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Ford Scorpio Mk2 2.3 Test

14.03.2018 17:36    |   Bericht erstellt von Don Rogers

Testfahrzeug Ford Scorpio Mk2 2.3
Leistung 147 PS / 108 Kw
Hubraum 2295
HSN 0928
TSN 959
Aufbauart Limousine
Kilometerstand 290000 km
Getriebeart Handschaltung
Erstzulassung 8/1996
Nutzungssituation Privatwagen
Testdauer mehr als 3 Jahre
Gesamtnote von Don Rogers 4.0 von 5
weitere Tests zu Ford Scorpio Mk2 anzeigen Gesamtwertung Ford Scorpio Mk2 (1994 - 1998) 4.0 von 5
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Einleitung

Jahrelang als privaten Alltagswagen gefahren, ist auch nicht mein erster Scorpio. Insgesamt hatte ich diverse Mk.I & Mk.2, war im Allgemeinen stets sehr zufrieden. Ich mag diese Autos und halte sie für absolut verkannt.

 

Inzwischen aus Schonungsgründen abgemeldet und derzeit nur in regelmäßigen Abständen per Kurzzeit-Nummer bewegt, weil es nicht mehr viele gibt und er mir zum Aufbrauchen zu schade geworden ist. Soll mal irgendwann auf Saison angemeldet werden (vielleicht sogar eines Tages auf H-Nummer, wäre schön).

Galerie

Karosserie

4.0 von 5

 

Testkriterien
Platzangebot vorn: eng geräumig
Platzangebot hinten: eng geräumig
Kofferraum: klein groß
Übersichtlichkeit: schlecht gut
Qualitätseindruck: minderwertig hochwertig
Fazit - Karosserie
  • + Gute Verarbeitung und Materialien
  • + Qualitativ ordentliche Anmutung
  • + Fürstliches Platzangebot
  • - Das skurrile Plastikholz ist Geschmacksache - ich zumindest sehe es als zeitgenössisch-schräg an, aber nicht jeder mag es.
  • - Die Schlösser (Zündschloß, Türschlösser) und die Schlüssel sind eine Katastrophe, wie bei allen Ford der 80er, 90er und frühen 00er Jahre. Die Schlüssel nutzen erstens stark ab, zweitens zerlöchern sie die Hosentaschen und drittens kann man damit auch noch jeden x-beliebigen anderen Alt-Ford am Straßenrand aufschließen, also Diebstahlschutz gleich Null. Die Schlösser sind schnell hakelig, nudeln aus oder verweigern einfach irgendwann den Dienst.

Antrieb

4.0 von 5

 

Testkriterien
Motorleistung: schwach stark
Durchzug: unelastisch elastisch
Drehfreude: zäh agil
Getriebe/Schaltverhalten: schlecht gut
Verbrauch: durstig effizient
Reichweite: gering hoch
Fazit - Antrieb
  • + Sehr laufruhiger, kraftvoller und elastischer Motor
  • + Auch aus heutiger Sicht recht genügsamer Vebrauch, 7.5-8,5l/100 km im Schnitt

Fahrdynamik

3.5 von 5

 

Testkriterien
Wendekreis: groß klein
Beschleunigung: langsam schnell
Lenkung: schwammig direkt
Bremsen: schwach standfest
Fahrverhalten: unausgeglichen ausgeglichen
Kurvenverhalten: unsicher sicher
Wendigkeit: träge agil
Fazit - Fahrdynamik
  • + Narrensicheres, extrem gutmütiges und gut beherrschbares Fahrverhalten, trotz Hinterradantrieb (oder gerade weil...:-))
  • + Gute und sehr standfeste Bremsen
  • + Kommt gut "aus dem Quark" - und das ganz ohne Turbolader-Exzesse....es geht eben nichts über hubraumstarke, solide Saugmotoren !
  • - Na ja, der Wendekreis....aber okay, es ist eine ausgewachsene Limousine und eben kein Kleinwagen...

Komfort

4.5 von 5

 

Testkriterien
Federung (komfortabel): schlecht abgestimmt gut abgestimmt
Sitze vorn: unbequem bequem
Sitze hinten: unbequem bequem
Innengeräusche: laut leise
Bedienung: kompliziert intuitiv
Heizung/Klimatisierung: schwach wirkungsvoll
Fazit - Komfort
  • + Perfekter Sitzkomfort vorne wie hinten, sehr Sofa-artig, aber trotzdem nicht so watteweich und konturlos wie etwa in alten Franzosen
  • + Okay, je mehr Extras, umso mehr Bedienknöpfe, Aber im Allgemein doch übersichtlich und schnell zu erfassen. Mit jahrelanger Ford-Erfahrung auch geradezu intuitiv. ;-)
  • + Super angenehmer Federungskomfort, aber trotzdem nie zu schwammig.
  • + Angenehm zurückhaltender Geräuschpegel
  • - Die Heizungsleistung und auch die Klimatisierung könnte etwas besser sein, aber das ist man von verschiedenen Ford-Modellen schon beinahe so gewohnt....gibt aber auch deutlich schlimmeres, insofern noch im akzeptablen Bereich.

Emotion

4.0 von 5

 

Testkriterien
Design: langweilig attraktiv
Temperament (komfortabel): ausbaufähig realisiert
Image: negativ positiv
Fazit - Emotion
  • + Geiles Design: Ein bißchen amerikanisch, ein bißchen schräg und obskur, aber garantiert nicht langweilig und letztlich doch zeitlos elegant
  • + Der plüschige Innenraum mit Plastikholz, der die Reste einer gutbürgerlichen 70er Jahre-Wohnzimmer-Atmosphäre kultiviert und damit auch die letzten Erinnerungen an den seligen Ford Granada konserviert.
  • - Ein Image ist quasi nicht vorhanden. Entweder interessieren sich nur absolute Liebhaber und Fans für das Auto (solche wie ich) oder die Leute kennen es gar nicht erst ("Scorpio ? Nie gehört, was soll das sein ?"). Dadurch natürlich auch viele Vorurteile bei Fahrern anderer Marken, die im Grunde genommen aber gar keine Ahnung haben (können), um was für ein vortreffliches Fahrzeug es sich hier handelt.

Unterhaltskosten

Gesamtfazit zum Test

Aus diesen Gründen kann ich den empfehlen:

Solide, geräumig, im Allgemeinen ausgereift, langlebig und zuverlässig was Motor, Getriebe und Technik angeht. Fahrsicher, komfortabel, meistens gut ausgestattet.

 

Für die Größe relativ sparsam zu bewegen und günstig im Unterhalt (bezogen auf die DOHC-Vierzylinder - die V6-/Cosworth-Maschinen sind dagegen vergleichsweise teuer).

 

Einmalige, schräg-eigenwillige aber dennoch elegante Form, die man definitiv nicht an jeder Ecke sieht.

 

Häufig sehr geringer Anschaffungspreis (oft schon für wenige Hunderter, sogar mit ein paar Monaten Rest-TÜV).

 

Ein tolles, absolut empfehlenswertes Auto mit Stil - wenn man die Punkte beachtet, die ich untenstehend ausgeführt habe:

Aus diesen Gründen kann ich den nicht empfehlen:

Leider sind oftmals verlebte, runtergerittene Fahrzeuge mit Wartungsstau anzutreffen - insbesondere bei extrem preisgünstigen Exemplaren und natürlich den im Unterhalt teuren, anfälligen und komplizierten 2.9i-24V-Cosworth-Versionen (haben häufig Ärger mit den Steuerketten, die sich längen oder überspringen können).

 

Also genau gucken und nicht unbedingt das erstbeste bzw. bestgünstigste Fahrzeug kaufen !

 

Rost, Rost, Rost - ist ein häufig anzutreffendes Problem, wobei wir natürlich wieder vor allem bei den ungepflegten Autos landen. Aber selbst gute Fahrzeuge aus Rentnerhand haben bisweilen damit zu kämpfen. Besonders kritische Stellen: Schweller komplett, Unterboden, Radläufe hinten, Hinterachse bzw. deren Aufnahmen.

 

Die DOHC-Vierzylinder (2.0 8V; 2.0 16V; 2.3 16V) sind an sich extrem solide konstruiert und langlebig, dazu genügsam. Allerdings gibt es vereinzelt auftretende Probleme mit den Zylinderkopfdichtungen bzw. daraus resultierend den Zylinderköpfen sowie mit gerissenen Ansaugbrücken. Darauf ein wenig achten.

 

Das Hauptproblem und oft das Todesurteil nahezu aller Scorpio Mk.II: Die extrem anfälligen, minderwertigen Kabelbäume. Die haben sogar gepflegte, rostfreie Autos schon in die Schrottpresse gebracht!

 

Die Elektrik kann nämlich dermaßen marode sein, dass einem die Kabel schon vom schiefen angucken zerbröseln und jede Menge absonderlicher Fehler produzieren, bis hin zum völligen Stillstand des Fahrzeugs. Eine unglaubliche Ingenieurs-Fehlleistung, diese "umweltfreundlichen", weil schnell kompostierenden Kabelbäume.

 

Zum Thema Elektrik (welches ich absolut hasse!) gehören auch streikende Steuergeräte oder abgesoffene Sicherungskästen, das steht meistens aber auch in direktem Zusammenhang mit den bröckeligen Kabelbäumen und oxidierten Steckern.

 

Am besten einen Scorpio finden, bei dem der Kabelbaum schon mal nachweislich (!) von einem Fachmann (!!) instandgesetzt wurde, am besten Strippe für Strippe neu aufgebaut (!!!) und bitte nicht mit Isolierband und viel Kontaktspray zusammengeflickt...Oft sind nicht nur die Teile des Kabelbaums hinüber die man sehen kann, sondern gerade die versteckten Bereiche, die man nicht ohne weiteres erkennt.

 

Oder man sollte zumindest einen fachkundigen Autoelektriker im privaten Umfeld haben, der Zeit und Lust dazu hat, sich an ein paar langen Winterabenden mit der Aussicht auf drei Kisten Bier der Sache anzunehmen. :-)

 

Ersatzteile sind nicht unbedingt leicht zu bekommen, vor allem dann nicht, wenn es sich um Scorpio-spezifische Teile handelt (wie eben z.B. die Kabelbäume: Gibts neu überhaupt nicht mehr und die meisten gebrauchten sind fertig).

 

Normale Verschleißteile sind aber in der Regel kein Problem.

 

Und beim FFH kennt sich keine Sau mit dem Scorpio aus - wenn man damit auf den Hof rollt, wird man höchstens mitleidig angeguckt. Die interessieren sich dort nicht für diesen Wagen, wissen teilweise nicht mal mehr, was das für ein Fahrzeug ist. Traurig, aber wahr.

 

Da ist eher Eigeninitiative gefragt und am besten Verbindung zu Markenclubs oder anderen Fans / Scorpio-Schraubern bzw. Liebhabern mit dem entsprechenden Enthusiasmus für dieses seltene Fahrzeug.

 

Wenn man all das beachtet und irgendwann entweder ein wirklich gutes Exemplar gefunden oder ansonsten eines mit brauchbarer Substanz wieder neu aufgebaut hat (was natürlich ökonomisch ein reines Verlustgeschäft ist, da zählt dann wirklich nur der persönliche Idealismus als Wert), besitzt man ein Top-Fahrzeug, welches in seinen Kernkompetenzen kein Stück schlechter ist als vergleichbare Mercedes, Audi oder BMW aus jener Zeit, die ja immer gerne als leuchtende Referenz herhalten müssen.

 

Wenn einem alles egal ist, kann man aber auch nach der Devise verfahren "No Risk, No Fun!" und eine billige Hinterhof-Schleuder für 400 Tacken mit Radlaufrost erwerben, mit der man einfach nur die restlichen 5 Monate TÜV runterfährt.

 

Entweder hat man dann tatsächlich zufällig Glück und der Scorpio macht für diese Zeit auch was er soll, oder er überrascht einen jeden Tag mit neuen Zicken und ist zuverlässig unzuverlässig :-). Wenn er aber fährt, macht er so oder so auf jeden Fall Freude und beglückt mit großartigem Fahrfeeling.

Gesamtwertung: 4.0 von 5
Das Testfahrzeug erhielt im Test durchschnittlich 4.0 von 5 möglichen Sternen
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