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Intelligente Ampeln für besseren Verkehrsfluss - So entlasten schlaue Ampeln Umwelt und Nerven

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Grün ist gut, rote Ampeln nerven - so weit, so klar. Aber wie funktioniert die grüne Welle? Wissenschaftler arbeiten für besseren Verkehrsfluss an der Ampel der Zukunft.

Intelligente Verkehrssteuerung auf der Berliner Heerstraße: In Weiß wird die vorgeschlagene Fahrgeschwindigkeit für eine "Grüne Welle" angezeigt Intelligente Verkehrssteuerung auf der Berliner Heerstraße: In Weiß wird die vorgeschlagene Fahrgeschwindigkeit für eine "Grüne Welle" angezeigt Quelle: Axel Mauruszat/wikimedia commons

Berlin - Eine rote Ampel nach der anderen, das nervt. Das ständige Bremsen und Anfahren kostet nicht nur Zeit, es erhöht den Spritverbrauch und damit den CO2-Ausstoß und die Belastung durch Stickoxide und Feinstaub. Und es verursacht Lärm.

Deshalb suchen Wissenschaftler wie Karsten Lemmer vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) nach Lösungen, die den Verkehr besser fließen lassen. Die Verkehrsleitstellen in Städten koordinieren das Ampelnetz soweit wie möglich, auch wenn das nicht immer so wirkt. "Viele Ampeln haben eine variable Umlaufzeit, die zwischen 45 und 120 Sekunden liegt", erläutert Lemmer. Die Zeit zwischen den Grünphasen variiert nach Tageszeit oder Wochentag.

Die Anzahl der Autos bestimmt die Länge der Grünphase

Etwa die Hälfte aller Ampeln haben feste Umlaufzeiten. Manche Ampeln messen über Induktionsschleifen in der Fahrbahn die Verkehrsströme und bevorzugen je nach Belastung die eine oder andere Fahrtrichtung. "Da werden die Anzahl der Fahrzeuge und die Abstände zwischen den Fahrzeugen gemessen und die Grünphasen dann entsprechend verlängert", sagt Krimmling, Leiter des Instituts für Verkehrstelematik der TU Dresden. Dadurch entsteht eine "Grüne Welle".

An der Ampelsteuerung hat sich schon einiges getan. Hier die Verkehrsleitzentrale der Hamburger Polizei 1999 An der Ampelsteuerung hat sich schon einiges getan. Hier die Verkehrsleitzentrale der Hamburger Polizei 1999 Quelle: dpa/Picture Alliance Doch ihre Wirkung ist begrenzt. "Zunächst mal braucht man auf einem bestimmten Straßenabschnitt die gleiche Umlaufzeit für alle Ampeln", sagt Christoph Hecht, Fachreferent im Verkehrsressort des ADAC. "Und selbst dann kann man immer nur eine Fahrtrichtung priorisieren."

In beide Richtungen würde die Grüne Welle nur funktionieren, wenn die Ampelanlagen im selben Abstand zueinander stünden. Zudem bewegen sich die Verkehrsteilnehmer unterschiedlich schnell.

Intelligentere Lösungen gesucht

Intelligentere Ampelsteuerungen sollen den Verkehrsfluss verbessern. Lemmers Institut in Braunschweig testet eine Steuerung, die für einzelne Fahrzeuge die Verlustzeit über einen bestimmten Verkehrsabschnitt berechnet. "Das Auto mit der größten Verlustzeit bekommt dann zuerst Grün."

Oftmals wird der Öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) priorisiert. Das ist gut für die Passagiere, aber schlecht für eine Grüne Welle. Krimmling erprobt daher in Dresden ein System, das den ÖPNV nur bevorzugt, wenn er verspätet ist. Liegt die Tram vor dem Fahrplan, muss sie warten. Besser für die Umwelt wäre es, wenn sie gar nicht erst anhält. Um das zu erreichen, erhalten Straßenbahnfahrer per Smartphone Fahranweisungen.

Indem die Tram langsamer fährt oder länger an der Haltestelle steht, erreicht sie die jeweilige Ampel genau bei Grün. "Selbst wenn sich die Tram-Fahrer nur zu 60 bis 75 Prozent an die Anweisungen hielten, ließ sich damit bis zu 20 Prozent Energie einsparen", sagt Jürgen Krimmling.

In ähnliche Versuchen werden Autofahrern Geschwindigkeitsempfehlungen eingeblendet. Wer sie befolgt, erreicht die Ampel bei Grün. "Unter guten Bedingungen hat so ein System ein Spritsparpotenzial von 20 Prozent", sagt Lemmert.

Mehr Intelligenz erfordert mehr Technik

Im direkten Vergleich: Die neue Verkehrsleitzentrale der Hamburger Polizei 2013 Im direkten Vergleich: Die neue Verkehrsleitzentrale der Hamburger Polizei 2013 Quelle: dpa/Picture Alliance Damit das funktioniert, müssen die Ampeln miteinander kommunizieren, mit Smartphones oder direkt mit den Autos. Das geschieht über das Mobilfunknetz oder über andere Standards wie Bluetooth. Außerdem müssen die Ampeln den Verkehrsfluss besser überwachen können. Bisher sind nur 25 Prozent des Bestands mit Kameras, Radar- oder Infrarotsensoren ausgerüstet. "Der Rest läuft über Induktionsschleifen in der Fahrbahn", sagt Kimmling. Die lieferten jedoch zu ungenaue Daten.

Ein Problem bleibt auch bei vollständig aufgerüstetem Ampelnetz: "Nicht alle Autofahrer werden alle Informationen haben", gibt Lemmer zu bedenken. Deshalb erforscht er die verkehrspsychologischen Auswirkungen eines intelligenten Ampelnetzes. "Wenn ein Autofahrer mit 35 km/h unterwegs ist, obwohl 50 km/h erlaubt sind, fragt man sich natürlich: Warum trödelt der so?"

Ein weiteres Beispiel: Es könnten mehr Fahrzeuge pro Grünphase über die Kreuzung fahren, wenn die ersten vor der Haltelinie zum Stehen kämen und dann, noch bevor die Ampel auf Grün umspringt, losfahren. Mit Anlauf sozusagen. Das würde andere Verkehrsteilnehmer aber irritieren: "Da müssen alle Fahrer informiert werden, etwa mit Hilfe von Werbekampagnen", sagt Lemmer.

Wunder sollte man von der intelligenten Ampel nicht erwarten. ADAC-Mann Hecht hält Modellrechnungen über 20 Prozent eingesparte Emissionen für unrealistisch: "Am Ende helfen Signalanlagen, die mit den Autos kommunizieren nur, solange das Verkehrsaufkommen noch moderat bleibt." Wenn also der Verkehr stillsteht, hilft auch die intelligenteste Ampel der Welt nicht weiter.

 

Quelle: dpa

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