Auf der Peking Motorshow zeigen die Autohersteller, was die chinesische Kundschaft sehen will: lange, große, hohe und luxuriöse Fahrzeuge. Ein Messe-Rundgang.
Peking - Machen wir uns nichts vor: Die gesamte Autoindustrie blickt nach China, nicht nach Europa. Das liegt daran, dass im Reich der Mitte 1,35 Milliarden Einwohner leben und ziemlich viele davon kein eigenes Auto besitzen. Da kann der gesättigte und noch dazu viel kleinere Markt in Europa nicht mithalten. Das Potenzial in China ist enorm. Während in den USA pro 1.000 Einwohner 742 Autos fahren und in Deutschland 562 Autos, sind es in China gerade einmal 75 Autos. Diese Zahl wird rasant wachsen. Nach Einschätzungen von Analysten auf bis zu 300 Fahrzeuge. Zwar weiß keiner, wo die vielen Chinesen dann fahren sollen, denn schon heute ist Peking ein einziger Dauerstau, doch das interessiert die Autohersteller nicht. Sie wollen Autos verkaufen. Das gilt auch für die deutschen Hersteller. Ein Jetta-Coupé und die neue TT-FamilieBMW präsentiert auf der Autoschau die Studie "Vision Future Luxury", ein großes Showcar mit neuen Innenraumdetails, viel Platz und edlen Materialien. Die B-Säule aus Carbon ist in die Sitzkonsole integriert, die Passagiere schauen auf große Displays. Die Studie ist ein erster Ausblick auf den neuen 9er und vielleicht auch auf den nächsten 7er. Beide Autos sollen vor allem in China einen reißenden Absatz finden. Bereits heute verkauft VW mehr als 40 Prozent aller Autos in China. Die Zahl der aktuell rund 2.400 Händler soll in den nächsten Jahren auf 3.600 wachsen. Und die benötigen immer neues Futter für ihre Schauräume. Aus diesem Grund zeigen die Wolfsburger ihren leicht überarbeiteten Touareg erstmals in Peking. Schließlich lieben die Chinesen große und hohe Fahrzeuge. Außerdem präsentiert VW das New Midsize Coupé und den Golf R400-Kracher mit 400 PS. Einen Stand weiter präsentiert Audi einen Ausblick auf die nächste TT-Familie. Nicht nur ein Coupé ist geplant, sondern auch ein kompaktes SUV, besonders flach und besonders sportlich. DerTT Offroad Concept ist eine Weiterentwicklung der Allroad Quattro Studie, 4,39 Meter lang, 1,85 Meter breit und 1,53 Meter hoch. 21 Zoll große Räder füllen die breit ausgestellten Radkästen aus. Ein lange C-Klasse und ein neuer X3-GegnerAuch Mercedes setzt auf die Mischung von Coupé und SUV. Die Studie Concept Coupé SUV basiert auf der M-Klasse und hat ein nach hinten abfallendes Dach. Viel Bodenfreiheit und die hohe Gürtellinie erinnern an den BMW X6. Der Star des Messe-Standes ist allerdings die C-Klasse mit verlängertem Radstand – ideal für Kunden mit Chauffeur - und von denen gibt es in China einige. Mit dem neuen Lexus NX will Toyotas Edeltochter gegen Audi Q5, BMW X3 und Mercedes GLK antreten. Das SUV basiert auf dem Toyota RAV4, wird aber von stärkeren Motoren angetrieben und hat eine hochwertigere Innenausstattung. Dinge, auf die besonders die chinesische Mittelschicht Wert legt. Der angeschlagene PSA-Konzern (mit chinesischer Beteiligung) zeigt in Peking das große SUV DS6 WR und die Limousine DS5 LS, die extra für den chinesischen Markt entwickelt wurden. Auch der Peugeot Exalt, ein Fünftürer mit Coupé-Silhouette und Hybrid-Antrieb, wurde von chinesischen Designern für den heimischen Markt gezeichnet. Aber auch kleine Hersteller und Tuner buhlen um die kaufkräftige Kundschaft. Brabus, Techart, Koenigsegg, Ferrari, Lamborghini, Rolls-Royce und Bentley haben gut besuchte Stände – nicht nur von Schulklassen oder Journalisten. Made in ChinaUnd die Chinesen? Von Bastelbuden und dreisten Plagiaten sind die aktuellen Modelle weit entfernt. Nur noch selten entdeckt man einen Scheinwerfer, einen Kühlergrill oder eine Rückleuchte, die man von einem älteren europäischen Modell her kennt. Hawtei Motor, Roewe (MG), GAC Group, Great Wall, Lifan Auto oder Dongfeng Motor Corporation sind einige davon. Merken sollte man sich die Hersteller Haval und Qoros, die mehrere Modelle nach japanischem und europäischem Muster im Programm haben. Der Qoros 3 hat beim EuroNCAP-Crashtest das beste Testergebnis des vergangenen Jahres erreicht. Das vom ehemaligen Mini-Designer Gert Hildebrand entworfene Auto ist auch sonst durchaus gelungen, außen wie innen: wenig Chrom, in sich stimmig, keine Spielereien, saubere Spaltmaße und anständige Materialien. Ein Auto nicht nur für den chinesischen Markt. Wenn erst mal der eigene Hunger nach Mobilität gestillt ist, könnte das Riesenreich mit solchen Autos auch auf Expansionskurs gehen. |