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Ein Crash Test privater Natur

Mercedes A-Klasse W176
Themenstarteram 9. August 2014 um 19:49

Düsseldorf, Mitte der Stadt, Mitte August, Mitte Freitag.

Es regnet ausnahmsweise nicht. Der Verkehr ist dicht, da alle irgendwohin fahren, um irgendwas Weltbewegendes zu tun. Weil ich mit Weltbewegendem nicht weniger als alle Anderen zu tun habe, mache ich auch mit.

Eine Kreuzung, drei Spuren pro Fahrtrichtung quer, zwei Spuren pro Fahrtrichtung längs, dazwischen Straßenbahnspuren.

Ich stehe an der Ampel in der ersten Reihe der linken Spur in der Richtung mit zwei Spuren pro Fahrtrichtung. Keiner hätte es geglaubt, aber nach Rot kommt Gelb und danach Grün. Nur anfahren kann ich nicht, da ich noch zwei Quernachzügler, die bei Orange fahren, durchlassen muss.

Circa 3-4 Sekunden nach dem Anfang der Grünphase ist der Weg frei. Ich konzentriere meine Aufmerksamkeit auf die Situation vor mir, da meine Spur hinter der Kreuzung verstopft ist und ich mir überlegen muss, ob ich doch an der Ampel stehen bleiben soll, um mitten in der rechten Querspur nicht stehen zu bleiben. In dem Moment fahren die Fahrzeuge in meiner Spur hinter der Kreuzung vor, sodass es genug Platz für 2-3 Fahrzeuge entsteht und ich fahre mitten in der Grünphase an. Schnell, aber ohne Vollgas.

Plötzlich durchquert ein Fahrzeug meine Fahrspur in der mittleren Querspur der (von mir aus) Rechtsrichtung und direkt vor mir erscheint ein Weiteres. Ich fange an zu bremsen und mit ca. 20-25 km/h erwische dieses Fahrzeug auf der Höhe des rechten Vorderrades / der A-Säule. Es fühlt sich wie in einem Videospiel an. Ich sehe und höre, was passiert, aber mein Körper spürt keinen Aufprall. Die Fahrgastzelle bleibt absolut unbeschädigt.

Während die Wucht des Aufpralls das von mir getroffene Fahrzeug leicht nach links dreht, weicht noch ein (dritter) Nachzügler in die linke Spur der Querrichtung aus und fährt weiter, ohne anzuhalten.

So bleibt das von mir getroffene Fahrzeug in der linken Spur und meins in der mittleren Spur der (von mir aus) Rechtsrichtung des Querverkehrs stehen. Beide diagonal zur Verkehrsrichtung.

Es ist vorbei. Stille, Stillstand, still bleiben.

Ich schaue nach vorne, sehe die ausgelöste Airbags des von mir getroffenen Autos. Zu ihm laufen viele Menschen, machen die Fahrertür auf, befreien die ca. 20-jährige Fahrerin.

Meine Airbags wurden aufgrund der Geschwindigkeit unter 30 km/h nicht ausgelöst, was mir einen Schlag ins Gesicht ersparte. Ich schaue mich in meinem Fahrzeug um, kontrolliere, ob mit meinem Körper alles stimmt, schalte die Warnblinkanlage ein, nehme mein Portemonnaie aus der Fahrertürtasche und mein Handy aus dem Mitteltunnel-Multimediafach heraus. Danach schnalle ich mich ab, mache die Fahrertür auf und steige aus. Keiner kommt zu meinem Auto, keiner kommt auf mich zu.

Ich versuche die Ruhe zu bewahren, schaue mich um, ob der nachkommende Verkehr den Unfall wahrgenommen hat und suche die Fahrerin des von mir getroffenen Autos.

Sie steht umrundet von ca. einem Dutzend Menschen, meistens Frauen.

Ich komme auf sie mit der Frage zu, ob sie verletzt ist. Sie steht weinend, zitternd und antwortet nicht. Ich frage die Passanten, ob jemand einen Krankenwagen gerufen hat. Nachdem die Frage bejaht wurde, hacke ich weiter nach, wie es mit dem Rufen der Polizei aussieht. Ebenfalls erledigt. Ich versuche, die Fahrerin zu trösten, dass Hauptsache ihr nichts passiert ist und den Rest die Versicherung übernimmt.

Eine der Zeugen, eine ca. 50-jährige Frau meint zu mir, ich sei aber wie ein Verrückter gefahren. Ich versuche, den Kopf klar zu kriegen und antworte, dass mein Auto über 360 PS und einen lauten Auspuff hat, sodass bei Manchen der Eindruck entstehen kann, dass ich schnell fahre, selbst, wenn ich mit Schrittgeschwindigkeit rolle. Ich erspare ihr die Erklärung, dass ich in der Stadt meistens im S-Modus fahre, sobald die Betriebstemperaturen erreicht sind. Dabei geht es mir nicht um die akustische Präsenz, sondern um einen direkten Draht zum Fahrzeug, ohne verzögerte Gasannahme im C-Modus.

In dem Moment kommt der Krankenwagen und das Mädel wird behandelt. Einer der Sanitäter kommt auf mich zu und stellt mir eine Frage, die mir an dem Tag zum ersten Mal gestellt wird: wie es mir geht.

Verkehrskaos. Eine Menge Autos, Menschenmenge, Unmenge an Geräuschen.

Zum Martinshorn des Krankenwagens kommt der der Polizei dazu. Ein Motorradpolizist ist da. Während er parkt und danach die Unfallstelle fotografiert, stehe ich in der Menschenmenge. Die Fahrerin des von mir getroffenen Autos ist im Krankenwagen verschwunden, eine edel angezogene 35-40-jährige Frau spricht mich an und meinte, sie sei neben dem Mädel gefahren und habe alles gut sehen können, das Mädel sei bei Dunkelrot gefahren. Ein ca. 35-jähriger Fußgänger kommt auf uns zu uns sagt das Gleiche. Eine ca. 50-jährige Frau, die offenbar zusammen mit der Frau unterwegs war, die mir vorgeworfen hat, zu schnell gefahren zu sein, meint, ich hätte nicht wie ein Verrückter fahren sollen. Ich antworte nichts. Ich fahre ein einigermaßen teueres und lautes Auto, ich bin ein Mann, selbst wenn ich gleich ein paar süße Welpen aus einem brennenden Haus retten würde, bin ich für sie trotzdem ein Völkermörder und Kindervergewaltiger.

Ich gehe um mein Auto herum, mache Fotos und inspiziere den Schaden. Die vordere Stossstange hat sich nach rechts gewickelt und hängt auf der Höhe des rechten Kotflügels an einem Streifen Plastik, die Scheinwerfer sind ganz, genauso wie die Kotflügel und die Motorhaube. Aber sie wurden aufeinander geschoben. Links tropft etwas ein wenig.

Der Polizist kommt auf mich zu, fragt mich, ob mein Auto fahrbereit sei und bittet mich, wenn es der Fall sei, mein Auto ein Stück weiter zu fahren, um die Fahrbahn zu räumen und dem Abschlepper des von mir getroffenen Autos Platz zu machen. Ich befestige die vordere Stossstange so gut es geht an ihrem ursprünglichen Platz und steige in mein Auto. Ich mache die Fahrertür zu, schnalle mich an, mache die Warnblinkanlage aus und starte den Motor. Das Auto springt sofort an, im zentralen Display erscheint eine Meldung, dass die 4-Martic sowie die Abstandsregelung nicht verfügbar sind. Ich betätige den Rechtsblinker, schaue mich um und fahre an. Das Auto fährt sich ganz normal, keine komischen Geräusche oder etwas Ähnliches. Wenn man mit verbundenen Augen eingestiegen wäre, wäre man beim Fahren niemals auf den Gedanken gekommen, am Steuer eines Unfallwagens zu sitzen.

Vorgefahren ein paar Dutzend Meter halte ich an, schalte die Warnblinkanlage wieder an, mache den Motor aus, schnalle mich ab, steige aus, schliesse das Auto ab und gehe zum Polizisten.

Er fragt nach dem Führer- und dem Fahrzeugschein. Ich händige diese aus und während der Polizist die Formulare ausfüllt, rede mit der edel angezogenen Frau. Die Menschenmenge wird geringer, der Krankenwagen fährt weg, die Zeugen verlassen die Unfallstelle.

Der Polizist ruft mich und reicht mir meine Unterlagen. Danach klärt er mich bezüglich der Situation auf. Es gäbe fünf Zeugen, drei von denen meinen, das Mädel sei bei Rot und ich bei Grün gefahren, zwei dagegen, dass sowohl das Mädel, als auch ich bei Grün gefahren sind, ich allerdings zwischen „sehr sportlich“ und „wie ein Berserker“ gefahren sei. Deshalb sehe es folgendermaßen aus: Es gäbe einen Verkehrsunfall mit Personenschaden (das Mädel), es könne sein, dass die gegnerische Versicherung versuchen würde, mir die Teilschuld in die Schuhe zu schieben.

Danach verabschiedet sich der Polizist und verlässt die Unfallstelle.

Die Bühne nach der Show. Die Strasse wird leer, Leere in meinem Kopf, mein Auto im Leelauf.

Ich fahre vorsichtig an, überlege mir, wie ich am schnellsten Wege in die Werkstatt komme. Ich fahre betont ruhig, mein Auto erzeugt mehr Aufmerksamkeit, als ein Bugatti Veyron. Mitleidig nickende Mercedes-Fahrer, neugierig schauende Jugendliche, Schadenfreude in jedem dritten Gesicht. Nach circa 20 Minuten komme ich in die Werkstatt. Der Parkplatzwächter meint, Unfallfahrzeuge sollen nicht vor dem Eingang stehen, was ich auch selbst für richtig halte, und lotst mich zum Tor der Werkstatt.

Ich melde mich am Empfang, ungefähr eine Minute später kommt ein sehr netter Meister auf mich zu, mit dem ich bereits vorher zu tun hatte. Der Schaden wird aufgenommen und begutachtet (12000-15000 Euro, Genaueres werde der Gutachter ermitteln, die Reparatur nehme nicht unter zwei Wochen in Anspruch). Nach geschätzt 20 Minuten steige ich in einen Ersatz-GLA 250 4Matic in fast Vollausstattung und fahre weiter Weltbewegendes vollbringen.

Der Tag neigt sich dem Ende zu. Später Abend, verspätete Nackenschmerzen, Spätschicht im Krankenhaus.

Der Nacken wird untersucht und geröntgt, ein sehr netter Chirurg bescheinigt mir ein leichtes Schleudertrauma. Hoffentlich geht es dem Mädel nicht schlechter.

Das Leben geht zum Glück weiter.

 

 

Beste Antwort im Thema
Themenstarteram 9. August 2014 um 19:49

Düsseldorf, Mitte der Stadt, Mitte August, Mitte Freitag.

Es regnet ausnahmsweise nicht. Der Verkehr ist dicht, da alle irgendwohin fahren, um irgendwas Weltbewegendes zu tun. Weil ich mit Weltbewegendem nicht weniger als alle Anderen zu tun habe, mache ich auch mit.

Eine Kreuzung, drei Spuren pro Fahrtrichtung quer, zwei Spuren pro Fahrtrichtung längs, dazwischen Straßenbahnspuren.

Ich stehe an der Ampel in der ersten Reihe der linken Spur in der Richtung mit zwei Spuren pro Fahrtrichtung. Keiner hätte es geglaubt, aber nach Rot kommt Gelb und danach Grün. Nur anfahren kann ich nicht, da ich noch zwei Quernachzügler, die bei Orange fahren, durchlassen muss.

Circa 3-4 Sekunden nach dem Anfang der Grünphase ist der Weg frei. Ich konzentriere meine Aufmerksamkeit auf die Situation vor mir, da meine Spur hinter der Kreuzung verstopft ist und ich mir überlegen muss, ob ich doch an der Ampel stehen bleiben soll, um mitten in der rechten Querspur nicht stehen zu bleiben. In dem Moment fahren die Fahrzeuge in meiner Spur hinter der Kreuzung vor, sodass es genug Platz für 2-3 Fahrzeuge entsteht und ich fahre mitten in der Grünphase an. Schnell, aber ohne Vollgas.

Plötzlich durchquert ein Fahrzeug meine Fahrspur in der mittleren Querspur der (von mir aus) Rechtsrichtung und direkt vor mir erscheint ein Weiteres. Ich fange an zu bremsen und mit ca. 20-25 km/h erwische dieses Fahrzeug auf der Höhe des rechten Vorderrades / der A-Säule. Es fühlt sich wie in einem Videospiel an. Ich sehe und höre, was passiert, aber mein Körper spürt keinen Aufprall. Die Fahrgastzelle bleibt absolut unbeschädigt.

Während die Wucht des Aufpralls das von mir getroffene Fahrzeug leicht nach links dreht, weicht noch ein (dritter) Nachzügler in die linke Spur der Querrichtung aus und fährt weiter, ohne anzuhalten.

So bleibt das von mir getroffene Fahrzeug in der linken Spur und meins in der mittleren Spur der (von mir aus) Rechtsrichtung des Querverkehrs stehen. Beide diagonal zur Verkehrsrichtung.

Es ist vorbei. Stille, Stillstand, still bleiben.

Ich schaue nach vorne, sehe die ausgelöste Airbags des von mir getroffenen Autos. Zu ihm laufen viele Menschen, machen die Fahrertür auf, befreien die ca. 20-jährige Fahrerin.

Meine Airbags wurden aufgrund der Geschwindigkeit unter 30 km/h nicht ausgelöst, was mir einen Schlag ins Gesicht ersparte. Ich schaue mich in meinem Fahrzeug um, kontrolliere, ob mit meinem Körper alles stimmt, schalte die Warnblinkanlage ein, nehme mein Portemonnaie aus der Fahrertürtasche und mein Handy aus dem Mitteltunnel-Multimediafach heraus. Danach schnalle ich mich ab, mache die Fahrertür auf und steige aus. Keiner kommt zu meinem Auto, keiner kommt auf mich zu.

Ich versuche die Ruhe zu bewahren, schaue mich um, ob der nachkommende Verkehr den Unfall wahrgenommen hat und suche die Fahrerin des von mir getroffenen Autos.

Sie steht umrundet von ca. einem Dutzend Menschen, meistens Frauen.

Ich komme auf sie mit der Frage zu, ob sie verletzt ist. Sie steht weinend, zitternd und antwortet nicht. Ich frage die Passanten, ob jemand einen Krankenwagen gerufen hat. Nachdem die Frage bejaht wurde, hacke ich weiter nach, wie es mit dem Rufen der Polizei aussieht. Ebenfalls erledigt. Ich versuche, die Fahrerin zu trösten, dass Hauptsache ihr nichts passiert ist und den Rest die Versicherung übernimmt.

Eine der Zeugen, eine ca. 50-jährige Frau meint zu mir, ich sei aber wie ein Verrückter gefahren. Ich versuche, den Kopf klar zu kriegen und antworte, dass mein Auto über 360 PS und einen lauten Auspuff hat, sodass bei Manchen der Eindruck entstehen kann, dass ich schnell fahre, selbst, wenn ich mit Schrittgeschwindigkeit rolle. Ich erspare ihr die Erklärung, dass ich in der Stadt meistens im S-Modus fahre, sobald die Betriebstemperaturen erreicht sind. Dabei geht es mir nicht um die akustische Präsenz, sondern um einen direkten Draht zum Fahrzeug, ohne verzögerte Gasannahme im C-Modus.

In dem Moment kommt der Krankenwagen und das Mädel wird behandelt. Einer der Sanitäter kommt auf mich zu und stellt mir eine Frage, die mir an dem Tag zum ersten Mal gestellt wird: wie es mir geht.

Verkehrskaos. Eine Menge Autos, Menschenmenge, Unmenge an Geräuschen.

Zum Martinshorn des Krankenwagens kommt der der Polizei dazu. Ein Motorradpolizist ist da. Während er parkt und danach die Unfallstelle fotografiert, stehe ich in der Menschenmenge. Die Fahrerin des von mir getroffenen Autos ist im Krankenwagen verschwunden, eine edel angezogene 35-40-jährige Frau spricht mich an und meinte, sie sei neben dem Mädel gefahren und habe alles gut sehen können, das Mädel sei bei Dunkelrot gefahren. Ein ca. 35-jähriger Fußgänger kommt auf uns zu uns sagt das Gleiche. Eine ca. 50-jährige Frau, die offenbar zusammen mit der Frau unterwegs war, die mir vorgeworfen hat, zu schnell gefahren zu sein, meint, ich hätte nicht wie ein Verrückter fahren sollen. Ich antworte nichts. Ich fahre ein einigermaßen teueres und lautes Auto, ich bin ein Mann, selbst wenn ich gleich ein paar süße Welpen aus einem brennenden Haus retten würde, bin ich für sie trotzdem ein Völkermörder und Kindervergewaltiger.

Ich gehe um mein Auto herum, mache Fotos und inspiziere den Schaden. Die vordere Stossstange hat sich nach rechts gewickelt und hängt auf der Höhe des rechten Kotflügels an einem Streifen Plastik, die Scheinwerfer sind ganz, genauso wie die Kotflügel und die Motorhaube. Aber sie wurden aufeinander geschoben. Links tropft etwas ein wenig.

Der Polizist kommt auf mich zu, fragt mich, ob mein Auto fahrbereit sei und bittet mich, wenn es der Fall sei, mein Auto ein Stück weiter zu fahren, um die Fahrbahn zu räumen und dem Abschlepper des von mir getroffenen Autos Platz zu machen. Ich befestige die vordere Stossstange so gut es geht an ihrem ursprünglichen Platz und steige in mein Auto. Ich mache die Fahrertür zu, schnalle mich an, mache die Warnblinkanlage aus und starte den Motor. Das Auto springt sofort an, im zentralen Display erscheint eine Meldung, dass die 4-Martic sowie die Abstandsregelung nicht verfügbar sind. Ich betätige den Rechtsblinker, schaue mich um und fahre an. Das Auto fährt sich ganz normal, keine komischen Geräusche oder etwas Ähnliches. Wenn man mit verbundenen Augen eingestiegen wäre, wäre man beim Fahren niemals auf den Gedanken gekommen, am Steuer eines Unfallwagens zu sitzen.

Vorgefahren ein paar Dutzend Meter halte ich an, schalte die Warnblinkanlage wieder an, mache den Motor aus, schnalle mich ab, steige aus, schliesse das Auto ab und gehe zum Polizisten.

Er fragt nach dem Führer- und dem Fahrzeugschein. Ich händige diese aus und während der Polizist die Formulare ausfüllt, rede mit der edel angezogenen Frau. Die Menschenmenge wird geringer, der Krankenwagen fährt weg, die Zeugen verlassen die Unfallstelle.

Der Polizist ruft mich und reicht mir meine Unterlagen. Danach klärt er mich bezüglich der Situation auf. Es gäbe fünf Zeugen, drei von denen meinen, das Mädel sei bei Rot und ich bei Grün gefahren, zwei dagegen, dass sowohl das Mädel, als auch ich bei Grün gefahren sind, ich allerdings zwischen „sehr sportlich“ und „wie ein Berserker“ gefahren sei. Deshalb sehe es folgendermaßen aus: Es gäbe einen Verkehrsunfall mit Personenschaden (das Mädel), es könne sein, dass die gegnerische Versicherung versuchen würde, mir die Teilschuld in die Schuhe zu schieben.

Danach verabschiedet sich der Polizist und verlässt die Unfallstelle.

Die Bühne nach der Show. Die Strasse wird leer, Leere in meinem Kopf, mein Auto im Leelauf.

Ich fahre vorsichtig an, überlege mir, wie ich am schnellsten Wege in die Werkstatt komme. Ich fahre betont ruhig, mein Auto erzeugt mehr Aufmerksamkeit, als ein Bugatti Veyron. Mitleidig nickende Mercedes-Fahrer, neugierig schauende Jugendliche, Schadenfreude in jedem dritten Gesicht. Nach circa 20 Minuten komme ich in die Werkstatt. Der Parkplatzwächter meint, Unfallfahrzeuge sollen nicht vor dem Eingang stehen, was ich auch selbst für richtig halte, und lotst mich zum Tor der Werkstatt.

Ich melde mich am Empfang, ungefähr eine Minute später kommt ein sehr netter Meister auf mich zu, mit dem ich bereits vorher zu tun hatte. Der Schaden wird aufgenommen und begutachtet (12000-15000 Euro, Genaueres werde der Gutachter ermitteln, die Reparatur nehme nicht unter zwei Wochen in Anspruch). Nach geschätzt 20 Minuten steige ich in einen Ersatz-GLA 250 4Matic in fast Vollausstattung und fahre weiter Weltbewegendes vollbringen.

Der Tag neigt sich dem Ende zu. Später Abend, verspätete Nackenschmerzen, Spätschicht im Krankenhaus.

Der Nacken wird untersucht und geröntgt, ein sehr netter Chirurg bescheinigt mir ein leichtes Schleudertrauma. Hoffentlich geht es dem Mädel nicht schlechter.

Das Leben geht zum Glück weiter.

 

 

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273 Antworten
Themenstarteram 1. Oktober 2016 um 13:02

Vielen herzlichen Dank!

@AsiRider

Wenn ich alles richtig verstanden habe, wird dir vorgeworfen das die Dame zuerst gefahren ist, du anschließend aber so schnell beschleunigt hast mit deiner 4-matic das du wieder vor ihr warst.

Wie kannst du dann beim Crash 17-18 km/h und sie 25 km/h gefahren sein?

Das ist eine Frechheit das jetzt dein kräftiges Auto zum Nachteil wird, nur weil man ein dicken Motor hat sollte man nicht gleich was vorgeworfen bekommen.

Hat deine Versicherung erstmal dein Schaden bezahlt oder wie lief das ab ?

Themenstarteram 2. Oktober 2016 um 7:51

@W203-Dennis

Ja, Du hast alles richtig verstanden. Und dass meine Unfallgegnerin mitten in ihrer roten Ampelphase losgefahren ist, scheint irgendwie nicht von Bedeutung zu sein.

Meine Versicherung hat meinen Schaden und (ich weiß es nicht mehr genau) 2/3 oder 60% am Schaden meiner Unfallgegnerin übernommen, wodurch sie mir nicht gerade den Rücken gestärkt hat.

Zitat:

@AsiRider schrieb am 2. Oktober 2016 um 09:51:01 Uhr:

@W203-Dennis

Ja, Du hast alles richtig verstanden. Und dass meine Unfallgegnerin mitten in ihrer roten Ampelphase losgefahren ist, scheint irgendwie nicht von Bedeutung zu sein.

Meine Versicherung hat meinen Schaden und (ich weiß es nicht mehr genau) 2/3 oder 60% am Schaden meiner Unfallgegnerin übernommen, wodurch sie mir nicht gerade den Rücken gestärkt hat.

Und du wurdest hochgestuft bei der Versicherung ?

Das ist unfassbar...

Themenstarteram 2. Oktober 2016 um 8:46

@W203-Dennis

Da es sich um mein Leasing-Firmenfahrzeug handelte, war das in dem Fall nicht so dramatisch.

Wäre ich in dem Moment am Steuer von meinem Privatfahrzeug gewesen, wäre das natürlich noch viel unangenehmer.

Themenstarteram 25. Dezember 2016 um 12:26

1758 Mal mir die Zähne geputzt. 402 Mal im Sportstudio gewesen. 2637 Mal mit meiner Frau gestritten. 2636 Mal mich mit ihr versöhnt. All das seit dem Unfall, der als Leitthema dieses Threads dient. In 879 Tagen. Also in 2 Jahren und knapp 5 Monaten. Und das Thema ist immer noch nicht abgeschlossen.

Dass die Gerechtigkeit es nicht eilig hat, haben wir ja schon früher bemerkt. Nicht klar war aber, ob der Anwalt „meiner“ Versicherung auf meiner Seite ist. Jetzt besteht kein Zweifel mehr: Nein, eindeutig nicht. Der engagierte Mann machte sich für seinen Arbeitgeber bezahlt (an dieser Stelle entschlüssele ich meinen Sarkasmus ganz unmissverständlich: wenn ich gewinne, gewinnt auch „meine“ Versicherung, da sie ihre Auszahlung zurück fordern kann; wenn ich verliere, bleibt alles bestenfalls wie gehabt – „meine“ Versicherung bleibt auf den Unfallkosten sitzen) und initiierte (noch) ein Gutachten. Diesmal, ob die Ampel in beide Richtungen gleichzeitig schaltet, was hinsichtlich der Aussage der einzigen Zeugin, die meine Aussage unterstützt, relevant ist. Denn sie behauptet, dass sie ganz normal bei Grün anfuhr und eine Notbremsung machen musste, um meine Unfallgegnerin nicht zu rammen – und das als mein Gegenverkehr. Und wie wir ebenfalls schon früher bemerkt haben, bringt ein Gutachten einen nicht weiter. Manchmal sogar umgekehrt. Siehe das erste Bild unten.

Außerdem ist die Justiz blind. Diese These unterstützt auch ihre Unlust, die Gegenparteien nochmals zu sehen. Na ja, ihre Unlust, für Gerechtigkeit zu sorgen, bereitet mir ebenfalls Sorgen. Siehe das zweite Bild. Wir sind natürlich nicht einverstanden, was wir auch bereits kommuniziert haben. Die Gegenseite im Gegenteil.

Aber es gibt ja auch Wichtigeres, als ein mickriger Rechtsstreit, in dem einer beweisen will, dass er unschuldig ist.

Und somit verspreche ich Euch noch ein unterhaltsames Jahr in meinem Fall. Frohes Neues!

Und bis dahin gibt es etwas Neues in meinem Blog "Egotrips":

http://www.motor-talk.de/.../...ericht-des-amg-gt-s-c190-t5897894.html

Img-2271
Img-2272

Die befassen sich jetzt echt damit, ob nicht beide Ampeln grün waren :rolleyes:... nicht dein Ernst.. Und das, obwohl du eine Zeugin hast, die definitiv deine Grünphase miterlebte?

Mehr als Kopfschütteln kann ich hier nicht.

Ps Tu mir ein gefallen und suche noch die Versönung mit deiner Frau, wenn mich meine trüben Augen nicht täuschen, liegt der Streit noch hauchdünn vorn. :p

Pps weiterhin viel Spaß mit dem dicken 500er :D.

mfg Wiesel

Themenstarteram 25. Dezember 2016 um 19:10

@DieselWiesel198

Ja, leider ist es wirklich so. Und im Anhang waren noch 5 oder 6 Seiten mit Grafiken der Ampelschaltungen je nach Uhrzeit, Wochentag, Verkehrsaufkommen, Spritpreisen und Haarfarbe von Helene Fischer.

Mit meiner Frau habe ich mich schon wieder versöhnt. Und nochmals gestritten. Also alles in Ordnung.

Vielen lieben Dank und einen guten (kontrollierten) Rutsch!

Themenstarteram 13. Januar 2017 um 12:07

Ist es ein Licht am Ende des Tunnels? Vielleicht ein Scheinwerferlicht? Hoffentlich kein Geisterfahrer!

Meine Lieben, das Ende naht. Zumindest sieht es im Moment so aus. Ende Februar soll eine „Hauptverhandlung“ in meinem (Un)Fall stattfinden. Offenbar sind keinem der Beteiligten neue zielführende und erfolgsorientierte Gutachten eingefallen. Ich bin sehr gespannt, aber weniger optimistisch. Denn kundenorientiert ist die Justiz definitiv nicht. Derjenige, der zahlt, bekommt sehr weinig für sein Geld...

 

... Na ja, wie dem auch sei, aber bis das Endergebnis verkündet wird, gibt es wieder mal etwas Neues in meinem Blog:

http://www.motor-talk.de/.../...20-bluetec-t-modell-s205-t5912556.html

Themenstarteram 14. Februar 2017 um 17:55

Das Ende?

Eigentlich fing es im Jahre 1979 an. Ich war 3 Jahre alt und besudelte mich auf dem Spielplatz wieder dermaßen, dass meine Mutter mich ehrlich und direkt warnte, dass der liebe aber gerechte Gott mich irgendwann dafür bestraffen wird. Und jetzt war es wohl soweit. Der Tag meines ganz persönlichen Jüngsten Gerichtes kam. Mein letztes Abendmahl fiel aufs Frühstück – in meinem Leben herrschten schon immer Chaos und Verwechslung – und bestand aus zwei belegten Vollkornbrötchen und einer großen Tasse schwarzen Tees – schwarz wie meine sündige Seele. Danach bereitete ich mich auf das große Ereignis vor und zog nicht nur saubere Unterwäsche an – nein, ich duschte mich vorher und – kaum zu glauben – putzte mir sogar die Zähne. Draußen wartete eine persönliche pechschwarze Wolke auf mich, um nur über meinem Kopf zu schweben, während ansonsten die Sonne schien und das Wetter mit den fast frühlingshaften +10° (Celsius, natürlich) mich damit konfrontieren sollte, wie es gewesen wäre, wenn ich damals auf dem Spielplatz etwas besser aufgepasst hätte.

Der Weg zum Gerichtsgebäude war überraschend staufrei – besonders überraschend für die morgige Stoßzeit. Nur nicht für mich – ich stand an jeder roten Ampel in meinem persönlichen Stau. Während aus den Lautsprechern meines Fahrzeugs „Pour Some Sugar On me“ von Def Leppard klang, hörte ich nur Stöhne der Sünder aus der Hölle.

Angekommen im Gerichtsgebäude erfuhr ich, dass nicht nur drei der vier apokalyptischen Reiter auf die falschen Pferde setzten, sondern auch die Gerechtigkeit. Unter den sich verspätenden Reitern war selbstverständlich auch mein Anwalt. Seine WhatsApp-Nachrichten handelten sich um einen auf dem Autobahn-Beschleunigungsstreifen stehenden LKW, einen Stau und falsche Navi-Berechnungen. Aber die Richterin sei wohl darüber informiert und zur Not könne man auch ohne ihn anfangen. Ach, diese leckeren belegten Vollkorn-Köstlichkeiten – sie werde ich in der Hölle wohl besonders vermissen! Zumindest eine davon, die sich sehr zielorientiert auf den Weg nach draußen machte – die, die als Erste hereinkam. Zumindest half mir der Versuch, diese drin zu behalten, mich von der restlichen Situation abzulenken.

Kurze Zeit später, also ca. 3 Minuten vor dem geplanten Anfang der Sitzung, erschien der einzige apokalyptische Reiter, der aufs richtige Pferd setzte – der Anwalt „meiner“ Versicherung. Und ging an mir vorbei, ohne mich zu begrüßen. Ok, kein Grund für mich, unhöfflich zu sein. Auf meinen „Guten Morgen!“ reagierte er mit einem sehr angestrengten Versuch, sich daran zu erinnern, woher er mich kennen könnte. Bei diesem Versuch scheiterte er unübersehbar, antwortete dennoch mit einem leisen und irritierten „Hallo!“. Danach setzte er sich auf einen Stuhl der ca. 10 Meter von meiner entfernten Sitzgruppe.

Eine Minute nach dem geplanten Anfang der Sitzung kam der erste apokalyptische Reiter, der aufs falsche Pferd setzte – die Anwältin meiner Unfallgegnerin. Sie marschierte an mir vorbei zur elektronischen Infotafel neben der Gerichtssaal-Eingangstür und war sichtbar überrascht, meinen „Guten Tag!“ zu hören. Während ihres Versuchs, mein Gesicht einzuordnen, informierte ich sie, dass die Richterin noch nicht ankam. Dies hinderte sie nicht daran, 3-4 Mal mit viel Elan am Türgriff zu ziehen, bis er ein klackerndes Geräusch von sich gab. Anschließend gesellte sie sich zum Anwalt „meiner“ Versicherung, aber mit einem Respektabstand von 3 Stühlen.

6 Minuten nach dem geplanten Anfang der Sitzung erschien die Gerechtigkeit in Person der Richterin. Sie begrüßte uns und entschuldigte sich für ihre Verspätung. Danach informierte sie uns, dass der zweite apokalyptische Reiter, der aufs falsche Pferd setzte – mein Anwalt, also – sie informierte, dass er sich wahrscheinlich verspäten wird. Dabei kämpfte sie mit dem Türgriff, der sich aus irgendeinem Grund nicht bedienen ließ. Nach ein paar Kampfrunden zwischen dem Griff und der Justiz gewann Letztere, wonach wir den Gerichtssaal betraten. Uns folgte noch ein Mann, den ich bis jetzt nicht kannte.

Der Anwalt „meiner“ Versicherung nahm den zum Tisch der Richterin nähesten Äußeren der drei Plätze am, von den Publikumsplätzen aus gesehen, rechten Tisch, die Richterin ihren Platz und der Rest inklusive meiner Wenigkeit setzte sich in der ersten Gafferreihe. Sobald alle sich hinsetzten, fragte die Anwältin meiner Unfallgegnerin den mir unbekannten Mann, wann sie dran sei. Diese Frage beantwortete die Richterin, indem sie meinte, dass es genau jetzt soweit sei. Die Anwältin meiner Unfallgegnerin lächelte verblüfft, stand auf, zog ihre Anwaltsrobe an und setzte sich auf den mittleren der drei Plätze des, von den Publikumsplätzen aus gesehen, linken Tischs. Ich gesellte mich zum Anwalt „meiner“ Versicherung, aber am anderen Ende des Tisches, damit mein Anwalt zwischen uns sitzen konnte.

Minuten vergingen, es herrschte Ruhe. Ich schaute mich um. Wände, Tische, Stühle, Anwälte, eine Richterin – nichts Interessantes. Ich hob meinen Blick zur Decke. Drei Todesengel kreisten um die Deckenlampe: Der eine mit Haifischflossen, der Andere mit Rudolfs Diesel Gesicht, der Dritte zwinkerte mir sexuellbelästigend zu. Eine Stufe tiefer, also ca. 1,5 Meter unter der Decke sah ich mehrere Schwärme aus Seelen von zu Unrecht verurteilten Sportwagenfahrern, die in Formationsflügen den Luftraum durchquerten, ohne dabei die „Rechts vor Links“-Regelung und Ampellichtzeichen zu beachten.

Dabei dachte ich: „Na toll! Ist es soweit? Werde ich gleich genauso verurteilt und muss statt des ewigen Lebens unter der Decke fliegen? Ich bin doch noch so jung und habe noch kaum etwas gesehen und erlebt. Nicht mal das glückliche Ende der Ehe der Eheleute Lombardi. Na ja, Hauptsache, Alessio geht es gut...“

Aus meinem Gedankengang riss mich die Stimme der Richterin heraus:

„Wir warten noch 5 Minuten auf den Anwalt des Klägers und wenn er nicht erscheint, fangen wir ohne ihn an.“

Der dritte Todesengel zwinkerte mir besonders genüsslich zu.

Ein paar Minuten später ging die Tür auf und noch ein mir unbekannter Mann kam herein. Schweigend zog er seine Anwaltsrobe an und setzte sich neben die Anwältin meiner Unfallgegnerin.

Wo kein Kläger, da kein Richter? Stimmt nicht! Meine Unfallgegnerin, also ebenfalls einen Kläger bzw. eine Klägerin in unserem Prozess sah ich seit dem Unfall nicht mehr. Dafür aber die Richterin öfter, als meine Eltern. Und das lag leider nicht nur daran, dass meine Eltern knapp 2.000 km von mir entfernt wohnen.

Ein paar Minuten nachdem der zweite unbekannte Mann sich platzierte, also fast 20 Minuten nach dem geplanten Anfang der Sitzung, ging die Tür wiederholt auf und ich sah den zweiten apokalyptischen Reiter, der aufs falsche Pferd setzte – meinen Anwalt, der aber die Durchnummerierung der apokalyptischen Reiter, die auf die falschen Pferde setzten, durch seine höchste von allen Verspätung durcheinander brachte, indem er als Dritter der apokalyptischen Reiter, die auf die falschen Pferde setzten, erschien. Er schlüpfte in seine Anwaltsrobe, etwas aufgehalten durch meinen Versuch, ihm dabei zu helfen, und setzte sich, wie von mir geplant, zwischen mich und den Anwalt „meiner“ Versicherung.

Die Justiz beendete ihr Stöbern in den Unterlagen und verkündete den Anfang der Sitzung. Beim Nennen der Namen der Anwesenden wurde festgestellt, dass der Mann neben der Anwältin meiner Unfallgegnerin nicht nur mir, sondern auch allen anderen Anwesenden unbekannt war. Aber, wie alle vermutlich bereits vermuteten, stellte er die Vertretung des Anwalts der Versicherung meiner Unfallgegnerin dar.

„Ok, die Beweisaufnahme ist somit abgeschlossen.“ – Sagte die Justiz eher fragend, als behauptend.

„Frau Vorsitzende, darf ich Ihnen noch ein paar Fotos vom Unfallort zeigen, die mein Mandant direkt nach dem Unfall gemach hat?“ – Enttäuschte sie mein Anwalt.

„Blablabla, blabla, blablablablabla, blabla.“ – Der die Vertretung des Anwalts der Versicherung meiner Unfallgegnerin darstellende Anwalt sprach so leise und undeutlich, dass alle restlichen Anwesenden, inklusive der Justiz, sich gegenseitig fragend anschauten. Während er noch mal den Mund aufmachte, griff mein Anwalt durch:

„Ich habe die Vorsitzende gefragt.“

Der die Vertretung des Anwalts der Versicherung meiner Unfallgegnerin darstellende Anwalt verlor sein Interesse am Geschehen und starrte seine eigenen Hände an.

„Ja, klar!“ – Antwortete die Richterin.

Ich gab die Ausdrücke meinem Anwalt und er bewegte sich zum Tisch der Richterin. Alle anderen Anwälte folgten ihm mit mehr oder weniger interessierten Gesichtsausdrücken.

„Schauen Sie hier: Keine Beschleunigungs- oder Bremsspuren. Und hier sehen Sie, wie wenig Abstand zwischen der Haltelinie meines Mandanten und der Unfallstelle ist, dass man hier selbst gewollt keine hohe Geschwindigkeit entwickeln kann. Außerdem zeigen sowohl die Beschädigungen, als auch die Gutachten, dass die Aufprallgeschwindigkeit meines Mandanten bei knapp über 20 Stundenkilometer lag.“ – Triumphierte mein persönlicher apokalyptischer Reiter.

„Ja, Ok, vielen Dank!“ – Meinte die Justiz.

Nachdem mein Anwalt von seiner Mission zurückkehrte, sprach ich ihn darauf an, ob ich vielleicht doch noch aussagen dürfte. Die Frage leitete er an die Richterin weiter.

„Wir haben Sie doch schon mal angehört... Wenn Sie etwas Neues beizutragen haben...“ – Die Justiz war höfflich, aber etwas unentschlossen.

„Nein, mein Mandant wurde nicht angehört.“ – Brachte mein Anwalt Klarheit.

„Moooment...“ – Die Justiz wirkte verunsichert, während sie ihre Unterlagen sortierte.

„Hier nicht, an dem Tag auch nicht, in dieser Sitzung ebenfalls nicht... Ja, Ok, erzählen Sie.“ – Die Augen der Justiz sahen mich an.

Großartig – vor lauter Euphorie, dass ich endlich den Mund aufmachen durfte, kriegte ich ihn nicht mehr auf. Tief ausatmen, noch tiefer einatmen, Showtime:

„Ich stand in der linken Spur an der Haltelinie. Nachdem die Ampel grün wurde, wollte ich anfahren, konnte aber nicht, da zwei Nachzügler von links kamen. Dann wollte ich anfahren, konnte aber wieder nicht, da ein Linksabbieger aus der Richtung, aus der auch meine Unfallgegnerin kam, am Ende der Kreuzung in meiner Spur zum Stehen kam, sodass ich befürchtete, mitten in der Kreuzung zum Stehen zu kommen und den Querverkehr zu blockieren. Dann fuhr er weiter vor, ich kontrollierte die Umgebung, konnte aber den Bereich der Haltelinie meiner Unfallgegnerin nicht sehen, da er durch das Heck von irgendetwas Großem wie Strassenbahn/Bus/LKW verdeckt war. Da es schon ungefähr die Mitte meiner Grünphase war und mein Gegenverkehr bereits anfuhr, ging ich davon aus, dass es mit keinem weiteren Querverkehr mehr zu rechnen war, kontrollierte die Umgebung und fuhr normal, also ohne quietschende Reifen an. In dem Moment sah ich im peripheren Blickfeld ein Fahrzeug von links kommen. Ich fing an zu bremsen, das Fahrzeug durchquerte meine Fahrbahn direkt vor mir. Während des Bremsvorgangs sah ich das Fahrzeug meiner Unfallgegnerin von links kommen, mit dem ich anschließend kollidierte. Ein weiteres Fahrzeug aus derselben Richtung wich uns aus und fuhr weiter.“

Na ja, so war das zumindest geplant. Geworden ist fast das Selbe:

„Ich also in der linken Spur. Also an der Haltelinie. Als die Ampel grün wird, will ich fahren, geht aber nicht, da von links zwei Gefahrensucher kommen. Dann wollte ich anfahren, aber ein Linksabbieger aus der Richtung meiner Unfallgegnerin biegte... bog links ab und verstopfte die Kreuzung in meiner Spur. Dann fährt er vor, ich schaue mich um, der Arsch... Verzeihung!... Das Heck von etwas wie Strassenbahn/Bus/LKW verdeckt mir den Bereich der Haltelinie meiner Unfallgegnerin. Da es bei mir schon kurz vor Rot war und mein Gegenverkehr bereits unterwegs war, war mir klar, dass es mit keinen weiteren Ausreißern mehr zu rechnen war. Ich schaute mich um und fuhr wie immer an, also ohne „quietschende Bremsen“, wie die Gegenseite behauptet. Übrigens, mit der ganzen Elektronik, die in meiner damaligen Kiste steckt, wie Antischlupfregelung, ESP, Allrad mit variabler Drehmomentverteilung etc. ist es technisch unmöglich, auf trockenem Asphalt mit durchdrehenden Reifen anzufahren, selbst wenn man das will. Ok, also weiter. In dem Moment sehe ich mit dem linken Auge einen von links brettern. Ich bremse, er ballert direkt vor meiner Schnauze an mir vorbei. Dann sehe ich meine Unfallgegnerin von links brettern und sie fährt mir die Schnauze ab. Noch einer aus derselben Richtung hat den Elchtest um uns gemacht und ist sorglos weiterfahren.“ – Juhu, also wieder mal gemeistert!

„Ok, also die Ampel wurde grün, zwei Nachzügler räumten die Kreuzung, ich konnte nicht anfahren, da das Ende der Kreuzung durch einen Linksabbieger blockiert war, er fuhr weiter, ich fuhr an, ein Fahrzeug kam von rechts, dann kam die Unfallgegnerin, es kam zur Kollision, ein drittes Fahrzeug wich aus und fuhr ohne anzuhalten weiter. Richtig?“ – Die Richterin sprach aufs Band.

„Haben Sie „von rechts“ gesagt?“ – Mein Anwalt wirkte etwas irritiert.

„Ja, ich habe auch „rechts“ gehört“ – Der Anwalt „meiner“ Versicherung leistete seinen Beitrag zum entstehenden Chaos.

„Habe ich „rechts“ gesagt?“ – Die Richterin übernahm die Führung des entstehenden Chaos.

„Könnten Sie die Aufnahme abspielen lassen?“ – Mein Anwalt bemühte sich, das Chaos in der Anfangsphase unter Kontrolle zu bekommen.

„Ja“ – Die Richterin ließ die Aufnahme ertönen:

„Blablabla, blabla, blabala... von rechts...“

„Ok, stimmt, hmmm... Ja... Also – die Richterin schaltete das Diktiergerät wieder ein – statt von „rechts“ „von links“, korrigiert.“ – Das Diktiergerät wurde auf den Tisch gelegt.

„Ok, sonst etwas?... Nichts? Gut. Die Beweise sind also nach wie vor nicht eindeutig, die Versicherung des Klägers und des... Ähmm...“ – dieses Spiel kannten wir schon und wussten, was zu tun war:

„Wiederbeklagten!“ – mit dieser Nummer könnten wir auf einer Kirmes auftreten.

„Genau! – die Richterin konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen – also die Versicherung des Klägers und des Wiederbeklagten hat schon 2/3 übernommen – der Anwalt „meiner“ Versicherung nickte einverstanden – ich muss es mir noch mal in aller Ruhe anschauen und das Urteil gebe ich Mitte März schriftlich bekannt. Wir brauchen uns nicht mehr zu treffen. Alle einverstanden?“ – Ihr Gebet trug so viel verzweifelte Hoffnung in sich, dass keiner der Anwesenden auf den Gedanken kam, ihr zu widersprechen.

„Kaffee?“ – Brach mein Anwalt das Schweigen, als wir an der draußen rauchenden Anwältin meiner Unfallgegnerin vorbei gingen.

„Klar!“ – Sein Gebet trug so viel verzweifelte Hoffnung in sich, dass ich nicht auf den Gedanken kam, ihm zu widersprechen.

Angekommen im Park, wo der Hund meines Anwalt durch jeden Dreck laufen musste, begriff ich, dass es ein perfektes Sinnbild dafür war, was wir gerade machten: Ziellos durch den Dreck laufen.

„Sag mal, sehe ich es richtig, dass wir im Moment keinen Schritt weiter sind, als bevor wir damit angefangen haben? Wir haben geklagt, nur um klarzustellen, dass ich keinen Fahrfehler gemacht habe. Also nur meines Egos wegen. Das Schmerzensgeld, wenn wir gewonnen hätten, wobei ich gerade „falls“ sagen wollte, wollte ich sowieso spenden. Die Versicherungen haben alles gezahlt. Mein damaliges Fahrzeug ist schon weg, die Höherstufung der Versicherung ist deshalb gar nicht relevant, da die Beziehung mit der Versicherung mit dem Ende des Leasingvertrages endete. Und wo sind wir jetzt? Selbst wenn ich gewinne, was habe ich davon? Dass jemand, den ich nicht mal kenne, versteht, dass ich keinen Fehler gemacht habe? Wenn juckt es?“ – Mein langes Schweigen musste mit diesem Monolog überkompensiert sein.

„Falsch! Wir haben geklagt, als Du fahrlässiger Körperverletzung in Folge eines Verkehrsunfalls beschuldigt warst und gegen Dich ein Strafverfahren lief. Das primäre Ziel war, im Rahmen eines Zivilprozesses zu beweisen, dass Du unschuldig bist, und somit das Strafverfahren positiv zu beeinflussen, auch wenn sie per Gesetz getrennt zu betrachten sind.“ – Brachte mein Anwalt mich auf den Boden der Tatsachen.

„Ok, stimmt. Aber das Thema ist jetzt schon vom Tisch, da das Strafverfahren längst geschlossen ist. Und was machen wir jetzt?“ – Zog ich uns beiden den Boden unter den Füssen weg.

Ich schaute nach oben. Meine persönliche pechschwarze Wolke hatte Haifischflossen und Rudolfs Diesel Gesicht, zwinkerte mir sexuellbelästigend zu und stöhnte wie ein Sünder aus der Hölle.

Im Namen des Urteiles ergeht folgendes Folk:

 

Dem Schreiber wird vorgehaltenen, durch Besudeln in Kindheitstagen nicht nur die Ehe von Dings gescheitert gelassen, sondern auch Verfahrenskosten verursacht zu haben.

Da keiner mehr die Verlogenheit der Wahrheit finden wird, wird hiermit die Gerechtigkeit in Beugehaft und die Versicherung sowohl aus der U-Haft als auch in Anspruch genommen. Ob es Alessio weiter gut geht, wird RTL NitroSuperPlus bald zeigen und ist nicht Gegenstand der Gebührentabelle.

Die Verklärtheit der Angelegenheit wird hiermit bestätigt, die Revision ausgesetzt, der Hund ist an der Leine zu führen.

 

Hochachtungsvoll

fantasticAMG

 

 

 

Puuuuuh...Es ist sprichwörtlich, dass Recht haben und Recht bekommen zwei Paar Schuhe sind – und so ist es tatsächlich.

Dieses Phänomen hat zwei Ursachen:

1) Recht ist Auslegungssache

2)Der Richter war nicht dabei

 

Die Beweisregeln führen dazu, dass ein falscher Sachverhalt dem Urteil zu Grunde liegt und nicht der das Recht bekommt, der objektiv Recht hat. Eine Lösung für dieses Problem hat bisher niemand gefunden und deswegen wird es wohl auf absehbare Zeit dabei bleiben, dass Recht haben und Recht bekommen tatsächlich zwei Paar Schuhe sind.

 

Wie der (Un)Fall wohl mit Deinem heutigen Fahrzeug ausgegangen wäre...:-)

 

 

 

Themenstarteram 14. Februar 2017 um 19:42

@fantasticAMG

1. Loooooooooooooooooooooooooooooooooooooooooool!

2. Eigentlich ist es ziemlich einfach: Hätte ich eine Dash Cam im Fahrzeug (die ich zu dem Zeitpunkt hatte, die aber zu Hause lag) und hätte das Gericht die Aufnahmen als Beweismittel zugelassen, wäre alles klar gewesen.

3. Wie so ein Unfall mit meinem heutigen Fahrzeug ausgegangen wäre, möchte ich mir gar nicht vorstellen. Und nicht nur, weil mein aktuelles Fahrzeug einen sehr hohen emotionalen Wert für mich hat, sondern weil meine Unfallgegnerin nicht nur einen Airbag abbekommen hätte, sondern sehr wahrscheinlich tatsächlich verletzt wäre.

Also lieber unfallfrei fahren und das Leben geniessen. Sorry für die Binsenweisheit.

Warum hält sich dieser Quatsch mit der Nichtverwertbarkeit von Dashcams so hartnäckig? Ich fahre seit 4 Jahren nicht mehr ohne (BlackVue), hatte bisher 2 Unfälle und in beiden aufgrund des Bildmaterials meine Unschuld bzw. die Schuld des Unfallgegners beweisen können. Die Versicherungen jubeln bei den Bildern, die Anwälte verzweifeln, die Datenschützer-Apostel bekommen graue Haare. Völlig unverständlich. Für den zweckgemäßen Einsatz der Cams gibt es einfach keine Gegenargumente.

@AsiRider

Fraglich ist, ob es zu dem Unfall gekommen wäre. Natürlich hast Du (ausnahmsweise) Recht. Also mit der Binsenweisheit.

Aber stell Dir vor, Du schipperst mit einer Nussschale in Form eines kleinen Segelbootes über das Meer. Vor Dir baut sich langsam aber sicher einer von diesen rießigen Containerschiffen auf. Wenn du dann noch meinst, kurz vor dem Tanker seine Bahn kreuzen zu müssen...:D

Themenstarteram 14. Februar 2017 um 19:58

@alcazar01

Die Zulassung der Dash Cam als Beweismittel liegt jedes Mal im Ermessen des Gerichtes, wobei es aufgrund von ein paar Präzedenzfällen immer einfacher wird. Die Gegenargumente halte ich ebenfalls für schwachsinnig.

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