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LPG-Anlagen: Venturi, sequenziell und flüssig einspritzend im Vergleich - So kommt das Autogas in den Motor

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Die Alternative zu Benzin kostet knapp 80 Cent: MOTOR-TALK erklärt, wie LPG-Anlagen funktionieren und vergleicht Venturi, (teil-)sequenzielle und LPI-Systeme.

So funktioniert Autogas: MOTOR-TALK erklärt, welche Anlage sich für welches Auto eignet So funktioniert Autogas: MOTOR-TALK erklärt, welche Anlage sich für welches Auto eignet Quelle: MOTOR-TALK, Prins Autogassystemen B.V.

Berlin – Gegen hohe Benzinpreise hilft kein Sprit-Knauser: Für 1,50 Euro pro Liter Super möchte jeder Gasstoß gut überlegt sein. Diesel kostet kaum weniger, hinzu kommen die höheren Unterhaltskosten eines Selbstzünders. In den vergangenen zehn Jahren ist der Kraftstoffpreis um rund 50 Cent je Liter gestiegen – ein Preisfall wird nicht kommen.

Autogas tanken: Die Propan-Butan-Mischung kostet nur halb so viel wie Super-Benzin Autogas tanken: Die Propan-Butan-Mischung kostet nur halb so viel wie Super-Benzin Quelle: MOTOR-TALK Die hohen Kosten rufen alternative Antriebe auf den Plan. Viele von ihnen sind noch nicht ausgereift, andere können sich nicht mit fossilen Brennstoffen messen: Ladestationen für Elektro-Autos gibt es nur vereinzelt, ein flächendeckendes System von Wasserstoff-Tankstellen ist Zukunftsmusik.

Gas im Auto: Günstig und umweltverträglich

Einzig für Erdgas („CNG“, Compressed Natural Gas) und Autogas („LPG“, Liquified Petroleum Gas) gibt es bundesweit eine gute Infrastruktur. 900 Erdgas- und 6.500 Autogas-Säulen sichern eine zuverlässige Versorgung. Beide Kraftstoffe funktionieren nach dem Verbrennungs-Prinzip, sind aber umweltfreundlicher und günstiger als Benzin oder Diesel.

Einige Hersteller bieten die Systeme als Sonderausstattung für Neuwagen an. Viele Fahrzeuge lassen sich nachträglich auf Erd- oder Autogasbetrieb umrüsten. In diesem Artikel erklären wir Euch die Funktionsweise von Autogas (LPG), das Umrüst-Prozedere und die Vor- und Nachteile der verschiedenen Anlagentypen.

So funktionieren LPG-Anlagen

Bevor ein Fahrzeug Autogas tanken und verbrennen kann, sind umfangreiche Arbeiten nötig. Autogas besteht aus Propan und Butan und ist bei normalem Luftdruck gasförmig. Unter einem Druck von fünf bis zehn bar verflüssigt sich das Gemisch und lässt sich lagern.

Eine sequenzielle Autogasanlage an einem Vierzylinder-Motor Eine sequenzielle Autogasanlage an einem Vierzylinder-Motor Quelle: Autogassysteme Rheinbach GmbH Benzintanks sind für diese Belastung nicht ausgelegt. Deshalb verfügen Autogas-Anlagen über einen eigenen Tank. Die Hersteller bieten verschiedene Größen und Einbau-Positionen an. Meistens sitzt er in der Reserveradmulde, größere Behältnisse werden im Kofferraum installiert. Das reduziert den Laderaum, erhöht aber die Reichweite mit Gas.

Das Autogas schiebt sich durch den eigenen Überdruck oder eine Gaspumpe in separaten Leitungen zum Motor. Ab hier unterscheiden sich die Systeme: Einige Anlagen verdampfen das LPG und blasen es in den Ansaugtrakt, andere spritzen es in flüssiger Form ein. Verdampfer-Anlagen nutzen die Motorwärme, um das LPG gasförmig zu machen. Das passiert ab einer Kühlmitteltemperatur von etwa 35 Grad. Ein eigenes Steuergerät bestimmt Einspritzmenge und –zeitpunkt und stoppt die Benzin-Zufuhr während des Gasbetriebs. Die meisten LPG-Anlagen starten auf Benzin und schalten selbstständig auf Gas um, sobald die Anlage bereit ist.

Die Umrüstung eines Autos kostet zwischen 1.300 und 5.000 Euro – abhängig von Anlagen- und Motortyp. Autogas bietet eine geringere Energiedichte als Benzin, für die gleiche Leistung muss also mehr Kraftstoff verbrannt werden. Der Mehrverbrauch gegenüber Benzin liegt zwischen 10 und 40 Prozent. Hinzu kommt eine Gasanlagen-Prüfung (ca. 26 Euro oder als Teil der Hauptuntersuchung für ca. 20 Euro) und die Wartung bei Anlagen mit Verdampfer (ca. 60 bis 100 Euro).

Es gibt für fast jeden Motor den passenden Anlagen-Typ:

Venturi-Anlage: Das veraltete Einstiegs-Modell

Venturi-Systeme arbeiten nach dem Vergaser-Prinzip. An einem zentralen Punkt im Ansaugtrakt sitzt eine Membran. Die lässt, abhängig von der Menge der angesaugten Luft, gasförmiges LPG in den Ansaugkrümmer. Von dort strömt das Gemisch in alle Brennräume. Ein Elektromotor regelt den Gasfluss zur Membran.

Hier wird das LPG gasförmig: Im Verdampfer erhitzt Kühlwasser den Kraftstoff Hier wird das LPG gasförmig: Im Verdampfer erhitzt Kühlwasser den Kraftstoff Quelle: Prins Autogassysteme B.V. Dieses Prinzip birgt die gleichen Nachteile wie ein Vergaser: Der Kraftstofffluss lässt sich nicht genau steuern. Während des Ansaugtaktes entsteht im Motor Unterdruck, der den Luftstrom verursacht und damit das Gas ansaugt. Die Anlage führt dem Motor deshalb etwas mehr Gas zu, als dieser im Idealfall für das optimale Gemisch benötigen würde. Hersteller und Umrüster sprechen von 20 bis 25 Prozent Mehrverbrauch, in der Praxis sind es etwa 30 Prozent.

Venturi-Anlagen sind verhältnismäßig günstig: Mit Montage und TÜV-Abnahme kostet die Umrüstung ungefähr 1.300 Euro. Deutsche Anbieter verbauen sie aber nur noch selten: Sie sind nur für Fahrzeuge mit einschließlich Euro 2 zulässig. Im Gas-Betrieb füllt sich außerdem der Ansaugtrakt zwischen Drosselklappe und Einlassventilen mit einem explosiven LPG-Luft-Gemisch. Bei Fehlfunktionen der Zündanlage und nicht vollständig schließenden Ventilen kann es sich entzünden. Das sogenannte „Backfire“ zerstört im schlimmsten Fall den Luftfilterkasten. Diese Gefahr lässt sich durch Überdruckventile mindern.

  • Vorteile: Günstiger Preis, einfache Montage
  • Nachteile: „Backfire“-Gefahr, hoher Mehrverbrauch, veraltete Technik, Wartungskosten, spürbarer Leistungsverlust, maximal Euro 2 möglich, Gaszufuhr erst ab 35° Kühlmitteltemperatur
  • Geeignet für: Motoren mit Vergaser oder Singlepoint-Einspritzung. Prinzipiell für alle Motoren bis Abgasnorm Euro 2
  • Preis: Etwa 1.300 Euro (Anlage für Vierzylinder-Motoren inkl. Montage, Abstimmung und TÜV-Abnahme)

Sequenzielle Anlagen: Für jeden Topf eine Düse

Verdampfer und Einblasdüsen einer sequenziellen Autogasanlage Verdampfer und Einblasdüsen einer sequenziellen Autogasanlage Quelle: Prins Autogassysteme B.V. Sequenzielle Autogas-Anlagen sind komplexer aufgebaut. Jeder Zylinder erhält eine eigene Einblasdüse. Das LPG-Luft-Gemisch bildet sich direkt vor dem Einlassventil. Das sequenzielle System greift das Signal von den serienmäßigen Einspritzdüsen ab und führt entsprechend den Zylindern Kraftstoff zu.

Dadurch steigt der Arbeitsaufwand. Der Umrüster baut den Ansaugkrümmer ab, bohrt Löcher hinein und montiert darin Gas-Schläuche. Hier muss sorgfältig gearbeitet werden: Metallspäne können den Motor schwer schädigen. Die Düsen werden an einem Halter befestigt und an die Schläuche angeschlossen.

Der Verbrauch steigt im Vergleich zum Benzinbetrieb um 15 bis 20 Prozent. Die Umrüstung eines Vierzylinder-Motors mit einer günstigen sequenziellen LPG-Anlage kostet etwa 1.600 Euro. Hochwertige Modelle sind rund 600 Euro teurer.

  • Vorteile: Höhere Effizienz als Venturi, günstiger Preis, für die meisten Saugrohr-Einspritzer verfügbar
  • Nachteile: Wartungskosten, nicht für Direkteinspritzer, Gaszufuhr erst ab 35° Kühlmitteltemperatur
  • Geeignet für: Saugrohr-Einspritzer mit elektronischer Steuerung
  • Preis: 1.600 bis 2.200 Euro für Vierzylinder-Motoren, pro zusätzlichem Zylinderpaar plus ca. 400 Euro (Anlage inkl. Montage, Abstimmung und TÜV-Abnahme)

Teilsequenzielle Einspritzung: Für mechanische Einspritzanlagen

Ein Autogas-Tank in der Reserverad-Mulde Ein Autogas-Tank in der Reserverad-Mulde Quelle: Prins Autogassysteme B.V. Alte Motoren mit mechanischen Einspritzanlagen (z. B. Bosch K(E)-Jettronic) liefern kein elektronisches Einspritzsignal. Ein Mengenteiler übernimmt die Aufgabe des Steuergeräts und steuert mechanisch jede Einspritzdüse an.

Eine sequenzielle LPG-Anlage kann diese Information nicht verarbeiten. Venturi-Anlagen stellen keine adäquate Alternative dar: Ein „Backfire“ könnte einen Teil der Einspritzanlage beschädigen. Deshalb kommt bei solchen Motoren ein Kompromiss zum Einsatz. Die teilsequenzielle LPG-Anlage funktioniert wie eine sequenzielle Anlage, verfügt aber über ein eigenes Kennfeld.

Aus Öffnungswinkel der Drosselklappe, Werten der Lambdasonde und Drehzahl errechnet das Steuergerät, wann welcher Zylinder wie viel Gas benötigt. Die Anlage ist vollständig programmierbar und lässt sich deshalb ideal an jeden Motor anpassen. Das bedeutet bei der Umrüstung allerdings einen hohen Aufwand und erfordert viel Erfahrung.

  • Vorteile: Volle Anpassungsmöglichkeit, Alternative für mechanische Einspritzungen
  • Nachteile: Wartungskosten, aufwändige Abstimmung, wenige Umrüster bieten das System an, Gaszufuhr erst ab 35° Kühlmitteltemperatur
  • Geeignet für: Motoren mit mechanischer Einspritzung
  • Preis: Rund 2.000 Euro für Vierzylinder-Motoren (6-Zylinder: ca 2.300 Euro, 8-Zylinder: ca 2.600 Euro)

LPI-Anlagen: Wartungsfrei mit flüssigem Kraftstoff

Fertig montiert: Einspritzdüsen einer flüssig einspritzenden LPG-Anlage in einem V8-Motor Fertig montiert: Einspritzdüsen einer flüssig einspritzenden LPG-Anlage in einem V8-Motor Quelle: MOTOR-TALK Flüssig einspritzende („LPI“-) Anlagen verzichten auf den Verdampfungs-Prozess. Eine Kraftstoffpumpe im Tank verdichtet das LPG und treibt es in flüssiger Form zum Motor. Die Einspritzdüsen sitzen in der Ansaugbrücke, das LPG verdampft durch die Motorwärme in Ansaugbrücke und Brennraum. Wartungskosten für Verdampfer und Filter entfallen.

Die Hochdruckpumpe hebt den Preis der flüssig einspritzenden Systeme: Eine LPI-Anlage für Vierzylinder-Motoren kostet etwa 300 Euro mehr als eine sequenzielle Anlage. Dafür steigt der Wirkungsgrad: Das flüssige LPG kondensiert in Saugrohr und Brennraum und kühlt damit die Ansaugluft. Es entsteht kein Leistungsverlust, der Mehrverbrauch beträgt nur 10 bis 15 Prozent.

LPI-Anlagen funktionieren bei jeder Motortemperatur. Allerdings benötigt die Hochdruckpumpe ungefähr eine Minute, um genügend Druck aufzubauen. In dieser Phase verbrennt der Motor Benzin, ein Start mit Gas ist nicht möglich. Dementsprechend eignen sich LPI-Anlagen nur bedingt für Kurzstreckenfahrten.

  • Vorteile: Kein Leistungsverlust, wenig Mehrverbrauch, vorkonfektionierte Kennfelder (Vialle-LPI), keine Wartungskosten
  • Nachteile: Hoher Preis, bedingte Kurzstreckentauglichkeit
  • Geeignet für: Motoren mit elektronischer Saugrohreinspritzung
  • Preis: Rund 2.500 Euro für Vierzylinder-Motoren

Direkt einspritzende Anlagen: Ohne Umweg durch das Saugrohr

Seit einiger Zeit lassen sich auch Direkteinspritzer umrüsten. Die Autogas-Systeme nutzen die serienmäßigen Hochdruckpumpen Seit einiger Zeit lassen sich auch Direkteinspritzer umrüsten. Die Autogas-Systeme nutzen die serienmäßigen Hochdruckpumpen Quelle: Prins Autogassysteme B.V. Bis vor einigen Jahren war es nicht möglich, Direkteinspritzer auf Autogas umzurüsten. Theoretisch ließe sich das LPG ins Saugrohr einspritzen. Ohne den kühlenden Benzinfluss würden die Benzin-Einspritzdüsen aber verbrennen. Erste Experimente teilten die Kraftstoffversorgung auf: Nach einigen Verbrennungstakten mit Gas spritzte das System zwei Takte lang Benzin ein. Das Motormanagement konnte dieses Prinzip nur schlecht verarbeiten und legte in bestimmten Situationen einen Fehler im Steuergerät ab. Das nervte viele Kunden.

Mittlerweile haben einige Hersteller einen Weg gefunden. Das LPG wird flüssig dem serienmäßigen Kraftstoffsystem zugeführt, über die bereits vorhandene Hochdruckpumpe verdichtet und mit den serienmäßigen Ventilen eingespritzt. Das LPG übernimmt die Kühlfunktion des Benzins. Einige Anlagen können sogar mit LPG starten.

Das System erfordert einen hohen Entwicklungsaufwand. Deshalb lassen sich bisher nur wenige Motoren umrüsten. Der Preis für die Umrüstung eines Vierzylinder-Motors beträgt etwa 3.000 Euro.

  • Vorteile: Einzige Option für Direkteinspritzer, keine Wartungskosten, wenig Mehrverbrauch, Starten ohne Benzin möglich
  • Nachteile: Hoher Preis, begrenzte Auswahl, nur für wenige Motoren
  • Geeignet für: Direkteinspritzer
  • Preis: Rund 3.000 Euro für Vierzylinder-Motoren

Eure Fragen zu Autogas

Zum Thema Autogas kursieren viele Unsicherheiten. Kennt Ihr Gerüchte über hohe Verbrennungstemperaturen, verbrannte Ventile und explodierte Tanks? Die möchten wir aufklären. Stellt in den Kommentaren Eure Fragen, wir beantworten sie im nächsten Autogas-Artikel.

Quelle: MOTOR-TALK, DPA

Avatar von SerialChilla
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