6 Monate Regel nach Haftpflicht Schaden
Hallo,
wir haben einen Schaden an einem Fahrzeug, welcher theoretisch einen wirtschaftlichen Totalschaden darstellt. Da es aber nur Plaste und ein leichter Blechschaden ist, möchten wir das kostengünstig in Stand setzen. Die Möglichkeiten haben wir über befreundete Lacker etc.
Nun meine Frage. Da es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden handelt, hat mir dir gegnerische Partei bzw. die Versicherung, lediglich den Wiederbeschaffungswert - Restwert überweisen. Der liegt unterhalb der Reparaturkosten. Bei einer fiktiven Abrechnung hat man ja theoretisch das Recht auf diese. Somit ergibt sich derzeit eine Differenz von ca. 1.000€.
Mir wurde nun erklärt, dass Differenz erst erstattet wird, wenn das Auto weiterhin 6 Monate in unserem Besitz bleibt und im verkehrstauglichen Zustand ist. Aber wer und wie wird nachgewiesen? Und sind das wirklich die einzigen Voraussetzungen?
Ich verstehe diese ganze Regel nicht so ganz und wir haben etwas Sorge, dass wir nach einem halben Jahr auf dem Geld sitzen bleiben.
Vielleicht kann mir das einer für "Dummies" erklären? Ich finde das alles etwas absurd. Ein entstandener Schaden ist dem Geschädigten ja grundsätzlich erstmal zu ersetzen. Dieser ist beziffert. Ich verstehe nicht, was diese 6-Monats Hürde soll.
Danke und viele Grüße :-)
53 Antworten
Also. Der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeuges beläuft sich auf ca. 11.500€ netto. Die Reparaturkosten betragen laut Gutachten ca. 7.500€ netto. Der Restwert beträgt ca. 5.600€. Das natürlich brutto, als Angebot aus der Restwertbörse. Tatsächlich ist das Fahrzeug nur optisch beschädigt und komplett verkehrstauglich.
Das Fahrzeug soll weitergefahren werden. Die Abrechnung soll fiktiv erfolgen.
Ich werfe mal ganz blauäugig in den Raum, daß Du von der Versicherung nur das nachträglich an Reparaturkosten bekommen kannst, was Du tatsächlich an Kosten belegen kannst.
Mit Werkstatt Rechnungen oder Teile Einkaufs Rechnungen oder evtl. noch unabhängig bezeugte und belegte Eigenleistungen.
Wenn Du billiger als die im Gutachten 7500 € netto Rep.kosten das Auto wieder instandgesetzt hast, was willst Du da dann noch bekommen und warum?
Edit: Evtl. gibt es eine Möglichkeit, wenn Du belegen kannst, daß die 7500 € Netto aus der fiktiven Abrechnung nicht ausgereicht haben und Du sach und fachgerecht repariert hast.
Trifft aber bei Dir ja nicht zu, oder?
Außerdem hast Du bereits der fiktiven Abrechnung zugestimmt, ob das nachträglich wieder zu ändern ist, scheint mir fraglich.
D.h.: Er könnte noch ca.4000 € von der Versicherung verlangen? Die vollen 11500 - WBW ?
Unter der Annahme natürlich, dass diese bisher lediglich die 7500.- Netto Reparaturkosten gezahlt hat.
Ähnliche Themen
Zitat:
@Pauliese schrieb am 24. Juni 2023 um 10:27:00 Uhr:
D.h.: Er könnte noch ca.4000 € von der Versicherung verlangen? Die vollen 11500 - WBW ?
Unter der Annahme natürlich, dass diese bisher lediglich die 7500.- Netto Reparaturkosten gezahlt hat.
Der Versicherer hat eben nicht die Netto Reparaturkosten bezahlt, sondern lediglich Wiederbeschaffunsgwert - Restwert. Also eine Differenz im vierstelligen Betrag.
Ich hab übrigens vorher die fiktive Abrechnung angefragt. Mir wurde mitgeteilt, dass man den Schaden fiktiv abrechnen kann. Die fiktive Abrechnung ist juristisch geregelt: man erhält die Netto Reparaturkosten. Davon war ich ausgegangen. Ausgezahlt wurde lediglich der Wiederbeschaffungsaufwand. So nennt sich die besagte Differenz zwischen WBW und RW
so ist das "Juristisch" geregelt:
Das 4 Stufenmodell des BGH
Um die Frage nach der im Einzelfall zulässigen Abrechnungsvariante zu beantworten, sind stets die Bruttowerte der Reparaturkosten zuzüglich merkantilem Minderwert dem Wiederbeschaffungswert bzw. dem Wiederbeschaffungsaufwand (= Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) gegenüberzustellen. Die Nettowerte sind lediglich dann in Ansatz zu bringen, wenn der Geschädigte zum Vorsteuerabzug berechtigt ist.
Grundsätzlich kann der Geschädigte auf den geringeren Wiederbeschaffungsaufwand verwiesen werden. Wenn jedoch ein besonderes „Integritätsinteresse“ vorliegt, greifen zugunsten des Geschädigten verschiedene Ausnahmen, welche nachfolgend im Rahmen der vom BGH entwickelten vier „Fallgruppen“ dargestellt werden:
Erste Stufe:
Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungsaufwand
Liegen die Reparaturkosten unter dem Wiederbeschaffungsaufwand, hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz der Reparaturkosten (vgl. BGH, Urteil vom 15.10.1991, AZ: VI ZR 67/91). Die Mehrwertsteuer wird ersetzt, sofern sie angefallen ist.
Zweite Stufe:
Reparaturkosten zwischen Wiederbeschaffungsaufwand und Wiederbeschaffungswert
1) Fiktive Abrechnung bei Weiternutzung
Der Geschädigte hat Anspruch auf die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten ohne Abzug des Restwertes, wenn er das Fahrzeug tatsächlich verkehrssicher reparieren lässt und mindestens sechs Monate weiter nutzt, wobei die Qualität der Reparatur keine Rolle spielt (BGH, Urteile vom 29.04.2003, AZ: VI ZR 393/02; vom 23.05.2006, AZ: VI ZR 192/05 und vom 29.04.2008, AZ: VI ZR 220/07).
2) Fiktive Abrechnung bei Weiterveräußerung
Der Geschädigte erhält den Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert, da durch die Veräußerung des Fahrzeugs der Restwert in entsprechender Höhe ausgeglichen wurde (vgl. BGH, Urteil vom 07.06.2005, AZ: VI ZR 192/04).
3) Konkrete Abrechnung
Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug vollständig reparieren, erhält er die Reparaturkosten (brutto) erstattet, ohne dass es auf die Weiternutzung des Fahrzeugs ankommt (BGH, Urteil vom 23.11.2010, AZ: VI ZR 35/10).
Dritte Stufe:
Reparaturkosten zuzüglich Wertminderung bis 130 % des Wiederbeschaffungswertes
1) Grundsatz
Der Geschädigte kann Reparaturkosten, die zuzüglich einer etwaigen merkantilen Wertminderung bis zu 30 % über dem Wiederbeschaffungswert liegen, nur verlangen, wenn er sein Fahrzeug vollständig (in einem Umfang, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Schadenschätzung gemacht hat) und fachgerecht reparieren lässt (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2005, AZ: VI ZR 70/04) und er das Fahrzeug mindestens sechs Monate weiter nutzt. Anderenfalls ist der Anspruch auf den Wiederbeschaffungsaufwand beschränkt (vgl. BGH, Urteil vom 15.02.2005, AZ: VI ZR 172/04).
2) Werkstatt- und Prognoserisiko
Entscheidend ist die Prognose im Gutachten eines Kfz-Sachverständigen. Der Reparaturauftrag darf erteilt werden, wenn die prognostizierten Reparaturkosten unter 130 % liegen. Liegen dann die tatsächlichen Reparaturkosten unfallbedingt höher, trägt der Versicherer grundsätzlich das Prognoserisiko. Bei Kostenvoranschlägen trägt das Prognoserisiko allerdings der Reparaturbetrieb.
3) Reparatur mit Gebrauchtteilen
Im Einzelfall ist eine Reparatur mit Gebrauchtteilen zulässig, wenn dies zu einer fachgerechten und den Vorgaben des Gutachtens entsprechenden Wiederherstellung führt (vgl. BGH, Urteile vom 02.06.2015, AZ: VI ZR 387/14 und vom 14.12.2010, AZ: VI ZR 231/09). Entspricht die Reparatur jedoch nicht den Vorgaben des Gutachtens, ist nur der Wiederbeschaffungsaufwand zu erstatten, daher empfiehlt sich stets eine Alternativ-Kalkulation durch den Sachverständigen.
4) Rabatte unzulässig
Werden vom Reparaturbetrieb nicht näher begründete Rabatte eingeräumt, wird dies von der Rechtsprechung nicht anerkannt (vgl. BGH, Urteil vom 08.02.2011, AZ: VI ZR 79/10).
Vierte Stufe:
Reparaturkosten über 130 % des Wiederbeschaffungswertes
1) Grundsatz
Liegen die im Gutachten kalkulierten Kosten der Reparatur eines Fahrzeugs mehr als 30 % über dem Wiederbeschaffungswert, so ist die Instandsetzung in aller Regel wirtschaftlich unvernünftig. Lässt der Geschädigte sein Fahrzeug dennoch reparieren, so können die Kosten nicht in einen wirtschaftlich vernünftigen Teil (bis 130 % des Wiederbeschaffungswertes) und einen vom Geschädigten selbst zu tragenden wirtschaftlich unvernünftigen Teil aufgespalten werden. In diesem Fall hat der Geschädigte nur Anspruch in Höhe des Wiederbeschaffungsaufwandes im Rahmen der Totalschadenabrechnung (vgl. BGH, Urteile vom 15.10.1991, AZ: VI ZR 67/91 und vom 08.12.2009, AZ: VI ZR 119/09).
2) Bei Kostenunterschreitung
Hier kommt es auf den konkreten Grund für die Reduzierung der Reparaturkosten (inkl. etwaiger Wertminderung) auf unter 130 % des Wiederbeschaffungswertes an. Unter der Voraussetzung, dass die Reparatur des Fahrzeuges fachgerecht und vollständig durchgeführt wurde, dürfte eine Kostenreduzierung aufgrund objektiver Umstände zulässig sein. Hierzu zählen z.B. niedrigere Stundenverrechnungssätze in einer anderen Region oder in einer freien Werkstatt, anerkannte Instandsetzungsalternativen, zeitwertgerechte Reparatur mit Gebrauchtteilen (Achtung: über diese Konstellationen wurden vom BGH bislang noch nicht konkret entschieden, hier sollte im Vorfeld eine Alternativkalkulation des Gutachters eingeholt werden). Unzulässig sind jedenfalls Pauschalpreisvereinbarungen, Sonderkonditionen, pauschale Preisnachlässe, ein vom Gutachten abweichender Reparaturweg etc.
Praxistipp
Liegen die kalkulierten Reparaturkosten beispielsweise unter Verwendung des Stundenverrechnungssatzes einer fabrikatsgebundenen Werkstatt und bei Verwendung von Neuteilen oberhalb der 130 %-Grenze und beabsichtigt der Geschädigte gleichwohl eine Reparatur des Fahrzeuges, sollte er immer durch den Sachverständigen prüfen lassen, ob bei Verwendung gebrauchter Teile die Reparatur im Rahmen der 130 %-Grenze möglich ist. Der Sachverständige sollte in diesen Fällen eine verbindliche Alternativkalkulation fertigen.
Wir liegen ja dann quasi hier:
Zweite Stufe:
Reparaturkosten zwischen Wiederbeschaffungsaufwand und Wiederbeschaffungswert
1) Fiktive Abrechnung bei Weiternutzung
Der Geschädigte hat Anspruch auf die vom Sachverständigen geschätzten Reparaturkosten ohne Abzug des Restwertes, wenn er das Fahrzeug tatsächlich verkehrssicher reparieren lässt und mindestens sechs Monate weiter nutzt, wobei die Qualität der Reparatur keine Rolle spielt (BGH, Urteile vom 29.04.2003, AZ: VI ZR 393/02; vom 23.05.2006, AZ: VI ZR 192/05 und vom 29.04.2008, AZ: VI ZR 220/07).
In meinem Fall wäre ein Reparatur theoretisch gar nicht nötig. Das Auto ist verkehrssicher.
Aber nach dem letzten Punkt von Delles Liste , Vierte Stufe, 1.Grundsatz, hätte ich dann doch zurecht bei meinem WTS von 2017 nur den WBA bekommen (waren in meinem Fall 1600 €) und es gab keinen Anspruch auf Auszahlung der 900 € Restwert nach 6 Monaten, aufgrund der Weiternutzung, an mich?
Puh, was gilt da jetzt? Soll sich noch einer auskennen.
Zitat:
@Dellenzaehler schrieb am 24. Juni 2023 um 11:54:12 Uhr:
wenn das wirklich so ist..
Wenn was wirklich so ist?