Gebrauchtwagengarantie - Selbstbehalt rechtmäßig?
Hallo,
mein Kollege hat sich (mittlerweile vor genau nem Jahr) nen gebrauchten Mercedes ML in nem MB-Autohaus geholt. Natürlich inkl. Gewährleistung.
Nun hat der Händler für die gegebene Gewährleistung eine Versicherung abgeschlossen. Es gab auch schon ein paar kleine Fälle, wo diese gegriffen hat. Allerdings wird jedesmal ein Selbstbehalt von 180,- EUR fällig, welche mein Bekannter pro Schaden selber zahlen muss bzw. schon gezahlt hat.
Ist sowas in Ordnung oder wälzt der Händler dadurch einen Teil seiner Verpflichtung auf den Käufer ab? Wie der Kaufvertrag genau aussieht, kann ich leider (im Moment) nicht sagen. Evtl. hat mein Kollege eine Klausel für diese Versicherung unterschrieben. Wäre sowas gesetzlich zulässig? Ich meine, konkret schließt der Händler dadurch ja einen Teil der Gewährleistung aus, was gesetzlich meines Wissens nicht erlaubt ist?
Danke schonmal und viele Grüße
Jan
PS: Ich wollte mich absichtlich nicht in den aktuell weit oben befindlichen Threat "Garantie oder Gewährleistung" einmischen, weils in meinen Augen nicht reinpasst. 😉
Beste Antwort im Thema
Markus hat recht !
Garantie und gesetzliche Gewährleistung sind zwei vollkommen verschiedene Anspruchsgrundlagen,
die oft parallel nebeneinander bestehen und sich keinesfalls gegenseitig ausschließen,
sondern viel mehr ergänzen.
Die gesetzliche Gewährleistung gilt ( Beweislast hin oder her ) nur für Sachmängel,
die bereits bei Übergabe des KFZ vorhanden waren.
Das Haltbarkeitsversprechen einer Garantie gilt hingegen für Schäden, die innerhalb der vertraglich
vereinbarten Garantiezeit ( in der Regel beginnend am Tag der Wiederzulassung ) eintreten.
Da es im juristischen Sinne keinen Primär-Anspruch gibt, wäre in jedem Einzelfall genau zu überlegen,
ob der eingetretene Schaden eher der gesetzlichen Gewährleistung oder der freiwilligen Garantie zuzuordnen ist.
Die Abgrenzung kann dabei oft schwierig sein, aber es gibt einige Grundsätze,
an denen man sich orientieren kann.
Lässt zum Beispiel die Art eines Schadens oder der Zeitpunkt seines Eintritts schon vermuten,
dass der Schaden wohl kaum bei Übergabe vorhanden gewesen sein kann,
so wäre dies ein klassischer Garantiefall für den eine Einstandspflicht des Händlers/Gewährleistung nicht zu erwarten oder nur sehr schwer durchzusetzen wäre.
Dieses Beispiel zeigt bereits, wie sinnvoll eine solche, zusätzliche Gebrauchtwagen-Garantie für den Käufer sein kann, denn sie geht weit über die Maßstäbe der gesetzlichen Gewährleistung hinaus.
Hinzu kommt, dass für einen Gewährleistungsanspruch ein Sachmangel gegeben sein muss.
Schaut man sich die Gerichtsentscheidungen der letzten Jahre an, so stellt man fest,
dass bei gebrauchten Fahrzeugen sehr viele Schäden von den Gerichten aber gerade nicht als Sachmängel anerkannt wurden, sondern z.b. als "alters- oder laufleistungsbedingter Verschleiß" deklariert wurden, mit denen der Käufer eines gebrauchten PKW ständig zu rechnen hat und für die der Händler im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung nicht einstehen muss.
Gebrauchtwagen-Garantien fragen in der Regel nicht, ob ein aufgetretener Schaden einen Sachmangel darstellt, sondern lediglich danach, ob das Bauteil seine Funktion verloren hat und ersetzt oder reparieret werden muss und ob das Bauteil in der abgeschlossenen Garantie enthalten ist.
Auch die Angst, der Händler könnte versuchen mit einer zusätzlichen Gebrauchtwagen-Garantie seine eigene Gewährleistung zu umgehen ist vollkommen unbegründet.
Die Gewährleistung hat ihren Ursprung im abgeschlossenen Kaufvertrag über den PKW,
die Garantie jedoch in einem separaten Garantie-Vertrag.
Ergo : 2 Verträge, 2 Ansprüche die einander nicht berühren und sich auch nicht gegenseitig ausschließen.
Fast alle auf dem Markt angebotenen Gebrauchtwagen-Garantien enthalten seit 2002 auch den zusätzlichen Hinweis : "Der Käufer hat gesetzliche Rechte als Verbraucher, die durch diese Garantie nicht eingeschränkt sind."
Heißt übersetzt : "Wenn du glaubst für den Schaden hat der Händler über seine Gewährleistung einzustehen, dann hol dir das Geld dort, ansonsten sind wir für dich da".
Zum Selbstbehalt einer Garantie:
Auch hier gibt es aktuelle Urteile, die man allerdings sehr genau lesen sollte.
Wenn z.b. ein Gewährleistungsanspruch und ein Garantieanspruch parallel bestehen,
weil z.b. ein Getriebe ( in das man ja bei Kauf weder als Händler noch als Kunde hineinschauen kann )
innerhalb der ersten 6-Monate kaputt geht,
dann könnte das sowohl ein Garantiefall ( weil nach Kauf eingetreten ) aber auch ein Gewährleistungsfall ( weil eventuell doch schon im Ansatz bei Übergabe vorhanden, aber nicht zu erkennen ) sein.
Geht man nun zum Händler und bittet diesen, den Schaden zu beseitigen
und der Händler behandelt den Schaden ausschließlich als Garantiefall, den er auch abwickelt aber anschließend vom Kunden den, meist laufleistungsabhängigen, Selbstbehalt der Garantie fordert,
so wäre der Händler zumindest dann im Unrecht, wenn der Kunde ihm das Fahrzeug nicht eindeutig zur Behebung eines Garantiefalls, sondern zur Mängelbeseitigung generell übergeben hätte.
Ganz anders wiederum, wenn der Kunde mit einem Schaden zu einer Werkstatt xy fährt,
den Schaden über die Gebrauchtwagen-Garantie abwickelt und sich dann danach vom Händler über die Gewährleistung den Selbsbehalt zurückholen will.
Diese Kunden haben von Gerichten bisher durchweg ein Abfuhr kassiert,
sogar dann, wenn eventuell durchaus ein Gewährleistungsanspruch bestanden hätte.
Sie hätten dem Händler durch ihr Vorgehen jede Möglichkeit der Kontrolle und Einflussnahme genommen, und ihm sein Recht auf Nachbesserung vereitelt.
20 Antworten
@ Justizia:
Super, danke für die ausführliche Auskunft!
Im Falle meines Kollegen gehts um nen Mercedes ML. Keine Ahnung, wie alt das Auto mittlerweile ist, vielleicht ca. 4 oder 5 Jahre. Gekauft wurde der Wagen vor ziemlich genau einem Jahr.
Konkret wurde mittlerweile für 3 Fälle die Selbstbeteiligung der Garantie bezahlt:
- Sitzheizung defekt; Erst zum Winter hin hat mein Kollege bemerkt, dass der HIntern durch die Sitzheizung nicht bzw. nur seeeehr langsam gewärmt wird. Die Heizmatte war defekt. Vermutlich war dieser Werkstattbesuch erst nach mehr als 6 Monaten nach Kauf, wobei der Mangel schon mit Kauf vorgelegen sein "musste". Wie soll die Heizmatte "einfach so" kaputtgehen? 😉
Meine Einschätzung des Problems: Eigentlich müsste die Sachmängelhaftung greifen und für die Schadensbehebung dürfte keine SB gefordert werden?
- der Bordcomputer zeigt schon immer ca. 3 Liter weniger Verbrauch an, als tatsächlich verbraucht wird. Lt. MB kann dies durch den Tausch des Tankgebers behoben werden. Bemängelt wurde die Anzeige schon von Anfang an, getauscht wurde der Geber nun wenige Tage vor Ablauf eines Jahres nach Kauf. Abrechnung über die Garantie, Zahlung SB.
In meinen Augen wieder ein Gewährleistungsfall!?
- Kurz vor Ablauf des ersten Jahres fängt die "Low Range" (Geländeuntersetzung)-Warnleuchte an zu blinken... Fehlerursache unbekannt, vielleicht ist ja alles i.O. Wenn nicht:
-> Fällt in meinen Augen in die Garantie, weils sehr spät zum ersten Mal auftritt. Wenn in Kürze was nachkommen sollte, hat mein Kollege wohl Pech gehabt, weil heute alles i.O. ist und die Gewährleistungsfrist mittlerweile ausgelaufen ist...
Wie geschrieben hat mein Kollege vermutlich auf 2x gezahlte SB Anspruch. Der erste Fall ist mittlerweile ca. 6 Monate her, wahrscheinlich gibts da nix mehr zurück? Er wusste zum damaligen Zeitpunkt nicht, dass er neben der Garantie auch nen Anspruch auf Gewährleistung hat...
Aber zumindest die SB für den Tankgeber ist in meinen Augen nicht zu zahlen, oder??
Gruß
Jan
Die Versicherung gehört doch dem Kunden.Er kann entscheiden,ob er sie nutzt und nicht der Händler.
Alex.
Ja Jan,
ich denke du schätzt das richtig ein.
Wichtig wäre allerdings, dass er notfalls beweisen könnte,
dass :
1. die Anzeige des Bordcomputers von Anfang an fehlerhaft war
2. dieser Mangel von ihm auch von Anfang an gerügt wurde
und dem Händler mit der Bitte um Behebung angezeigt wurde.
Achtung :
Keinesfalls darf es jedoch so sein, dass er das KFZ wissentlich dieses vorliegenden Mangels erworben hat.
Die gesetzliche Gewährleistung greift nämlich nicht, bei Mängeln
die der Käufer kannte.
Diese würden dann dadurch zum Bestandteil der so genannten
"vertraglich vereinbarten Beschaffenheit" und wären somit
kein Sachmangel mehr.
Noch was zur Sitzheizung :
Natürlich geht so ne Heizmatte oft "einfach so" kaputt.
Und 6-Monate sind ne lange Zeit...
Finde aber, dass du den Fall insgesamt sehr Vernünftig bewertest.
Wäre oft hilfreich, wenn ein paar Leute mehr, etwas realistischer in ihren Ansichten und Forderungen wären.
Gruß
Klar kann ich hier realistisch bewerten, es geht ja wirklich nicht um meinen Geldbeutel. 😉
Klar kann die Sitzheizung auch einfach so kaputtgehen. Allerdings klingt doch die Begründung für ne späte Meldung auch recht realistisch:
"Warum sollte ich im Sommer die Sitzheizung einschalten?" Außerdem wird der Mangel erst wirklich bemerkt, wenn man öfter mit SHZ fährt. Die Matte wurde ja "nicht nicht" 😉 warm sondern nur seeeeehr langsam. Zuerst denkt man an Einbildung, dann testet man die Beifahrerseite, dann wird in nem anderen Auto probegesessen und schließlich sollen Bekannte die Wirkung beurteilen... 😉
Ich glaube aber auch, dass der Bekannte diese SB eh schon in den Wind geschrieben hat.
Die Sache mit dem Bordcomputer ist ziemlich schnell aufgefallen und wurde bei den (ich glaub es waren 2 oder 3) Werkstattbesuchen auch angesprochen. Es wurde kein Auftrag zur Beseitigung gegeben und wahrscheinlich ists auch schriftlich nicht fixiert. Jetzt "kurz vor Schluss" hat mein Bekannter dann doch die Gelegenheit ergriffen, den Mangel abstellen zu lassen. Bei Mercedes ist das Problem scheinbar bekannt, da der Service-Berater sofort wusste, wie das zu beheben ist...
Der Bekannte hätte grundsätzlich wohl kein Problem, im Zweifel mal ne SB zu viel selber zu zahlen. Nun zeigt sich die Werkstatt aber mittlerweile nicht mehr so kulant wie zu Beginn. Am Anfang wars überhaupt kein Problem, den Werkstattsmart für den Tag des Kundendienstes kostenlos zu bekommen. (Entsprechen hoch fiel dafür auch das Trinkgeld aus, ich glaub der Meister bekam nen Zehner). Nun ist es so:
"Ersatzwagen... Hmm, naja, für 19,90 EUR können Sie den Smart bekommen. Heute Abend um 16.30 muss er aber zurück sein, weil da der nächste KUnde eingetragen ist... 100 km inklusiv. Vollgetankt zurück bitte. (Logisch eigentlich)"
Unlogisch bei so einer Leistung gegen Geld: Der Smart ist innen "total versifft", die Scheiben schmutzig und die Tankanzeige gerade kurz über 3/4 Voll. Dann muss sich der Berater bei der Annahme noch ein bischen "ungeschickt" ausgedrückt haben. Es ging um die Low-Range-Meldung:
"Keine Ahnung was das Problem ist, wir schauen nach. Wenn wir aber nix finden und Sie nächste Woche (da ist dann die 1-Jahres-Frist abgelaufen) mit dem gleichen Problem wiederkommen, dann ist nicht mehr unser Problem..."
Naja, danke auf jeden Fall für die Antworten, mal sehen, wie es weitergeht.
Gruß
Jan
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Also zumindest die letzte Äußerung des Autohauses ist mal totaler Schwachsinn.
Entscheidend ist allein, dass der Mangel innerhalb der 1-jährigen
Gewährleistungsfrist auftritt und nicht wann die Werkstatt ihn letztlich diagnostiziert.
Nur leider ist das mit dieser 1-Jahres-Frist ja im Grunde eh wenig hilfreich.
Wenn die ersten 6-Monate vorbei sind und du dann als Käufer beweisen musst, dass der Mangel schon bei Übergabe vorhanden war,
stehst du doch auf verlorenem Posten.
Zum Leihwagen :
Hatte auch noch nie nen richtig vollgetanktes Werskstatt-Ersatzfahrzeug.
Aber immer die Auflage es vollgetankt zurückzubringen.
Und Trottel wie ich eben bin, mach ich das auch jedes Mal.
Da kommen dann so tolle Sachen dabei raus,
wie 15 Liter Diesel für 70 km....
Ja, das mit dem Tank... Mein Kollege konnte sich die Bemerkung "der Smart muss ja ne riesige Maschine drin haben, der hat mehr verbraucht als mein damaliger E500... (mit V8-Benzin-Motor)"
Ich hab mir mittlerweile angewöhnt, den vom BC angezeigten verbrauchten Sprit (aufgerundet auf den nächsten oder übernächsten EUR) nachzutanken... Hat bislang immer gut funktioniert. 😉 Vorher hab ich mich auch immer gewundert, dass man auf 90 km tatsächlich fast 20 Liter brauchen kann oder warum eigentlich die elektronische Tankanzeige schon nach 50 Metern das erste Licht erlischen lässt... 😉 Natürlich ist mir auch irgendwie klar, dass ich das Problem dann auf den nächsten Kunden weiterschiebe. Auf der anderen Seite: Fast kein Mietwagen wurde mir wirklich vollgetankt übergeben. Vermutlich sind die "Mitarbeiter-nach-Feierabend-nach-Hause"-Fahrten hier schon abgezogen. 😉
Das Problem mit der Untersetzung wäre wohl eh ein Garantiefall, von daher ist hier das Jahr doch wichtig. 🙂 Nur die Aussage "wenn wir nix finden und nächste Woche dann beim gleichen Problem dann doch, dann ists ein neuer Mangel der uns nix mehr angeht" (Zumindest mit etwas interpretation wurde die Aussage sinngemäß so getätigt.)
Gruß
Jan