Mon Mar 03 20:14:51 CET 2014
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Sir Firekahn
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Kommentare (7)
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Caterham, Series 3, Seven
Es war soweit. Tag 0. Es war Zeit, das Biest von der Kette zu lassen. Bei relativ durchwachsenem Wetter machten wir uns also auf den Weg von Kassel nach Rastatt. Zuerst stand die Frage: Meinen BMW oder den `99er VW Caddy 1.9 SDI meiner Holden? Da sie zurück alleine fahren sollte und ihren roten Kastenwagen abgöttisch liebt, zog also der Rumpelkasten. Mit mir am Steuer der erderschütternden 64Ps machten wir uns auf den Weg und tuckerten bei zwar eher bedecktem, aber trockenem Wetter und guter Stimmung in den Süden. Der Caddy lief im Rahmen seiner "Fähigkeiten" sehr gut, im Lenkungsspiel hätte man zwar ein sowjetisches U-Boot der Taifunklasse verstecken können und über die Qualität diverser lebenswichtiger Funktionen wie der Bremsen machte man sich besser keine Gedanken, aber es ging voran. Kurz vor dem Ziel begann dann langsam endlich die Unruhe in mir aufzukommen. War das Ganze eine gute Idee? Einen Rennwagen ohne Sinn und Zweck? 307 Kilometer Anfang März bei 8°C und der Möglichkeit von Regen? Mit diesen Gedanken im Sinn nahmen wir die Abfahrt Rastatt und dann passierte es: Der Caddy weigerte sich, Gänge anzunehmen 😰. Wir schafften es noch, an eine Stelle zu kommen, an der wir niemanden wirklich Kapital blockierten und dann war Ende. Ich bekam noch einmal die erste Welle reingerammt, aber die war dann starr mit dem Motor verbunden 🙄. Also den ADAC angerufen, 5 km vor dem Ziel 🙁. Thorsten, der Meister bei Westermann Motorsport blieb entspannt und bot sogar das Abschleppen an. Da wir aber nicht nur Schleppen, sondern eher auf ein anderes Fahrzeug Aufladen mit den Schaden am Getriebe brauchten, schlugen wir das erstmal aus. Der ADAC Schlepper kam nicht nur schnell, sondern war auch erstklassig im Service. Er schätzte ebenfalls, dass die Kupplung beschlossen hatte, jetzt in den Ruhestand zu gehen. Also schaffte er mich nach Kuppenheim zu Westermann. In der Halle bot Thorsten, ohne Wissen, WAS für ein Wagen uns gerade liegen geblieben war, erstmal Hilfe an. Der Hinweis auf einen vorsintflutigen SDI ließ seinen Blick kurz panisch und ratlos durch die Rennnockenwellen, Carbonteile und Hightechwerkzeuge der Rennschmiede schweifen. Ein, der Caddytechnik angemessener, grober Gummihammer Modell Antonov war eher nicht deren Kragenweite. Ich erlöste ihn dann damit, dass wir doch eher die ADAC Werkstatt nutzen würden. Also fuhren der Caddy und seine Besitzerin mit dem ADAC weiter und wir machten die Übergabe und Bezahlung des Biestes. Alle meine Wünsche waren vorbildich erfüllt wurden, einzig die versprochenen Carbonflaps für die Nase würden noch im eigenen Autoklaven (!) gebacken und mir etwas später zugesandt werden. Inzwischen kam die Information, dass es bei meiner Gattin noch dauern würde. Und da es nun langsam spät wurde, musste ich einen Entschluss treffen. Da ich keine Karte, kein Navi, keine Frontscheibe, keine Türen, kein Dach, einen Meilentacho, keine Ahnung über den ungefähren Benzinverbrauch noch dazu eine Tankanzeige die etwa so genau den Füllstand wiedergab wie die nordkoreanische Presse die Weltpolitik und kaum Sevenerfahrung besitze, gab es eigentlich nur eine Möglichkeit: Rock`n roll, baby. Was soll man über die Fahrt sagen? Zu Beginn hatte ich offen und ehrlich Angst: Ernsthafte Angst, die Fahrt nicht zu überleben. Ich sollte unrecht behalten. Es entwickelte sich zu einem fast schon sprituellen Erlebnis: Ich und die Maschine. Mein Körper war passgerecht in den Wagen eingeformt, fast schon bequem 😰. Einziges Hilfsmittel war meine Uhr und grobe Streckenkenntnis von 3 Fahrten. Es war wundervoll. Der grollende, ultraspontane Rennmotor, der warme Kardantunnel und der Fahrwind gegen die Brille, die feinnervige Lenkung, das ultraknackige Getriebe, der absolute Purismus des Fahrens. Kein Radio, ein elektronischer Firlefanz, sondern der Geruch des unverbrannten Benzin beim Backfire, das perfekte Feedback eines einfachen aber genialen Fahrwerks und die bilderbuchartige Beherrschbarkeit. Andere Verkehrsteilnehmer behandelten mich zudem wie eine Mischung aus rohem Ei und Rockstar. Ich wurde !freundlichst! von allen anderen Fahrer/innen rein und rausgelassen, LKW Fahrer gaben Lichthupe, wenn ich wieder einscheren konnte. Unzählige grinsende Gesichter, alle fuhren extra Langsam um den Irren in der Kasperkiste anzuschauen der, anscheinend völlig ungestört, mit ca 70-80 mph durch den Fahrwind stach. Es wurden "Thumbs-up" von unzähligen Menschen gegeben, Handyvideos gedreht, kleine Rennen veranstaltet (keine Sorge, die harmlose Art) und Kinder rasteten völlig in den Minivans ihrer Eltern aus. Einige Väter mussten da wohl Rede und Antwort stehen, warum sie keine so coolen Matchboxautos fahren 😁. Besonders ein SL 65 AMG Black Series Fahrer kam überhaupt nicht mehr aus dem Grinsen und begleitete mich einige Kilometer, winkte und gab Geleit mit seinem unzählige Male so teuren High End Monster. Ich selbst war bis auf ein Detail zutiefst von der total unkomplizierten Fahrbarkeit begeistert: Die Pedalerie ist ein Horror. Selbst mit Sparco Kartschuhen musste ich meine Füße sehr verkrampft und sehr kompliziert anwinkeln und die Pedale kann ich noch nicht 100% sicher bedienen 🙁. Da ich keine Ahnung hatte, wie weit der ATL Renntank mit seinen 35 Litern reichen würde und die Tankuhr gerade irgendetwas zwischen 0%, 25% und Apfelkuchen anzeigte, beschloss ich auf Höhe Frankfurt zu tanken. Und: Murphys Law. Es kam natürlich über unzählige Kilometer keine Raststätte... Langsam wurde ich dann nach gefühlten 40! weiteren Kilometern unruhig und nahm dann eine Abfahrt, an der ich auch Tanken konnte. Dort ging es sofort wieder los: An der Tankstelle kamen wildfremde Menschen und sprachen mich auf den Caterham an. Es reichte von amüsiertem "geilo" bis zu relativ gut informierten "Issn Cossie oder?" (Nein, K-Series, aber alle Achtung!). Ich kam dann auf 19 Liter Verbrauch, was 10,66 Liter / 100 km entsprach. Wow 😰 Ich bin positiv überrascht. Zurück auf der Bahn kam a) Natürlich SOFORT eine Raststätte mit Tankstelle und b) nach 5 Minuten merkte ich an der etwas trägeren Gasannahme, dass die Handbremse noch gezogen war... Zwar nur die erste Raste, aber... 🙄. Alles in allem war die Fahrt ein wirkliches Erlebnis und ich freue mich über die positiven Reaktionen der sonst so grießgrämigen Deutschen. Wäre der Schaden am Caddy (Tausche Caddy gegen Caterham 😁😉) und der Regen ab Marburg nicht gewesen, wäre es wider Erwarten eine wirklich runde Sache geworden. Da meine Begleitung verständlicherweise ausgefallen war, kann ich leider keine Bilder "on the road" bieten. In meiner Garage war ich dann froh, denn die letzten Kilometer waren auf nasser Straße mit einem lockeren rechten Scheinwerfer (Inzwischen behoben) und einer Staubschutzbrille, die durch die Regentropfen alles Licht wahnsinnig brach, nicht gerade angenehm... Als ich aus dem Wagen dann verließ, war ich müde, hatte Benzin, Wasser und Öl im Gesicht, meine Beine taten weh, ich hatte einen Bärenhunger und wahnsinnigen Durst, aber ich war Glücklich, wirklich Glücklich. 🙂 Fazit: Sehr bärtige Nummer. 😎 Vielen Dank an den ADAC, Gott, meine Freundin, Westermann Motorsport und besonders an Thorsten für das Super Plus. 🙂 |
Mon Mar 03 20:56:27 CET 2014 |
sebtor
sehr cooler Bericht. Und ein noch cooleres Fahrzeug.
Danke, hat Spass gemacht zu lesen.
Dir allzeit gute Fahrt und Glückwunsch zum neuen Spaßmobil!
Mon Mar 03 21:48:26 CET 2014 |
Turboschlumpf133014
Sehr guter Bericht, klingt echt spaßig das Fahrzeug, hoffe du berichtest weiter über deine Erfahrungen 😁
Tue Mar 04 09:39:27 CET 2014 |
bronx.1965
Nachdem ich ja bereits den Anfang verfolgen konnte, komme ich auch hier nicht aus dem Grinsen heraus. 😁
Absolutes Sahnestück und - herrlich das es noch unvernünftige Leute gibt, die sowas einfach durchziehen und auf den Mainstream pfeiffen! Weitermachen. 😉
Freue mich auf weitere Episoden . . 🙂
Nebenbei gefragt:
Wie hast Du das lösen können?
Tue Mar 04 11:16:24 CET 2014 |
PIPD black
Geile Nummer.
Weiter so und halte uns auf dem Laufenden.
Macht sehr viel Spaß hier "mitzufahren".
THUMPS UP
Tue Mar 04 17:48:56 CET 2014 |
Sir Firekahn
Zitat:
So ich habe gerade erfahren, dass Hessen als einziges Bundesland eine Freigabe vom Landesamt braucht, wenn man eine Zulassung eines Ausländisches Fzg will. So also mit 5 Tages Zulassung 🙄
Kennt sich jemand mit einem Antrag auf Ausnahmegeneigung für §38a aus?
Wie hast Du das lösen können?
Tjoa beantragt und mit Fünftageszulassung runter. Mal schauen, was da noch so aus Fulda kommt. Aber die Dame sagte, sollte kein Akt sein 😕
Tue Mar 04 18:13:12 CET 2014 |
bronx.1965
Da bin ich ja gespannt. Sollte in diesem Land tatsächlich etwas einmal unproblematisch zu lösen sein? 🙄
*Daumendrück*
Thu Apr 24 12:29:47 CEST 2014 |
tomato
Wieso habe ich Deinen Blog eigentlich erst jetzt entdeckt. 😉
Sehr schön geschrieben und ich kann jedes noch so kleine Detail bestätigen. 😁
Habe ich alles genauso erlebt bei meiner ersten Caterhamfahrt und daran hat sich bis heute nichts geändert.
Deine Antwort auf "Abholung und wie das Schicksal dann so spielen kann."