Sinn der Stellschraube am Verdampfer
Erst mal: Ich bin weder Autogas-Fachmann noch KFZ-Mechaniker. Wenn es einer der Leser genauer weiß, korrigiere er mich bitte.
Es gibt leider hier im Forum und auch sonst im Netz recht wenig Information zur genauen Funktionsweise von konkreten Autogas-Anlagen. Da meine Zavoli RE.GA.L anfangs recht störrisch war, das Produkt eher exotisch ist und der Service weit weg, mußte ich mich aber zwangsläufig damit herumschlagen, ich mußte am Ende fast alle Probleme allein lösen (und habe das auch geschafft; die Mängel lagen übrigens alle nicht an der Anlage an sich, sondern am teilweise schlampigen Einbau und an reinen Motorproblemen; die RE.GA.L läuft seitdem top!).
Eine auffällige Frage war dabei: Wozu dient die große Rändelschraube am Verdampfer? Und wieso wird behauptet, hier stelle man fettes/mageres Gemisch ein, wo unsere Anlagen doch sowieso per Lambdasonde geregelt werden?
Für die Antwort muß ich etwas ausholen (und ich sag's noch mal, ich liege mit meinem Gedankengang ggf. daneben, also lest's bitte kritisch!):
OK, das Wirkprinzip der Venturi-Düse ist erst mal klar (etwa bei Wikipedia nachzulesen). Wenn wir uns jetzt mal das elektrische Reduzierventil wegdenken, das meist mitten im Schlauch zwischen Verdampfer und Venturi-Düse sitzt, wird auf Grund des Venturi-Effekts die Düse eigentlich schon ganz von allein für eine ungefähr proportionale Gasbeimischung in der Ansaugluft sorgen. Der Verdampfer muß lediglich gasförmiges Propan/Butan bereitstellen und bei leichtem Unterdruck (= Anforderung von der Venturi-Düse) in den Schlauch zur Düse rauslassen. An der Einstellschraube am Verdampfer stellt man dabei vermutlich ein, wieviel Gas bei welchem Unterdruck kommt, wie fett oder mager also das Gemisch hinter der Venturi-Düse wird.
Nun sind unsere Gasanlagen aber bekanntermaßen noch mal elektronisch geregelt, das Reduzierventil setzt den Strömungsquerschnitt und damit den Gasdruck vor der Venturi-Düse herab und wird so gesteuert, daß gemäß Lambdasonde immer das optimale Gemisch gebildet wird. Reduzieren kann das Ventil aber natürlich nur, wenn der Verdampfer eigentlich "fett" läuft, und zwar so fett, daß sich in keinem Betriebszustand des Motors ein zu mageres Gemisch ergibt.
Wie "fett" der Verdampfer hier konkret liefert, ist innerhalb des Regelumfangs der elektronischen Steuerung theoretisch egal, praktisch aber nicht. Das aus mindestens zwei Gründen:
Erstens, die elektronische Steuerung funktioniert nur bei heißer Lambdasonde. Was sie beim Kaltstart macht, würde ich gern wissen - ich vermute, daß sie einfach gar nix macht und das Reduzierventil auf eine (einstellbare) Maximalöffnung setzt. Und dann hängt das Gemisch natürlich einzig von der Stellschraube am Verdampfer ab.
Zweitens, die Lambdasonde, wenn sie dann warm ist, liefert ihren Meßwert mit einer nicht unerheblichen Verzögerung, und da die Zeitkonstante der Laständerung (Änderung der Gaspedalstellung) ggf. kleiner ist als diese Verzögerung, gibt es ein regelungstechnisches Problem (Überschwingen). Das kann man nur lösen, wenn der Stellbereich des Reduzierventils nicht zu groß ist, der Verdampfer also nicht extrem "fett" liefert. Man drehe mal probehalber die Schraube ein paar Umdrehungen rein (= sehr fett) und gebe kurz Gas - der Motor wird sich kräftig verschlucken, da er viel zuviel Gas bekommt, und danach evtl. ausgehen, weil die Anlage als nächstes viel zu weit runterregelt.
Mein Fazit: Die Stellschraube am Verdampfer muß auf "etwas fett" eingestellt sein.
Das heißt, so fett, daß der Motor in jedem Betriebszustand genügend Gas bekommt, also nie zu mager läuft, und auch der Kaltbetrieb problemlos möglich ist (das scheint aber bei Venturi-Anlagen eh wenig probematisch zu sein, ich starte auf Gas, auch im Winter). Was im übrigen auch bedeutet, daß der Verdampfer niemals zu klein dimensioniert sein darf (zu groß ist dagegen technisch kein Problem).
Zu fett darf die Schraube aber auch nicht eingestellt sein, da die Anlage sonst überschwingt (Motor wird beim schnellen Gasgeben überfettet).
Mit der Zavoli-Software, die es mitsamt Adapter frei zu kaufen gibt, kann man sich das Regelspiel und die Werte live angucken. Wer den Test machen will: Der Verdampfer muß so fett eingestellt sein, daß das Reduzierventil niemals längere Zeit voll öffnet, und das in allen relevanten Last- und Drehzahlbereichen. Denn das wäre ein sicherer Hinweis, daß der Motor zu mager läuft - die Regelung will mehr Gas, der Verdampfer liefert es aber nicht. Und wenn dann in dieser Situation sogar das Reindrehen der Schraube nichts mehr hilft, ist das ein sicherer Hinweis, daß der Verdampfer defekt oder unterdimensioniert oder eine Leitung oder ein Filter verstopft ist.
16 Antworten
Hallo und vielen lieben Dank für die vielen Erklärungen und Tipps von allen.
Jetzt verstehe ich, wie die Anlage läuft.
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Von Zavoli selbst hab ich heute auch Tipps bekommen:
"Ihr Problem klingt so, als würde das Auto Schubluft bekommen (permanente Frischluftzufuhr - und nicht wie vorgesehen, nur Warmluftzufuhr. Also Warmluftzufuhr im Luftfilterkasten aktivieren, Frischluftzufuhr deaktivieren, es darf keine Luft, während der Fahrt, in den Luftfilter drücken.
Oder: Lambdasonde regelt nicht, bzw zu träge. Also Austausch erforderlich!
Oder: Undichtigkeiten im Ansaugtrakt"
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Der Umrüster war mit mir während der Probefahrt das Programm mal durchgegangen. hat mir ein wenig erklärt was er da macht. Mal sehen, ob ich das noch richtig zusammenbekomme...
Default lock value: 135
Idle opening steps over default: 100
Idle closing steps under default: 100
Out-of-Idle opening steps over default: 250
Out-of-Idle closing steps under default: 250
Full-Throttle Option oder so war nicht aktiviert.
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Heute kam der Wagen aus der Werkstatt. Also nicht die vom Umrüster.
Beim Fehlerauslesen kamen:
Gemischanpassung - Adaptionsgrenze unterschritten
Lambda-Regelung - Regelgrenze unterschritten
Lambda-Regelung - Regelgrenze überschritten
Die Lambda-Sonde ist seit Wochen neu. Mit Wert 1,00
Ventilkompression geprüft und OK
Sicherheitshalber noch ein Kabel bei der Zündanlage gewechselt
Der Benzinmodus hat sich jetzt erst mal wieder normalisiert. Ich werde die nächsten Tage merken, ob das so bleibt.
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Ich werde meinen Umrüster jedenfalls jetzt noch mal einladen zur nächsten Probefahrt. Das gibt wieder Diskussionsstoff ;-)
Eine Frage habe ich noch (ob ich das so richtig verstanden habe):
Hängt das Verstellen des Motorsteuergerätes (anscheinend die Einspritzzeiten) mit falsch eingestellten Steps zusammen?
(Autobahn mit 100 km/h verstellt sich das M-SG. AB mit mehr als 120 km/h verbessert es sich wieder)
Viele Grüße
André
@spasshawwe
Mach es nicht selber. Es kann auch schlimmer werden. Das kann Dir u.U. den Motor kosten. Mit Gas ist nicht zu spaßen! Nebenbei ist dann die Gewährleistung deiner Werkstatt futsch.
Also in der Regel hast du eine Software zur Gasanlage.
In dieser Software gibt es eine automatische Kalibrierung die man anklickt und den Anweisungen folgt. In der Regel stimmt das ganze dann. Adaptionsgrenze unterschritten heißt (bin jetzt nicht 100% sicher) dass er glaub ich zu mager läuft.
Man kann schon selbst die Gasanlage kalibrieren das ist nicht das Problem. Man muss ebend nur drauf achten, dass die Gasanlage ebend weder zu fett noch zu mager eingestellt ist. Das sieht man bei der Gasanlagen Software anhand des Lambda Wertes. (bei mir Rot (zu mager), grün genau richtig, schwarz zu fett).
Wenn du damit dann ne runde fährst, siehst du ja ob er richtig regelt.
Wenn der Wagen zuviel benötigt deiner Meinung nach, solltest du einfach nur mal (wenn vorhanden) mit Software schauen, ob der wirklich zu Fett läuft. Das kannst du wie gesagt am Lambda Wert auslesen. Ohne diese Möglichkeit des Auslesens, gehört es in der Tat in die Hände des Umbauers, der hat die Möglichkeit und nutzt diese dann auch.
Bei den Steps kann ich es dir nicht genau sagen, welcher Wert dafür da ist den Querschnitt zu öffnen und welchen zu schließen. Gebe ich ein Step 0-5 ein, dann ist der Motor schlagartig aus, weil er dann kein Gas bekommt. Je höher die Steps desto weiter geht der durchschnitt auf und fetter läuft er.
Obwohl es da auch nur richtwerte sind, die Gasanlage macht da ihren eigenen Kopf sowieso :-) hihi.
Da dein Gasanlagenhersteller wohl sehr freundlich ist, schau dass du die Anleitung der Software oder Dokumentation der Anlage bekommst.