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Audi A7 h-tron quattro mit Brennstoffzelle - Dieser Audi A7 geht nie in Serie

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Die L. A. Auto Show 2014 hatte ein großes Thema: Wasserstoff. Wie weit ist die Technik? Wir fuhren im Audi-Prototyp Audi A7 h-tron quattro und sprachen mit jemand, der privat mit Wasserstoff fährt.

Audi A7 h-tron quattro: Audi stellt mit dem A7 h-tron quattro einen Prototypen hin, dem eigentlich nichts fehlt - außer einer Perspektive. Denn bis die Technik in Serie geht, ist diese A7-Generation längst altes Eisen Audi A7 h-tron quattro: Audi stellt mit dem A7 h-tron quattro einen Prototypen hin, dem eigentlich nichts fehlt - außer einer Perspektive. Denn bis die Technik in Serie geht, ist diese A7-Generation längst altes Eisen Quelle: Audi

Los Angeles - Wasserstoff als Kraftstoff könnte viele Probleme lösen. Wasserstoff bedeutet, emissionsfreie Energie aus der Brennstoffzelle zu gewinnen und dazu Reichweiten wie bei einem Benziner zu haben. Doch Wasserstoff als Antrieb gurkt schon seit einem Jahrzehnt durch diverse Auto-Prototypen.

Als marktfähige Technologie konnte er sich noch nicht durchsetzen. Die Gründe sind unverändert: Die Kosten sind (viel) zu hoch, das Erzeugen von Wasserstoff ist ineffizienter als jeder Verbrennungsmotor. Dazu bleiben Wasserstoff-Tankstellen eine Ausnahmeerscheinung.

Trotzdem steht Wasserstoffantrieb auf der L. A. Auto Show im Mittelpunkt. Denn Toyota setzt die Branche unter Druck: Wie vor 17 Jahren beim Hybrid-Modell Prius legen die Japaner vor. Der Mirai ist das erste echte Wasserstoff-Serienmodell.

Zwar plant Toyota nur 700 Fahrzeuge pro Jahr. Aber das ist mehr, als jeder andere Hersteller je von seinen Hydrogen-Flitzern gebaut hat. Die Botschaft aus Japan ist klar: Wir sind da, wo seid Ihr?

Audi A7 Sportback h-tron quattro: Ein Prototyp?

Funktionsbausteine des Antriebsstrangs im Audi A7 h-tron quattro Funktionsbausteine des Antriebsstrangs im Audi A7 h-tron quattro Quelle: Audi Wo er beim Thema Wasserstoff steht, das erklärt der VW-Konzern gern: vor dem Apothekerschrank. Dort liegen in einer Schublade fertige Konzepte und warten auf Umsetzung. Aus Sicht der Ingenieure ist VWs Wasserstoffantrieb straßenfit.

Das spürt sofort, wer in den Audi A7 Sportback h-tron quattro steigt. Ein Prototyp? Ja, aber darauf weist nichts hin - außer einem großen roten Knopf, der im Notfall alle Systeme abschaltet. Der Rest ist Audi A7, mit viel Leder, dem vertrauten Cockpit, den bequemen und selbstverständlich beheizten Sitzen.

Audis Entwicklungschef Ulrich Hackenberg verrät: Er hätte die teure Technik lieber in ein SUV mit Sandwichboden eingebaut. Aber das Marketing habe ihm die schnittige Limousine verordnet, „vielleicht, damit es attraktiver und sportlicher aussieht“.

Auf Vorder- und Hinterachse des Sportback sitzen je ein 85-kW(115 PS)-Elektromotor mit 270 Newtonmeter Drehmoment. Viel Power, die das knapp zwei Tonnen schwere Versuchsfahrzeug immerhin in 7,9 Sekunden von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde beschleunigen kann.

„Der A7 fährt wie ein Audi“, sagt Hackenberg, und was immer er damit meint: Der Versuchs-Audi fährt gut. Straff abgestimmt, sicher im Handling. Wer das Gaspedal durchtritt, erlebt sogar etwas Dynamik – bis die Stoßstange des nächsten Autos im dichten Verkehr erreicht ist.

180 km/h Spitze soll der A7 erreichen, daran ist in der Stadt natürlich nicht zu denken. Ein ausgewogenes, feines Fahrzeug mit ordentlich Leistung. Mit seiner 8,8 kWh großen Lithium-Ionen-Batterie kann der A7 sogar knapp 50 Kilometer ohne Wasserstoff fahren.

Technik aus dem Konzernregal

Ob ein Wasserstoff-Audi ein Plug-in-Hybrid sein muss, wissen sie bei Audi auch noch nicht genau: „Dieser hier kann geladen werden, ob das beim nächsten Prototypen auch so ist …“. Eine skurrile Probefahrt: Ein Prototyp, der ausgereifter wirkt als manche Serienfahrzeuge. Der einfach wie ein etwas üppiger motorisiertes Elektroauto fährt, nur mit über 500 Kilometern Reichweite.

Neben den Audi stellte VW einen Passat: ohne Allrad, mit 115 PS, eine friedliche Familienkutsche. Die Technik ist auch auf den Querbaukasten (Golf, Europa-Passat) skalierbar Neben den Audi stellte VW einen Passat: ohne Allrad, mit 115 PS, eine friedliche Familienkutsche. Die Technik ist auch auf den Querbaukasten (Golf, Europa-Passat) skalierbar Quelle: Audi Im Grunde greift Audi für diesen A7 nur ins Regal: Die Batterie stammt aus dem Hybrid-A3, die Motoren aus dem E-Golf. Die Drucktank-Technik beherrscht man von Erdgas-Modellen (CNG), die Brennstoffzelle ist eine VW-Eigenentwicklung in mittlerweile vierter Generation.

Allein: In diesem Jahrzehnt will weder VW noch Tochter Audi auch nur ein einziges Wasserstoff-Fahrzeug verkaufen. Ein Serienstart käme frühestens 2020, 2022 oder auch 2025 in Frage – da legt sich noch niemand fest. Ein Grund sind die Kosten: Brennstoffzellen aus Platin, Tanks aus Aluminium und Carbon – wie er da steht, kostet der Audi A7 mindestens 500.000 Euro.

Eine Serienproduktion mache erst Sinn, wenn die Infrastruktur vorhanden ist, sagt Audis Entwicklungschef Ulrich Hackenberg: „Und zwar nicht nur in Kalifornien, sondern im ganzen Land“.

"Das billigste Auto, das ich je hatte"

Aber: Funktioniert Wasserstoff in Regionen wie Kalifornien, wo es bereits eine Infrastruktur gibt? Gibt es die wirklich? Wir treffen Raz Schiönning. Er ist einer von 40 Menschen in Kalifornien, die im Alltag eine Mercedes B-Klasse F-Cell fahren. Im April 2014 schloss er seinen Leasingvertrag beim örtlichen Mercedes-Händler ab und legt seitdem etwa 350 Kilometer pro Woche mit dem Auto zurück.

„Eine Bedingung war, nicht zu weit von der nächsten Wasserstoff-Tankstelle entfernt zu wohnen“, erzählt Raz. Sein Kundenerlebnis erinnert an Henry Fords gutes, altes T-Modell: Es gibt nur ein Modell in einer Farbe, „nimm es oder lass es“. Er nahm die grüne B-Klasse und zahlt nun zwei Jahre lang 420 Dollar monatlich. Inklusive Versicherung, Wartung und Wasserstoff-Flatrate.

„Das ist das billigste Auto, das ich je hatte“, rechnet Raz vor. Ein Zuschussgeschäft für Mercedes, das weiß er – und glaubt deshalb nicht, dass er seinen Zweijahresvertrag noch mal verlängern darf.

Daimlers Wasserstoff-Kleinserie basiert auf dem Vorgänger der aktuellen B-Klasse, der Baureihe T245 Daimlers Wasserstoff-Kleinserie basiert auf dem Vorgänger der aktuellen B-Klasse, der Baureihe T245 Quelle: Raz Schiönning Vor der B-Klasse fuhr Raz Schiönning ein Elektroauto, einen BMW Active E. Löst die Brennstoffzelle das Reichweitenproblem von Elektroautos? Die B-Klasse bleibt nach rund 350 Kilometern stehen. Zweimal in der Woche fährt Raz zur 12 Kilometer entfernten Tankstelle. Zwar versprach der Ex-Gouverneur Schwarzenegger einst den „Hydrogen Highway“ in Kalifornien. Trotzdem, sagt Raz, ist er auf den Großraum Los Angeles beschränkt.

San Diego mit Schwitzen

Rund um L. A. gibt es neun Wasserstoff-Tankstellen, ein dichteres Netz als irgendwo sonst auf der Welt. Aber: „Anders als Strom oder Benzin gibt es Wasserstoff eben nicht überall, also komme ich zum Beispiel nicht bis ins 500 Kilometer entfernte San Francisco“, erklärt Raz. Im südlich gelegenen San Diego war er einmal mit seinem Auto, ohne Tanken, aber mit Schwitzen. Trotz aufgedrehter Klimaanlage.

Trotzdem gefällt Raz das Fahren mit Wasserstoff: „Ich dachte erst, es wäre ein Rückschritt. Ich kann ja nicht zuhause tanken. Dafür tanke ich jetzt in drei Minuten statt in fünf Stunden, das ist viel flexibler.“

Was ihn eher stört, sind Probleme an den komplizierten Wasserstoffanlagen. Was genau ist das Problem? „Man kann Wasserstoff nicht wie Benzin speichern, denn er verflüchtigt sich, er gast aus“, sagt Raz Schoenning.

Deshalb steht an jeder Tankstelle eine eigene Produktionseinheit, die bei Bedarf Wasserstoff herstellt. Und die funktioniere nicht immer optimal. Im Auto, sagt Raz, ist das Ausgasen weniger problematisch: „Dafür müsste man es schon mehrere Monate stehen lassen“. Wer regelmäßig fahre, bemerke das gar nicht. Insgesamt, sagt Raz, ist seine Nutzer-Erfahrung mit dem Wasserstoff-Fahrzeug "ereignislos - wie es sein soll".

Audi-Entwicklungschef Ulrich Hackenberg wünscht sich für die Zukunft ein „flächendeckendes „Leitungs- und Tankstellennetz“ und die Erzeugung von Wasserstoff aus regenerativen Energien. Dann erst wäre der Energieträger in der Umweltbilanz dem Verbrenner überlegen. Im Moment löst der Wasserstoffantrieb nicht einmal das Reichweitenproblem elektrischer Fahrzeuge.

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