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Honda Civic Type R im Vergleich - Sauger oder Turbo-Motor?

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Hot Hatches sind schneller als je zuvor. Doch was können die kleinen Sportler besser als die Vorgänger? In unserer Serie vergleichen wir. Teil 3: Honda Civic Type R

Berlin – Was rieben sich Honda-Fans 1997 die Augen. Endlich ein schneller Kompakter aus Japan. Einer, der es mit den GTIs, GSIs und RS aus Europa aufnehmen konnte. 185 PS aus einem 1,6-Liter-Vierzylinder machten den braven Civic als Type R richtig schnell. Leider nur in Japan. Bis Honda einen Type R mit dem Steuer auf der richtigen (linken) Seite anbot, dauerte es noch vier Jahre.

Erst die siebte Generation (EP3) kam 2001 nach Deutschland. Mit 200 PS Leistung aus einem 2,0-Liter-Vierzylinder, ein Saugmotor, natürlich. Der Motor kam leicht modifiziert auch in der dritten Generation (FN2) zwischen 2007 und 2010 zum Einsatz. Danach mussten Type-R-Fans fünf lange Jahre auf einen Nachfolger warten. Seit September 2015 gibt es wieder einen neuen Type R. Nun als Turbo. Was kann er besser als sein Vorgänger von 2010?

Motor und Leistung

So ziemlich alles. Das vorab. Jedenfalls auf dem Papier. Statt des 2,0-Vierzylinder-Saugers mit 201 PS kommt im Neuen ein Turbo zum Einsatz. Aus 2,0 Liter Hubraum entwickelt der Honda nun 310 PS. Von 0 auf 100 km/h rennt die aktuelle Version in 5,7 Sekunden – und ist damit neun Zehntel schneller als der Vorgänger. Auch beim Topspeed hängt der Neue mit 270 km/h den Alten (235 km/h) locker ab.

Der deutliche Unterschied liegt aber im Wie: Während der Sauger mit variabler Ventilsteuerung seine Leistung langsam steigert und erst bei 7.800 Touren das Maximum aus den Zylindern quetscht, gibt der Turbo bei 6.500 Touren die volle Leistung ab. Auch beim Drehmoment liegt der Turbo natürlich vorne: Seine 400 Newtonmeter stehen ab 2.500 Touren zur Verfügung und bleiben bis 4.500 Touren auf gleichem Niveau. Der Sauger leistet 193 Newtonmeter bei 5.600 Touren. Bei schneller Fahrt zieht er sich viel mehr Sprit rein als die offiziellen 9,1 Liter. Aber auch der neue Turbo kann seinen NEFZ-Wert von 7,3 Litern auf 100 Kilometer kaum halten.

Fahrspaß

Nur ein paar Meter braucht man, um fünf Jahre Entwicklungsvorsprung zu erfahren. Untenrum passiert beim Sauger nicht viel. Er will gedreht werden, hoch und laut – dann macht er richtig Spaß. Er röhrt, sägt und bellt. Das Hochdrehzahlkonzept klingt heute noch gut in den Ohren. Knochentrocken arbeiten Getriebe und Lenkung, verlangen eine harte Hand und flinke Reaktionen. Wer schnell sein will, muss das kurze optimale Drehzahlband im Blick haben.

Es ist die alte Schule, auch in Sachen Schadstoff-Ausstoß. Honda musste sich vom Hochdrehzahlkonzept wegen immer strengeren Abgasvorschriften verabschieden. Der Sauger erfüllt nicht mal die Abgasnorm Euro 5. Ganz anders der Neue, auch in der Leistungsentfaltung: Der zieht wie ein Bulle, erlaubt ein schaltfaules Fahren. Ab 2.000 Touren zischt der Turbo, die Kraft zerrt am Lenkrad, beim Lastwechsel bläst das Überdruckventil, vier Endrohre dröhnen den Sound von 310 Turbo-PS in die Umgebung.

Schaltung und Antrieb

Viel Leistung an den Vorderrädern braucht eine trockene Straße und eine gute Vorderachse. Wo dem 201-PS-Civic ein leicht modifiziertes Fahrwerk reichte, muss Honda beim aktuellen Modell ganz tief in die Technik-Trickkiste greifen. Für ordentlich Traktion in Kurven gibt es unter anderem ein mechanisches Sperrdifferenzial, geänderte vordere Federbeine und modifizierte Antriebswellen. Die sind so konstruiert, dass sie trotz unterschiedlicher Länge das gleiche Torsionsmoment aufweisen. Damit soll verhindert werden, dass man beim Beschleunigen die Lenkung verreißt. Das funktioniert passabel, aber nicht immer.

Bei Vollgas oder nasser Straße greifen Antriebsschlupfregelung und ESP regelmäßig ein, bevor man leicht untersteuernd aus der Kurve schiebt. Dabei passen sich die adaptiven Dämpfer der Fahrsituation an. Wer es besonders hart mag, schaltet den Sport-Modus ein: Dann versteifen sich die Dämpfer um 30 Prozent. Honda verkauft den Type R ausschließlich mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe – verstärkt und mit kürzeren Schaltwegen.

Während der Vorgänger noch Restkomfort bietet und relativ entspannt über Kopfsteinpflaster rollt, holpert und poltert der Neue über schlechte Straßen. Wo der Alte im mittleren Drehzahlbereich gemütlich säuselt und brummt, röhrt und vibriert der Neue längst. Schon ab 2.000 Touren wird es laut und schüttelig. Das muss man mögen.

Karosserie und Gewicht

So vornehm und höflich Japaner auftreten: Der Civic Type R ist das Gegenteil. Dicke Spoiler und Flügel, Frontsplitter, Seitenschweller und Diffusor lassen den aktuellen Civic Type R schrill und extrem aussehen. Ein Showcar für die Tuningmesse. Von wegen, sagen die Honda-Techniker. Das Flügelwerk samt ebenem Unterboden sorgt für mehr Anpressdruck und ermöglicht dadurch hohe Kurvengeschwindigkeiten. Dazu gibt es 19-Zoll-Leichtmetallräder mit 235/35R19-Reifen und vorn gelochte 350-mm-Scheibenbremsen mit Vierkolben-Sätteln.

Im Vergleich sieht der Vorgänger aus wie Omas Schönwetter-Auto für die Fahrt zum Gottesdienst. Dezente 15 Millimeter liegt der Type R tiefer als das zivile Modell, die Kotflügel sind ein bisschen breiter, der Heckflügel ist schmal, immerhin 18 Zoll messen die Räder. Und er ist schlanker. 1.324 Kilo bringt er auf die Waage, der Neue im Rennwagen-Outfit wiegt gut zwei Gridgirls mehr - nämlich 1.453 Kilogramm.

Emotion und Sound

Gut, im Berufsverkehr sind sie irrelevant, aber am Stammtisch zählen sie: Rundenzeiten. Hier kann der Neue punkten. Ein Type-R-Prototyp umrundete vor zwei Jahren die Nürburgring-Nordschleife in 7:50,63 Minuten. Bis dahin war kein anderer Fronttriebler schneller. Und wenn das Wastegate-Ventil des Turboladers zwitschert, stellen sich bei Autofans die Nackenhaare auf. Der neue Type R ist ein Racer, kein Schleicher.

Inzwischen ist der Rekord Geschichte, und auch der Vorgänger kann begeistern, ganz ohne Bestzeit. Als Drehorgel mit viel Leistung und wenig Drehmoment verlangt er Vollgas, Schaltarbeit und Einfühlungsvermögen. Das macht Spaß – wenn der Fahrer in der Stimmung ist und die Bahn frei. Kann aber im Alltag auch nerven. Andererseits: Wirklich alltagstauglich ist der Neue auch nicht.

Sondermodelle

Beim Vorgängermodell bot Honda neben dem Type R den Type R Light Weight, Type R Plus und eine Racing-Version für den reinen Renneinsatz an. Ab Juli 2009 gab es die Sonderausstattung „Championship White Edition“. Die unterscheidet sich vom Serienmodell unter anderem in der Farbe und den Felgen. Außerdem gab es ein Torsen-Sperrdifferential. Neben dem aktuellen Type R steht der Type R GT zur Wahl. Der bietet Navi, Zweizonen-Klima, 320-Watt-Sound-System, Spurhalteassistent und Verkehrszeichenerkennung.

Marktlage und Preise

Für den neuen Honda Civic Type R werden mindestens 35.350 Euro fällig, der besser ausgestattete Civic Type R GT kostet 37.850 Euro. Vom Vorgänger gibt es zwar keine Neufahrzeuge mehr, aber noch ein paar Liebhabermodelle. Auf mobile.de tummeln sich rund 60 Fahrzeuge mit unter 150.000 Kilometer Laufleistung und einem Jahr TÜV. Die Preise liegen zwischen 7.500 Euro und 17.000 Euro. Die Talsohle ist aber noch nicht erreicht, so dass die Preise noch fallen werden.

Technische Daten Honda Civic Type R

Modell Type R ab 2007 Type R ab 2015
Motor 2,0-Liter-Vierzylinder 2,0-Liter-Vierzylinder-Turbo
Leistung 201 PS (148 kW) bei 7.800 U/min 310 PS (228 kW) bei 6.500 U/min
Drehmoment 193 Nm bei 5.600 U/min 400 Nm bei 2.500-4.500 U/min
Antrieb Sechsgang-Getriebe, Frontantrieb Sechsgang-Getriebe, Frontantrieb
0-100 km/h 6,6 s 5,7 s
Höchstgeschwindigkeit 235 km/h 270 km/h
Verbrauch laut NEFZ 9,1 l/100 km 7,3 l/100 km
CO2 215 g/km 170 g/km
Länge 4,27 m 4,39 m
Breite 1,78 m 1,87 m
Höhe 1,44 m 1,46 m
Leergewicht 1.342 kg 1.453 kg
Kofferraum 456 l 498 l
Preis bei Markteinführung Ab 26.900 Euro Ab 35.350 Euro

 

Hier geht es zum ersten Teil der Hot Hatches: Ford Focus RS und zum zweiten Teil Volvo V40 T5

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