Regressforderung nach Urteil zur Fahrerflucht

Hallo zusammen,

folgender Fall:

Mein Bruder hat versucht in einer etwas unübersichtlichen Stelle zu überholen.
Hat nicht ganz geklappt, hat beim Einscheren das überholte Fahrzeug geschnitten und am Vorderen linken Kotflügel ist ein Schaden entstande. Genau wie an seinem Radkasten hinten rechts.

Da es an der Unfallstelle sehr schlecht war direkt anzuhalten, sehr kurvige Strecke und dazu noch nachts, stoppe er erst am nächsten Ortseingang (max 3-5 KM). Auch die andere am Unfallbeteiligte Person und die Polizei wurde auch dort direkt eingeschaltet. Es wurde alles unmittelbar aufgenommen und und und...

Es kam zu einer Verurteilung mit 12 Monaten Fahrverbot und einer Geldstrafe. Im Urteil wurde er auch wegen Fahrerflucht Verurteilt.

Die Schäden (bei meinem Bruder und dem anderen) wurden noch VOR der Verurteilung zur Fahrerflucht von der Versicherung reguliert.

Jetzt kommt seine Versicherung auf Ihn zu, nachdem er erst verurteilt wurde, und möchte 2500€ und das Autohaus was seinen Schaden repariert hat möchte nun von die Rechnung bezahlt haben, da die Versicherung nicht zahlt.

Ist das so rechtens das die Versicherung erst alles reguliert und zusagt und anschließend nach der Verurteilung nochmal "nachtritt"?
Hätte Sie zu mindestens bei dem Schaden von meinem Bruder nicht ein eventuelles Urteil abwarten müssen?

Und bitte eins noch: Ich brauche hier an dieser Stelle wirklich keine Moralapostel! Er hat seine Strafe bekommen und das weiß er auch.

Danke schon mal für hilfreiche Antworten.

Beste Antwort im Thema

Wenn es nur um die Frage der "Kostenübernahme" geht, ist die tatsächlich leicht zu beantworten:

Die Versicherung kann zu dem frühen Zeitpunkt noch nicht wissen, dass der Fahrer wegen des unerlaubten Entfernens verurteilt werden wird.

Sie wird den Versicherungsschutz aber erst versagen, wenn sie "Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung" hat.
Echte Kenntnis hat sie aber erst, wenn zumindest feststeht, dass das Verfahren wegen der U-Flucht nicht nach 170 II StPO eingestellt wurde. Alles andere ist in aller Regel zu unsicher. Es könnte sich ja immernoch im Strafverfahren herausstellen, dass der Unfall vom Fahrer gar nicht bemerkt werden konnte usw.

Daher wird der Versicherer in aller Regel abwarten, bis das Strafverfahren abgeschlossen ist und erst dann den Regress einleiten.

Dass sie vorher die technische Reparaturfreigabe erteilt hat, bedeutet nur, dass das Fahrzeug repariert werden darf und vom Versicherer nicht mehr begutachtet werden soll.

Sonst dürfte ja der Wagen unter Umständen erst Monate später repariert werden, nur damit die Rechnung dann doch nicht bezahlt wird, weil kein Versicherungsschutz besteht.

Das kann ja keine sinnvolle Lösung sein.
Was meinst Du, was dann für ein Theater wäre?

71 weitere Antworten
71 Antworten

Ich denke und hoffe ja mal schon.

Ja die Versicherung meldete sich bei uns, da sich der geschädigte dort meldete

Ich seh schon. Mit meinem 3/4 Wissen über dieses Verfahren kommen wir hier nicht weiter, auch wenn es nur um die eventuelle zu früh erteilte Kostenfreigabe geht.

Ich werde mich heute Abend nochmal melden und in der Zeit meine Mutter und meinen Bruder ausquetschen.

Moin,

die strafrechtiche und privatrechtliche (Schadenersatz §823 BGB) Sache sind 2 Paar verschiedene Schuhe.

Die Versicherung mußte den Schaden regulieren, unabhängig davon, was bei der strafrechtlichen letztendlich herausgekommen wäre.
Da der Fahrer wegen Fahrerflucht verurteilt wurde, hat die Vers. Regress gefordert.
Der Richter hat wohl einen gut gemeinten Rat gegeben, um die Kosten des Verfahrens so gering wie möglich zu halten.
Etwas anderes wie Fahrerflucht wäre wohl bei einer Revision ja auch nicht herausgekommen.

Wenn es nur um die Frage der "Kostenübernahme" geht, ist die tatsächlich leicht zu beantworten:

Die Versicherung kann zu dem frühen Zeitpunkt noch nicht wissen, dass der Fahrer wegen des unerlaubten Entfernens verurteilt werden wird.

Sie wird den Versicherungsschutz aber erst versagen, wenn sie "Kenntnis von der Obliegenheitsverletzung" hat.
Echte Kenntnis hat sie aber erst, wenn zumindest feststeht, dass das Verfahren wegen der U-Flucht nicht nach 170 II StPO eingestellt wurde. Alles andere ist in aller Regel zu unsicher. Es könnte sich ja immernoch im Strafverfahren herausstellen, dass der Unfall vom Fahrer gar nicht bemerkt werden konnte usw.

Daher wird der Versicherer in aller Regel abwarten, bis das Strafverfahren abgeschlossen ist und erst dann den Regress einleiten.

Dass sie vorher die technische Reparaturfreigabe erteilt hat, bedeutet nur, dass das Fahrzeug repariert werden darf und vom Versicherer nicht mehr begutachtet werden soll.

Sonst dürfte ja der Wagen unter Umständen erst Monate später repariert werden, nur damit die Rechnung dann doch nicht bezahlt wird, weil kein Versicherungsschutz besteht.

Das kann ja keine sinnvolle Lösung sein.
Was meinst Du, was dann für ein Theater wäre?

Danke.

Das ist mal ne Aussage mit der ich was anfangen kann.

Ähnliche Themen

Zitat:

Original geschrieben von Archduchess


ElkEN:
Ein Einzelfallurteil wie im Prinzip alle Urteile.

Richtig, im Prinzip wie alle Urteile.

Zitat:

Original geschrieben von Archduchess


Volltext hier...
http://...reda.hessenrecht.hessen.de/.../bslaredaprod.psml?...

daraus kann man lesen:
- nur Leitplanke.
- Polizei war bereits vor Ort gewesen.
- einige Zeit gewartet.
- Verfahren wegen Unfallflucht wurde eingestellt.

Auch richtig, das

kann

man daraus lesen,

muss

man aber nicht.

Alternative:

- nur Leitplanke. => es wurde ein nicht unerheblicher Fremdschaden erzeugt (500,- € Schaden an einer Leitplanke)

- Polizei war bereits vor Ort gewesen. => Hier auch; lt. Angabe wurde sie telef. sogar vom Schädiger hinzugezogen.

- einige Zeit gewartet. =>Hier ähnlich: Mit dem Geschädigten im Schlepptau sei der Schädiger in den nächsten Ort gefahren, um gefahrlos anhalten zu können (🙂)

- Verfahren wegen Unfallflucht wurde eingestellt. => eine Einstellung nach 153a StPO ist kein Freispruch, sondern wird mitunter von anderer Stelle sogar als Indiz für ein Verschulden angesehen. Im übrigen ging das Berufungsgericht davon aus, "dass es an einer Leistungsfreiheit der Beklagten fehlt, auch wenn man davon ausgeht, dass die Klägerin den objektiven und den subjektiven Tatbestand des § 142 StGB erfüllt hat und auch die Voraussetzungen des § 35 StGB nicht zu bejahen sind."

Zitat:

Original geschrieben von go-4-golf


Bei Erlass dieses Urteils gab es noch das "Alles-oder-Nichts" Prinzip, das 2008 abgeschafft wurde. Allein schon deshalb kann dieses Urteil jetzt nicht mehr herangezogen werden.

Richtig. Als Erwiderung auf Hafis Beitrag - und nur darum ging es mir - konnte es jetzt jedoch durchaus herangezogen werden.

Was würde denn nach der Änderung des VVG in 2008 aus dem Urteil so nicht mehr gelten?

Zitat:

Original geschrieben von chief85


Danke.

Das ist mal ne Aussage mit der ich was anfangen kann.

Und was fängst Du jetzt mit Hafis gutem Beitrag an?

Findest Du nunmehr die Regressforderung im Haftpflicht- sowie die Leistungsfreiheit im Kaskofall angemessen? 😕

Hallo Elk_EN,

was go-4-golf geschrieben hat, war richtig und Dein Ansatz, egal ob als Replik auf meinen Beitrag oder nicht, war´s eher nicht...😉

Das zitierte Urteil bezieht sich auf die Relevanz-Theorie und die ist hinfällig, seit mit dem VVG 2008 ohnehin von Gesetzeswegen das Alles-oder-nichts-Prinzip weggefallen ist.

Jetzt ist bekanntlich im VVG geregelt, dass es bei der Leistungsfreiheit auf den Grad des Verschuldens ankommt:
-leichte Fahrlässigkeit: keine Leistungsfreiheit
-grobe Fahrlässigkeit: gequotelte Leistungsfreiheit zwischen 0 und 100%
-Vorsatz : volle Leistungsfreiheit
-Arglist: volle Leistungsfreiheit, selbst wenn keine Kausalität zwischen Obliegenheitsverletzung und Schaden besteht.

Die U-Flucht geschieht, jedenfalls wenn entsprechend verurteilt wurde, vorsätzlich (Vorsatzdelikt). Damit erfolgt auch die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit vorsätzlich, in aller Regel aber sogar arglistig. Dazu hatte ich oben die Definition zitiert.

Daher sind wir hier praktisch immer im Bereich voller Leistungsfreiheit, zumeist ohne dass dem Verursacher der Kausalitätsgegenbeweis zustünde.

Grüße
Hafi

"Und was fängst Du jetzt mit Hafis gutem Beitrag an?

Nichts, er hat mir meine Frage damit beantwortet.

Findest Du nunmehr die Regressforderung im Haftpflicht- sowie die Leistungsfreiheit im Kaskofall angemessen?"

Es ging nie darum ob sie angemessen war oder nicht. Sondern darum ob Sie nachträglich sagen kann ich zahl hier doch nicht.
Und das wurde mir beantwortet, sie darf.

Mittlerweile muss man ja höllisch aufpassen mit Forderungen von wem auch immer.
Hätte ja auch sein können, dass die Versicherung es einfach mal versuchen wollte und auf die Ahnungslosigkeit spekuliert hatte und er dann brav gezahlt hätte, ohne das er hätten müssen.

Um was anderes ging es mir auch nicht.

Zitat:

Original geschrieben von Hafi545


Die U-Flucht geschieht, jedenfalls wenn entsprechend verurteilt wurde, vorsätzlich (Vorsatzdelikt). Damit erfolgt auch die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit vorsätzlich, in aller Regel aber sogar arglistig. Dazu hatte ich oben die Definition zitiert.

Daher sind wir hier praktisch immer im Bereich voller Leistungsfreiheit, zumeist ohne dass dem Verursacher der Kausalitätsgegenbeweis zustünde.

Soll das jetzt heißen, dass in dem eingestellten Fall des OLG FfM - wenn er denn heute neu verhandelt würde - ein diametrales Urteil ergehen

müsste

?

Gruß
Elk_EN

Zitat:

Original geschrieben von chief85


Es ging nie darum ob sie angemessen war oder nicht. Sondern darum ob Sie nachträglich sagen kann ich zahl hier doch nicht.
Und das wurde mir beantwortet, sie darf.

Na, dann ist ja alles in Butter! 😁🙂

Zitat:

Original geschrieben von Elk_EN



Zitat:

Original geschrieben von Hafi545


Die U-Flucht geschieht, jedenfalls wenn entsprechend verurteilt wurde, vorsätzlich (Vorsatzdelikt). Damit erfolgt auch die Verletzung der Aufklärungsobliegenheit vorsätzlich, in aller Regel aber sogar arglistig. Dazu hatte ich oben die Definition zitiert.

Daher sind wir hier praktisch immer im Bereich voller Leistungsfreiheit, zumeist ohne dass dem Verursacher der Kausalitätsgegenbeweis zustünde.

Soll das jetzt heißen, dass in dem eingestellten Fall des OLG FfM - wenn er denn heute neu verhandelt würde - ein diametrales Urteil ergehen müsste?

Gruß
Elk_EN

Tja, wer kann das schon sagen?

Der Beschluss erging ja damals offenbar nur aufgrund tatsächlicher Überlegungen. Ob die stimmten oder nicht, weiß niemand.

Aber der Senat war offenbar davon überzeugt, dass die Fahrerin sich richtig verhalten hat, als sie nach 10 Minuten die Autobahn verlassen und erst am nächsten Tag die Polizei angerufen hat, weil auf der BAB auf die Polizei zu warten ja schon sehr gefährlich ist...

Das verstehe ich nicht. Es gibt wohl noch andere Möglichkeiten zwischen "Auf der BAB warten" und "Nach hause fahren und erst am nächsten Tag anrufen".

Auch war der Senat der Ansicht, dass am Tattag abends die Dame weder blau noch bekifft war.
(Wenn sie es nämlich gewesen wäre, hätte sie dadurch schon den Versicherungsschutz verloren und es hätte ganz erhebliche Auswirkung auf die Feststellung des Versicherungsfalls, ob sie am Unfallort auf die Polizei wartet, oder erst nüchtern am nächsten Tag dort anruft).

Wie der Senat zu dieser Überzeugung kommt, ist mir ebenfalls ein Rätsel.

Daher würde ich persönlich nicht darauf vertrauen, dass ein solcher Beschluss nochmal ergeht.
Aber sicher ist man nie...

Nimmt man das alles als gegeben hin, wäre es heute wohl ein Fall, bei dem man Arglist vielleicht nicht nachweisen kann. Aber dass sie den Kausalitätsgegenbeweis führen könnte, würde ich auch bezweifeln.

Zitat:

Original geschrieben von Hafi545


Aber der Senat war offenbar davon überzeugt, dass die Fahrerin sich richtig verhalten hat, als sie nach 10 Minuten die Autobahn verlassen und erst am nächsten Tag die Polizei angerufen hat, weil auf der BAB auf die Polizei zu warten ja schon sehr gefährlich ist...

Ich denke, er hatte in dem Nichtverweilen ein nur sehr geringes Verschulden gesehen. Sicherlich diskutabel ...

Insbesondere vor diesem Hintergrund:

Zitat:

Das verstehe ich nicht. Es gibt wohl noch andere Möglichkeiten zwischen "Auf der BAB warten" und "Nach hause fahren und erst am nächsten Tag anrufen".

Wohl wahr.

Zitat:

Original geschrieben von Hafi545


Auch war der Senat der Ansicht, dass am Tattag abends die Dame weder blau noch bekifft war.
(Wenn sie es nämlich gewesen wäre, hätte sie dadurch schon den Versicherungsschutz verloren und es hätte ganz erhebliche Auswirkung auf die Feststellung des Versicherungsfalls, ob sie am Unfallort auf die Polizei wartet, oder erst nüchtern am nächsten Tag dort anruft).

Wie der Senat zu dieser Überzeugung kommt, ist mir ebenfalls ein Rätsel.

Daher würde ich persönlich nicht darauf vertrauen, dass ein solcher Beschluss nochmal ergeht.
Aber sicher ist man nie...

Dem vermag ich vollumfänglich zu folgen.

Zitat:

Nimmt man das alles als gegeben hin, wäre es heute wohl ein Fall, bei dem man Arglist vielleicht nicht nachweisen kann. Aber dass sie den Kausalitätsgegenbeweis führen könnte, würde ich auch bezweifeln.

Diese Antwort nehme ich alles in allem befriedigt zur Kenntnis. 😁🙂😉

Der Knackpunkt wäre zivilrechtlich nunmal vom VS zu beweisen. Der Ausgang eines Strafverfahrens mag hierfür indiziell hilfreich sein.

Ich bedanke mich bei Dir für die fundierten Auskünfte! 🙂

War mir ein Vergnügen.
😁

Deine Antwort
Ähnliche Themen