Und ist das Urteil noch so schlecht...
...der BGH hat immer recht:
http://www.handelsblatt.com/.../9592856.html
Da fällt mir nix druckfähiges zu ein...
Beste Antwort im Thema
Können wir bitte nochmal auf den geschilderten Fall kommen ?
Wer kein Vertrauen in unser Rechtssystem hat, wir haben Reisefreiheit. 😎
Zurück zu dem Fall, über den sich manche so aufregen.
Ich habe gearbeitet, damit sich unsere Hobby-Juristen etwas beruhigen können. 😉
Die Malaise beginnt schon damit, dass Lewellyn einen Artikel aus dem Handelsblatt verlinkt hat. Die haben die Meldung vielleicht von irgendeiner Presseagentur, wollen ihren Lesern was mitteilen und schreiben eine reißerische Überschrift:
„Rammen ist keine gefährliche Körperverletzung“
Dann liest man drei Sätze, empört sich über die blöden Richter und schon kocht die Motorrad fahrende Volksseele.
Ich habe mich schon bei der Lektüre dieses Artikels gewundert, dass man nur über die gefährliche KV gesprochen hat, die der Senat des BGH nach geltender Rechtssprechung korrekterweise nicht sah, weil das Tatmittel Kfz nicht in direktem Kontakt mit dem Körper des Verletzten geriet.
Ganz egal, was manche Hobbyrechtler darin zu erkennen glauben, es ist so.
Liest man den Artikel, so entsteht der Eindruck, der Autofahrer werde „nur“ wegen Körperverletzung und unerlaubten Entfernens vom Unfallort verurteilt. Das ist Blödsinn.
Hätte ich den Fall zu bearbeiten, würde mir zunächst nicht eine Körperverletzung, sei sie nun gefährlich oder nicht, in den Sinn kommen, ich würde den Tatbestand des § 315b StGB prüfen und zu dem Ergebnis kommen, dass der eindeutig erfüllt ist.
Auch die Voraussetzung des 315 Abs. 3 scheinen erfüllt und das bedeutet, es handelt sich um ein Verbrechen. Ein Verbrechen unterscheidet sich von einem Vergehen dadurch, dass die Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr liegt. Unter den gegebenen Voraussetzungen wäre die Strafandrohung nach 315b (gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr) nicht unter einem und bis zu 10 Jahren Haft. Das ist ordentlich.
Für die gefKV gäbe es 6 Monate bis 10 Jahre. Bleibt dennoch ein Vergehen.
Wieso fehlt der 315b ? Ich habe nachgeforscht. Er fehlt nicht. Nur das Handelsblatt hat ihn unterschlagen, sonst wäre die Story nämlich keine mehr. Wir lesen nochmals genauer nach: "zunächst unter anderem wegen gefährlicher Körperverletzung". Das „unter Anderem“ ist nämlich 315b, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Besitz von BTM, Unfallflucht, eine weitere gef.KV etc.pp. Der Mann ist kein unbeschriebenes Blatt. Offensichtlich gab es auch eine Täter-Opfer - Beziehung
Nun darf sich die Volksseele wieder beruhigen, denn das Landgericht Leipzig hat den Beschuldigten auch so verurteilt. Eine KV würde wohl auch nicht vor dem LG verhandelt, sondern vor dem AG. Landgerichte machen die eher schweren Fälle.
Weiter schreibt das Handelsblatt, dass der Verurteilte mit dem Strafmaß nicht einverstanden war und deshalb in Revision ging. Das ist auch Quatsch. Noch dazu hat man schlecht recherchiert, denn der bekam nicht 2 Jahre 11 Monate, sondern 2 Jahre und 10 Monate.
Jetzt ist es hilfreich zu wissen,was denn eine Revision überhaupt ist.
In Revision kann man nämlich nur wegen eines Verfahrens- bzw. Formfehlers gehen.
Neue Beweisaufnahmen und eine Änderung des Urteils weils denn so brutal ist, wären sonst im Wege der Berufung möglich. (Verfahrensinhalte)
Und hier hat der schlaue Anwalt des Beschuldigten nichts Anderes als seine Arbeit getan, für die er Honorar erhält: Er hat nachgeschaut und ältere Urteile gefunden, die denselben Tenor haben: Keine Berührung, keine gefKV. Fertig. Das Landgericht wusste das wohl auch und hat deshalb die Revision zugelassen.
Dem BGH blieb ja gar nichts anderes übrig, als insofern das Urteil zu kassieren, festzustellen, dass der Tatbestand (und zwar der objektive) der gefKV nicht erfüllt ist und das Verfahren insofern an eine andere Kammer des Landgerichts zurück zu verweisen.
Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass diese Kammer zu einem wesentlich milderen Urteil kommt. Vielleicht ein paar Monate weniger, aber der 315b steht felsenfest.
Wer das genauer nachlesen will, kann das hier machen.
http://www.hrr-strafrecht.de/hrr/4/13/4-453-13.php
Da steht ein bißchen mehr drin, als im Handelsblatt. Für Leute ohne juristische Vorbildung schwere Kost, das gebe ich zu. Deshalb habe ich versucht, es ein wenig zu erläutern
Damit sich die Volksseele wieder beruhigt.😛
44 Antworten
Zitat:
Original geschrieben von Lewellyn
So weit mir das bewusst ist, gilt ein Auto als gefährliches Werkzeug. Warum der BGH hier die Kausalität unterbricht, kann ich nicht nachvollziehen.Aber da gilt der oberste Lehrsatz der Juristen (hier auch als Threadtitel verwendet).
Ja, wenn Du mit dem Auto in die Kindergartengruppe fährst, ist das so. Da gibt es direkten Kontakt.
Also ist Stuhl unterm Hintern wegtreten auch nur einfache Körperverletzung, gleichgültig was passiert?
Das Rammen des doofen Bikers auf der linken Spur der Autobahn ist auch nur einfache Körperverletzung, solange ich nur sein Heck ramme?
Als juristischer Laie hatte ich gedacht, schwere Körperverletzung hätte auch irgendwas mit den Folgen zu tun.
Fahr ich mit dem Auto jemanden übern Fuss, ist das dann schwere Körperverletzung?
Zitat:
Original geschrieben von kandidatnr2
Körperverletzung ist der Schlag ins Gesicht, gefährliche Körperverletzung ist, wenn ich dafür einen Baseballschläger benutze, , schwere Körperverletzung ist, wenn dadurch ein bleibender Schaden entsteht, z.B Auge weg ... (grob beschrieben)
Wenn der Motorradfahrer dabei bleibende Schäden behalten hätte, hätte man sich dann "in der Mitte" getroffen und es gefährliche Körperverletzung genannt?
Oder wäre es dann automatisch eine gefährliche?
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Musst nochmal differenzieren zwischen gefährlich und schwer.
Stuhl weghauen ist einfache Körperverletzung - es sei denn, er bricht sich das Genick und bleibt querschnittgelähmt. Dann ist es schwere Körperverletzung. Wenn er stirbt ist es schwere Körperverletzung mit Todesfolge, es sei denn, Du wolltest ihn töten, dann ist es Totschlag, wenn er Dich vorher provoziert hat oder Mord, wenn Du heimtückisch und unerwartet gehandelt hast. Aber wir schweifen ab.
Zitat:
Original geschrieben von Ramses297
Wenn der Motorradfahrer dabei bleibende Schäden behalten hätte, hätte man sich dann "in der Mitte" getroffen und es gefährliche Körperverletzung genannt?Zitat:
Original geschrieben von kandidatnr2
Körperverletzung ist der Schlag ins Gesicht, gefährliche Körperverletzung ist, wenn ich dafür einen Baseballschläger benutze, , schwere Körperverletzung ist, wenn dadurch ein bleibender Schaden entsteht, z.B Auge weg ... (grob beschrieben)
Oder wäre es dann automatisch eine gefährliche?
Bleibender Schaden = schwere K.
Zitat:
Original geschrieben von Lewellyn
Also ist Stuhl unterm Hintern wegtreten auch nur einfache Körperverletzung,
Ja.
Zitat:
Original geschrieben von Lewellyn
gleichgültig was passiert?
Nein
Siehe schwere KV, § 226 StGB
Zitat:
Original geschrieben von Lewellyn
Fahr ich mit dem Auto jemanden übern Fuss, ist das dann schwere Körperverletzung?
edit:
Nein eine gefährliche. Bei Vorsatz.
Zitat:
Original geschrieben von Lewellyn
Als juristischer Laie
Das ist das Hauptproblem solcher threads. Dabei hat es Kandidatnr2 schon erklärt.
Zitat:
Original geschrieben von Lewellyn
schwere Körperverletzung hätte auch irgendwas mit den Folgen zu tun.
genau so ist es.
Grob für Anfänger auf juristischen Terrain:
Gefährliche KV: Tatmittel
Schwere KV: Tatfolgen
Ein Rippenbruch ist keine schwere Körperverletzung?
Wenn der Motorradfahrer nur ein paar blaue Flecken davongetragen hätte, könnte ich das ja noch irgendwie, ...nee könnte ich nicht.
Auto als Waffe einsetzen, noch dazu ohne Führerschein, da kann doch wohl bei der Strafbemessung keine Rolle spielen, ob die Verletzungen bei direktem Kontakt oder erst in Folge des Kontaktes erfolgt sind.
Bin nicht ganz einverstanden. Fahren über den Fuß ist gefährliche Körperverletzung, nicht schwere, weil wohl kein bleibender Schaden bleibt.
Beim Rippenbruch bleibt auch nichts zurück. Also einfache Körperverletzung.
Zitat:
Original geschrieben von Lewellyn
Ein Rippenbruch ist keine schwere Körperverletzung?
Du weißt doch... Prof. Dr. Hagen Gülzow: Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung ungemein:
1. das Sehvermögen auf einem Auge oder beiden Augen, das Gehör, das Sprechvermögen oder die Fortpflanzungsfähigkeit verliert,
2. ein wichtiges Glied des Körpers verliert oder dauernd nicht mehr gebrauchen kann oder
3. in erheblicher Weise dauernd entstellt wird oder in Siechtum, Lähmung oder geistige Krankheit oder Behinderung verfällt,
Bei diesen Folgen ist ne schwere KV, sonst eben nicht.
Eine gefährliche, wenn:
1. durch Beibringung von Gift oder anderen gesundheitsschädlichen Stoffen,
2. mittels einer Waffe oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs,
3. mittels eines hinterlistigen Überfalls,
4. mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich oder
5. mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung
Die Aufzählung ist abschließend. Das Gericht kam wohl letztendlich zu dem Ergebnis, dass das qualifizierende TBM nicht erfüllt ist. Ich seh das Problem nicht.
Wer einen fahrenden Motorradfahrer vorsätzlich umfährt,
Nimmt dessen Ableben oder schwerste Verletzungen nicht nur billigend in Kauf,
sondern zielt geradezu darauf ab.
Da hat der Cnp-log nicht ganz Unrecht, das ist eigentlich eine versuchte Tötung.
Wer schon mal umgefahren wurde (in meinem Fall vermutlich unabsichtlich), dem wird die Sachlage gleich klar...
Zitat:
Original geschrieben von TDIBIKER
Wer einen fahrenden Motorradfahrer vorsätzlich umfährt,
Nimmt dessen Ableben oder schwerste Verletzungen nicht nur billigend in Kauf,
sondern zielt geradezu darauf ab.
Das Gericht kam in dem Fall nach der Beweiswürdigung zu einem anderen Ergebnis. Ich denke nicht, dass man aus den vorliegende Fakten in diesem Artikel den Fall in seiner Gesamtheit bewerten kann.
Schon gar nicht als juristischer Laie und das sind hier wohl die Meisten.
Versuchte Tötung gibts überhaupt nicht im deutschen Strafrecht und versuchter Totschlag hat TBM, die in diesem Fall nicht vorhanden oder beweisbar sind. Das ist also juristischer Nonsens.
Ich habe noch einen Spruch von Prof. Gülzow, der das vielleicht näher bringt:
"Wer von Ihnen immer noch glaubt, dass Recht und Gerechtigkeit auch nur das Geringste miteinander zu tun haben, ist in meinen Vorlesungen fehl am Platz"
Nu bleibt mal geschmeidig ... der wird ja verurteilt und bekommt so schnell auch keine Pappe ... nur eben nicht wegen gefährlicher KV.
Bei solchen Themen und manchen Kommentaren bin ich immer froh, dass es bei uns Berufsrichter gibt.
Im Wilden Westen hätte man den erst geköpft und ihn dann in die Berufung gehen lassen.