter einer Abdeckung (z.B. Golf 6). Wer eine werkseitig verbaute Alarmanlage im Fahrzeug hat, wähnt sich in falscher Sicherheit (s.u.). Besonders problematisch sind Fahrzeuge mit Baujahr um 2000, die mit damals noch relativ neuen Komfort-Funktionen wie elektrischen Fensterhebern ausgerüstet sind. Bei vielen Fahrzeugen ist es möglich, durch Drehen und Halten des Schlüssels die Scheiben herunter zu fahren. So lange die Tür nicht geöffnet wird, geht dabei bei vielen älteren Fahrzeugen die Alarmanlage noch nicht los. Diese Komfortfunktion funktioniert dann natürlich auch mit dem Polenschlüssel und ermöglicht den teilweisen Zugriff auf den Innenraum des Fahrzeugs.

2. Lenkradschloss

Das Lenkradschloss ist wie jedes andere mechanische Schloss mit etwas Geschick oder Gewalt leicht zu knacken. Die meisten Autofahrer machen es den Dieben aber noch leichter, und lassen das Schloss gar nicht erst einrasten…

3. Elektronische Wegfahrsperre

Zweifellos ein wichtiger Meilenstein in der Geschichte der Diebstahlvermeidung von PKW ist die im Motorsteuergerät (und z.T. in weiteren Steuergeräten) verankerte elektronische Wegfahrsperre. Meist wird der Schlüssel anhand eines Transponders als zum Fahrzeug gehörig erkannt und der Startvorgang freigegeben. Der Transponder sitzt meist im Schlüsselkopf, die Lesespule in der Nähe des Zündschlosses. Mit jeder Fahrzeuggeneration werden die Wegfahrsperren ausgeklügelter. Leider sind jedoch die organisierten Diebe schnell wieder auf dem neusten Stand, so dass die Wegfahrsperre, insbesondere bei nicht mehr ganz neuen Fahrzeugen, nur noch gegen Gelegenheitstäter/Anfänger hilft. Mussten die Diebe früher ein anderes, zum Fahrzeug passendes und entsprechend präpariertes Motorsteuergerät mitbringen und vor Ort tauschen, gibt es heute bereits Software, welche die Wegfahrsperre über die Diagnose-Schnittstelle des Fahrzeugs knackt. Z.T. sogar in Form eines einfachen Steckers, der direkt auf die Diagnoseschnittstelle aufgesteckt wird und ohne zusätzlichen PC oder Laptop seine Arbeit tut.

4. Alarmanlage (werkseitig verbaut)

Genauso wie die Wegfahrsperre, lässt sich bei vielen Fahrzeugtypen scheinbar auch die werkseitig verbaute Alarmanlage über die Diagnoseschnittstelle oder auf anderen Wegen knacken/deaktivieren. Das geht so schnell, das meist noch nicht einmal der Alarm losgeht. Nach dem Aufschließen der Tür mit einem Schlüssel (oder anderen Werkzeugen) gibt es eine Verzögerungszeit von 20-30 Sekunden, bevor die Alarmanlage losgeht. In dieser Zeit kann ein potentieller Dieb sich über die Diagnoseschnittstelle Zugriff auf alle Steuergeräte im Fahrzeug verschaffen. Noch einfacher hat er es, wenn es ihm gelingt, die Fenster herunter zu lassen und den Diagnosestecker durch das Fenster zu erreichen. Warum die Alarmanlage im geschärften Zustand überhaupt über die Diagnoseschnittstelle erreichbar ist, wissen vermutlich nur die Entwickler bei den Herstellern. Ich sehe dafür jedenfalls keinen vernünftigen Grund.

Übrigens hilft eine Alarmanlage auch nicht gegen den Diebstahl von Navi oder Radio. Selbst fest installierte Geräte sind von Profis innerhalb von Sekunden(!) aus dem Fahrzeug zu entfernen. Bis jemand die Alarmanlage bemerkt und die Vorhänge am Fenster seiner Wohnung beiseite zieht, sind die Täter schon auf dem Rückzug. Leider habe ich auch das schon selbst erlebt…

5. Alarmanlage (nachgerüstet)

Effektiver als die werkseitig erhältlichen Alarmanlagen sind Nachrüst-Lösungen aus dem Zubehör-Markt. Damit lässt sich auch eine ggf. nicht vorhandene Zentralverriegelung nachrüsten. Der Einbau schlägt je nach Ausrüstung bzw. Funktionsumfang mit einigen bis etlichen Stunden Arbeit zu Buche und ist nur geübten Bastlern zu empfehlen, ansonsten muss auch hier wieder die Werkstatt rann. Vorteil gegenüber der Werkslösung: Niemand kann von außen erkennen, was wo im Fahrzeug verbaut ist. Mangels Verbindung zum Bussystem im Fahrzeug sind die üblichen Hacker-Tools nicht ohne weiteres anwendbar. Zumindest geht der Alarm mit ziemlicher Sicherheit erstmal los und sorgt für entsprechende Aufmerksamkeit. Meist lässt sich auch ein Relais zur Zündunterbrechnung (Alternativ: Abschaltventil für Spritversorgung) ansteuern.

6. Zündunterbrecher

Bei einem Zündunterbrecher wird über einen versteckten Schalter mittels Relais ein Steuerstromkreis unterbrochen, so dass sich der Motor nicht starten lässt. Alternativ kann mit einem Ventil die Spritzufuhr zum Motor unterbrochen werden. Selbst wenn sich der Wagen so noch starten lässt, bleibt er nach kurzer Strecke mangels Sprit liegen. Nachteil: Man muss jedes Mal an den Schalter denken und ihn beim Parken abschalten. Ideal sind hierfür übrigens Original-Schalter für im eigenen Fahrzeug nicht verbaute Extras.

Noch besser wäre eine kleine Platine/Schaltung, die nach Einschalten der Zündung über einen Taster einmalig angetriggert/aktiviert wird und bis zum Abschalten der Zündung oder sogar einige Zeit länger aktiv bleibt. Nach Ablauf der Zeit ist dann die Sicherung von selbst wieder aktiv, ohne dass man daran denken muss. Solche Lösungen gibt es allerdings nicht fertig zu kaufen…

Auch für Young- und Oldtimer, die noch keine Wegfahrsperre haben, sind solche Zündunterbrecher eine interessante Möglichkeit, das heilige Blech zumindest etwas besser zu schützen.

7. Lenkradkralle

Die wahrscheinlich einfachste Nachrüstlösung ist eine Lenkradkralle. Schon für 20-30 EUR bekommt man robuste Modelle im Fachhandel. Nachteil ist die Handhabung: Beim Fahren liegt die Kralle immer störend irgendwo im Auto, und bei jedem Parkvorgang muss die Kralle installiert werden. Vorsicht vor einfachen Modellen, die radiale (seitliche) Ausleger haben. Diese können von potentiellen Dieben direkt als verlängerter Hebelarm zum Knacken des Lenkradschlosses genutzt werden. Besser sind Krallen, die einen Ausleger auf dem Armaturenbrett (in Richtung Windschutzscheibe, siehe Foto) haben. Es gibt auch Modelle mit integriertem Alarm.

Etwas weniger Umständlich in der Benutzung, aber deutlich teurer in der Anschaffung, sind fest installierte Sperren für die Gangschaltung bzw. den Wählhebel der Automatik. Eine solche Lösung muss in der Regel in der Werkstatt eingebaut werden und ist nicht für alle Fahrzeugtypen erhältlich.

Nach Auskunft der Polizei sind die Lenkradkrallen selbst z.T. nicht einfach zu knacken. Im Zweifelsfall sägen die Diebe dann aber einfach ein Stück aus dem Lenkrad heraus(!) und ersetzen dieses später durch ein gebrachtes Ersatzteil. Trotzdem halte ich eine Lenkrad-Kralle für eine gute und wichtige Sicherheitsmaßnahme. Alleine ihr Vorhandensein signalisiert potentiellen Tätern, dass man sich auskennt, und dass ggf. weitere Sicherungsmaßnahmen im Fahrzeug auf sie warten. In den meisten Fällen werden sie sich dann lieber ein anderes, schlechter gesichertes Fahrzeug aussuchen.

8. OBD-Unterbrecher

In vielen Fällen ist zum Knacken der Wegfahrsperre und/oder der Alarmanlage ein Zugriff auf die Diagnoseschnittstelle des Fahrzeugs über den sogenannten „OBD-Port“ erforderlich. Um dies zu verhindern, kann hinter der dem Stecker für die Schnittstelle eine Relais-Box eingebaut werden, welche die wichtigsten Signale (Spannungsversorgung, CAN-Bus, ggf. K-Line) unterbricht. Die Schnittstelle kann dann nur über einen verdeckt installierten Schalter oder noch besser, über einen mehrpoligen Stecker mit integrierter Kurzschlussbrücke, wieder aktiviert werden. Dieser Stecker darf natürlich nicht im Fahrzeug aufbewahrt werden. Vorteil: Mit dem originalen Fahrzeug-Schlüssel kann der Wagen ganz normal gestartet werden. Auch wenn man das Auto mal verleiht, muss man niemand in die Geheimnisse der Technik einweihen. Aber: Vor dem nächsten Besuch in der Werkstatt oder beim TÜV nicht vergessen, die Diagnose-Schnittstelle wieder zu aktivieren 😉

9. GPS-Tracker

GPS-Tracker sind heute schon für deutlich unter 100 EUR zu bekommen. In Verbindung mit einer GPS-Antenne (intern oder extern) und einer SIM-Karte für das Mobilfunknetz kann das Fahrzeug, in dem der Tracker installiert ist, (fast) überall geortet werden. Die Materie ist allerdings etwas komplexer, so dass ich hierzu noch weitere Artikel schreiben werden. Hier sind viele Fragen zu beachten, z.B. Mobil-Funk Roaming (damit die Ortung auch im Ausland funktioniert, wohin das Fahrzeug nach einem Diebstahl in den meisten Fällen verschwinden wird), Alarmierung nur per SMS oder permanentes Tracking über einen Server (was laufende Kosten verursacht) usw.

Ein GPS-Tracker ist streng genommen kein Werkzeug, um einen Diebstahl zu verhindern. Aber er ist die einzige Möglichkeit, ein Fahrzeug nach einem Diebstahl lokalisieren zu können. Durch Alarmierungsfunktionen (Geschwindigkeitsalarm, Geozaun usw.) kann ein Diebstahl außerdem deutlich schneller bemerkt werden, was die Wiederbeschaffung bzw. Sicherstellung des Fahrzeugs wahrscheinlicher macht.

Fazit

Wie man sieht, ist keine der vorgestellten Funktionen für sich genommen auch nur annähernd sicher. Erst die Kombination mehrerer Maßnahmen bietet einen ausreichenden Schutz gegen Fahrzeug-Diebstahl. Wieviel Aufwand man treiben will, sollte nicht nur vom Alter und Wert des Fahrzeugs abhängen, sondern auch von seiner Ausstattung und Individualität. Umso mehr Extras verbaut sind und umso höher die Motorisierung, desto interessanter ist das Fahrzeug als Ersatzteilträger – und umso schwieriger wird es, im Falle eines Falles schnell gleichwertigen Ersatz zu finden. Auch die Frage, ob man nachträgliche Einbauten selbst vornehmen kann oder Bekannte oder gar eine Fachwerkstatt zu Rate ziehen muss, wird Einfluss auf den Umfang der geplanten Maßnahmen haben.

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