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Reifen & Felgen News

Michelin lud ein: WinterEssentials 2012 in Lettland - und MOTOR-TALK war dabei!

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Nachdem ich Ralles Bericht über das Dunlop-Event gelesen hatte, keimte in mir bereits die Befürchtung, dass auch ich auf solch einem Hausfrauenevent enden würde… Ist die Michelin-Veranstaltung doch in erster Linie auch nichts anderes als eine langweilige Kaffeefahrt mit Produktpräsentation – es kam jedoch ganz anders. Aber der Reihe nach…

Die Anreise

Los ging es am 29.02. vormittags gen Frankfurt mit einem Mietwagen, der auf den Namen Opel Insignia hörte.

In Frankfurt angekommen, wurde schnell der Koffer aufgegeben und auf den Flug gewartet. Tja, und was soll ich sagen, ich muss lernen, dass ein pünktliches Boarding noch lange keinen pünktlichen Flug bedeutet. So saß ich über eine dreiviertel Stunde im Flugzeug (eine liebreizende Propellermaschine übrigens), bis endlich mal das Gepäck verladen war - bei ausgeschalteter Lüftung und umgeben von einer Gruppe Pauschalurlaubern, die wohl seit mindestens 36 Stunden keine Sanitäreinrichtung mehr von innen gesehen hatte. Den Dank dafür darf wohl an die GdF gerichtet werden, es dürften noch die Nachwehen vom kurz zuvor illegal erklärten Streik sein.

Wie dem auch sei, es ging mit rund 45-minütiger Verspätung los und wir hoben mit dem Ziel Riga, Lettland ab, wo wir nach einem ansonsten ereignislosen Flug 2,5 Stunden später auch landeten.

Nachdem die Koffer ausgeladen waren, wurden wir (meine Wenigkeit und ein Mitarbeiter von Michelin) bereits sehnsüchtig erwartet und ins Hotel chauffiert. Leider kam durch die Verspätung der gesamte Abendablauf etwas durcheinander und so mussten wir nach dem Einchecken direkt weiter zur Stadtführung und zur anschließenden Pressekonferenz. Immerhin war man so freundlich, mit der Stadtführung auf uns zwei zu warten, was bei einer so großen Gruppe von ca. 50 Leuten gar nicht so selbstverständlich ist.

Erstkontakt

Nach einer etwa halbstündigen Stadtführung durch das äußerst sehenswerte Riga kehrten wir im Schwarzhäupterhaus zur ersten Produktpräsentation und Pressekonferenz ein. Dort wurden erste Fakten zum Zielmarkt und zu den Reifen geliefert. Schwarzhäupterhaus Schwarzhäupterhaus Bei den Reifen handelte es sich um den neuen Michelin „Pilot Alpin“, welcher in erster Linie für Sportwagen und leistungsstarke, schnelle Fahrzeuge im Allgemeinen konzipiert ist, sowie um den ebenfalls neuen Michelin „Latitude Alpin“, welcher den SUV-Bereich abdecken soll.

Nach der Pressekonferenz ging es zurück ins Hotel, wo der Tag bei einem sehr leckeren Abendessen mit Live-Musik und so manch nettem (Benzin-)Gespräch ausklang.

Welches Auto hätten’s heut denn gern?

Am nächsten Morgen ging es bereits um 6.30 Uhr Ortszeit wieder aus dem Bett, heute stand der Hauptteil an: Die Testfahrten.

Nach dem Frühstück verließen wir das Hotel, wo man nach etwa hundert Metern beim ersten Highlight des Tages ankam: Ein Freihof, vollgestellt mit Fahrzeugen von Audi, Mercedes-Benz, Porsche und Range Rover (und einem Touareg) - und dem Hinweis, man solle sich ein Auto aussuchen. Welchen nehmen? Welchen nehmen? Ich entschied mich für den neuen Range Rover Evoque, nachdem mir der letzte freie E63 AMG vor meiner Nase weggeschnappt wurde. Ich gebe zu, es hätte auch schlimmer kommen können. Also Tür aufgemacht und erst mal vom großzügigen Innenraum beeindruckt, welchen man bei dem gedrungen Äußeren nicht in der Form erwartet hätte. Im Anschluss ging es in Gruppen je fünf Fahrzeugen und einem Streifenwagen rund 20 km weit zur Teststrecke.

An der Teststrecke angekommen wurden wir in vier Gruppen aufgeteilt und Guides zugewiesen. Dann ging es mit den Workshops los:

Steht, wenn andere noch rutschen

Erste Station für meine Gruppe war „Essential Security“.

Hier konnte man - nach erfolgter PowerPoint-Präsentation, in der u.a. der Michelin Reifen vom TÜV Süd mit sechs hochwertigen Konkurrenzprodukten verglichen wurde - mit dem Audi A5 das Bremsverhalten des neuen Pilot Alpin auf Schnee im Vergleich zur Konkurrenz testen. Mein „Konkurrenz-Audi“ war mit Conti WinterContact 830P bestückt. Ich brauchte damit in mehreren Durchgängen zwischen drei und vier Meter mehr Anhalteweg aus 50 km/h als mit dem Michelin Reifen, einmal erreichte ich sogar fast sechs Meter Differenz. Ich fand das schon recht beeindruckend und hätte so eine große Differenz nicht erwartet, zumal Conti allgemein für recht kurze Bremswege steht. Vor allem auf den letzten Metern verloren die Contis sämtliche Haftung und rutschten trotz ABS nur noch munter vor sich hin, während sich die Michelin noch drehten und kontrollierbar blieben. Wenn man bedenkt, wie mittelmäßig der alte Pilot Alpin auf Schnee war, ein deutlicher Fortschritt.

Querfeldein

Nach dem Aufwärmen mit Bremstests wurde es schon spannender. Der nächste Workshop hörte auf den Namen „Essentials All-Roads“, wobei das „Road“ im Namen eigentlich fehl am Platze war, denn es ging rein in die lettischen Wälder.

Nach kurzer Präsentation des Latitude Alpin stieg ich wieder in den Range Rover und ab ging‘s. Ich war im Range direkt hinterm Instrukteur, so dass man davon ausgehen konnte, dass kein Bremser vor einem fährt - und ich behielt Recht.

Nichts für schwache Mägen Nichts für schwache Mägen Zunächst nur als Beifahrer ging es mit bis zu 50 Sachen über das, was die Letten Waldwege nennen. Dass das Auto beständig irgendwo drüber schabte und auch mal mit einem „Klong“ signalisierte, dass es den Federweg voll ausgenutzt hatte, war zu erwarten. Aber hey, wir sind hier bei einem Test - und Auto und Reifen sind dazu bestimmt, an die Grenzen zu gehen! Also immer weiter, bis ich dann schließlich nach halber Strecke auch hinters Steuer durfte.

Um es kurz zu machen: Es war ein Riesenspaß! Ich kletterte u.a. noch über zwei Anstiege, bei denen man nur noch Tannenwipfel und Himmel sah, und pflügte durch mehrere Wasserlöscher. Der Range durchquerte dies alles, als hätte er richtige Geländereifen anstelle der normalen Winterreifen montiert. Zum Schluss wurde dann noch mit über 60 Sachen durch den Wald geheizt, um nach etwa einer halben Stunde wieder am Ausgangspunkt anzukommen.

Ohne Zweifel, der Latitude Alpin ist wirklich ein ordentlicher Winterreifen, der auch im Gelände nicht schlapp macht. Trotzdem hätte ich gerne noch den Vergleich zu einem Konkurrenzprodukt gehabt, aber leider war kein Fahrzeug damit bestückt und es wäre in der Kürze der Zeit auch nur schwer möglich gewesen.

Schneewalzer mit Stern

Als nächster Workshop stand „Essential Pleasure“ auf dem Programm. Nach der Vorführung mehrerer PowerPoint-Folien hatten wir dieses Mal das schwere Los gezogen, einen E63 AMG im Slalom zum Driften bringen zu müssen. Dieser Workshop sollte in erster Linie die Traktionseigenschaften des Pilot Sport vorführen. So musste man nach jeder Runde auch anhalten und einen Vollgasstart hinlegen. Genau das vergaß ich prompt in der zweiten Runde, es machte einfach zu viel Spaß, mit Vollgas durch den Slalom zu wedeln. Nachdem jeder zwei Runden warm werden durfte, wurde das ESP von „Sport“ auf „Off“ (und in diesem Fall heißt „Off“ auch bei Mercedes „Aus“) gestellt.

Pulsbeschleuniger Pulsbeschleuniger Tja, und was soll ich sagen… was Besseres kann man mit diesem Auto wohl kaum machen: Der bollernde und fauchende V8 mit über 500 PS und ich - mit dem Auftrag, das Auto quer fahren zu lassen. Also Schiebedach und Fenster auf und jeden Gasstoß, jede Lenkbewegung genießen. Das dabei Schnee durchs Fenster fliegt? Geschenkt! So in etwa muss sich der automobile Himmel anfühlen. Ich war bisher nie der große V8-Fan, aber dieser Motorklang – da fehlen einem echt die Worte.

Und… ähm stimmt, es geht hier ja um den Reifen. Also der Reifen ermöglicht bei solcher Fahrweise noch eine erstaunlich gute Lenkpräzision, das Auto ist, wenn man es mit dem Gasfuß nicht übertreibt, gut zu kontrollieren.

Leider war dieser Abschnitt viel zu schnell vorbei, ich hätte gerne noch etwas länger „getestet“.

Porsche on ice

Und so kam auch schon der letzte Workshop für diesen Tag. „Essential Control“ war angesagt, was nichts anderes hieß als weiterentwickelte VW Käfer im Kreis fahren zu lassen. Die Käfer hörten auf den Namen 991 Carrera S und hatten mit dem Käfer außer der Form nicht mehr viel gemein.

Nachdem es dieses Mal nur ein kurzes Sicherheits-Briefing gab, durften wir auch schon auf die Piste. Die Porsche Fahrzeuge waren zur Hälfte mit dem Pilot Sport und dem Pirelli Sottozero S2 mit Porschekennung bestückt. Der Fairness halber muss man sagen, dass Michelin exklusiv für und mit Porsche einen eigenen Pilot Alpin entwickelt hat, der außer dem Namen nicht mehr viel mit dem Ursprungsreifen gemein hat.

Lauter Käfer Lauter Käfer Zunächst enterte ich einen Porsche mit Michelin-Bereifung. Der erste Eindruck war, dass der Reifen sich sehr exakt einlenken ließ und auch eine hervorragende Seitenführung besaß. Mein Vertrauen, dass die Reifen 400 PS auf der Hinterachse auch auf Schnee und Eis händeln können, wächst - also in der zweiten Runde direkt mal runter mit dem Gasfuß und ab die Luzie. Doch was passierte? Nicht viel, der Porsche beschleunigte mit dem Beschleunigungsvermögen eines VW Golf gemütlich auf 40-50-60 km/h. Was zum Teufel?! Die ultimative Spaßbremse, das ASR hatte zugeschlagen und begrenzte das Raddrehmoment aufs Nötigste. Das PSM verrichtete beim Rausbeschleunigen aus Kurven ebenfalls einen Bärendienst und zähmte den Porsche vollends zum Golf. Leider wurde uns verboten, die Helferlein zu deaktivieren oder wenigstens den Sportmodus einzuschalten. Hektisches Wippen im Sitz machte den Porsche auch nichts schneller. Also hieß es, sich mit den Umständen zu arrangieren und möglichst wenig zu bremsen, bzw. zu versuchen, den Schwung durch die Kurven zu retten. So langsam klappte das auch und der Porsche begann Spaß zu machen – nur leider war ausgerechnet dann gerade die zweite Runde vorbei und wir mussten von der Piste runter.

Dann war ein Fahrzeugwechsel angesagt. Ich stieg also in den Pirelli-bereiften Porsche um und wartete auf die Startfreigabe. Das Auto beschleunigte noch langsamer als eben. Somit war direkt klar, dass die Pirelli noch weniger Traktion lieferten, als es die Michelin taten. Da verwunderte es kaum, dass auch die Seitenführung schlechter war. Es war also „heiteres Durch-die-Kurven-Eiern“ angesagt. Allerdings galt auch hier wie zuvor, dass sensibleres Lenken sowie Beschleunigen den Porsche ungemein schneller machte. Und so arrangierte ich mich nach einer Weile auch mit den Pirellis und musste mir ehrlich eingestehen, dass die Reifen auf dem geschlängelten Teilstück, wenn man mal Geschwindigkeit draufkriegt, tatsächlich mehr Spaß machten als die Michelin Reifen. Grund hierfür war schlicht und ergreifend, dass das PSM die Reifen weniger geregelt bekam bzw. der Porsche durch die geringere Haftung zwangsläufig an der längeren Line geführt wurde.

„Mensch, was muss das Laune machen, wenn man im Sportmodus mit den Michelin Reifen diese Strecke fahren dürfte!“, dachte ich mir und fuhr wieder von der Strecke runter, da zwei Runden bereits wieder absolviert waren. Jetzt wurde wieder auf Michelin gewechselt.

In den letzten zwei Runden schaffte ich es tatsächlich, recht flott unterwegs zu sein. Ich kam sogar dem Vordermann immer näher, obwohl ich mit Verspätung gestartet war, weil mir die Start-Stopp-Automatik (wieso verbaut man so etwas in einem Sportwagen?) einen Streich gespielt hatte und ich nicht aus den Startlöchern kam.

Kurzum scheint in diesem Falle der Michelin ebenfalls unter den gegebenen Umständen tatsächlich der bessere Reifen zu sein, wobei er, wie bereits geschrieben, eigens für 911 und den kommenden Cayman/Boxster entwickelt wurde.

Im Anschluss an diese Runden gab’s noch ein paar PowerPoint-Folien von Porsche und Michelin bevor der Aufbruch Richtung Hotel anstand.

Ein großartiger Tag neigt sich dem Ende zu

Aufbruch Aufbruch

Dieses Mal war ich schneller und schnappte jemand anderem den letzten E63 AMG vor der Nase weg. Als ich mich gerade wohnlich eingerichtet hatte, klopfte niemand Geringeres als der Entwicklungschef der Michelin-Winterreifen an mein Fenster und fragte, ob noch Platz sei. Ich sagte ja, immerhin hat mir Michelin den bisher schönsten Tag meines automobilen Lebens bezahlt, und die Heimfahrt (natürlich wieder mit Polizei) entwickelte sich zu einem sehr unterhaltsamen Gespräch über Reifen, Autos und Lettland. Selbstredend wurde unterwegs auch mal runtergeschaltet, um den Klang zu genießen und auf einer Geraden der Kickdown auszuprobieren. Sagenhaft, wie der Mercedes dich von 70 auf 130-140 km/h zoomt. Und das, obwohl die Automatik nach wie vor mit der Mercedes-typischen Antrittsschwäche aufwartet.

Wieder im Hotel angekommen, gab es nochmals ein leckeres Essen, ehe allmählich Aufbruchsstimmung aufkam. Um die Zeit bis zum Flug zu überbrücken, erkundete ich zusammen mit zwei anderen Teilnehmern noch ein wenig Riga.

Gegen 16.00 Uhr wurden wir dann zum Flughafen gefahren, von wo ich über Berlin wieder nach Frankfurt flog.

Ich Frankfurt angekommen besorgte ich mir, nach einem kurzem Besuch mit zwei Mitreisenden bei einem bekannten Burger Bräter, wieder einen Mietwagen und trat die letzten 250 km Heimreise an.

Während der Heimfahrt fiel mir auf, wie lahm ein A3 mit 140 PS-TDI doch sein kann und stellte mir die Frage, wie ich mir einen E63 AMG finanzieren kann, ohne eine Bank überfallen zu müssen.

Die Frage bleibt jedoch unbeantwortet – leider.

(Von swallerius)

 

Quelle: MOTOR-TALK

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