Anzeige sinnvoll?

Hey Leute,

eigentlich will ich diese Frage gar nicht stellen und eigentlich möchte ich die ganze Angelegenheit am Liebsten komplett aus meinem Gedächtnis löschen - aber es lässt mich nicht los...

Am Montag Morgen bin ich ganz knapp einem Frontal-Crash entgangen. Auf einer Landstraße, die in diesem Bereich alles hat, das einem normal denkendem Menschen das Überholen komplett verbietet (Kuppe, Kurve, hohes Gras - NULL Sicht), kam mir ein Kamikaze-Pilot, der einen LKW überholte, auf meiner Spur entgegen - frei nach dem Motto "gestern kam da auch keiner"...

Ich war auch mit Tempo 100 unterwegs und habe dann eine Vollbremsung hingelegt und durfte einmal sämtliche Sicherheitsfeatures meines Autos live erleben - ABS, ESP, automatischer Warnblinker - ich habe bis zum Stillstand runtergebremst... und es hat gerade so gereicht... der Gegenverkehr hat wohl auch stark gebremst... in dem Moment habe ich gedacht "das war's jetzt, entweder es kracht oder du landest im Acker"...

Ich bin gerade komplett bedient und frage mich warum so viele Fahrer so komplett krank unterwegs sind...
Ich fahre jetzt seit fast 30 Jahren Auto - unfallfrei - aber was ich in den letzten 12 Monaten erleben musste (auf der AB abgeschossen worden, tödlichen Motorradunfall live miterlebt, und jetzt das hier) macht mir Angst und lässt mich jeglichen Spass am Autofahren verlieren. Obwohl ich früher immer gerne Auto gefahren bin und ich habe auch noch einen Oldtimer, mit dem ich auch immer gerne unterwegs war... aber irgendwie... es macht keinen Spaß mehr...

Sorry, ich schweife ab... Mir geht's ja eigentlich um das aktuelle Ereignis.
Ich habe von dem Vorfall ein Dashcam-Video. Da sieht das Ganze natürlich wieder nicht so dramatisch aus, wie ich es empfunden habe (wobei man die Details ja gut nach dem Video berechnen kann) - aber ich kann nach einer ersten Sichtung zumindest die Kennzeichen vom Überholer und auch von einigen Fahrzeugen auf der Gegenspur (mögliche Zeugen) rekonstruieren, denke ich.

Was meint ihr? Soll ich da was unternehmen? Macht das überhaupt Sinn hier Zeit und Energie in eine Anzeige zu investieren oder interessiert das sowieso keinen?

Auf der einen Seite möchte ich das alles möglichst schnell vergessen und hoffen, dass mir das nie wieder passiert... ich habe eigentlich gerade ganz andere Themen in meinem Leben, um die ich mich kümmern muss...
Auf der anderen Seite will ich nicht akzeptieren, dass diese "Idioten" immer damit durchkommen und weiterhin Menschen gefährden durch ihr Verhalten... und der Mist beschäftigt mich mehr, als mir lieb ist...

Am gleichen Tag auf dem Heimweg musste ich auch wieder eine knappe Überholsituation beobachten (der überholte LKW hat schon gehupt) und gestern gab es hier in der Gegend einen schweren Unfall, bei dem ein Überholer Scheisse gebaut hat und in Folge eine unschuldige Frau schwerst verletzt wurde...
Was stimmt denn nicht mit diesen Idioten???

OK, wieder zurück zu meiner Frage:
Was würdet ihr machen? Soll ich das anzeigen? Oder einfach vergessen und noch ein wenig defensiver fahren und hoffen, dass man diesen Irrsinn auf den Straßen irgendwie überlebt?

Viele Grüße
Matthias

101 Antworten

Zitat:

@Kipper1976 schrieb am 21. Juni 2024 um 07:25:14 Uhr:


Hat sich hier noch nie jemand verschätzt, warum wird im Straßenverkehr zu 99% immer Absicht unterstellt.

Selbst bei vollkommen waghalsigen Manövern, die mit einem tödlichen Unfall enden, würde ich keine Absicht unterstellen. Auch die Todesraser von Berlin (wegen Mordes verurteilt) haben glaubhaft versichert, sich nur verschätzt zu haben. Wer wird schon gerne zum Mörder?

Im Straßenverkehr gibt es einen riesigen Graubereich zwischen Vorsicht und Absicht - den der (groben) Fahrlässigkeit. Man missachtet einfach grundlegende Prinzipien der Sorgfalt, ersetzt defensive durch aggressive Fahrweise, Prinzip Hoffnung: "Wird schon nichts passieren." Oft passiert auch nichts. Davon habe ich aber nichts, wenn ich so jemandem begegne und das Glück hat diesmal besseres zu tun, als die Situation glimpflich ausgehen zu lassen.

Als Fußgänger würde man sich niemals so fahrlässig verhalten, erst der motorisierte Untersatz scheint die Sorge um das eigene Leben von der Wahrnehmung des Straßenverkehrs zu entkoppeln - als wäre das ganze nur ein Spiel und im schlimmsten Fall ist halt das Spielzeug pfutsch. War ja sowieso nicht meins, zahlt die Versicherung. Fußgänger oder Radfahrer tot? Pech gehabt, was fährt der auch gerade dort, wo ich die Sau rauslasse. Alkohol und Drogen scheinen ähnliche Wirkung zu haben wie ein spaßiges Fahrzeug.

Ich bin früher auch optimistischer gefahren und habe mich auch mal verschätzt, leider liegst Du da vollkommen richtig. Zum Glück haben die anderen gut aufgepasst. Eine Zurechtweisung durch die Behörden hätte mich bestimmt wachgerüttelt, schließlich hat ein Verkehrsunfall diese Aufgabe übernommen (Gott sei Dank nur Blechschaden!). Heute möchte ich zu denen gehören, die auf andere aufpassen, auch wenn diese es mir in diesem Moment nicht danken. Ich bin sogar dankbar für jeden, der 10km/h unter dem Limit bleibt - besser als drüber. Nimm Druck aus dem Straßenverkehr, anstatt weiteren hineinzuzwingen.

Ich glaube, der im Thread beschriebene Überholer ist kein schlechter Mensch und sich auch keiner Schuld bewusst. Jetzt muss er nur noch besser Auto fahren lernen. Da könnte die Anzeige helfen, selbst ohne Bestrafung.

Zitat:

@Glg11 schrieb am 21. Juni 2024 um 01:48:17 Uhr:


Ist doch schon mal etwas Wirkung. Besser als gar nix machen und jener merkbefreit so weiter macht.

Wie ich direkt danach schrieb ist das für mich leider zu kurz gedacht.
1. Wird der Fahrer auch genau das Gegenteil denken können, wenn er merkt, dass selbst bei dem Manöver das Verfahren wieder eingestellt wird. Manch einer sieht das dann eher als Freifahrtschein.
2. Es ist wie so oft nur zeitlich begrenzt.

Zitat:

@Glg11 schrieb am 21. Juni 2024 um 01:48:17 Uhr:


Verweis auf einige Internetseiten wie ADAC dürfte diese Fragen schnell klären.
Mit deinem IT Fachwissen doch kein Problem, oder?

Ich kann den Polizisten das alles aus dem Kopf erzählen, ein großes Problem ist das nicht. Was ich damit viel eher sagen möchte ist: Die Polizisten wissen selbst nicht, damit umzugehen. Wie in meinem Beispiel mit dem Kleinstunfall genannt ist das Video nie bei der zuständigen Autobahnpolizei gelandet, weil sie bis zum Ende nicht wussten, wie sie mein Video überhaupt annehmen sollten und ob das alles so richtig ist. Es gab in den ganzen Dashcamvideos schon Beispiele (ich glaube es war bei Eure Videos), wo ein Unfallopfer seine Dashcamvideos als Beweis eingereicht hat und später eine Anzeige zurück bekam. Was draus geworden ist, wurde nicht gesagt. Sollte es wirklich einen Unfall geben, wäre mir diese Anzeige mit irgendeinem Bußgeld von grob 150€ auch vollkommen egal. Solang aber nichts passiert ist, ist es nur ein zusätzlicher Aspekt, der mich ebenfalls zu dem Fazit führt, hier keine Anzeige zu erstatten. Der Hauptgrund bleibt aber ganz klar, dass das Verfahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sowieso eingestellt wird.

Zitat:

@TechnikSpezi schrieb am 21. Juni 2024 um 00:07:15 Uhr:


Klare Antwort: Nein, eine Anzeige ist nicht sinnvoll. Schon gar nicht, wenn man den Fahrer nicht beschreiben kann.

Und da liegst Du grundfalsch: Das mag beim ersten Mal Buch so sein. Aber sobald mehrere unabhängige Anzeigen erstattet werden, wird der Halter Probleme bekommen.

Zitat:

@Beethoven schrieb am 21. Juni 2024 um 09:18:07 Uhr:


Auch die Todesraser von Berlin (wegen Mordes verurteilt) haben glaubhaft versichert, sich nur verschätzt zu haben. Wer wird schon gerne zum Mörder?

Du vergleichst die Motivlage, mit bis zu 160 km/h durch Berlins Zentrum zu rasen mit der eines Augenblickversagens im Rahmen eines (hochriskanten) Überholmanövers?

Bewahre Dir bitte Deinen Humor 😉

Damit kein Missverständnis aufkommt: auch ich halte es für den richtigen Schritt, das Erlebte zur polizeil. Anzeige gebracht zu haben.

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Schon gar nicht, wenn man den Fahrer nicht beschreiben kann.

Wie ich (weit) oben schon schrieb, kann es sehr wohl sein, daß der Täter identifiziert wird durch die anderen Fahrer, die er zuvor evtl schon bedrängt oder riskant überholt hat. Somit wäre auch das Augeblicksversagen widerlegt.

Am Verkehr teilzunehmen funktioniert ausschließlich mit vorausdenkender Rücksichtnahme.
Grobe Fehlverhalten sind nicht mit vermeintlich glaubwürdigen Verschätzungen zu entschuldigen.

Sorry Herr Richter, ich wollte ihn doch nicht absichtlich erschiessen - habe mich beim Betätigen der Waffe nur ein wenig „verschätzt“ …😎

Ich wurde mal von einem Jungspund auf der Autobahn bedrängt, dann überholt, geschnitten und dann noch fast bis zum Stillstand ausgebremst.

Natürlich sofort angezeigt.

Anscheinend wollte dessen Papa/Opa? die Schuld auf sich nehmen. Mein Auftritt vor Gericht hat keine 3 Minuten gedauert, ich wurde hereingebeten und der Richter fragte nur "war es dieser ältere Herr?" Und ich sagte "garantiert nicht".

Dann konnte ich wieder gehen und meine Reisekosten abholen.

(soviel nur zum Thema: "laß es, Anzeige bringt eh nichts, der streitet einfach alles ab"😉

Zitat:

@Rigero schrieb am 21. Juni 2024 um 10:11:22 Uhr:



Zitat:

@Beethoven schrieb am 21. Juni 2024 um 09:18:07 Uhr:


Auch die Todesraser von Berlin (wegen Mordes verurteilt) haben glaubhaft versichert, sich nur verschätzt zu haben. Wer wird schon gerne zum Mörder?

Du vergleichst die Motivlage, mit bis zu 160 km/h durch Berlins Zentrum zu rasen mit der eines Augenblickversagens im Rahmen eines (hochriskanten) Überholmanövers?

Keineswegs. Ich habe lediglich darauf verwiesen, dass selbst bei viel krasserem Fehlverhalten eine böse Absicht nicht nachgewiesen wurde und auch nicht nachgewiesen werden musste, um einen Unfall als schwere Straftat einzustufen. Es gibt zu den Berlinrasern einige interessante Dokumentationen, die ich sehr empfehlen kann, weil sie die Motivlage detailliert beschreiben. Mit den beiden Fahrern ist der Verstand durchgegangen, sie haben sich auf den Gedanken des spontanen Rennsieges so sehr fokussiert, dass sie jeden Gedanken an das Verkehrsgeschehen und mögliche Konsequenzen völlig ausgeblendet haben. Konsequenz war ein Todesopfer. Ohne dieses wäre der Fall wahrscheinlich nie so prominent geworden.

Wenn man täglich im Straßenverkehr unterwegs ist, weiß man leider wenig über die Motive der anderen Verkehrsteilnehmer. Hoffentlich wollen sie alle nur sicher und ohne Gefährdung anderer an ihr Ziel kommen. Die Fahrweise einiger Leute lässt aber leider den Rückschluss zu, dass auch andere Motive eine Rolle spielen und dass die abstrakte Gefährdung anderer dabei bewusst oder unterbewusst in Kauf genommen wird. Überhöhte Geschwindigkeit, unsichere Überholmanöver und das Ausreizen von Grenzen sind Beispiele dafür.

Eine Anhörung durch die Staatsanwaltschaft könnte solche Leute auf den Boden der StVO zurückholen, bevor es Opfer gibt.

Zitat:

@Kipper1976 schrieb am 21. Juni 2024 um 07:25:14 Uhr:



Hat sich hier noch nie jemand verschätzt, warum wird im Straßenverkehr zu 99% immer Absicht unterstellt.

Das war bestimmt keine Absicht. Aber der Fahrer hat Mist gebaut, weil er die Regeln beim Überholen nicht beachtet hat. Dafür hat er gerade zu stehen.

Sorry, was entwickelt sich denn hier für eine abstruse Dskussion über die "Motivlage" des Rasers? Sollte man vielleicht noch diskutieren ob er eine schwere Kindheit hatte?

Täter-Opfer-Umkehr?

Ich verstehe auch nicht, in wie fern Absicht hier ne Rolle spielt

kann wohl auch zu, die Anzeige wurde ja erstattet.

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