Fragen zu fiktiver Abrechnung, Gutachten und Reparatur
Es handelt sich um einen Haftpflichtfall, die Haftung ist 100% beim Gegner.
Beschädigt ist jede Menge Blech, ein Rad und notwendig ist eine Achsvermessung. Rep-Kosten lt. Gutachten netto ca. 8000 EUR, Dauer 5 Tage. Anwalt macht die Abwicklung.
Das Gutachten basiert auf den Verrechnungssätzen einer BMW Vertragswerkstatt mit großzügigem Austausch der betroffenen Teile.
Der KVA des Lackierers unseres jahrzehntelangen Vertrauens hat andere Verrechnungssätze und kalkuliert mit Instandsetzung anstelle von Neuteilen.
Die Differenz ist, sagen wir: erheblich.
Der Plan ist, fiktiv nach Gutachten abzurechnen und alle erforderlichen Arbeiten beim diesem Lackierer durchführen zu lassen.
Meine Fragen an die Profis und Leute mit Erfahrung:
Kann ich die Mehrwertsteuer der Reparatur einfordern oder darf die Versicherung dann die Reparaturkosten auf die tatsächlich angefallene Höhe kürzen ?
Der Anwalt sagt dazu: Mimimi und möchte sich nicht festlegen. Er rät eher ab. Ich sehe das etwas anders.
Zweite Frage: Da nicht nach Gutachten repariert wird, sehr wohl aber sach- und fachgerecht vom Meisterbetrieb: Kann es später Ärger geben hinsichtlich des Vorschadens bei einem angenommenen weiteren Unfall? Der Gutachter bekäme in dem Fall das erste Gutachten und die Reparaturrechnung zur Verfügung gestellt.
Dritte Frage: Ich nehme an daß bei fiktiver Abrechnung das Fahrzeug ins HIS kommt. Kann ich, ohne in eine Falle zu tappen den Eintrag herausnehmen lassen indem ich die Rechnung vorlege?
Es ist auch hier das Problem das sach- und fachgerecht repariert wurde aber nicht nach Gutachten und die finanzielle Differenz.
Der Lackierbetrieb ist ein regional bekanntes Unternehmen bei dem die Arbeiten sowieso durchgeführt worden wären. Fast alle größeren Autohäuser lassen dort die Karosseriearbeiten durchführen.
Zu den letzten beiden Fragen bekomme ich vom Anwalt auch keine klare Aussage. Kann, kann nicht.
Danke für eure Einschätzung und Erfahrungen.
107 Antworten
Dieses Urteil ist eine Farce!
Ich hatte die Hoffnung, dass der VI. Zivilsenat wieder zu gesetzeskonformer und sauberer Rechtsprechung zurückkehrt, nachdem Versicherungsrichter W.W. in den Ruhestand versetzt wurde.
Aber dieses Urteil zeigt, dass saubere Juristerei zu Gunsten der Versicherungswirtschaft über Bord geworfen wird und es konterkariert § 249 BGB...
es steht uns aber nicht zu höchst Richterliche Würdigung zu beurteilen. Das ist nun einmal ein ergangenes Urteil und man muss damit umgehen.
Es ist eine Klarstellung zum Vermischungsverbot von fiktiver und konkreter Abrechnung. Der Gesetzgeber wäre gefragt, die Einschränkung bei der USt. endlich wieder auf den alten sachgerechten Stand zurück zu drehen. An der Stelle läge der dogmatisch richtige Lösungsansatz.
kleines Update:
Wir hatten den Kürzungen des Gutachtens mit gutachterlicher Stellungnahme und Verweis auf die Rechtsprechung widersprochen. Ebenso der Haftungsquote mit Verweis auf Rechtsprechung, Zeugenaussage, Aufnahme der Dashcam und Polizeibericht.
Bei den Kürzungen haben wir einen kleinen Betrag zugestanden da dieser strittig sein könnte.
Alles erfolglos.
Ich glaube das liest nichtmal jemand. Die Versicherung wartet auf die Klage in der Annahme, das eine ausreichende Anzahl Geschädigter nicht klagt und ziehen aus diesem Umstand ihren Profit.
Wir werden nun Klage einreichen gegen Halter bzw. VN, Fahrer und Versicherung ohne weiteren fruchtlosen Schriftwechsel. Ich habe nun das Glück, ich kann in Vorleistung gehen und möglicherweise noch jahrelang auf das Geld warten ohne das es wirklich fehlt. Wie es anderen da ergeht möchte ich nicht wissen.
Mein Fazit bis hierhin:
- es ist zwingend notwendig der Versicherung mit Rechtsanwalt und Gutachter gegenüberzutreten. Andernfalls geht man hoffnungslos unter.
- man suche sich seinen Gutachter und Anwalt sehr sehr sorgfältig aus.
Fehler die man hier macht sind später schwer zu korrigieren.
- das man namhafte sogenannte "Serviceversicherer" zum Gegner hat bedeutet nur: viel Feind, viel Ärger. Sonst nichts. Die billigste am Markt verfügbare Haftpflichtversicherung tut es genauso gut.
Parallel dazu versuche ich aus sportlichem Ehrgeiz und sobald ich Zeit finde, das Auto aus dem HIS zu bekommen. Mal schauen wie weit ich mit der Reparaturbestätigung vom Gutachter komme. 😁
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Update.
Inzwischen ist die Klageerwiderung eingetroffen.
Wenn es nicht so dämlich wäre könnte ich drüber lachen. Ok, ich kann drüber lachen.
Der gegnerische Anwalt beschreibt einen Unfallhergang, der sich so nicht ereignet hat mit beteiligten Fahrzeugen, die es nicht gab und einem Verlauf der letzten 30 Sekunden vor dem Crash der vollkommen abwegig ist.
Diese ganze idiotische Story ist durch Zeugenaussage, pol. Unfallaufnahme, dokumentierte Anstoßstellen an meinem Auto und die Dashcam-Aufnahme binnen Minuten vor Gericht ad absurdum geführt.
Vom der ursprünglichen Begründung für die 30% Mithaftung ist hingegen keine Rede mehr.
Auf die Einrede gegen die Kürzungen bei den Reparaturkosten wird nicht eingegangen.
Ich frage mich was sich die Versicherung bzw. der von dieser beauftrage Anwalt von so einem Laienspiel verspricht. Und wenns mich einen Tag Urlaub kostet: Die Verhandlung vor Gericht lasse ich mir nicht entgehen.
Die Versicherung verspricht sich weniger Ausgaben, der Anwalt höhere Einnahmen...
Und glaub mir, vor Gericht ist manch einem Beteiligten keine Darstellung zu komisch. Lustigster Fall - nach der Vernehmung fragt der Richter den Zeugen, warum er sich nach so langer Zeit noch so gut an jede Kleinigkeit erinnern könne. Seine Antwort "ich war gestern erst mit dem Anwalt und dem Kläger essen und da haben die mir das alles noch ganz genau erklärt."
Zitat:
@PeterBH schrieb am 25. September 2022 um 13:40:19 Uhr
Vernehmung fragt der Richter den Zeugen, warum er sich nach so langer Zeit noch so gut an jede Kleinigkeit erinnern könne. Seine Antwort "ich war gestern erst mit dem Anwalt und dem Kläger essen und da haben die mir das alles noch ganz genau erklärt."
Findet die Aussage eines solchen Zeugen dann überhaupt noch Beachtung?
Nach dieser naiven Aussage des „Zeugen“ sicherlich nicht mehr…
Aber wenn er das vorher glaubhaft dargestellt hatte und der Richter nicht extra nachgefragt hätte?
Wer weiß , wer weisß … ich weiß es nicht.
@windelexpress : Nein, und der Anwalt suchte verzweifelt ein Loch im Boden, fand aber keines.
Beim gleichen Landgericht gab es auch mal eine lustige Zeugenvernehmung. Alle befragten Zeugen konnten die Farbe des Unfallfahrzeugs richtig nennen, nur einer nicht. Der war von Beruf Richter an diesem Landgericht.
Um das hier abzuschließen: Nach etlichen Termiverschiebungen und dem anwaltlichen Austausch diverser Schriftsätze war die Tage der 1. Termin, zur Beweiserhebung und ggf. Güte.
Nach richterlicher Würdigung der Beweise wurde ich zur Entgegenahme meiner Restforderung verurteilt. 😁
-> Alles gut mit geringen Abschlägen.
Ich kanns nur nochmal sagen: Wer heute einer Versicherung ohne Anwalt gegenübertritt dem ist nicht zu helfen. Verkehrsrechtsschutzversicherung für Abdeckung das Klagerisikos ist m.E. Pflicht.
Zum Glück ist das keine Pflicht.
Ich konsultiere einen Rechtsanwalt, wann immer ich das für richtig halte. Und den bezahle ich dann auch (zumindest trete ich in Vorleistung...)
Hier eine klare Antwort. Du darfst dich nicht bereichern und der Schaden bleibt 3 Jahre in Der HIS !
Bei der Vorlage einer Reparaturrechnung, die geringere Kosten ausweist als den Betrag, der im Gutachten als erforderlich angesehenen wird, ist zu beachten, dass bei einer Abrechnung auf fiktiver Gutachtenbasis der Geschädigte das "Werkstattrisiko" trägt. Dies birgt folgendes Risiko: In vielen Fällen wird der Schädiger bzw. sein Versicherer bei der Nachforderung nunmehr bestreiten, dass der im Gutachten angeführte Betrag der tatsächlich erforderliche Aufwand zur Schadensbeseitigung ist. Ggf. kann dann der Schädiger bzw. sein Kfz-Haftpflichtversicherer erfolgreich einen Rückforderungsanspruch aus § 812 BGB gegen den Geschädigten geltend machen. Die Nachforderung der tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuer sollte mithin wohlüberlegt und umso zurückhaltender ausgeübt werden, je größer die Differenz zwischen fiktiver Abrechnung und tatsächlichen Kosten ist.
@LKunz2022 schrieb am 10. März 2022 um 17:21:34 Uhr:
Es handelt sich um einen Haftpflichtfall, die Haftung ist 100% beim Gegner.
Beschädigt ist jede Menge Blech, ein Rad und notwendig ist eine Achsvermessung. Rep-Kosten lt. Gutachten netto ca. 8000 EUR, Dauer 5 Tage. Anwalt macht die Abwicklung.
Das Gutachten basiert auf den Verrechnungssätzen einer BMW Vertragswerkstatt mit großzügigem Austausch der betroffenen Teile.
Der KVA des Lackierers unseres jahrzehntelangen Vertrauens hat andere Verrechnungssätze und kalkuliert mit Instandsetzung anstelle von Neuteilen.
Die Differenz ist, sagen wir: erheblich.
Der Plan ist, fiktiv nach Gutachten abzurechnen und alle erforderlichen Arbeiten beim diesem Lackierer durchführen zu lassen.
Meine Fragen an die Profis und Leute mit Erfahrung:
Kann ich die Mehrwertsteuer der Reparatur einfordern oder darf die Versicherung dann die Reparaturkosten auf die tatsächlich angefallene Höhe kürzen ?
Der Anwalt sagt dazu: Mimimi und möchte sich nicht festlegen. Er rät eher ab. Ich sehe das etwas anders.
Zweite Frage: Da nicht nach Gutachten repariert wird, sehr wohl aber sach- und fachgerecht vom Meisterbetrieb: Kann es später Ärger geben hinsichtlich des Vorschadens bei einem angenommenen weiteren Unfall? Der Gutachter bekäme in dem Fall das erste Gutachten und die Reparaturrechnung zur Verfügung gestellt.
Dritte Frage: Ich nehme an daß bei fiktiver Abrechnung das Fahrzeug ins HIS kommt. Kann ich, ohne in eine Falle zu tappen den Eintrag herausnehmen lassen indem ich die Rechnung vorlege?
Es ist auch hier das Problem das sach- und fachgerecht repariert wurde aber nicht nach Gutachten und die finanzielle Differenz.
Der Lackierbetrieb ist ein regional bekanntes Unternehmen bei dem die Arbeiten sowieso durchgeführt worden wären. Fast alle größeren Autohäuser lassen dort die Karosseriearbeiten durchführen.
Zu den letzten beiden Fragen bekomme ich vom Anwalt auch keine klare Aussage. Kann, kann nicht.
Danke für eure Einschätzung und Erfahrungen.
Zitat:
@Agentcuntdestroyer schrieb am 30. März 2023 um 19:33:45 Uhr:
Die Nachforderung der tatsächlich angefallenen Mehrwertsteuer sollte mithin wohlüberlegt ....
Wohlüberlegt wäre gewesen, den Thread zumindest ansatzweise zu lesen bevor man drauf antwortet.
Mich fasziniert hier nur der Nickname …
…“cuntdestroyer“
Wieso denkt man sich sowas aus? Irgendwie krank sowas, wer nicht weiß was das bedeutet, kann ja mal den Google Übersetzer (Englisch-Deutsch) anwerfen.