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Von einem der auszog.....

...die Welt zu verwirren

Tue Aug 25 12:41:57 CEST 2020    |    inoculator    |    Kommentare (0)

Mit einem P0420 konfrontiert zu sein, kann sehr frustrierend sein.

Vor allem dann, wenn man keinen Leitfaden findet, wie man die Fehleranalyse betreiben kann oder sollte.

Da die Ursachen sehr unterschiedliche sein können, ist es aber sehr wichtig, die exakte Reihenfolge einzuhalten, da es am Ende sehr teuer werden kann, macht man falsche oder überflüssige Schritte.

Ich biete hier einen Workflow und Entscheidungsbaum an, basierend auf eigener Erfahrung und fachlichen Gesprächen.

Der Entscheidungsbaum bezieht sich nicht auf ein spezielles Fahrzeug, sondern gilt abstrakt für alle Fahrzeuge. Bei Fahrzeugen mit mehr als einer KAT Bank, entsprechend adaptieren.

Ich gehe Streckenweise davon aus, daß der Leser Laie ist und die Funktionen der Bauteile nicht zwingend kennt.

 

Ausgangssituation:

Ihr fahrt da so gemütliche mit euren Fahrzeug durch die Lande, laßt den Wind und die Sonne durchs Haar streichen und plötzlich macht es (je nach FZ Model) "pling" im Amaturenbrett und diese nervige orange Leuchte mit dem Motor geht an.

 

Erste Regel: "Don't Panik!". Bier und Handtuch nehmen.

Fehler auslesen.

Hier gibt es zwei Möglichkeiten:

A: Der Fehler p0420 steht NICHT alleine im Speicher.

Vor allem wenn Gemischfehler, wie z.Bsp P0170 mit hochkommen, kann man den KAT erst einmal außen vor lassen. Hier zunächst nur die anderen Fehler betrachten und von dort heranarbeiten.

Der Entscheidungsbaum endet in diesem Fall hier.

 

B: Der Fehler p0420 steht alleine im Speicher. Manchmal auch doppelt.

Der erste Schritt geht zur AU. Fahre die Werkstatt deines Vertrauens an und lasse einen Abgastest machen. Hierbei geht es darum, zu schauen, ob der KAT tatsächlich Probleme hat oder es sich um einen "False Alert" handelt.

Hierzu nun ein wenig Hintergrund:

Was bedeutet so ein p0420 eigentlich?

Die Abgasanlage besteht aus zwei sog. Lambda Sonden und dem Katalysator. Manche Autos haben dabei einen sog. "Vor-KAT" und einen "Haupt-KAT" pro Bank. Mehrreihige Motoren (6 oder mehr Zylinder) können auch mehrere "Bänke" haben, die jeweils eigene Sonden und Katalysatoren haben.

Wir betrachten hier immer eine zusammenhängende "Bank".

Die Lambdasonden teilen sich in die Regelsonde vor dem Kat und der Diagnosesonde nach dem Kat auf.

Die Regelsonde wird vom Motorsteuergerät verwendet, um das Gemisch zu "regeln".

Die Diagnosesonde meldet dem MTSG die Abgase nach dem Katalysator.

Aber was messen diese Sonden eigentlich?

Tatsächlich können diese Sonden gar keine "Abgase" messen, sondern nur die Differenz zwischen zwei Sauerstoffmengen. Explizit die Differenz zwischen dem Sauerstoffanteil der Umgebungsluft und dem Sauerstoffanteil an der Messpitze, also im Auspuff.

Aus dem Wert kann man also nur sagen, wie viel mehr oder weniger Sauerstoff im Abgas ist, als zum gleichen Zeitpunkt in der Umgebungsluft, es sagt aber nicht aus, wie viel Sauerstoff tatsächlich vorhanden ist.

Was macht nun das MSTG mit diesen Differenzen?

Zunächst hat so ein MSTG eine feste Annahme verbaut. Nämlich die Tatsache, daß wir davon ausgehen, daß in der Umgebungsluft einer bestimmten Region immer ein bestimmter Sauerstoffanteil vorhanden ist. Bei uns liegt der so bei 20 bis 21 vol-%.

"Volumen Prozent" ist hier wichtig, da es nicht um die Sauerstoffmoleküle in der Anzahl geht, sondern um den Anteil in einem bestimmten gedachten Raummenge bei bestimmten Druck und Temperaturverhältnissen.

Ausgehend davon, wird dem Programm mitgegeben, wie sich der Sauerstoffanteil bei Temperaturschwankungen verhält.

Das MSTG bekommt nun über verschiedene Sonden VOR dem Motor, die Temperatur und die Menge der angesaugten Luft gemeldet.

Dabei ist es egal, ob wir von einem klassischen "Sauger", einem "Kompressor" oder einem "Turbo" Motor sprechen.

Daraus errechnet das MSTG die Menge an Kraftstoff, welche sie der Luft hinzugeben muss, um eine optimale Verbrennung und somit Leistungsausnutzung zu erreichen. Dieses "Optimum" wird auch als "Lambda 1" betitelt, und sagt nichts anderes aus, daß für jedes Kraftstoffmolekül die exakte Gegenmenge an Sauerstoff zur Verfügung steht.

Nach der Verbrennung streift das Abgas nun die Regelsonde.

Hier wird nun gemessen, wieviel Restsauerstoff im Abgas vorhanden ist.

Und hier beginnt bereits die Problematik.

Wenn wir davon ausgehen, daß für jedes Kraftstoffmolekül die genau benötigte Sauerstoffmenge vorhanden ist, dann wäre es doch logisch, daß nach der Verbrennung der Sauerstoffanteil "null" ist.

Nun wissen wir aber, daß der Motor auch prüfen kann, ob das Gemisch "zu fett" ist -also mehr Kraftstoff als Sauerstoff zugegeben wird. Wie will er das aber wiederum prüfen, wenn er doch bei optimaler Verbrennung schon keinen Sauerstoff mehr im Abgas hat?

Kann er nicht! Also darf ein Motor nicht auf "Lamda 1" laufen, sondern muss immer minimal zu mager sein, oder in Werten: Lamda 1,020.

Schauen sie mal auf ihre Abgasprüfung. Sie werden feststellen, daß der Lambdawert dort mit der Toleranz 0,970 zu 1,020 vorgegeben wird (oder Näherungswerte, je nach Fahrzeugtyp). Das liegt daran, weil die Anlage für die Abgasuntersuchung auch den Restkraftstoff messen kann und damit den "echten" Lamdawert sieht.

Wir stellen also fest: Ein gut eingestellter Motor hat immer etwas Restsauerstoff im Abgas, damit die Lambdasonden funktionieren. Das wird gleich beim KAT wieder zu einem Problem.

Das MSTG bekommt also den ersten Sauerstoffwert von der Regelsonde.

Was passiert nun im KAT?

Die komplexe Reduktionskette kann man sich im Wikipedia antun. Im Grunde ist hier wichtig, daß bestimmte Stoffe so aufgespalten und wieder verbunden werden, daß am Ende zusätzlich Sauerstoff und Wasser aus dem Auspuff kommen. Nebenprodukte sind CO2 und die bösen Stickoxide (Nx).

Bei den Stickoxiden stößt man nun wieder auf etwas, was bestimmte Dinge in Frage stellt:

Wenn das Gemisch über Lamda 1 gefahren wird (mager), dann fehlt dem Kat Kohlenstoff (Benzin) um die Stickoxide zu reduzieren. Und hier sind wir dann mitten in der Debatte angekommen, warum das mit den Abgasen und der Umweltbelastung so kompliziert ist und soll hier nicht unser Thema sein.

Wichtig war hier für unsere Betrachtung, daß nach dem Katalysator zusätzlich Sauerstoff im Abgas vorhanden ist.

Und diese Menge kann man -da der KAT ja baulich dem MSTG bekannt ist, berechnen.

Fassen wir zusammen:

Die Regelsonde gibt uns eine Sauerstoffdifferenz zur Umgebungsluft im Abgas nach der Verbrennung bekannt, wobei der Sauerstoffgehalt im Abgas größer "0" sein muss.

Die Diagnosesonde gibt uns eine Sauerstoffdifferenz zur Umgebungsluft nach der Reduktion durch den Kat bekannt.

Wir kennen die absolute Reinigungsleistung des KAT durch seinen Bautyp.

Also können wir nun durch die Abweichung der Differenz zwischen Regelsonde und Diagnosesonde auf die Funktion des KAT schließen.

Grundsätzlich muss die Differenz einen "NEGATIVEN" Wert haben.

Da nach dem Kat mehr Sauerstoff im Abgas sein muss, muss die Differenz zur Umgebungsluft kleiner sein, als vor dem Kat.

Das MSTG geht nun davon aus, daß eine 100% Funktion vorliegt, wenn die Differenz in einem bestimmten Verhältnis zum vor der Verbrennung berechneten Gemisch steht.

Sinkt nun die Sauerstoffmenge nach dem Kat soweit, daß der vom MSTG berechnete Wert unter 95% sinkt, so wird ein p0420 ausgelöst.

 

Das war jetzt viel Stoff für eine kleine Fehlermeldung. Es ist aber wichtig, zu verstehen, was da eigentlich angezeigt wird, um die nachfolgenden Schritte zu verstehen.

 

Wir stehen also in der Werkstatt und schauen auf das Messgerät der Abgasuntersuchung.

In der Grundeinstellung bekommen wir die Werte CO2 Anteil und Lambda.

Merke:

Lambda >1 wenig Kraftstoff, viel Sauerstoff

Lambda <1 viel Kraftstoff, wenig Sauerstoff

Der Lambdawert sollte immer minimal über 1 sein. Der Maximalwert liegt so bei 1,020 je nach Motor.

Wenn die Anzeige für den Restkraftstoff ("HC") auf der Anzeige sichtbar ist, um so besser.

 

Jetzt kommt die erste "echte" Diagnose. Nochmal wichtig: Wir gehen davon aus, daß nur der P0420 im Speicher ist und kein anderer Fehler.

Ist der Lambdawert dauerhaft unter 1 liegt ein Fehler im Regelkreis vor.

Dem MSTG wird von der Regelsonde ein zu hoher Sauerstoffanteil im Abgas gemeldet. Die Ursache hierfür ist meistens, daß die Zufuhr an Umgebungsluft in der Sonde defekt ist, so daß der Referenzwert zu klein ist und somit die Menge im Abgas höher angenommen wird, als tatsächlich vorliegt. Die noch funktionierende Diagnosesonde meldet dagegen korrekte Werte, die jedoch wegen des zu fetten Gemisch zu wenig Sauerstoff beinhaltet. Der Wirkungsgrad des Kat wird damit zu niedrig berechnet.

Solange jedoch beide Sonden noch innerhalb ihrer Toleranzen laufen, kann die Diagnoseeinheit des MSTG das nicht erkennen, und nimmt an, daß die Sonden korrekt arbeiten.

Neben dem kleinen Lambdawert kann ein erhöhter HC Wert (unverbrannter Kraftstoff) angezeigt werden.

Der CO2 Wert kann dagegen völlig in Ordnung sein, da der KAT noch funktioniert.

 

Zunächst die Regelsonde auf offensichtliche Verschmutzungen prüfen. An der Pressung sind meistens kleine Löcher, welche für die Zufuhr der Umgebungsluft sind. Wenn diese verdreckt sind, kann die Sonde die Referenzluft nicht ordentlich messen.

Mit Druckluft und einem weichen Reiniger (Spülmittel) die Verschmutzung beseitigen. Sollte Dreck bis in die Kanäle vorgedrungen sein, wird es schwieriger.

Bevor man einen neue Regelsonde nun kauft, empfehle ich, sich mal nach einer gebrauchten Sonde umzuschauen. Die Sonden sind solider als man glaubt und solange da keiner mit dem Hammer drauf rumdengelt können die verdammt viel ab.

Wenn die Abgaswerte mit der Testsonde sich erwartungsgemäß verbessern, kann man immer noch eine neue Sonde kaufen.

 

Nächste Möglichkeit:

Alle Werte auf dem AU Tester sind in Ordnung.

Lamda >1

HC minimal, bis nicht vorhanden

CO2 in Ordnung (<0,200 je nach Abgasklasse)

 

Hier kann man sich der Diagnosesonde zuwenden.

Diese meldet offensichtlich weniger Sauerstoff im Abgas, als vorhanden.

Auf dem Diagnosegerät mal schauen, ob der "Restsauerstoff" angezeigt wird.

Ist der auch >0 gilt auch bei der Diagnosesonde: Mal nach einer Gebrauchten umschauen, bevor man eine neue kauft.

 

vorletzter Fall:

Lamda >1 und im Grenzbereich

HC minimal bis nicht vorhanden

CO2 Werte über den zulässigen Bereichen.

Restsauerstoff unter Minimum

 

Da schreit der KAT. Hier kann man sagen, daß MSTG meldet korrekt.

Nun aber nicht gleich in den Laden rennen und einen neuen KAT kaufen.

Kat ausbauen und optisch begutachten.

Schaut man auf eine ordentliche Wabenstruktur und kann man keine offensichtlich mechanische Beeinträchtigung sehen, wie beispielsweise "Da ist gar keine Wabe mehr drin!" oder "Wenn ich Brötchen backe, sehen die auch so schwarz und verklumpt aus" könnte der KAT noch zu retten sein.

Der KAT besteht aus recht soliden Materialien und auch die "aktiven" Beschichtungen aus Rhodium oder Platinum sind im kalten Zustand sehr reaktionsstabil.

Auf keinen Fall mit "scharfen" und"säurehaltigen" Mitteln da rangehen (aka Bremsenreiniger)

Was aber geht ist "Lauge" -nein, nicht gleich zum Seifenspender greifen, etwas "härter" darf es schon sein.

Natriumhydroxid oder landläufig Natronlauge. Die Hausfrau kennt es als "Abflussreiniger", der Bayer als Laugenbrezel zum Bier.

Die scharfe Variante bekommt man in der Apotheke oder im einschlägigen Fachhandel.

Aber Achtung:

SICHERHEITSHINWEISE ZUM UMGANG MIT LAUGEN BEACHTEN.

Handschuhe und Augenschutz ist Pflicht.

1200gr Natriumhydroxid in etwa 4 Liter destiliertem Wasser auflösen, und den Katalysator etwa 24 bis 48h darin stehen lassen. Je nach Bauform des Kat-Rohres muss man mit dem Behälter ein wenig tricksen. Im einfachsten Fall kann man den Kat kopfüber in einen Putzeimer stellen.

Danach den Kat mit lauwarmen Wasser gründlich ausspülen.

Zweck dieser Sache ist es, ölige Verschlammungen in der Oberfläche des Kat zu lösen. Die Lauge reduziert die Benzin-Öl-Verschmutzung zu "Seife".

Die Reste der Lauge bitte nicht in den Abfluss entsorgen, sondern zur Sondermüllsammelstelle bringen.

Nach der Behandlung und Reinigung vorsichtig prüfen, ob der Katalysatoreinsatz noch feste im Rohr sitzt. Sollte er bei der Prozedur sich aus der Verpressung, bzw. Verklebung gelöst haben, sollte man ihn so nicht wieder einbauen.

Hier muss man einen hochtemperaturfesten Mehrkomponentenkleber verwenden, der im heißflüssigen Zustand zwischen Rohr und Wabenblock eingeträufelt wird -nicht in die Waben versteht sich.

Er sollte mindestens 1000°C halten (Ofenbau) und im ausgehärteten Zustand flexibel sein. Hier den einschlägigen Fachhandel zu Rate ziehen, da sich die Produkte sehr schnell entwickeln.

Das Lösen des Katalysator durch die Behandlung mit der Lauge ist nicht im zwingenden Zusammenhang. Es kann durch andere Beeinträchtigungen sein, daß der Kat schon vorher lose war und durch die Verschlammung scheinbar feste saß. Nach dem Reinigen fehlen diese Verschlammungen und der Kat erscheint, als hätte er sich gelöst.

Diese Möglichkeit ist allerdings selten, da dann meistens auch mechanisch sichtbare Schäden am Katalyt auftreten (Risse und Abplatzungen).

Wer sich die o.g. Prozedur nicht zutraut, der kann den Kat auch zum Reinigen geben. Einschlägige Suchen im Internet führen zu passenden Ergebnissen.

 

Hat man den KAT gereinigt kann man ihn wieder an seinen Platz bringen.

Sollten sich die Werte nicht dramatisch verbessert haben, so war der Kat in der Wabe bereits geschädigt. Hier hilft dann wirklich nur ein Neuer.

 

Bevor man nun aber den Kat einbaut und sorglos den Wind wieder in die Haare läßt, sollte man dringend nach der Ursache für die Verschmutzung suchen.

Da das MSTG keine anderen Fehler gemeldet hat, bleibt als wahrscheinlichste Ursache, daß Motorenöl ins Abgas kommt.

Unbedingt den Ölverbrauch prüfen und am Besten mit dem Endoskop die Brennkammern prüfen. Sind hier starke Verschmutzungen zu sehen oder bläßt der Wagen offensichtlich bläulich aus dem Auspuff, liegt ein tiefer gehender Schaden vor, der separat behandelt werden muss.

 

Hat man einen niegelnagelneuen Kat gekauft und war die AU danach ohne Beanstandung, kann es sein, daß der Fehler P0420 nach kurzer Zeit dennoch wieder auftritt.

Es ist durchaus möglich, daß die Lambdasonden durch die eigene Alterung nun nicht mehr an dem neuen Kat funktionieren. Das ist ein wenig irritierend aber durchaus möglich.

In diesem Fall empfehle ich -soweit andere Fehler ausgeschlossen wurden, zuerst die Regelsonde und dann die Diagnosesonde zu tauschen.

 

Letzter Fall:

Abgase in Ordnung, Sonden in Ordnung.

Ausgehend davon, daß alle anderen Fehler ausgeschlossen wurden, ist es möglich, daß das MSTG selber einen Schlag weg hat.

An dieser Stelle beginnt eine komplett andere Arte der Fehlersuche mit ganz anderen Anforderungen. Dieses Thema ist an dieser Stelle jedoch nicht mehr Gegenstand des Beitrags.

 

Im Fazit: Ja, ein defekter Kat ist teuer im Austausch. Um so wichtiger, den Fehler richtig anzugehen.

 

Nachsatz:

Das oben Geschrieben besteht nicht auf Perfektion und auch nicht darauf, die einzig richtige Lösung zu sein. Es gibt in erster Linie Erfahrungswerte wieder und bietet Lösungsansätze.

Der Ablauf kann in vielen Fällen durch andere Fehler an dem jeweiligen Fahrzeug gestört und muss immer im Einzelfall betrachtet werden.

Auch zu dem Teil, wo ich versuche die Abgasaufbereitung und die Funktionen der Komponenten aufzuschlüsseln, kratze ich nur an der Oberfläche. Es geht dabei nicht darum, aus dem Leser einen Fachmann zu machen, sondern stellt den Versuch dar, ihm eine Idee zu geben, womit man es dabei zu schaffen hat.

Ich hoffe unter diesen Aspekten eine Hilfestellung zu geben.

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Fri Aug 21 16:37:43 CEST 2020    |    inoculator    |    Kommentare (6)

Dieser Artikel gibt eine Zusammenfassung in Form einer Nachbetrachtung zu unserem Dilemma mit dem Motorschaden an unserem kleinen Schwarzen.

Bild 5Bild 5

Vorgeschichte:

Der Kleine wurde von uns 2018 gekauft, als Zweitwagen für unseren Sohn, der für seine Ausbildung einen fahrbaren Untersatz brauchte.

Durch Zufall stießen wir dabei auf einen privaten Verkäufer, der das auf LPG umgerüstete Fahrzeug veräußerte.

LPG war für uns Neuland, stellte sich aber bei der Nachforschung als alternativer Antrieb positiv für uns da.

 

Die BCR Anlage wurde am Tag der Erstzulassung des Wagens von einer Fachwerkstatt verbaut.

Der km-Stand lag bei 170000km.

 

Nachdem wir -wie bei allen unseren Anschaffungen, eine große Inspektion und einige vorsorgliche Instandsetzungen durchgeführt hatten, brachte unser Sohn den km-Zähler innerhalb weniger Monate auf über 200.000km.

 

Und dann kam der Fehler, welcher alles Nachfolgende ausgelöst haben musste:

Die nachgerüstete LPG Anlage hat einen Ölbehälter, in den ein Zusatz zum Kühlen der Ventilsitze kommt.

Diesen füllte unser Sohn mit Motorenöl auf.

 

Zwar wurde der Fehler bemerkt, da hatte das Fahrzeug aber schon einige hundert km mit diesem gefahren.

 

Wenige Wochen später blieb der Motor unter lautem Gejaule und Gequalme stehen. Zwar drehte die Maschine noch, aber sobald man aufs Gas ging, brach der Lauf ab und der Motor ging aus.

 

Die erste Diagnose durch die Fachwerkstatt lautete völlig unerwartet: "Motorschaden". ;-)

Man erklärte uns, daß PSA in diesen Motoren "schwimmende Laufbuchsen" verbaut und dort traute man sich nicht ran -insgesamt 3 Fachwerkstätten machten die gleiche Aussage.

Sternzeit: 2019-03: Der Entschluss lautete also: neuer Motor.

 

Zu unserem Erstaunen war selbst die ortsansässige Peugeot Fachwerkstätte nicht in der Lage, den Motor eindeutig zu identifizieren.

Erst ein Telefonat mit der Zentrale in Rueil-Malmaison und die Vermittlung an einen Niederländischen Unternehmer brachte den richtigen Motortyp zutage.

Das Problem war, soweit wir das bis heute richtig verstanden haben, daß unser Kleiner ein Opfer der Produktionsumstellung am laufenden Band war. Er ist sozusagen ein "Hybride" zwischen 3 Versionen.

Daher hat er wohl eine FGSTN aus der "alten" Serie, eine Typennummer aus der "neuen" Serie, aber eine Teileliste aus beiden Serien.

Danke, daß wir mal wieder solch ein Glück haben -irgendwie ist das eine Konstante in unserem Autoleben.

 

Naja, so hatten wir also nach fast 3 Monaten Suche einen neuen "gebrauchten" Motor.

 

Unsere Fachwerkstatt baute daraufhin den Wagen um und wir konnten ihn wieder fahrtüchtig entgegennehmen.

Die Ursache konnte zu diesem Zeitpunkt nicht klar beschrieben werden. Wir vertrauten darauf, daß die Werkstatt alle Komponenten geprüft hatte und wir sauber waren.

 

Sternzeit 2019-08: Nach knapp 1000km rief uns unser Sohn an, und meldete den Ausfall des Wagens auf der Autobahn.

Bei der Besichtigung stellte sich das gleiche Fehlerbild wie beim ersten Schaden ein.

Wir waren ratlos.

Da sich sowohl der Niederländische Motorenlieferant, als auch die Fachwerkstatt, welche den Umbau durchgeführt hatte, unwissend stellten, und wir mitten in einem Umzug waren, fiel bei uns die Entscheidung, daß wir den Wagen zunächst unterstellten, und nach Abschluss des Umzugs einer Bewertung unterziehen wollten.

Für unseren Sohn wurde ein gebrauchter Opel Corsa E mit LPG ab Werk angeschafft, womit die Einsatzbereitschaft des kleinen Schwarzen nicht mehr vordergründig war.

 

Sternzeit 2020-04:

Ich habe mich mithilfe des Internet schlau gemacht, was es mit den "schwimmenden Laufbuchsen" auf sich hatte.

Auch die Diagnose der Schadensursache wurde theoretisch erörtert.

Der Entschluss wurde gefasst: sollte sich der Verdacht der Ursache bestätigen, werden wir in Eigenregie den Kleinen wieder aufbauen.

Der KAT wurde demontiert und die Ursache bestätigt: verbranntes Katalyt.

Staub und Klumpen in dem Bereich, was einmal den Abgasreiniger darstellte.

Schritt 1. neuer KAT.

Der Motor sprang sofort an und alles gequalme und gejaule im Motorraum war verschwunden. Die Maschine lief rund und ohne hörbare zicken.

Nur die weiße Abgaswolke ließ auf einen verständlichen Schaden der Kopfdichtung schließen.

 

Bild 2Bild 2revision1-kopfdichtungrevision1-kopfdichtung

Schritt 2: erste Revision

Nachdem der Kopf demontiert war, konnte die Ursache des Sekundärschadens schnell bestätigt werden. Die Kopfdichtung hatte Löcher vom Verbrennungsraum zum Kühlkreislauf. Weder fand sich jedoch Öl im Wasser noch umgekehrt.

Kopfdichtung und Schrauben wurden erneuert.

 

Schritt 3: neuer TÜV.

Da der Kleine bereits über dem TÜV Termin war, wurde nun mit Tageszulassung um einen neuen TÜV gekämpft. Zwar bestand er ohne Murren die AU, aber leider stellte sich eine Undichtigkeit an einem der Gasventile heraus.

Somit war an eine Abnahme nicht zu denken.

 

Schritt 4: Gasrevision -neue Einspritzbrücke

Da unser Vertrauen in die Fachwerkstatt, welche den Motortausch durchgeführt hatte ein wenig "gelitten" hatte, wurde ein neuer Partner gesucht und gefunden.

Mit diesem wurde die Vorgeschichte und der aktuelle Zustand des Fahrzeugs beraten und die Entscheidung gefällt, nicht nur das eine Ventil, sondern die komplette Brücke mit allen 4 Ventilen zu erneuern. Hintergrund hier war die Tatsache, daß der Kleine eine "alte" Version der Ventile hatte, und diese fast nicht mehr zu fairen Preisen zu bekommen waren. Außerdem konnte man dem Argument, daß die restlichen drei Ventile ja auch nicht mehr die jüngsten waren, nicht wirklich etwas entgegen setzen. Die Arbeiten wurden ausgeführt und die Nachuntersuchung lief ohne Mängel ab.

 

Schritt 5: Kopfdichtung reloaded

Innerhalb weniger km sank der Ölstand ohne eine sichtbare Emission am Auspuff. Auch konnte unter dem Fahrzeug keine Tropfstellen gefunden werden. Der Motor war äußerlich trocken.

Da der Verlust nicht mit "der läuft sich noch ein" erklärt werden konnte, wurden wieder theoretische Modelle erarbeitet, wo der Fehler liegen könnte. Da wir von rechnerisch über 2 Liter/1000km sprachen, konnte ein Vorschaden des Motors ausgeschlossen werden. Auf den ersten 1000km vor dem zweiten Schaden war der Ölverbrauch quasi mit "0" anzugeben.

Es musste also etwas sein, was mit dem mittlerweile als "Kompressionsschaden" bezeichneten Fehler zusammen hing.

Da weder im Kühlwasser CO2 oder Öl nachgewiesen werden konnte, noch im Öl irgendwas mit Wasser zu finden war, konnte das Öl nur noch über den Verbrennungsprozess aus dem System gelangen. Da jedoch keine blauen Wolken hinter uns auftauchten, war es unwahrscheinlich, daß das Öl im 3. Takt seinen Weg ins Freie fand.

Auffallend war, daß aus dem Auspuff nach dem Abstellen und Abkühlen beim nächsten Anlassen ein klebriges, rußiges Gemisch aus Wasser und Öl ausgeblasen wurde.

Der Verdacht fiel auf die Ventilschaftdichtungen der Auslassventile und die Abstreifringe der Kolben wurden in Erwägung gezogen.

Bild 4Bild 4

Also wurde der Motor noch einmal geöffnet. Für die Laufbuchsen wurde ein Spezialwerkzeug angefertigt, welches beim Entnehmen der Kolben die Laufbuchsen fixierte.

Tatsächlich waren die Abstreifringe blank. Alle 4 rundherum sauber, wie auf der Drehbank blank gedreht.

Die Laufbuchsen hatte keine Beschädigungen und auch die Kompressionsringe waren soweit in Ordnung, bis auf die Tatsache, daß die "Ölreservenut" im Minutenring verkokst war.

Bild 1Bild 1

Die Ventilschaftdichtungen waren dem Alter geschuldet erwartungsgemäß hart und ein wenig aufgelaufen. Eine nachhaltige Beschädigung über das Maß der Alterung hinaus konnten nicht nachgewiesen werden. Dennoch wurden die Dichtungen erneuert. Ventilführungen und -sitze waren innerhalb der Toleranzen und außer schweren Ölverkokungen auf den Flächen konnte keine weitergehende Beschädigung gefunden werden.

Das Tauschen der Kolbenringe war unkompliziert und unter strengster Kontrolle der Positionen von Lagerschalen, Pleuels und Schrauben erfolgte der Zusammenbau präzise.

Nach Abschluss der Arbeiten sprang der Motor beim ersten Versuch an.

 

Schritt 6: Da klappert keine Mühle.

Bild 3Bild 3

Es fiel zuerst meiner Frau auf, daß aus dem Motorenraum ein ungewohntes Nadeln zu hören war.

Tatsächlich hörte sich der Kleine streckenweise mehr nach einem Traktor an, denn einem Auto.

Nach kurzem Lesen der bereits favorisierten Quellen wurde schnell klar, daß man nach solch einer Revision doch mal das Ventilspiel prüfen sollte.

Tatsächlich lagen auf 6 von 8 Ventilen Werte, welche den Verdacht aufwarfen, ich hätte die Kipphebelbrücke falschherum montiert. Da dieses aber technisch nicht möglich ist (asymetrische Zapfen), muss wohl in Betracht gezogen werden, daß nach dem Öffnen des Kopfes doch auch das Ventilspiel sich verstellen kann.

Alle Werte wurden korrigiert und das Nadeln verschwand.

 

Schritt 7: Gasanlage beleidigt

Zum Einfahren der neuen Ringe wurde eine Autobahnfahrt nach Luxemburg gewählt. Die Drehzahl für die ersten 500km wurde in der Spitze für's Beschleunigen mit max. 4000rpm und für die Strecke auf 3000rpm begrenzt ("Versuche unter 3000rpm zu bleiben, aber auf keinen Fall über 4000rpm.").

Auf der Rückfahrt ging nach etwa 400km die MKL an. Es konnte keine Veränderung des Fahrverhaltens wahrgenommen werden.

Das Auslesen zu Hause brachte die Sequenz p0170 (Gemisch zu mager), p0420 (KAT Fehlfunktion) auf dem Display.

Es erfolgte die Rücksprache mit der LPG Werkstatt, welche eine notwendige Justierung der LPG Anlage zum Ergebnis hatte.

 

Schritt 8: O2-Sensor: "Mit Dir spiel' ich nicht"

Nach der Justage folgte nach etwa 100km ein erneutes Leuchten der MKL. Diesesmal nur eine "p0420 (KAT fehlfunktion)".

Da der ursprüngliche Fehler vom KAT ausging, wurde dieser nun abgeleuchtet und geprüft. Es konnte jedoch kein Fehler festgestellt werden. Einzig fand sich im Netz auf verschiedenen Quellen, daß bei Erneuerung des KAT am Besten auch beide O2-Sensoren getauscht werden sollten.

Da sonst kein Fehler festzustellen war, wurden Regel- und Diagnosesonde nun auch noch durch Neue ersetzt.

 

Schritt 9: Kaffee.

Man mag uns für bekloppt halten, angesichts der Zeit und des nicht unerheblichen finanziellen Aufwands, aber ich würde es wieder machen. Ein Verkauf des kleinen Schwarzen wäre zu keinem Zeitpunkt wirtschaftlich gewesen, da der Verkaufswert quasi im Verschrottungsbereich gelegen hätte, und eine "Neuanschaffung" mit neuen Risiken verbunden wäre. Zwar ist es für ein solches Fahrzeug unsinnig wirschaftliche Grundwerte anzulegen, jedoch sollte er nun bis zum nächsten TÜV in 24 Monaten halten, beläuft sich der monatliche Invest auf etwas unter €100.

Verglichen mit einem neuen Gebrauchten ist das aus unserer Erfahrung für den ersten Zyklus nur halb so teuer (Vergleichswert neuer Gebrauchter: 185€/Monat).

 

Sollte jemand vor ähnlichen Herausforderungen stehen, so bin ich gerne bereit, mit Rat und Tat -sowie den benötigten Werkzeugen; beiseite zu stehen.

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