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30 Jahre Fiat Croma: Oldtimer - Der letzte große Fiat

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Vor 30 Jahren gelang Fiat mit dem Croma ein erstaunliches Comeback in der gehobenen Klasse. Mit dem weltweit ersten Diesel-Direkteinspritzer und einer modischen Heckklappe.

Beim „Tipo 4“ arbeiteten Saab, Lancia, Fiat und Alfa Romeo zusammen: Fiat Croma ab 1986 Beim „Tipo 4“ arbeiteten Saab, Lancia, Fiat und Alfa Romeo zusammen: Fiat Croma ab 1986 Quelle: Fiat

Köln - Heute verbindet man Fiat vor allem mit schicken Minis wie dem Fiat 500. 1985 war das anders: Damals wartete die Autowelt gespannt auf die Enthüllung von Fiats neuem Flaggschiff. Eine stattliche Berlina war der neue Fiat Croma, aber mit klassisch gezeichneten Vorgängern wie Fiat 130 oder Argenta hatte er nichts gemeinsam. Setzte der Croma doch trotz kurzen Stufenhecks auf eine praktische Heckklappe, ganz so wie die wenige Monate zuvor eingeführten großen Renault 25, Ford Scorpio und Saab 9000.

Mit dem Schweden verband den Fiat weit mehr als nur die fünfte Tür, denn der Croma war in Zusammenarbeit zwischen Saab, Fiat, Lancia und Alfa Romeo entwickelt worden. Ein Markenquartett, das geeint wurde durch klamme Kassen und den Willen zum Erfolg. Das Gemeinschaftsprojekt Tipo 4 (Saab 9000, Fiat Croma, Lancia Thema und Alfa 164) sollte die Lösung bringen.

Die deutsche Fachpresse hielt das für möglich. Testresümees wie „größtes Raumangebot seiner Klasse“, „geringster Verbrauch und bessere Fahrleistungen“ oder „Im Fahrverhalten vollauf überzeugend“ verfassten die Medien nur selten über Importfahrzeuge. Dabei kostete der Fiat je nach Version bis zu 10.000 Mark weniger als die teutonische Konkurrenz.

Die erste Generation des Fiat Croma wurde von 1985 bis 1996 gebaut Die erste Generation des Fiat Croma wurde von 1985 bis 1996 gebaut Quelle: Fiat Das allererste Fiat-Spitzenmodell mit Frontantrieb und quer eingebauten Motoren schrieb eine Erfolgsstory fort, die in der oberen Mittelklasse Anfang der 1950er Jahre von der 1400/1900-Serie begonnen worden war und mit Einstellung der im Trapezdesign geformten 1800 bis 2300-Reihe im Jahr 1969 abriss. Wie sie, setzte sich der neue Croma in Deutschland schnell an die Spitze seines Importsegments und übertraf auch in Italien alle Erwartungen. Mit dem Croma fand Fiat eine letztmalige Bestätigung als erfolgreicher Generalist – als Massenhersteller, der auch gehobene Modellreihen erfolgreich anbietet.

Motoren fürs Geschichtsbuch

Einen Fiat wie die turboaufgeladene Topversion hatten Stammkunden noch nicht erlebt. 215 km/h Spitze und eine Sprintzeit von nur 7,9 Sekunden auf 100 km/h schaffte der bis zu 158 PS starke 2,0-Liter-Vierzylinder. Vor 30 Jahren beschleunigte nicht einmal der Porsche 944 S rasanter. In der Höchstgeschwindigkeit konnte es der Fiat-Familienjet sogar mit einem Maserati Biturbo Coupé aufnehmen. Raketengleich hoben auch die Verkaufszahlen des Fiat ab, wobei im Alltag dann doch die schwächeren und billigen Vierzylinder-Benziner gefragt waren.

Auch hier konnte Fiat Besonderes bieten. Der neue 2,0-Liter-Magermix-Motor Croma CHT erreichte im Stadtverkehr rund 20 Prozent Verbrauchsersparnis und verbrauchte im Normzyklus 5,5 Liter auf 100 Kilometer. Die in Italien populären Turbo-Diesel dagegen fuhren vernehmlich nagelnd mit fast 200 km/h auch den schnellen deutschen Sechszylindern BMW 524 td und Mercedes 300 D (W 124) mühelos davon.

Besonders faszinierend war der Meilenstein, mit dem sich der Croma 1.9 TD i.d. im Jahr 1987 in die Geschichtsbücher eintrug. Der weltweit erste in einem Pkw eingesetzte Diesel-Direkteinspritzer leistete 92 PS und glänzte mit dem sensationell niedrigen Normverbrauch von 3,9 Liter/100 km bei 90 km/h. Ein Rekordwert, kein Auto war sparsamer. Selbst der kleine Panda konsumierte gut 20 Prozent mehr.

Der Saab 9000 war ein Schwestermodell des ersten Croma Der Saab 9000 war ein Schwestermodell des ersten Croma Quelle: Fiat

Stiller Abschied 1996

Mehr als 1.200 Fiat-Händler gewährleisteten eine Distribution bis in entlegenste Dörfer. Anfang Mai 1986 war Fiat stärkster Importeur in Deutschland. Die Händler freuten sich über volle Auftragsbücher, und die Italiener hatten anfangs Mühe, genügend Croma über die Alpen zu liefern. Der Boom hielt mehrere Jahre, zumal der Fiat ebenso wie die Geschwister Lancia Thema, Saab 9000 und Alfa 164 solide verarbeitet und gut gegen Rost geschützt war.

Erst in den 1990er Jahren stürzten die Verkaufszahlen ab, woran auch Modellpflegemaßnahmen nichts mehr ändern konnten. Zum einen geriet der Croma durch ein schlechtes Crashtest-Resultat vorübergehend in die Negativ-Schlagzeilen, zum anderen hatten die Konkurrenten mit neuen Modellen nachgelegt. Nur in Italien bewahrte sich der große Fronttriebler den Ruf einer Undercover-S-Klasse, nun sogar mit einem prestigeträchtigen 2,5-Liter-V6.

Als der Croma nach 450.000 Einheiten im Dezember 1996 still und leise aus dem Fiat-Programm gestrichen wurde, verabschiedete sich Fiat aus der oberen Mittelklasse. Daran änderte auch der von 2005 bis 2010 angebotene Croma zweiter Generation nichts. Das neue Modell basierte auf der kleineren Mittelklasse-Plattform des Opel Vectra.

Chronik Fiat Croma

  • 1979: Die Entwicklung einer neuen Modellreihe der oberen Mittelklasse wird zwischen Lancia und Saab vereinbart. Später beteiligen sich Fiat und das noch unabhängige Unternehmen Alfa Romeo an dem Projekt „Tipo 4“
  • 1980: Das Design des Tipo-4-Projekts wird in den Grundzügen von Giorgio Giugiaro (ItalDesign) konzipiert
  • 1984: Am 24. Mai erlebt der Saab 9000 sein Pressedebüt, die Kundenvorstellung erfolgt im Herbst, die Serienfertigung läuft aber erst im Folgejahr an. Im Oktober erfolgt der Marktstart des Lancia Thema. Insgesamt 140 Prototypen des Fiat Croma absolvieren Fahrtests in bei Fiat bisher noch nicht erfolgter Intensität
  • 1985: Im Dezember präsentiert Fiat den neuen Croma als Nachfolger des glücklosen Argenta. Verkaufsstart in Italien in den Versionen Croma, Croma CHT, Croma i.e., Croma Turbo i.e., Croma D und Croma Turbo D. Beispielhaft ist der Korrosionsschutz, bestehen doch anfangs 40 Prozent, ab 1989 sogar 70 Prozent der Croma-Karosserie aus verzinkten Blechen
  • 1986: Im Mai wird der Fiat Croma mit fünf Motoren (1.6, 2.0 CHT, 2.0 i.e., 2.0 Turbo i.e. und 2.5 Turbo-D) in Deutschland eingeführt
  • 1987: Auf der Frankfurter IAA wird der Alfa 164 der Öffentlichkeit vorgestellt. Als erster Pkw-Hersteller präsentiert Fiat im Croma einen Diesel-Direkteinspritzer. Anfangs wird der 92 PS leistende 1,9-Liter-Selbstzünder aber nur auf dem Heimatmarkt verkauft (Verbrauchs von 3,9 Liter/100 km bei 90 km/h). Seit dem Modelljahr 1987 werden in Deutschland nur noch Croma mit schadstoffarmen Benzinern und Katalysotor angeboten. Fiat verkauft von seinem Spitzenmodell in Deutschland fast doppelt so viele Einheiten wie vom langjährigen Kompaktklasse-Bestseller Ritmo
  • 1988: Im Januar erfolgte die deutsche Markteinführung des modellgepflegten „Croma '88“. Neue Polster und Interieurmaterialien, neue Drehschalter an der Armaturentafel, auch an den Unterseiten in Wagenfarbe lackierte Stoßfänger, weiße Deckgläser für die Rückleuchten und eine neue Blende zwischen den beiden Heckleuchtengruppen. Im Juni wurde der Croma Turbo D.i.d. mit Direkteinspritzmotor nachgereicht. Der Croma ist in Deutschland im dritten Jahr in Folge das meistverkaufte Importmodell der oberen Mittelklasse
  • 1989: An den Fiat Gesamtverkäufen beträgt der Anteil des Croma rund fünf Prozent, womit die ursprünglichen Zielvorgaben deutlich übertroffen werden. In Europa werden in diesem Jahr insgesamt 58.000 Croma verkauft, davon 33.500 Einheiten in Italien. Hier kommt der Croma in seinem Segment auf einen Marktanteil von 20 Prozent
  • 1990: Fiat kann den 300.000sten Croma ausliefern, rund 40 Prozent davon wurden exportiert. Im Dezember wird der Croma in einer Facelift-Version vorgestellt, beworben als Nuova Croma. Hydrolager für die Benzineinspitzer und Turbodiesel, um Schwingungen aller Frequenzen effektiver zu dämpfen. Der 2.0 TD i.d. punktet nicht nur durch Direkteinspritzung, sondern auch durch einen neuartigen Turbolader. Außerdem wurde die Front und das Heck neu gestaltet, zudem wurde die Karosserie versteift und ein modernisiertes Interieur eingebaut. Der 1,6-Liter-Motor fiel aus dem Programm
  • 1991: Weltweit werden 48.987 Croma ausgeliefert
  • 1992: Ab Dezember wird eine neue Spitzenmotorisierung (2.5 V6) angeboten. Die Croma-Produktion geht auf 32.163 Einheiten zurück
  • 1993: Zweites Facelift für den Fiat Croma mit neuer Kühlergrillgestaltung und Motoren aus dem Alfa-Programm (2,0-Liter-16V-Aggregat und der 2,5-Liter-V6). Ein Fahrerairbag gehört jetzt zur Serie.
  • 1996: Nach 450.000 Einheiten läuft der Croma im Dezember aus
  • 2005: Fiat lanciert eine zweite Croma-Generation, jetzt auf Basis der GM-Epsilon-Plattform (Opel Vectra/Signum), die bis 2010 in Produktion bleibt

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