• Online: 3.580

Autohersteller suchen die Nähe zu Start-ups - Warum Autohersteller in Start-ups investieren

verfasst am

Autohersteller beteiligen sich gerne an Start-up-Unternehmen. Sie wollen so schneller werden und neue Geschäftsfelder erschließen. Dem Autofahrer kann das nur recht sein.

Neue Dienstleistungen rund um die Mobilität sehen die Autohersteller als Wachstumsfelder. Dafür beteiligen sie sich zunehmend finanziell und mit Infrastruktur an Start-ups Neue Dienstleistungen rund um die Mobilität sehen die Autohersteller als Wachstumsfelder. Dafür beteiligen sie sich zunehmend finanziell und mit Infrastruktur an Start-ups Quelle: Volkswagen

München/Dresden – Mit einem Fingertipp wählt der Nutzer den Fahrdienst an, mit einem weiteren bezahlt er die Fahrt. Das Smartphone wird zur Schnittstelle zu Mobilitätsdienstleister und Hausbank. Parkplatzsuche, Stauprognosen, Benzinspartraining – viele neue Dienste sollen schon bald das Autofahren, oder generell das Dasein, erleichtern.

Die Dienste dafür kommen häufig von der klassischen Automobilindustrie. Denn die will ihre Kunden besser an sich binden. Vorbei die Zeiten, in denen sie nur Blech und starke Motoren verkaufen wollte: „Mobilitätsdienstleister werden“ steht bei praktisch jedem Autohersteller in der Langzeitstrategie. Um schneller auf Trends und den Markt reagieren zu können, kauft sich die Branche zunehmend bei Start-up-Unternehmen ein.

„Kooperationen mit Start-ups könnten den Herstellern dabei helfen, ihre eigene Innovationskultur zu verbessern", sagt Matthias Bentenrieder, Partner und Automobilexperte bei der Beraterfirma Oliver Wyman. Es gehe um unternehmerisches Denken und Agilität im Handeln der Mitarbeiter. Außerdem, so Bentenrieder, seien die Kooperationen eine hervorragende Quelle für neue Geschäftsideen und frühzeitige Kontaktaufnahme mit potenziellen Partnern.

Start-ups sind schneller

"No Limits" wünscht sich Daimler-Chef Dieter Zetsche von der Stuttgarter Start-up Autobahn "No Limits" wünscht sich Daimler-Chef Dieter Zetsche von der Stuttgarter Start-up Autobahn Quelle: Daimler Oftmals können Start-up-Unternehmen aufgrund ihrer Größe und Unternehmensstruktur ihre Geschäftsmodelle klarer auf Kunden und Markt ausrichten und diese gleichzeitig agil und schnell weiterentwickeln. „In einem etablierten Unternehmen mit gewachsenen hierarchischen Strukturen stellt sich das deutlich schwieriger dar“, sagt Bentenrieder.

Beispiel BMW: Der Münchener Autokonzern gründete das Projekt i Ventures, das bisher in etwa 20 Start-ups investiert hat. Die arbeiten hauptsächlich im Bereich Mobilitätsdienstleistungen und Elektromobilität. Die Daimler AG betreibt gemeinsam mit Porsche, BASF und ZF die Innovationsplattform „Startup Autobahn“ in Stuttgart. „Die Zusammenarbeit hilft in der digitalen Welt, den Überblick über die weltweite Gründerszene und die hier vorhandenen Ideen und aufkommenden Trends zu behalten“, sagt Mamatha Chamarthi, zuständig für Digitales beim Zulieferer ZF.

Für „Startup Autobahn“ wurden 28 junge Unternehmen ausgewählt, die rund um Mobilität, Produktion und Kommunikation Produkte oder Programme entwickeln. Unternehmen wie „BlueInductive“. Das Start-up will Elektroautos mit Magnetspulen während der Fahrt laden – über ein spezielles Ladepad am Unterboden des Autos und ein zweites im Asphalt. Eine solche Lösung wäre ideal für stressfreies Fahren mit einem Elektroauto von München nach Hamburg.

Das Unternehmen GuardKnox entwickelt Hardware-Sicherheitssysteme für die digitalen Ökosysteme von Autos, damit Cyberangriffe keine Chance haben. Nebenan forscht die Firma Holo-Light an Augmented-Reality-Anwendungen für Microsofts HoloLens. Mit ihr lassen sich Fahrzeuge einfacher entwickeln oder Autos leichter reparieren. Eine Vision: Dem Mechaniker wird bei einer Reparatur die korrekte Lage der Bauteile ins Sichtfeld gespielt.

„Start-ups bringen neue Perspektiven und Lösungsansätze und können durch ihre agile Organisation schnell verschiedene Iterationsstufen durchlaufen“, sagt Philipp Gneiting von Daimler. Konzerne wollen hier von Start-ups lernen – die jedoch können solche Projekte meist schneller umsetzen.

VW siedelt Start-ups in Dresden an

Der Volkswagen-Konzern kooperiert ebenfalls mit jungen Unternehmen. Die Firma Smart City hat ein Sensorsystem entwickelt, das in Echtzeit den Belegungsstatus eines Parkplatzes erkennt. Das System navigiert zu freien Parkplätzen. Für den Autofahrer könnte das bedeuten: nie wieder Parkplatzsuche. LoyalGo forciert über ein spezielles Bonussystem den Ausbau von Ladesäulen für Elektrofahrzeuge in Zusammenarbeit mit lokalen Einzelhändlern und will damit die Anzahl der öffentlichen Ladesäulen deutlich steigern.

Das Startup Hololight entwickelt virtuelle Entwicklungsumgebungen Das Startup Hololight entwickelt virtuelle Entwicklungsumgebungen Quelle: Hololight Ekoio hat einen intelligenten Fahrassistenten entwickelt, der Fahrzeugnutzern, Versicherungen, Car-Sharing-Unternehmen oder Flottenkunden Daten zu Fahrgewohnheiten der Autonutzer gibt und eine sparsame Fahrweise belohnt. Tretbox konzipierte ein elektrisches Lasten-Pedelec mit Wetterschutz für die Paketzustellung auf Kurzstrecken. Später soll es auch autonom fahren können.

„Wir wollen mit den Kooperationen unter anderem die Schnelligkeit und Flexibilität von Start-ups nutzen, innovative Themen zur Marktreife zu entwickeln und auszurollen“, sagt Carsten Krebs, Initiator des VW Start-up-Inkubators in Dresden. Dadurch will der Konzern Innovationen schneller ins Auto sowie neue Mobilitätskonzepte auf die Straße und damit zum Kunden bringen. Und dann natürlich Geld damit verdienen.

Neue Dienstleistungen als Wachstumsfeld

Von einem neuen Trend möchten Branchenbeobachter nicht sprechen, trotz des scheinbar neuen Interesses der Autobranche an Start-ups. Seit dem Jahr 2000 entstanden laut einer Oliver-Wyman-Analyse weltweit mehr als 1.000 Unternehmen in der Automobilbranche. Vergleichsweise jung allerdings ist das große Interesse der Automobilhersteller an Mobilitätsdienstleistungen.

Die Branche sieht hier großes Potenzial: Bis 2025 sollen sich die Einnahmen aus Mobilitätsdienstleistungen weltweit verdreifachen. „Während Automobilhersteller weiterhin ihre Dominanz in technik- und hardwaregetriebenen Angeboten behaupten können, fokussieren sich Start-ups auf die Entwicklung von softwaregetriebenen Services rund um Mobilität“, sagt Matthias Bentenrieder von Oliver Wyman.

Den Vorteil für Kunden sieht Matthias Bentenrieder in neuen und innovativen Angeboten, die die tägliche Mobilität angenehmer, schneller und auch günstiger machen. Die größte Herausforderung sei dabei, die von den Kunden erwarteten Qualitätsstandards bei Neuwagen auf App-basierte Angebote auszuweiten. Das digitale Ökosystem werde in den kommenden Jahren wachsen und hohen Kundennutzen bieten. Während Autofahren heute noch die ganze Aufmerksamkeit fordert, kann es künftig mit anderen Tätigkeiten verbunden werden. Wie, während der Fahrt ganz legal auf dem Smartphone zu tippen.

*****

In eigener Sache: Ab sofort verschicken wir unsere besten News einmal am Tag (Montag bis Freitag) über Whatsapp und Insta. Klingt gut? Dann lies hier, wie Du Dich anmelden kannst. Es dauert nur 2 Minuten.

Avatar von Reifenfüller133278
24
Hat Dir der Artikel gefallen? 3 von 4 fanden den Artikel lesenswert.
Diesen Artikel teilen:
24 Kommentare: