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Volkswagen bezahlt in den USA Werbung für die Konkurrenz - Warum VW Werbung für den Chevy Bolt macht

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Der VW-Konzern bezahlt in den USA einen Werbespot für den Chevrolet Bolt. Und andere Konkurrenten des E-Golf. Warum? Weil er muss. Hier alles zur ungewöhnlichen Kampagne.

Auch wenn es nicht so aussieht: Das ist die wesentliche Szene aus einem TV- und Social-Media-Spot des VW-Konzerns zur E-Mobilität. Ein Elektro-Golf kommt vor, doch die Hauptrolle gehört einem Chevrolet Bolt (rechts) Auch wenn es nicht so aussieht: Das ist die wesentliche Szene aus einem TV- und Social-Media-Spot des VW-Konzerns zur E-Mobilität. Ein Elektro-Golf kommt vor, doch die Hauptrolle gehört einem Chevrolet Bolt (rechts) Quelle: Plug In To The Present

Herndon, Virginia – Der Volkswagen-Konzern bezahlt einen TV-Spot – und widmet den Löwenanteil der Sendezeit einem Chevrolet Bolt. Dabei dient der elektrische Kompakte von General Motors nicht etwa als Negativbeispiel und gibt nicht den Prügelknaben in einem plakativen Vergleich mit einem Wolfsburger. Er ist der Star. In Vertretung für sämtliche „emissionsfreien“ Modelle auf dem US-Markt.

Einige weitere fahren am Ende der Schaltung in Nebenrollen durchs Bild: BMW i3, Hyundai Ioniq, Nissan Leaf, Hondas Brennstoffzellenauto Clarity – und, immerhin: ein VW E-Golf. Hier der Spot:

 

Die Handlung: Der Fahrer eines Subaru mit Verbrenner begegnet an der Ampel der besseren Version seines Selbst. Und die fährt einen Bolt - der den Verbrenner-Kombi hoffnungslos abzieht, als die Ampel wieder auf Grün springt. Im Hintergrund läuft zunächst die Titelmelodie der legendären Flintstones-Serie. Als der Stromer ins Bild kommt, ertönt der Themesong der Jetsons. Erstere Zeichentrickserie behandelt eine Steinzeit-Sippe, letztere eine Familie aus der Zukunft. Was das über Image und Leistungsfähigkeit des E-Autos im Vergleich zum Verbrenner aussagen soll, ist klar. Die weitere Message: Das gilt für jeden Stromer.

Eine Folge des Diesel-Skandals

Der E-Golf fährt gegen Ende des Spot durchs Bild - in einer Nebenrolle. Ganz freiwillig wählte Volkswagen-Tochter Electrify America die Besetzung nicht Der E-Golf fährt gegen Ende des Spot durchs Bild - in einer Nebenrolle. Ganz freiwillig wählte Volkswagen-Tochter Electrify America die Besetzung nicht Quelle: dpa / Picture Alliance Warum der Konzern hier seine Konkurrenten mitbewirbt? Weil er muss. Für das O.k. der US-Justiz zu einem Vergleich im Diesel-Skandal im Frühjahr 2017 gab es mehrere Auflagen. Neben einem Aufpasser in der Konzernzentrale und Milliardenzahlungen für die Beilegung der Ermittlungen bestand die Justiz auf einem umfangreichen Beitrag zur Stromer-Förderung in den Staaten.

Volkswagen gründete Electrify America. Die 100-prozentige Tochter investiert nun bis Juni 2019 insgesamt 2 Milliarden US-Dollar (1,7 Milliarden Euro) in die Errichtung der Lade-Infrastruktur und mehr Aufmerksamkeit für Neuwagen mit Stecker. Letzterem dient eine Reihe von Spots, die möglichst markenneutral gestaltet sein sollen.

VW wählte nicht den Schwächsten

Nissan Leaf, Hyundai Ioniq, BMW i3, Chevrolet Bolt - und dazwischen irgendwo ein E-Golf: Der von Volkswagen bezahlte Spot sollte möglichst Marken-neutral werden Nissan Leaf, Hyundai Ioniq, BMW i3, Chevrolet Bolt - und dazwischen irgendwo ein E-Golf: Der von Volkswagen bezahlte Spot sollte möglichst Marken-neutral werden Quelle: Plug In To The Present Aber irgendein Modell musste im Plot eben gegen den Verbrenner antreten. Warum man ausgerechnet den Bolt in die Hauptrolle steckte, ist nicht bekannt. VW hat eben einen Konkurrenten gewählt, den ohnehin niemand kauft? Die Annahme lässt sich mit einem Blick auf die Verkaufszahlen widerlegen: Der Chevrolet ist der erfolgreichste Stromer im Spot, im Vorjahr gingen in den USA 23.297 Fahrzeuge weg. Honda setzte 2.455 Clarity ab, der Nissan Leaf fand 11.230 Käufer, der Hyundai Ioniq inklusive der Hybrid- und Plug-in-Hybridmodelle 11.197 Abnehmer. BMW kommt selbst in Kombination mit den kanadischen Verkäufen auf lediglich 6.276 verkaufte i3.

Der E-Golf erreichte zum Jahresanfang 2018 weniger als ein Sechstel des Bolt-Absatzes. Nach Modellwechsel auf Golf Nummer acht wird Volkswagens elektrischer Kompaktwagen bald als eigenes Modell vorfahren.

Weitere Spots mit Konkurrenz-Stromern folgen

"Sponsored by Volkswagen Group of America" - ohne den Hinweis wäre Volkswagen kaum als (indirekter) Auftraggeber des Spots zu identifizieren "Sponsored by Volkswagen Group of America" - ohne den Hinweis wäre Volkswagen kaum als (indirekter) Auftraggeber des Spots zu identifizieren Quelle: https://youtu.be/KRgcJusf280 Bei Chevrolet scheint man mit der Rollenverteilung im Video nicht unglücklich: “Wir freuen uns darauf, weiterhin bei der Steigerung des Enthusiasmus für EVs behilflich zu sein“, erklärte das Unternehmen gegenüber "Automotive News". In den nächsten Spots der Kampagne werden wohl andere Elektroautos zu sehen sein. Wir tippen unter anderem auf Auftritte der Tesla-Modellreihe, der Kia Soul erschien ebenfalls noch nicht. „Alle gezeigten Marken waren jedenfalls mehr als erfreut, in der Kampagne mitspielen zu dürfen“, sagte Electrify Americas Marketing-Direktor Rich Steinberg gegenüber dem Branchenmagazin.

Langfristig soll die Kampagne den Anteil an E-Autos am Gesamtabsatz erhöhen. Aktuell kommen Modelle mit klassischen Akkus und Brennstoffzellen-Technologie in den USA auf insgesamt etwas mehr als 0,7 Prozent Marktanteil. Doch den Erfolg der Aktion misst die VW-Tochter daran, wie viele Kunden auf die Seite plugintothepresent.com geleitet werden können. Hier gibt es Informationen zu Ladesäulen-Standorten oder steuerlichen Vorteilen. Außerdem den jeweils nächsten Spot. Am Ende der Videos steht übrigens ganz unten stets ein kleiner Hinweis: "Sponsored by Volkswagen Group of America". Die häufig genutzte Phrase "Proudly Sponsored" hätte dem Konzern in diesem Fall wohl niemand abgenommen.

 

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