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Belegpflicht für Schutzkleidung nach unverschuldetem Unfall

Themenstarteram 29. Juni 2017 um 15:50

Hallo,

vor Kurzem wurde mir mit dem Motorrad von einer älteren Dame die Vorfahrt genommen, wir sind annähernd frontal kollidiert und natürlich wurde meine Schutzkleidung dabei erheblich beschädigt.

Da die Dame zu 100% an dem Unfall schuld war, muss ihre Versicherung den gesamten Schaden übernehmen. Diese will mir aber nur 200€ Pauschale als Entschädigung für meine Schutzkleidung bezahlen, da ich keine Belege mehr über den Kauf der Schutzkleidung habe.

...und das, obwohl allein der Helm 300€ gekostet hat und nach einem derartigen Aufprall sicherlich nicht mehr verwendet werden sollte...

Nun zu meine Frage: Muss ich rechtlich gesehen die Kaufpreise belegen? Ich habe auch Screenshots der originalen Händlerseiten geschickt, doch diese wurden ignoriert. Liegt die Nachweispflicht wirklich bei mir und ist es legal, mir nur 200 € zu bezahlen, weil ich keine Kaufbelege mehr habe?

Vielen Dank schon im Voraus :)

Beste Antwort im Thema

Zitat:

@Mindscape schrieb am 1. Juli 2017 um 12:23:48 Uhr:

Und zu Vollständigkeit noch ein Beispiel zum Gegenteil:

OLG München, Urteil vom 07.05.2012, AZ 1 U 4489/11

Motorradkleidung (Helm/Stiefel) unterliegt zweifelsfrei wie jeder andere Gebrauchsgegenstand der Abnutzung bzw. einem Wertverlust, mögen sich diese Gegenstände auch durch eine längere Haltbarkeits- und Nutzungsdauer auszeichnen. Damit ist es gerechtfertigt, bei der Schadensberechnung einen Abzug „neu für alt“ vorzunehmen. Rechtlich unerheblich ist, ob der Motorradfahrer diese Kleidung aus eigenem Sicherungsinteresse anschafft und trägt. Gleiches gilt für den Einwand des Klägers, die Anschaffung gebrauchter Motorradkleidung sei unüblich und unzumutbar. Abgesehen davon gibt es im Bereich von Motorradhelmen und -stiefeln gerade wegen der Haltbarkeit und der spezifischen Nutzung sehr wohl einen Markt für Gebrauchtware, der bedeutsamer sein dürfte, als der Markt für modische Alltagskleidung.

Gut, daß das OLG München lernfähig ist:

OLG München, Urteil vom 26. Juni 2015 – 10 U 2581/13

Das OLG sprach dem verunfallten Motorradfahrer den Ersatz der bei dem Motorradunfall beschädigten Schutzkleidung ohne einen Abzug “Neu für alt” zu. Die Schutzkleidung dient nach Auffassung des OLG ausschließlich der Sicherheit, so dass eine Vermögensmehrung bei Neuanschaffung bei dem Geschädigten nicht eintritt und aus diesem Grund der im Bereich des Kleiderschadens übliche Abzug nicht vorgenommen werden darf.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Zitat:

@berlin-paul schrieb am 29. Juni 2017 um 19:17:53 Uhr:

Ja. Und zwar erklärt er der Versicherung, dass die Belege irrelevant sind. Es kommt nur auf den Kaufpreis der Wiederbeschaffung an. Bei sowas ist das der Neuwert. Bloß nicht von der Versicherung verarschen lassen!

Endlich mal eine vernünftige und korrekte Antwort!

am 1. Juli 2017 um 9:10

Wie berlin-paul bereits geschrieben hat, sind Belege völlig nebensächlich. Niemand ist verpflichtet, jahrelang Kassenbons aufzubewahren. Den Nachweis über den Kaufpreis kann man auch auf andere Art und Weise erbringen - und sei es auf die für die gegnerische Versicherung teuerste Variante - nämlich per Gutachter. Wenn die Wert darauf legen, einen Gutachter zu zahlen, statt z. B. Kataloge oder Screenshots zu akzeptieren - sollen die das gern haben. Fotos hat er ja schonmal gemacht, wie du eingangs geschrieben hast.

Auch zum Neupreis ist die Rechtslage eigentlich klar. Es handelt sich um Schutzkleidung und es ist niemandem zuzumuten, hier gebrauchte Sachen zu kaufen. Ein Abzug "Neu für Alt" ist nach der Mehrheit der Gerichtsentscheidungen nicht zulässig. Beispiel-Urteile dazu:

LG Potsdam, Urteil vom 11.12.2008, AZ 3 S 59/08

LG Darmstadt, Urteil vom 28.08.2007 AZ 13 O 602/05

AG Lahnstein, Urteil vom 31.03.1998, AZ 2 C 44/98

AG Bad Schwartau vom 17.06.1999, AZ 3 C 321/99

Geh am besten wirklich zu einem Fachanwalt für Verkehrsrecht - den dürfen die dann auch noch zahlen.

Zitat:

@Pasha78 schrieb am 1. Juli 2017 um 11:10:24 Uhr:

 

Auch zum Neupreis ist die Rechtslage eigentlich klar. Es handelt sich um Schutzkleidung und es ist niemandem zuzumuten, hier gebrauchte Sachen zu kaufen. Ein Abzug "Neu für Alt" ist nach der Mehrheit der Gerichtsentscheidungen nicht zulässig. Beispiel-Urteile dazu:

LG Potsdam, Urteil vom 11.12.2008, AZ 3 S 59/08

LG Darmstadt, Urteil vom 28.08.2007 AZ 13 O 602/05

AG Lahnstein, Urteil vom 31.03.1998, AZ 2 C 44/98

AG Bad Schwartau vom 17.06.1999, AZ 3 C 321/99

Geh am besten wirklich zu einem Fachanwalt für Verkehrsrecht - den dürfen die dann auch noch zahlen.

Und zu Vollständigkeit noch ein Beispiel zum Gegenteil:

OLG München, Urteil vom 07.05.2012, AZ 1 U 4489/11

Zitat:

Motorradkleidung (Helm/Stiefel) unterliegt zweifelsfrei wie jeder andere Gebrauchsgegenstand der Abnutzung bzw. einem Wertverlust, mögen sich diese Gegenstände auch durch eine längere Haltbarkeits- und Nutzungsdauer auszeichnen. Damit ist es gerechtfertigt, bei der Schadensberechnung einen Abzug „neu für alt“ vorzunehmen. Rechtlich unerheblich ist, ob der Motorradfahrer diese Kleidung aus eigenem Sicherungsinteresse anschafft und trägt. Gleiches gilt für den Einwand des Klägers, die Anschaffung gebrauchter Motorradkleidung sei unüblich und unzumutbar. Abgesehen davon gibt es im Bereich von Motorradhelmen und -stiefeln gerade wegen der Haltbarkeit und der spezifischen Nutzung sehr wohl einen Markt für Gebrauchtware, der bedeutsamer sein dürfte, als der Markt für modische Alltagskleidung.

am 1. Juli 2017 um 10:39

Selbst wenn man dieser verirrten einzelnen Entscheidung folgen würde, wäre trotzdem eine pauschale Abhandlung mit 200 EUR nicht statthaft, weil sich Abnutzung und Wertverlust am Neupreis orientieren müssen. Und das ist mit einer pauschalen Abgeltung nicht ansatzweise erfüllt.

Dieser "Markt" für gebrauchte Schutzbekleidung findet sich nur leider nicht.

Gebrauchte Schutzbekleidung mit unbelegter Historie dürfte man zu Lasten des Schädigers gutachterlich auf Tauglichkeit für die vorgesehene Verwendung (Einhaltung der entpsrechenden Normen) prüfen lassen dürfen. Da bin ich auf eine zerstörungsfreie und gleichzeitig aussagekräftige Untersuchungsmethode gespannt, die in Fachkreisen auch anerkannt ist. Aber selbst dort wäre der Kostenaufwand höher als der Aufwand für Neuware.

Mitunter werden Urteile rechtskräftig, weil Versicherungen den Streit in einem bestimmten Stadium durch außergerichtliche Zahlung und Stillschweigensvereinbarungen "abkaufen" und Geschädigte meist mit der Erfüllung ihrer eigenen Interessen zufrieden sind und die Verbesserung der Weltlage nicht direkt im Vordergrund steht.

Mich würde interessieren, von welchen Teilen der Schutzausrüstung (Helm, Stiefel, Handschuhe, Jacke, Hose) wir reden, ob und wie die beschädigt wurden, ob alles nur sechs Monate alt ist und neu angeschafft wurde und was für die Teile jeweils tatsächlich bezahlt wurde.

Zitat:

@Mindscape schrieb am 1. Juli 2017 um 12:23:48 Uhr:

Und zu Vollständigkeit noch ein Beispiel zum Gegenteil:

OLG München, Urteil vom 07.05.2012, AZ 1 U 4489/11

Motorradkleidung (Helm/Stiefel) unterliegt zweifelsfrei wie jeder andere Gebrauchsgegenstand der Abnutzung bzw. einem Wertverlust, mögen sich diese Gegenstände auch durch eine längere Haltbarkeits- und Nutzungsdauer auszeichnen. Damit ist es gerechtfertigt, bei der Schadensberechnung einen Abzug „neu für alt“ vorzunehmen. Rechtlich unerheblich ist, ob der Motorradfahrer diese Kleidung aus eigenem Sicherungsinteresse anschafft und trägt. Gleiches gilt für den Einwand des Klägers, die Anschaffung gebrauchter Motorradkleidung sei unüblich und unzumutbar. Abgesehen davon gibt es im Bereich von Motorradhelmen und -stiefeln gerade wegen der Haltbarkeit und der spezifischen Nutzung sehr wohl einen Markt für Gebrauchtware, der bedeutsamer sein dürfte, als der Markt für modische Alltagskleidung.

Gut, daß das OLG München lernfähig ist:

OLG München, Urteil vom 26. Juni 2015 – 10 U 2581/13

Das OLG sprach dem verunfallten Motorradfahrer den Ersatz der bei dem Motorradunfall beschädigten Schutzkleidung ohne einen Abzug “Neu für alt” zu. Die Schutzkleidung dient nach Auffassung des OLG ausschließlich der Sicherheit, so dass eine Vermögensmehrung bei Neuanschaffung bei dem Geschädigten nicht eintritt und aus diesem Grund der im Bereich des Kleiderschadens übliche Abzug nicht vorgenommen werden darf.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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