Der letzte echte Volvo? 20.000 km im V70 MJ 2014

Volvo V70 3 (B)

Liebe Freunde des modernen Schwedenstahls,

seit fünf Monaten bzw. 20.000 km fahre ich nun meinen dicken Elch, Zeit für einen – höchst subjektiven – Rückblick!

Der Fahrer:
Ich tummele mich hier schon seit ein paar Monaten – höchste Zeit, sich einmal vorzustellen: Thomas, 40 Jahre alt, Familienvater, Volvofahrer (bzw. -Mitfahrer) seit Kindertagen! In den Kindergarten wurde ich im 142er gefahren, vor der Grundschule wartete ich auf den kackbeigen 244 GL meiner Eltern, vom Gymnasium wurde ich im 740 GLE abgeholt (kobaltblau metallic, 131 PS noch ohne KAT)... mein erster eigener war bzw. ist ein 940 – den habe ich bis heute und gebe ihn auch nicht mehr her! Seit dem ging es über einen V70 P26 mit Gasumbau schließlich zum hier beschriebenen neuen V70. Meine Frau hat fast zeitgleich einen neuen V40 bekommen. Wie man am Kilometerstand unschwer erkennen kann, fahre ich recht viel. Deshalb sind mir Langstrecken-Tauglichkeit, Sicherheit und Fahrkomfort sehr wichtig.

Das Fahrzeug:
V70 D5 Handschalter(!), Modelljahr 2014 in Summum-Ausstattung. Extras: Fahrer-Assistenz-Paket, Familien-Paket, Laderaum-Paket, Xenium-Paket, Premium-Sound mit Subwoofer, geschwindigkeitsabhängige Servolenkung und noch ein bisschen Kleinkram.

Gesamteindruck:
Mit einem Wort: Souverän. Er liegt satt auf der Strasse, kutschiert sänftengleich durch langgezogene Kurven, ist saugemütlich, riesengroß, äußerst kräftig und dabei angenehm zurückhaltend – eben mehr Sein als Schein, so wie ich mir einen Volvo wünsche!

Getriebe:
Es mag ja verwunderlich erscheinen, in dieser Preisklasse einen Schalter zu fahren, aber letztlich gab es zwei ausschlaggebende Gründe dafür:
1. Auf dem Papier (und nur da) liegt der D5 mit Schaltgetriebe unterhalb der für mich zulässigen maximalen CO2-Emmission (Dienstwagen-Regelung). Mit Automatik hätte ich den D4 nehmen müssen.
2. Ich mag einfach selber schalten! Ja, moderne Automaten sind schon was tolles, aber auch die schlauesten von ihnen können meine Gedanken nicht lesen... Mit den Dingern liege ich regelmäßig im Clinch und greife ein. Da kann ich auch, nach alter Väter Sitte, selbst das Getriebeöl umrühren, insbesondere, da der Knüppel so butterweich durch die Gassen flutscht, das es eine helle Freude ist.

Motor:
Ich habe die Entscheidung für den D5 nicht eine Sekunde bereut. Was für ein bärenstarkes Vieh! Ich liebe das dezente heisere grollen, wenn der große Turbo erwacht und der Wagen mit der Eleganz einer wütenden Elchkuh nach vorne stürmt! 😁 Er zieht mühelos bis etwa 220, danach wird es etwas zäher. Das Drehmoment (420NM) ist der Hammer! Ganz so häufig passiert es nicht, das von hinten einer ranrauscht, den man nicht stehen lassen kann (auch wenn so mancher erst mal meint, er könne es ja versuchen...). Übrigens denke ich nicht, dass er abgeregelt ist – man merkt sehr deutlich dass er über 220 deutlich an Durchzug verliert (Vmax laut Papieren 230), mit Glück, Rückenwind und leichtem Gefälle habe ich aber auch Tacho 245 schon geschafft. Spricht klar gegen einen Begrenzer. Die Tacho-Voreilung ist mit Sommerrädern übrigens minimal (etwa 2 km/h bei 120 gegenüber GPS).

Wie alles hat natürlich auch der Fahrspaß seinen Preis – im Gesamtschnitt seit Erstzulassung habe ich 9,2 l/100km verbraucht... Ganz schön viel! Ich hätte allerdings auch nicht erwartet, den Normverbrauch zu erreichen. Wer fährt schon so eine Maschine, um mit 112 auf der Bahn rumzukriechen...

Fahrwerk:
Ich habe das Serienfahrwerk und bin damit sehr zufrieden. Klar, er ist wieder etwas straffer als sein Vorgänger (und der ist straffer als sein Vorgänger...), aber immer noch enorm komfortabel und langstreckentauglich. Die typische harte Auslegung der deutschen Konkurrenz ist zwar am Anfang ganz nett, auf Dauer nervt mich das aber nur. Die meiste Zeit möchte man doch vor allem stressfrei gleiten. Wenn ich unbedingt durch die Schlaglöcher holpern will, nehm ich mir 'nen Bollerwagen (oder den V40 meiner Frau ;-D)!
Sehr schön: die geschwindigkeitsabhängige Servolenkung arbeitet unmerklich, trägt aber deutlich zu einem besseren Stabilitätsgefühl bei hohen Geschwindigkeiten bei. Das kannte ich bisher nur aus dem A8, da war mir der Effekt zu aufdringlich.

Design:
Kommend vom 940 und V70 P26 finde ich, dass der V70 ein würdiger Nachfolger mit durchaus klassischen Linien ist.
Der Facelift hat dem V70 in meinen Augen sehr gut getan – insbesondere die geänderten Heckleuchten mit der Betonung der „Schulter“ ist klasse, auch wenn der untere Bereich der Rückleuchten mir wohl nie gefallen wird. Das „Schneewitchen-Sarg“-Zitat in der Form der Heckscheibe ist einfach „too much“. Die Front mit der stark horizontalen Betonung lässt ihn breiter erscheinen (und hat aus meiner Sicht mit dem Passat nicht all zu viel gemein). Die fast schon majestätische, statische Noblesse eines 900ers, wenn er mit rauschendem Visko-Lüfter um die Ecke gebrummt kommt, hat allerdings schon der 850er dem Zeitgeist geopfert.

Innenraum:
Der Innenraum ist seit dem Einzug von Sensus aus meiner Sicht ein bisschen zu Barock geworden. Wo ist das kühle, mutige skandinavische Design der ersten Serie hin? Die Mittelkonsole ist weichgespült und die wulstige Hutze über dem Monitor geht mal so gar nicht! Früher dachte ich immer, nur BMW wäre zu solchen Schandtaten fähig. Die Verarbeitung allerdings ist absolut top, keine Falten, kein Knarzen, alles erstklassig.
Die Sitze sind, wie man es bei Volvo seit jeher erwarten kann, extrem bequem und ermüden auch nach langer fahrt nicht. Die längste Einzelstrecke, die ich bisher gefahren bin, waren über 1.000 km an einem Tag. Ich hätte nie gedacht, wie stressfrei das sein würde!

Der Sound:
Das Premium-Sound-System habe ich „blind“, also ohne Probehören, bestellt. Entsprechend kann ich mich nicht wirklich beschweren – aber etwas enttäuscht war ich doch. Insgesamt ist mir der Klang deutlich zu basslastig (trotz runter geregeltem EQ) und in den Höhen nicht klar genug aufgelöst. Deaktivieren des ganzen Pseudo-Surround-Gedöns hilft deutlich, zusätzlich habe ich im Equalizer die Mitten etwas hochgezogen. Es bleibt ein Kompromiss, wenn auch ein Guter! Probleme mit scheppernden Türen habe ich übrigens nicht (wenn die Türablagen leer sind...).

Sensus:
Ich habe noch das „alte“ Sensus ohne Connect bekommen. Die Bedienung ist in weiten Teilen durchdacht, jedoch nervt mitunter die etwas zähe Reaktion. So reagiert er nicht auf den zweiten Tastendruck, wenn man etwas zu schnell ist. Scheinbar wurde mit Rechenleistung gegeizt. Mich würde mal interessieren, ob das mit der „Connect“-Version besser geworden ist.
Die Sprachsteuerung ist faszinierend, jedoch aus meiner Sicht zu unflexibel (man kann nicht zwischen Tastatur- und Spracheingabe wechseln etc) und hat auch sonst so ihre Merkwürdigkeiten.

Der digitale Tacho:
Hier war schon zu lesen, dass so eine Flimmerbude nicht zum eher gediegenen V70 passt – ich muss aber zugeben, dass mir das Mäusekino sehr gut gefällt. Einzig das „Performance“-Design geht mal so gar nicht, Kirmesbude pur! Ich fahre eigentlich immer im „Eco“-Design, vermisse hier allerdings die Kühlwassertemperatur schmerzlich. Gut zu wissen, dass im neuen XC90 wieder zwei Rundinstrumente vorgesehen sind.

Features, die ich am meisten schätze:
Am meisten hat mich der adaptive Tempomat beeindruckt. Ich fahre sehr viel Autobahn, da schätze ich dieses Tool wirklich sehr! Seine Stärke spielt der Tempomat aus, wenn man auf langsameren Verkehr aufläuft – er regelt selbständig um genau das richtige Maß herunter, um sich in angemessener Distanz einzureihen. Davon abgesehen halte ich es für einen erheblichen Zugewinn an Sicherheit, sich in der Kolonne gelassen auf den automatischen Abstandsregler zu stützen, anstatt unbemerkt den Sicherheitsabstand immer weiter zu unterschreiten. Stünde ich mehr in Staus, wäre es vermutlich doch die Geartronic geworden, damit regelt der Tempomat auch bis 0 runter.

Features, die ich manchmal vermisse:
Bei der Ausstattung bleibt nicht viel... Manchmal frage ich mich, ob das Four-C Fahrwerk nicht doch eine gute Idee gewesen wäre – mit dem Serienfahrwerk bin ich allerdings auch sehr zufrieden.
Die Verbundglas-Scheiben habe ich nie getestet, ich kann nicht beurteilen, ob die noch bessere Dämmung einen nennenswerten Vorteil bringt.

Besondere Vorkommnisse:
Zwei zwischenzeitliche Probleme trüben den ansonsten makellosen Gesamteindruck:
- Auf den ersten paar tausend Kilometern stieg BLIS wiederholt überraschend aus, was sich durch unablässiges Blinken einer der beiden BLIS-Leuchten zeigte. Fehlermeldungen gab es nicht. Nach Neustart des Fahrzeugs war alles wieder in Ordnung. Vermutlich hat sich das System durch Schatten o. ä. aus dem Tritt bringen lassen. Nicht schön, aber verschmerzbar, insbesondere da das Phänomen genauso plötzlich verschwand wie es aufgetaucht war.
- Beim Stand von ca. 12.000 km fiel die Leistung mitten auf der Autobahn plötzlich dramatisch ab. Fehlermeldung im Display: Motor Wartung erforderlich! Wie sich herausstellte, war ein Schlauch in der Turbo-Luftzufuhr nicht mehr ganz dicht, so dass beide Turbos abgeschaltet wurden. Von Rakete auf Trecker in zwei Sekunden – was für ein dämliches Gefühl! Die Werkstatt hatte es nicht leicht, den Fehler zu finden da die Undichtigkeit sich nur bei recht hohem Druck zeigte. Scheinbar eine Schelle nicht richtig angezogen? So was sollte nicht sein.
Beide Probleme haben mein (ohnehin unerschütterliches) Vertrauen in die Volvo-typische Qualität allerdings nicht wirklich ins Wanken gebracht.

Fazit:
Für mich steht fest: Der V70 ist der ideale Langstreckengleiter. Er fühlt sich bei jeder Geschwindigkeit „richtig“ an, verwöhnt seine Passagiere mit allem erdenklichen Komfort. Auch nach 20.000 km freue ich mich jeden Tag, wenn ich mich in mein Auto setze – so sollte es sein!

Der letzte echte Volvo?
Die Diskussion gibt es seit mindestens dreißig Jahren – welcher ist der letzte „echte“ Volvo? Der 240er mit seiner ikonischen Form? Der 900er als letzter Hecktriebler und letzter mit dem legendären „Red Block“? Der 850er / V70/1 als letzter in Eigenregie entwickeltes Modell? Oder doch der V70/III mit den letzten Fünfzylindern und ohne chinesischen Einfluss? Wie oben geschildert, habe bzw. hatte ich Volvos aus drei Jahrzehnten, jeder hat seine besonderen Qualitäten, alle sind sie für mich „echte“ Volvos und Kinder ihrer Zeit. Bisher sind sie alle in Würde gealtert, und ich bin fest davon überzeugt, dass auch dieses Modell irgendwann den „Kult“-Stempel aufgedrückt bekommt. Er ist nicht der letzte echte Volvo, er ist ein echter Volvo!

Und sonst? Nix!

Beste Antwort im Thema

Liebe Freunde des modernen Schwedenstahls,

seit fünf Monaten bzw. 20.000 km fahre ich nun meinen dicken Elch, Zeit für einen – höchst subjektiven – Rückblick!

Der Fahrer:
Ich tummele mich hier schon seit ein paar Monaten – höchste Zeit, sich einmal vorzustellen: Thomas, 40 Jahre alt, Familienvater, Volvofahrer (bzw. -Mitfahrer) seit Kindertagen! In den Kindergarten wurde ich im 142er gefahren, vor der Grundschule wartete ich auf den kackbeigen 244 GL meiner Eltern, vom Gymnasium wurde ich im 740 GLE abgeholt (kobaltblau metallic, 131 PS noch ohne KAT)... mein erster eigener war bzw. ist ein 940 – den habe ich bis heute und gebe ihn auch nicht mehr her! Seit dem ging es über einen V70 P26 mit Gasumbau schließlich zum hier beschriebenen neuen V70. Meine Frau hat fast zeitgleich einen neuen V40 bekommen. Wie man am Kilometerstand unschwer erkennen kann, fahre ich recht viel. Deshalb sind mir Langstrecken-Tauglichkeit, Sicherheit und Fahrkomfort sehr wichtig.

Das Fahrzeug:
V70 D5 Handschalter(!), Modelljahr 2014 in Summum-Ausstattung. Extras: Fahrer-Assistenz-Paket, Familien-Paket, Laderaum-Paket, Xenium-Paket, Premium-Sound mit Subwoofer, geschwindigkeitsabhängige Servolenkung und noch ein bisschen Kleinkram.

Gesamteindruck:
Mit einem Wort: Souverän. Er liegt satt auf der Strasse, kutschiert sänftengleich durch langgezogene Kurven, ist saugemütlich, riesengroß, äußerst kräftig und dabei angenehm zurückhaltend – eben mehr Sein als Schein, so wie ich mir einen Volvo wünsche!

Getriebe:
Es mag ja verwunderlich erscheinen, in dieser Preisklasse einen Schalter zu fahren, aber letztlich gab es zwei ausschlaggebende Gründe dafür:
1. Auf dem Papier (und nur da) liegt der D5 mit Schaltgetriebe unterhalb der für mich zulässigen maximalen CO2-Emmission (Dienstwagen-Regelung). Mit Automatik hätte ich den D4 nehmen müssen.
2. Ich mag einfach selber schalten! Ja, moderne Automaten sind schon was tolles, aber auch die schlauesten von ihnen können meine Gedanken nicht lesen... Mit den Dingern liege ich regelmäßig im Clinch und greife ein. Da kann ich auch, nach alter Väter Sitte, selbst das Getriebeöl umrühren, insbesondere, da der Knüppel so butterweich durch die Gassen flutscht, das es eine helle Freude ist.

Motor:
Ich habe die Entscheidung für den D5 nicht eine Sekunde bereut. Was für ein bärenstarkes Vieh! Ich liebe das dezente heisere grollen, wenn der große Turbo erwacht und der Wagen mit der Eleganz einer wütenden Elchkuh nach vorne stürmt! 😁 Er zieht mühelos bis etwa 220, danach wird es etwas zäher. Das Drehmoment (420NM) ist der Hammer! Ganz so häufig passiert es nicht, das von hinten einer ranrauscht, den man nicht stehen lassen kann (auch wenn so mancher erst mal meint, er könne es ja versuchen...). Übrigens denke ich nicht, dass er abgeregelt ist – man merkt sehr deutlich dass er über 220 deutlich an Durchzug verliert (Vmax laut Papieren 230), mit Glück, Rückenwind und leichtem Gefälle habe ich aber auch Tacho 245 schon geschafft. Spricht klar gegen einen Begrenzer. Die Tacho-Voreilung ist mit Sommerrädern übrigens minimal (etwa 2 km/h bei 120 gegenüber GPS).

Wie alles hat natürlich auch der Fahrspaß seinen Preis – im Gesamtschnitt seit Erstzulassung habe ich 9,2 l/100km verbraucht... Ganz schön viel! Ich hätte allerdings auch nicht erwartet, den Normverbrauch zu erreichen. Wer fährt schon so eine Maschine, um mit 112 auf der Bahn rumzukriechen...

Fahrwerk:
Ich habe das Serienfahrwerk und bin damit sehr zufrieden. Klar, er ist wieder etwas straffer als sein Vorgänger (und der ist straffer als sein Vorgänger...), aber immer noch enorm komfortabel und langstreckentauglich. Die typische harte Auslegung der deutschen Konkurrenz ist zwar am Anfang ganz nett, auf Dauer nervt mich das aber nur. Die meiste Zeit möchte man doch vor allem stressfrei gleiten. Wenn ich unbedingt durch die Schlaglöcher holpern will, nehm ich mir 'nen Bollerwagen (oder den V40 meiner Frau ;-D)!
Sehr schön: die geschwindigkeitsabhängige Servolenkung arbeitet unmerklich, trägt aber deutlich zu einem besseren Stabilitätsgefühl bei hohen Geschwindigkeiten bei. Das kannte ich bisher nur aus dem A8, da war mir der Effekt zu aufdringlich.

Design:
Kommend vom 940 und V70 P26 finde ich, dass der V70 ein würdiger Nachfolger mit durchaus klassischen Linien ist.
Der Facelift hat dem V70 in meinen Augen sehr gut getan – insbesondere die geänderten Heckleuchten mit der Betonung der „Schulter“ ist klasse, auch wenn der untere Bereich der Rückleuchten mir wohl nie gefallen wird. Das „Schneewitchen-Sarg“-Zitat in der Form der Heckscheibe ist einfach „too much“. Die Front mit der stark horizontalen Betonung lässt ihn breiter erscheinen (und hat aus meiner Sicht mit dem Passat nicht all zu viel gemein). Die fast schon majestätische, statische Noblesse eines 900ers, wenn er mit rauschendem Visko-Lüfter um die Ecke gebrummt kommt, hat allerdings schon der 850er dem Zeitgeist geopfert.

Innenraum:
Der Innenraum ist seit dem Einzug von Sensus aus meiner Sicht ein bisschen zu Barock geworden. Wo ist das kühle, mutige skandinavische Design der ersten Serie hin? Die Mittelkonsole ist weichgespült und die wulstige Hutze über dem Monitor geht mal so gar nicht! Früher dachte ich immer, nur BMW wäre zu solchen Schandtaten fähig. Die Verarbeitung allerdings ist absolut top, keine Falten, kein Knarzen, alles erstklassig.
Die Sitze sind, wie man es bei Volvo seit jeher erwarten kann, extrem bequem und ermüden auch nach langer fahrt nicht. Die längste Einzelstrecke, die ich bisher gefahren bin, waren über 1.000 km an einem Tag. Ich hätte nie gedacht, wie stressfrei das sein würde!

Der Sound:
Das Premium-Sound-System habe ich „blind“, also ohne Probehören, bestellt. Entsprechend kann ich mich nicht wirklich beschweren – aber etwas enttäuscht war ich doch. Insgesamt ist mir der Klang deutlich zu basslastig (trotz runter geregeltem EQ) und in den Höhen nicht klar genug aufgelöst. Deaktivieren des ganzen Pseudo-Surround-Gedöns hilft deutlich, zusätzlich habe ich im Equalizer die Mitten etwas hochgezogen. Es bleibt ein Kompromiss, wenn auch ein Guter! Probleme mit scheppernden Türen habe ich übrigens nicht (wenn die Türablagen leer sind...).

Sensus:
Ich habe noch das „alte“ Sensus ohne Connect bekommen. Die Bedienung ist in weiten Teilen durchdacht, jedoch nervt mitunter die etwas zähe Reaktion. So reagiert er nicht auf den zweiten Tastendruck, wenn man etwas zu schnell ist. Scheinbar wurde mit Rechenleistung gegeizt. Mich würde mal interessieren, ob das mit der „Connect“-Version besser geworden ist.
Die Sprachsteuerung ist faszinierend, jedoch aus meiner Sicht zu unflexibel (man kann nicht zwischen Tastatur- und Spracheingabe wechseln etc) und hat auch sonst so ihre Merkwürdigkeiten.

Der digitale Tacho:
Hier war schon zu lesen, dass so eine Flimmerbude nicht zum eher gediegenen V70 passt – ich muss aber zugeben, dass mir das Mäusekino sehr gut gefällt. Einzig das „Performance“-Design geht mal so gar nicht, Kirmesbude pur! Ich fahre eigentlich immer im „Eco“-Design, vermisse hier allerdings die Kühlwassertemperatur schmerzlich. Gut zu wissen, dass im neuen XC90 wieder zwei Rundinstrumente vorgesehen sind.

Features, die ich am meisten schätze:
Am meisten hat mich der adaptive Tempomat beeindruckt. Ich fahre sehr viel Autobahn, da schätze ich dieses Tool wirklich sehr! Seine Stärke spielt der Tempomat aus, wenn man auf langsameren Verkehr aufläuft – er regelt selbständig um genau das richtige Maß herunter, um sich in angemessener Distanz einzureihen. Davon abgesehen halte ich es für einen erheblichen Zugewinn an Sicherheit, sich in der Kolonne gelassen auf den automatischen Abstandsregler zu stützen, anstatt unbemerkt den Sicherheitsabstand immer weiter zu unterschreiten. Stünde ich mehr in Staus, wäre es vermutlich doch die Geartronic geworden, damit regelt der Tempomat auch bis 0 runter.

Features, die ich manchmal vermisse:
Bei der Ausstattung bleibt nicht viel... Manchmal frage ich mich, ob das Four-C Fahrwerk nicht doch eine gute Idee gewesen wäre – mit dem Serienfahrwerk bin ich allerdings auch sehr zufrieden.
Die Verbundglas-Scheiben habe ich nie getestet, ich kann nicht beurteilen, ob die noch bessere Dämmung einen nennenswerten Vorteil bringt.

Besondere Vorkommnisse:
Zwei zwischenzeitliche Probleme trüben den ansonsten makellosen Gesamteindruck:
- Auf den ersten paar tausend Kilometern stieg BLIS wiederholt überraschend aus, was sich durch unablässiges Blinken einer der beiden BLIS-Leuchten zeigte. Fehlermeldungen gab es nicht. Nach Neustart des Fahrzeugs war alles wieder in Ordnung. Vermutlich hat sich das System durch Schatten o. ä. aus dem Tritt bringen lassen. Nicht schön, aber verschmerzbar, insbesondere da das Phänomen genauso plötzlich verschwand wie es aufgetaucht war.
- Beim Stand von ca. 12.000 km fiel die Leistung mitten auf der Autobahn plötzlich dramatisch ab. Fehlermeldung im Display: Motor Wartung erforderlich! Wie sich herausstellte, war ein Schlauch in der Turbo-Luftzufuhr nicht mehr ganz dicht, so dass beide Turbos abgeschaltet wurden. Von Rakete auf Trecker in zwei Sekunden – was für ein dämliches Gefühl! Die Werkstatt hatte es nicht leicht, den Fehler zu finden da die Undichtigkeit sich nur bei recht hohem Druck zeigte. Scheinbar eine Schelle nicht richtig angezogen? So was sollte nicht sein.
Beide Probleme haben mein (ohnehin unerschütterliches) Vertrauen in die Volvo-typische Qualität allerdings nicht wirklich ins Wanken gebracht.

Fazit:
Für mich steht fest: Der V70 ist der ideale Langstreckengleiter. Er fühlt sich bei jeder Geschwindigkeit „richtig“ an, verwöhnt seine Passagiere mit allem erdenklichen Komfort. Auch nach 20.000 km freue ich mich jeden Tag, wenn ich mich in mein Auto setze – so sollte es sein!

Der letzte echte Volvo?
Die Diskussion gibt es seit mindestens dreißig Jahren – welcher ist der letzte „echte“ Volvo? Der 240er mit seiner ikonischen Form? Der 900er als letzter Hecktriebler und letzter mit dem legendären „Red Block“? Der 850er / V70/1 als letzter in Eigenregie entwickeltes Modell? Oder doch der V70/III mit den letzten Fünfzylindern und ohne chinesischen Einfluss? Wie oben geschildert, habe bzw. hatte ich Volvos aus drei Jahrzehnten, jeder hat seine besonderen Qualitäten, alle sind sie für mich „echte“ Volvos und Kinder ihrer Zeit. Bisher sind sie alle in Würde gealtert, und ich bin fest davon überzeugt, dass auch dieses Modell irgendwann den „Kult“-Stempel aufgedrückt bekommt. Er ist nicht der letzte echte Volvo, er ist ein echter Volvo!

Und sonst? Nix!

49 weitere Antworten
49 Antworten

Zitat:

Original geschrieben von XC70D5



Zitat:

Original geschrieben von thomhada


Leider ist helles Leder (unsinnigerweise) in unserer Fuhrpark-Policy ausgeschlossen 🙄
Gibt's da eine Begründung oder ist das Willkür?

Es gibt immer eine Begründung. Auch hinter vermeintlich harten Zahlen steckt in Wirklichkeit oft nur Willkür. 😉

Grüße vom Ostelch

Schön, dass es noch Unternehmen gibt, die eine "Dienstwage-Regelung" haben.

Bei dem Begriffen "Car-Policy" oder "Fuhrpark Policy" (noch schlimmer) dreht sich mir immer der Magen um.

Danke und weiter viel Spaß mit deinem Elch ;-)

Ich sage nur ein Wort: vielen Dank 😁 !

Nee, im Ernst - ein toller Bericht, bei dem Du Dir sehr viel Mühe gegeben zu haben scheinst, und der sich zum allergrößten Teil mit meinen persönlichen Erfahrungen deckt ( ich hatte vor meinem jetzigen Dickelch ebenfalls einen V70 III ) 🙂 ...

Besonders gelungen finde ich das erste Deiner Fotos, das ja als Teilausschnitt auch Dein Avatar ziert 😎 !

Gruß und allzeit 'ne Handbreit Luft ums Fell,

AlcesMann

Zitat:

Es gibt immer eine Begründung. Auch hinter vermeintlich harten Zahlen steckt in Wirklichkeit oft nur Willkür. 😉

Du sagst es... Aus anderen Firmen könnte ich noch viel irrwitzigere Regelungen zum Besten geben, die dann auch noch klar zum Nachteil von Volvo gehen. Etwa, wenn der ADAC EcoTest zum Bewertungskriterium erhoben wird, dort aber, rein zufällig, bei Importfahrzeugen häufig veraltete Daten gespeichert sind. Versuchst Du das den Verantwortlichen zu erklären, geben sie gerne zu das sie das auch für Blödsinn halten, ändern es aber trotzdem nicht 😕

EDIT:
http://www.adac.de/infotestrat/tests/eco-test/default.aspx
Gib da mal "Volvo", "V70", "Diesel", "aktuelle Modelle" ein... KEIN EINZIGER TREFFER
/EDIT

Ähnliche Themen

Eine der "Besten" Dienstwagen-Regelungen hat mein Nachbar. Dort entscheidet die Firma, was gekauft wird. sprich: je nach Gusto gibt es entweder einen Golf, oder einen Golf Kombi. Management bekommt einen Passat. Ausschliesslich und allein VW. Vorgegebene Ausstattung, vorgegebene Farbe. momentan Kackbraun.

Die Auswahl besteht darin, den Wagen zu nehmen, oder zu kündigen. nur schade, dass sein Fahrzeug so ziemlich alle Probleme hat, die ein Golf so haben kann. Immer wenn mal wieder ein anderes Auto in der Einfahrt steht, weiss jeder Bescheid.

Zitat:

Original geschrieben von JürgenS60D5


Eine der "Besten" Dienstwagen-Regelungen hat mein Nachbar. Dort entscheidet die Firma, was gekauft wird. sprich: je nach Gusto gibt es entweder einen Golf, oder einen Golf Kombi. Management bekommt einen Passat. Ausschliesslich und allein VW. Vorgegebene Ausstattung, vorgegebene Farbe. momentan Kackbraun.

Die Auswahl besteht darin, den Wagen zu nehmen, oder zu kündigen. nur schade, dass sein Fahrzeug so ziemlich alle Probleme hat, die ein Golf so haben kann. Immer wenn mal wieder ein anderes Auto in der Einfahrt steht, weiss jeder Bescheid.

Dann muss es wohl statt

VW - Das Auto

besser

VW - Die Autos

heißen. Zumindet die aktuelle Farbe scheint ja dann mit viel Bedacht ausgewählt! Variatio delectat sagten die alten Römer, meinten aber was anderes. 😁

Grüße vom Ostelch

Zitat:

Immer wenn mal wieder ein anderes Auto in der Einfahrt steht, weiss jeder Bescheid.

ist ja fast so, wie bei mir, zur zeit! 😁

seit ich den "alten" S80 geschrottet bekommen habe, bin ich 5 verschiedene autos gefahren...erst den opel insignia, dessen klima nicht ging. der wurde gewandelt und ich bekam einen jaguar für 2,5 wochen. ein paar tage hatte ich dann den "neuen" S80, dem ich dann blöderweise ne delle ins heck fuhr. die zeit, in der es ausgebessert wurde fuhr ich als leihwagen erst einen peugeot106...ein wirklich sehr unerotisches auto, den ich wieder zurückgegeben habe! meine werkstatt hat mir dann ihren passat kostenlos zur verfügung gestellt. dann durfte ich meinen S80 wieder ein paar tage fahren und muss ihn aus gewährleistungsgründen, da die SRA nicht funktioniert, zum 🙂 geben, der mir einen V70 zur verfügung stellt!
und demnächst soll ja ein porsche für 2 wochen ins haus stehen! 😁 😁 😁

Endlich mal ein Volvo Fahrer der seinen D5 richtig ran nimmt, so wie es sich gehört.

Viel Spaß weiterhin mit dem tollen Teil. 🙂

Zitat:

Original geschrieben von Gurkengraeber


Endlich mal ein Volvo Fahrer der seinen D5 richtig ran nimmt, so wie es sich gehört.

Viel Spaß weiterhin mit dem tollen Teil. 🙂

Das ist ein Elch, kein Einhorn... da darf man ruhig mal die Hacken in die Seite hauen, dann läuft er schon. Hat bisher noch keinem meiner Autos geschadet, auch der 940 mit B200F muss auf der Bahn zeigen was er kann. Bei ordentlicher Wartung kein Problem.

Gruß
Thomas

Glückwunsch, schöner Bericht, schönes Auto 🙂
Mein D5 (auch Handschalter) regelt übrigens tatsächlich bei 230 ab. Ich konnte das mal auf einem schön langen Stück bergab auf der Autobahn testen. Übertrieben gesagt hats mich bei 230 fast in den Gurt gehauen. Drezahlmäßig war noch Luft nach oben, ich gebe aber zu, das sicherlich bei 240 ohnehin Schluss wäre, was mich aber nicht stört, da ich so gut wie nie so schnell fahre. Ich habe allerdings noch den "alten" D5 mit 205 PS

Glückwunsch zum schönen handgerissenen V70 🙂

Zitat:

Original geschrieben von thomhada



Zitat:

Original geschrieben von Gurkengraeber


Endlich mal ein Volvo Fahrer der seinen D5 richtig ran nimmt, so wie es sich gehört.

Viel Spaß weiterhin mit dem tollen Teil. 🙂

Das ist ein Elch, kein Einhorn... da darf man ruhig mal die Hacken in die Seite hauen, dann läuft er schon. Hat bisher noch keinem meiner Autos geschadet, auch der 940 mit B200F muss auf der Bahn zeigen was er kann. Bei ordentlicher Wartung kein Problem.

Gruß
Thomas

???

Liebe alle,
Danke für die vielen freundlichen Kommentare! Bin ganz begeistert von dem ganzen Zuspruch. Schön zu sehen, dass es noch mehr Begeisterte gibt, die dem V70 verfallen sind. Wenn nichts dazwischen kommt, fahre ich den Elch noch 100.000 km und melde mich bestimmt zwischendurch mal wieder mit einem Zwischenfazit.
Gruß, Thomas

Danke für den schönen Bericht...auch ich fühle mich bei Volvo irgendwie angekommen und zuhause. Wenn, dann evtl. noch etwas zu Spaß haben dazu.....aber eigentlich genieße ich auch die Spazierfahrten in meiner Limo, obwohl ich immer noch mal wieder Richtung "oben offen" schaue. Aber irgendwo muss das ja auch alles unter- oder abgestellt und unterhalten werden.
Da ich keinen Dienst- oder Firmenwagen fahre, freue ich mich immer über gut gewartet und behandelte Elche aus dem Rücklauf (gerne die 5jährigen mit voller Hütte). Da unterliege ich auch keinen Firmenwagenregeln sondern nur meinem Budget 😉
Zum Thema Vmax, ich habe da mal ein wenig bei Tuningmöglichkeiten herumgeschaut und z.Z. gibt es ja das PPC Tuning von BSR "im Angebot". Dort wird auf eine Vmax Anhebung auf 250km/h hingewiesen. Nutzt jemand von euch das BSR PPC Tuning und kann dazu etwas sagen?

braucki, mach doch zum BSR nen anderen thread auf... 😉

Deine Antwort
Ähnliche Themen