Ethanol Alkohol ohne Umbau fahren ?

Hallo,

ich habe hier im Forum gelesen, dass man statt Normalbenzin auch Alkohol tanken kann...

Kann ich in meinem E34 525i 24V auch einfach Ethanol tanken, ohne negative Folgen befürchten zu müssen?

Was sagen Eure Erfahrungen?

Welches Verhältnis verträgt mein Motor ohne Probleme?

Danke für Eure Antworten!

Mit freundlichen Grüßen
JO!

Beste Antwort im Thema

Na wenn ich so nett gefragt werd’ 😉
Die größten Erfahrungen mit Ethanol hat man heute in Brasilien. Dort hat man aber lange Zeit auch nur einen Kraftstoff gehabt, der „Gasohol“ heißt, und eine E22 Mischung ist, also 22% Ethanol. Die Fahrzeuge und Motoren dafür sind Standardware. Erst relativ kurz traut man sich mit entsprechender Hardware auch an E85 und sogar E100 (mit Startbenzin) heran. In einigen asiatischen Ländern, wie Thailand, geht man im Moment auf E20 über. Auch das können die meisten Fahrzeuge bis auf ein paar Änderungen in der Motorsteuerung problemlos. E85 ist seit Jahren schon in USA recht verbreitet (und in Europa halt seit Ende der 90er in Schweden). In Amerika kommt man meist mit geringen Änderungen am Ventiltrieb und Kraftstoffsystem aus. Hauptgrund ist die geringe spezifische Belastung der Motoren.
Eines der Hauptprobleme bei höherer Ethanolkonzentration ist die Abgastemperatur. Diese sieht man aber im Kühlwasser oder Öl kaum wieder, weil ja die Energiebilanz des Motors nahezu unangetastet bleibt, die Anteile, die im Öl oder Kühlmittel landen, ändern sich also fast nicht, ebensowenig der Anteil „Nutz“-Energie auf der Kurbelwelle. Einziger Unterschied ist (ähnlich wie bei CNG-/LPG-Motoren, daß das Abgas eine geringere Wärmekapazität hat. Es muß daher, um die gleiche Wärmemenge wie im Benzinbetrieb abzuführen, ein höheres Temperaturniveau einnehmen. Dies führt oft im Vollastbereich zu Problemen am Ventiltrieb, sprich Ventilspielverlust am Auslassventil. Maßgeblich dafür ist in erster Linie die Ventiltriebskonstruktion. Vielfach liest man (auch bei LPG- oder GNG-Anwendungen) von „zu weichen“ Ventilsitzen, das ist aber eigentlich falsch. Entscheidend ist, wie gut der Wärmeübergang an den Zylinderkopf funktioniert und wieviel Ventilspielverlust ein Motor verkraften kann, bevor die Ventile Schaden nehmen. Bei direkt betätigten Tassenstößeltrieben (wie z.B. in einigen Ford-Motoren) ist schon 0.1mm Ventileinschlag kritisch. Rollenschlepphebeltriebe in Verbindung mit hydraulischem Ventilspielausgleich vertragen u.U. bis zu 1mm Einschlag ohne Probleme. Die Leute glauben dann immer, diese Motoren wären für Gas, Ethanol oder was auch immer besser geeignet, weil sie härtere Ventile/Ventilsitze hätten, das ist aber Unsinn.
Ein weiteres Problem ist das Kraftstoffsystem. Es gibt Kunststoffe, die von Ethanol angegriffen werden (es werden Weichmacher herausgelöst und das Zeug wird spröde), andere nicht oder weniger. Was man machen kann, ist sich vom Händler ein paar für sein Fahrzeug passende Dichtungen und Kraftstoffleitungen zu besorgen und ein halbes Jahr oder so in Spiritus einlegen. Was bis dahin hält, hält wahrscheinlich auch länger. Kunststofftanks sind wahrscheinlich kein Problem. Kraftstoffpumpen leiden gern an Elektrolytkorrosion. Ethanol ist ganz gut leitfähig, das heißt die Plus- und Minus-Pole der im Tank „nass“ verbauten Pumpe wirken wie ein galvanisches Element, und Material wird am einen Pol abgelöst und am anderen angepappt. FFV’s umgehen das meist mit einem extra verbauten Wechselrichter und einer wechselstromgetriebenen Pumpe. An der Einspritzleiste kann es zu Korrosionsproblemen kommen, wenn diese aus Aluminium ist, dies kann zu verstopften Düsen führen. Kunststoff- oder Edelstahlrails haben dieses Problem nicht.
Ein weiteres Problem bei Ethanol ist das Öl. Durch die höhere Kraftstoffmenge (bei E85 über 30% Mehrmenge) ist natürlich bei jedem Kaltstart (und auch ein Start im Sommer bei 30°C ist ein Kaltstart) die an der Zylinderwand kondensierende Kraftstoffmenge größer, und damit die Menge, die ins Öl gelangt. Dadurch wird die Viskosität herabgesetzt und es leiden „die üblichen Verdächtigen“ abrasiven Verschleißes darunter, wie Kolbenhemd, Kurbelwellenhaupt- und Pleuellager. Dieser Effekt ist meist zeitlich begrenzt. Alkohol verdampft bei 78°C und somit verflüchtigt er sich auch wieder aus dem Öl, wenn dieses auf Betriebstemperatur kommt (und wird der Ansaugluft über die Kurbelgehäuseentlüftung wieder zugeführt). Aber das Problem besteht bei jedem Start. Hier hilft ein etwas besseres Öl. Die Ford FFV verwenden z.B. statt des Standard 5W-30 ein 5W-40 Vollsynthetiköl. Ebenfalls wird auf die Dauer das Öl in seinen chemischen Eigenschaften eher verschleißen, weswegen FFV’s kürzere Wechselintervalle haben. Sollte man vielleicht beim Experimentieren im Standardfahrzeug beachten. Durchgebrannte Zylinderkopfdichtungen oder Kolbenböden sind eher kein ethanolspezifisches Problem. Dies sind meist Glühzündungs- oder Klopfschäden, darunter leiden Ethanolmotoren kaum.
Die größte Änderung bei FFV-Fahrzeugen ist immer die Motorsteuerung, d.h. die Einspritzmenge richtig zu dosieren, und die Zündung anzupassen. (die Abgastemperatur ist stark von der Zündung abhängig, richtig geregelt werden hier Schäden vermieden, das kann natürlich kein Standardfahrzeug). Vielfach gibt es für horrende Summen sognannte Ethanolumrüstkits. Ich halte das aber für plumpe Abzocke. Es sind einfache Steuergeräte, die die Einspritzmenge erhöhen. Den größten Teil der benötigten Einspritzmengenanpassung regelt aber JEDES Steuergerät über die Lambdaregelung völlig automatisch. Probleme gibt’s nur im Vollastbetrieb, wo die Lambdaregelung meist übergangen wird und das Steuergerät sich etwas hochrechnet. Aber hier kann auch ein Zusatzkit nicht mehr auf ein Lambdasignal zurückgreifen, es spinnt sich also genauso irgendwas zurecht. Vielleicht macht es das etwas genauer als das Originalsteuergerät, und vielleicht erlaubt es auch Vollastmengen, die das Originalgerät schlichtweg nicht kennt, mehr aber auch nicht. Entscheidend ist, daß es – genau wie ein „normales“ (also Nicht-FFV) Steuergerät die Einspritzmenge über eine längere Einspritzzeit korrigiert. Dies kann u.U. zu höherem Verschleiß führen, wenn man zu Zeiten innerhalb der Ventilsteuerzeit einspritzt, wo dies eigentlich nicht vorgesehen ist (und schaden kann, wenn die Einspritzdüse durchs offene Ventil direkt auf die Kolbenwand pinkelt). Echte FFV’s haben größere Einspritzdüsen, die einen höheren Durchfluß haben. Dies beinhaltet aber kein Umrüstkit.
Zusammengefaßt gesagt, kann man mit den meisten Fahrzeugen (natürlich nur Benziner😉 ) etwas um E20 relativ problemlos fahren. Höhere Konzentrationen macht der Motor funktionell meist auch klaglos mit, je nachdem welche Einspritzmenge das Steuergerät bewerkstelligen kann. Was man nicht direkt sieht, ist natürlich der Verschleiß. Ich lese hier öfters „Ich hab E85 probiert und es funktioniert einfach – völlig problemlos“. Aber das sind wohl genau die Leute, die dann bei einem Ventilschaden nach 80Tkm am lautesten jammern. Den Verschleiß kann man natürlich mit einer defensiven Fahrweise entsprechend in Grenzen halten (den eventuellen am Kraftstoffsystem natürlich nicht!). Wer sich also dauerhaft dieser FSK unterziehen kann, kann auch längerfristig Spaß am Schnaps haben. Leider bietet Ethanol etwas mehr Leistung, eine höhere Klopffestigkeit und einen ruhigeren Motorlauf. Das verführt manche… Wer glaubt, er könne Ethanol nutzen, um bessere Fahrleistungen zu erzielen wird dabei sehr viel Spaß haben, aber leider zeitlich begrenzt, und dann wird’s meist teuer. (Im Motorsport ist aber genau das der Grund, aber da kommt's auf Hatbarkeit auch nicht so lange an).

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@Bert B.

Schade dass es die Tabelle nur in 'Auswärts' gibt :-)

Danke für die Info.

Michael

@ Mc_Lucio

Nein, es würde eher drum gehn, das Pedal nie durchzutreten.... Hohe Drehzahlen und voll durchgetreten, ist die maximalsituation...

@Papstpower

ja, nachdem ich meinen Beitrag hier geschrieben hab und einige Zeit vergangen war konnte ich mir die Antwort schon fast selber geben: Beispiel: Man zieht einen Anhänger fährt auf der Autobahn und auf der Steigung kommt man grade so auf 90 km/h trotz 'durchgetretenem gaspedal'. Sprich man hat eine Umdrehungszahl von irgendwas mit 2500 und trotzdem das Gaspedal durchgetreten.

Ja hab ich dussel verstanden ^^ ;-)

Dieses Problem wird aber auch nach Umrüstung (entnehme ich einigen threads) nicht behoben.
Problem bleibt also. Mal abgesehn von diesem Problem: Wozu sind dann die Umrüstsätze gut und braucht man sie wirklich?

Viele Grüsse Michael

Ich schließe mich mit einer Frage an: Was ist von der immer wieder beschriebenen Korrosionsgefahr im Motor zu halten, da Ethanol Wasser aus der Umgebung (bzw. aus der Luft) aufnimmt?

Ich kann mir schwerlich vorstellen, dass ein regelmäßig genutzter Motor von innen rostet. Übrigens beschränke ich mich auf maximal E40, da der Motor bei höheren Anteilen im Leerlauf und beim Beschleunigen deutlich schlechter läuft.

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Zitat:

Original geschrieben von VW-Hawky


Was ist von der immer wieder beschriebenen Korrosionsgefahr im Motor zu halten...

Das ist der beste Witz des Jahres... Da man keine Kohle im Motor verbrennt, sondern einen Kohlenwasserstoff... ist 50% des Abgases WASSER... Und schon mal ein Benzinmotor durchgerostet???

Ach herje... wir dürfen auch das Wasser in der Luft nicht vergessen, besonders wenn es regnet *har*har*har*

Um es nochmal deutlich zu sagen...
Da Ethanol Wasser aufnimmt, ist die Korrosionsgefahr durch Wasser kleiner!!! Es gibt damit nämlich kein Schwitzwasser mehr. Kein durchgerosteter Tank mehr und natürlich auch kein durchgerosteter Motor... Im Benzin gibt es Additive, die genau dieses Wasser aufnehmen sollen, nur machen sie es viel schlechter als Ethanol...

PS:
In den letzten Jahren spart man sich diese Additive wieder langsam - warum wohl...

Zitat:

Original geschrieben von Fubbel


Das ist der beste Witz des Jahres... Da man keine Kohle im Motor verbrennt, sondern einen Kohlenwasserstoff... ist 50% des Abgases WASSER... Und schon mal ein Benzinmotor durchgerostet???
Ach herje... wir dürfen auch das Wasser in der Luft nicht vergessen, besonders wenn es regnet *har*har*har*

Um es nochmal deutlich zu sagen...
Da Ethanol Wasser aufnimmt, ist die Korrosionsgefahr durch Wasser kleiner!!! Es gibt damit nämlich kein Schwitzwasser mehr. Kein durchgerosteter Tank mehr und natürlich auch kein durchgerosteter Motor... Im Benzin gibt es Additive, die genau dieses Wasser aufnehmen sollen, nur machen sie es viel schlechter als Ethanol...

PS:
In den letzten Jahren spart man sich diese Additive wieder langsam - warum wohl...

Hier bitte etwas die Scheuklappen ablegen, Fubbel. Korrosion ist nicht immer nur Rost, und auch Wasser spielt nicht immer die Hauptrolle.

Bei Ethanolmotoren hat die Korrosionsproblematik NICHTS mit Wasser zu tun. Es gibt gelegentlich die Neigung zu elektrolytischer Korrosion. Ethanol leitet ganz gut, und das kann überall da zu Problemen führen, wo unterschiedliche Metalle aufeinander treffen, elektrochemische Spannungsreihe kennst Du ganz sicher. Hauptsächlich betroffen ist Aluminium, da wo's mit anderen Bauteilen zusammenkommt. Beispielsweise der eingepreßte Ventilsitz im Zylinderkopf. Der Kopf ist Alu, der Sitz meist eine Eisen/Kupferlegierung. Auch Kolbenringe bzw. die Ringnuten können davon betroffen sein, da hier Stahl mit Alu in Kontakt kommt. Bei manchen Ethanolmotoren sind diese dann beschichtet. Gelegentlich wird auch die Problematik an Kraftstoffpumpen auf Korrosion geschoben, ist es aber eigentlich nicht, hier herrscht eher ein galvanischer Verschleiß vor.

"Durchrosten" tun Motoren ganz sicher nicht. Aber die Form der Korrosion bildet Ablagerungen, die z.B. bei Kolbenringen auch mal in die Hose gehen können. Ist kein generelles Problem, das permament Totalausfälle verursacht, aber zum Teil sind diese Probleme stärker als im Benzinbetrieb.

Es ging um WASSER-Korrosion...
Den Rest spare ich mir, da er lang und breit in den anderen beiden Freds ausdiskutiert ist...
Ich habe keine Scheuklappen... und daher meinen Ethanoler immer noch unter Beobachtung... Mögliche Schäden sind bekannt und auch schon aufgetreten (meist Elektrolyse)...
bei mir ist noch (fast) alles ok... Sollte mein "Bug" auch von Ethanol kommen, dann ist es "Inkompatibilität" von Lack mit anschließender Elektrolyse. Da ich aber noch keinen Ersatz habe, kann ich meinen Tank-Pegel-Aufnehmer - Keramikplättchen mit aufgedruckten und versiegelten Kohleschichtwiderständen - nicht analysieren. Die Analyse wird nicht zerstörungsfrei sein...

Im Motorblock/Zylinderkopf macht mir das wenig Sorgen, da ist eigentlich (fast) überall ständig ein Ölfilm drauf...

Zitat:

Original geschrieben von Mc_Lucio


@Papstpower

Dieses Problem wird aber auch nach Umrüstung (entnehme ich einigen threads) nicht behoben.
Problem bleibt also. Mal abgesehn von diesem Problem: Wozu sind dann die Umrüstsätze gut und braucht man sie wirklich?

Viele Grüsse Michael

Die Umrüstsätze erhöhen die Einspritzmenge, was das Prob beheben sollte. Problem ist weiterhin nur die Nachstellung des ZZP... Und auch das evtl. Startproblem.

@Papstpower

danke für die Info.

Das Startproblem ist mit Sicherheit nervig aber hat wohl keinen Maschinenschaden zur Folge. Was hat das Problem der Nachstellung des ZZP für eventuelle Folgen ?

Viele Grüsse Michael

PS.: ich hoffe ich nerv hier nich, kann gut sein dass die Fragen hier schon hundert mal beantwortet wurden ...

Durch die höhere Klopffestigkeit kannst du mehr Leistung raus bekommen wenn du den ZZP vorstellst. Ansonsten kann die Leistung gleich bleiben, aber auch sinken.

Lies dir bitte mal die schon über 100 Seiten dazu durch...

@Papstpower

Jawohl Chef ;-) Lese grad im Thread 'Testergebnisse Alkohol'. Knapp 40 Seiten hab ich.
Also dauert noch was bis ich wieder Fragen stelle.

Viele Grüsse Michael

Hallo XLTRanger,

ich bin bis jetzt nur ab und zu im Forum gewesen und finde Deine Ausführungen hochinteressant. Was Motortechnik angeht, bin ich halt ein Laie. Was ich nicht verstehe: Wenn Alkohol eine niedrigere Verbrennungstemperatur hat als Benzin, wieso wird es beim Ethanol-Betrieb an den Ventilen heißer als mit Benzin? Die Wärme müsste doch genauso abgeführt werden wie beim Benzin-Betrieb?

Zitat:

Original geschrieben von XLTRanger


Na wenn ich so nett gefragt werd’ 😉
Die größten Erfahrungen mit Ethanol hat man heute in Brasilien. Dort hat man aber lange Zeit auch nur einen Kraftstoff gehabt, der „Gasohol“ heißt, und eine E22 Mischung ist, also 22% Ethanol. Die Fahrzeuge und Motoren dafür sind Standardware. Erst relativ kurz traut man sich mit entsprechender Hardware auch an E85 und sogar E100 (mit Startbenzin) heran. In einigen asiatischen Ländern, wie Thailand, geht man im Moment auf E20 über. Auch das können die meisten Fahrzeuge bis auf ein paar Änderungen in der Motorsteuerung problemlos. E85 ist seit Jahren schon in USA recht verbreitet (und in Europa halt seit Ende der 90er in Schweden). In Amerika kommt man meist mit geringen Änderungen am Ventiltrieb und Kraftstoffsystem aus. Hauptgrund ist die geringe spezifische Belastung der Motoren.
Eines der Hauptprobleme bei höherer Ethanolkonzentration ist die Abgastemperatur. Diese sieht man aber im Kühlwasser oder Öl kaum wieder, weil ja die Energiebilanz des Motors nahezu unangetastet bleibt, die Anteile, die im Öl oder Kühlmittel landen, ändern sich also fast nicht, ebensowenig der Anteil „Nutz“-Energie auf der Kurbelwelle. Einziger Unterschied ist (ähnlich wie bei CNG-/LPG-Motoren, daß das Abgas eine geringere Wärmekapazität hat. Es muß daher, um die gleiche Wärmemenge wie im Benzinbetrieb abzuführen, ein höheres Temperaturniveau einnehmen. Dies führt oft im Vollastbereich zu Problemen am Ventiltrieb, sprich Ventilspielverlust am Auslassventil. Maßgeblich dafür ist in erster Linie die Ventiltriebskonstruktion. Vielfach liest man (auch bei LPG- oder GNG-Anwendungen) von „zu weichen“ Ventilsitzen, das ist aber eigentlich falsch. Entscheidend ist, wie gut der Wärmeübergang an den Zylinderkopf funktioniert und wieviel Ventilspielverlust ein Motor verkraften kann, bevor die Ventile Schaden nehmen. Bei direkt betätigten Tassenstößeltrieben (wie z.B. in einigen Ford-Motoren) ist schon 0.1mm Ventileinschlag kritisch. Rollenschlepphebeltriebe in Verbindung mit hydraulischem Ventilspielausgleich vertragen u.U. bis zu 1mm Einschlag ohne Probleme. Die Leute glauben dann immer, diese Motoren wären für Gas, Ethanol oder was auch immer besser geeignet, weil sie härtere Ventile/Ventilsitze hätten, das ist aber Unsinn.
Ein weiteres Problem ist das Kraftstoffsystem. Es gibt Kunststoffe, die von Ethanol angegriffen werden (es werden Weichmacher herausgelöst und das Zeug wird spröde), andere nicht oder weniger. Was man machen kann, ist sich vom Händler ein paar für sein Fahrzeug passende Dichtungen und Kraftstoffleitungen zu besorgen und ein halbes Jahr oder so in Spiritus einlegen. Was bis dahin hält, hält wahrscheinlich auch länger. Kunststofftanks sind wahrscheinlich kein Problem. Kraftstoffpumpen leiden gern an Elektrolytkorrosion. Ethanol ist ganz gut leitfähig, das heißt die Plus- und Minus-Pole der im Tank „nass“ verbauten Pumpe wirken wie ein galvanisches Element, und Material wird am einen Pol abgelöst und am anderen angepappt. FFV’s umgehen das meist mit einem extra verbauten Wechselrichter und einer wechselstromgetriebenen Pumpe. An der Einspritzleiste kann es zu Korrosionsproblemen kommen, wenn diese aus Aluminium ist, dies kann zu verstopften Düsen führen. Kunststoff- oder Edelstahlrails haben dieses Problem nicht.
Ein weiteres Problem bei Ethanol ist das Öl. Durch die höhere Kraftstoffmenge (bei E85 über 30% Mehrmenge) ist natürlich bei jedem Kaltstart (und auch ein Start im Sommer bei 30°C ist ein Kaltstart) die an der Zylinderwand kondensierende Kraftstoffmenge größer, und damit die Menge, die ins Öl gelangt. Dadurch wird die Viskosität herabgesetzt und es leiden „die üblichen Verdächtigen“ abrasiven Verschleißes darunter, wie Kolbenhemd, Kurbelwellenhaupt- und Pleuellager. Dieser Effekt ist meist zeitlich begrenzt. Alkohol verdampft bei 78°C und somit verflüchtigt er sich auch wieder aus dem Öl, wenn dieses auf Betriebstemperatur kommt (und wird der Ansaugluft über die Kurbelgehäuseentlüftung wieder zugeführt). Aber das Problem besteht bei jedem Start. Hier hilft ein etwas besseres Öl. Die Ford FFV verwenden z.B. statt des Standard 5W-30 ein 5W-40 Vollsynthetiköl. Ebenfalls wird auf die Dauer das Öl in seinen chemischen Eigenschaften eher verschleißen, weswegen FFV’s kürzere Wechselintervalle haben. Sollte man vielleicht beim Experimentieren im Standardfahrzeug beachten. Durchgebrannte Zylinderkopfdichtungen oder Kolbenböden sind eher kein ethanolspezifisches Problem. Dies sind meist Glühzündungs- oder Klopfschäden, darunter leiden Ethanolmotoren kaum.
Die größte Änderung bei FFV-Fahrzeugen ist immer die Motorsteuerung, d.h. die Einspritzmenge richtig zu dosieren, und die Zündung anzupassen. (die Abgastemperatur ist stark von der Zündung abhängig, richtig geregelt werden hier Schäden vermieden, das kann natürlich kein Standardfahrzeug). Vielfach gibt es für horrende Summen sognannte Ethanolumrüstkits. Ich halte das aber für plumpe Abzocke. Es sind einfache Steuergeräte, die die Einspritzmenge erhöhen. Den größten Teil der benötigten Einspritzmengenanpassung regelt aber JEDES Steuergerät über die Lambdaregelung völlig automatisch. Probleme gibt’s nur im Vollastbetrieb, wo die Lambdaregelung meist übergangen wird und das Steuergerät sich etwas hochrechnet. Aber hier kann auch ein Zusatzkit nicht mehr auf ein Lambdasignal zurückgreifen, es spinnt sich also genauso irgendwas zurecht. Vielleicht macht es das etwas genauer als das Originalsteuergerät, und vielleicht erlaubt es auch Vollastmengen, die das Originalgerät schlichtweg nicht kennt, mehr aber auch nicht. Entscheidend ist, daß es – genau wie ein „normales“ (also Nicht-FFV) Steuergerät die Einspritzmenge über eine längere Einspritzzeit korrigiert. Dies kann u.U. zu höherem Verschleiß führen, wenn man zu Zeiten innerhalb der Ventilsteuerzeit einspritzt, wo dies eigentlich nicht vorgesehen ist (und schaden kann, wenn die Einspritzdüse durchs offene Ventil direkt auf die Kolbenwand pinkelt). Echte FFV’s haben größere Einspritzdüsen, die einen höheren Durchfluß haben. Dies beinhaltet aber kein Umrüstkit.
Zusammengefaßt gesagt, kann man mit den meisten Fahrzeugen (natürlich nur Benziner😉 ) etwas um E20 relativ problemlos fahren. Höhere Konzentrationen macht der Motor funktionell meist auch klaglos mit, je nachdem welche Einspritzmenge das Steuergerät bewerkstelligen kann. Was man nicht direkt sieht, ist natürlich der Verschleiß. Ich lese hier öfters „Ich hab E85 probiert und es funktioniert einfach – völlig problemlos“. Aber das sind wohl genau die Leute, die dann bei einem Ventilschaden nach 80Tkm am lautesten jammern. Den Verschleiß kann man natürlich mit einer defensiven Fahrweise entsprechend in Grenzen halten (den eventuellen am Kraftstoffsystem natürlich nicht!). Wer sich also dauerhaft dieser FSK unterziehen kann, kann auch längerfristig Spaß am Schnaps haben. Leider bietet Ethanol etwas mehr Leistung, eine höhere Klopffestigkeit und einen ruhigeren Motorlauf. Das verführt manche… Wer glaubt, er könne Ethanol nutzen, um bessere Fahrleistungen zu erzielen wird dabei sehr viel Spaß haben, aber leider zeitlich begrenzt, und dann wird’s meist teuer. (Im Motorsport ist aber genau das der Grund, aber da kommt's auf Hatbarkeit auch nicht so lange an).

Ich hab jetzt zwar nicht das ganze gelesen. Aber die Verbrennungstemp. wird durch ein zu mageres Gemisch verursacht. Normal sind um 13,8:1 (Luft : Benzin ->effektivste Verbrennung). Bei Volllast wird auch bis zu 12,5:1 "angefettet", sprich mehr Benzin rein (durch den erhöhten Benzinanteil wird der Motor zusätzlich gekühlt). Wenn du jetzt Exx mit weniger Energiewert (-30%) fährst, magerst du das Gemisch vorher schon ab (Bsp: 18:1). Das kann soweit ganz gut gehn. Nur hast du dann mit der Volllastanfettung evtl. 15:1. Sprich du bist immernoch magerer Unterwegs als mit Benzin bei normalfahrt. -->Erhöhte Verbrennungstemp. und damit Probs mit Ventilen oder so.

Vorsicht mit dem Luftverhältnis. Benzin verbrennt mit 14,5:1 (Lambda=1), etwas drüber oder drunter geht auch, aber mit 18:1 kriegst Du keinen einzigen Saugrohreinspritzer mehr ans Laufen.
E85 verbrennt mit 9:1, das Gemisch ist also wesentlich kraftstofflastiger als bei Benzin, und zumindest in der Vollast schaffen die meisten Standardeinspritzsysteme diese Menge nicht (sind halt nicht dafür ausgelegt). Dann besteht die Gefahr, daß Du zu mager fährst. Aber auch bei "echten" FFV gibt's das Temperaurproblem mitunter. Und da liegt es nicht ursächlich an der Verbrennungstemperatur, sondern an der spezifischen Wärmekapazität des Abgases.

und genau deshalb ist Gleiten angesagt, nicht Rasen!! dann sollte der Motor auch nicht den Hitzetod sterben dürfen. und die Ventilchen danken es dir 🙂

ich habe vor einer Woche die Ventilspiele prüfen lassen (da mein Auto keine Hydrostößel hat), und das Ventilspiel bei allen Ventilen ist optimal. und das nach 15.000 km und knapp 22 Monaten auf E50 -was eigentlich schon fast zu mager war-

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