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Mercedes-AMG SLC43 Roadster: Erster Test, Fahrbericht, technische Daten - Kein Gurgeln, kein Brabbeln, kein V8

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Mit der Modellpflege macht Mercedes aus dem SLK den SLC. Das Spitzenmodell verliert zwei Zylinder und viele PS. Darunter leidet der Sound, aber das Handling gewinnt.

Schön rot, schön offen, leider nur noch sechs Zylinder: MT-Redakteur Heiko im neuen SLC 43 Schön rot, schön offen, leider nur noch sechs Zylinder: MT-Redakteur Heiko im neuen SLC 43 Quelle: Daimler

Nizza – Die Enttäuschung kommt kurz nach dem Einsteigen. Nach der Drehung des Zündschlüssels, nachdem der Motor seinen ersten heiseren Ton ausgestoßen hat. Das Varioverdeck ist längst offen, der Automatik-Wählhebel steht auf „N“, der rechte Fuß kippt nach vorne. Zweimal, dreimal. Das Ohr lauscht. Kein Gurgeln, kein Brabbeln, nur ein Röhren. Das klingt nicht besonders zwingend. Schon gar nicht aggressiv.

Die Enttäuschung legt sich später. Nach etwa einer dreiviertel Stunde, zahlreichen Serpentinen und circa 15 Kilometern Landstraßengeschlängel ist sie mit dem Fahrtwind verflogen. Da brennt die Sonne wohlig auf die Schädeldecke. Darunter brennt die Frage: Warum gibt es eigentlich so wenige Roadster? SUV tummeln sich auf den Straßen wie Steine in der Kiesgrube. Dabei machen die viel weniger Spaß. Kurve reiht sich an Kurve, die Luft ist lau, die Straße frei und der SLC in seinem Element.

Mercedes-AMG SLC 43: Weniger Sound, mehr Spaß

Mercedes SLC: Eine Neungangautomatik, maximal sechs Zylinder und eine neue Einstiegsversion sind die wesentlichen Änderungen Mercedes SLC: Eine Neungangautomatik, maximal sechs Zylinder und eine neue Einstiegsversion sind die wesentlichen Änderungen Quelle: Daimler Er klingt sogar ganz ordentlich. Ja, es stimmt, beim neuen Mercedes-AMG SLC 43 steckt vorn nur ein 3,0-Liter-V6 im Motorraum. Er kennt kein Grollen und kein Blubbern. Auch nicht bei voller Fahrt im Sport-Plus-Modus. Er kennt etwas anderes. Wenn man so Kurve für Kurve angreift, beim Anbremsen der Kehren mit Zwischengas. Wenn die Auspuffanlage beim Gaswegnehmen in die Landschaft knallt und beim Herausbeschleunigen röhrt, dann ist der V6 da. Dann klingt er, nicht ganz nach Rennstrecke, aber ganz schön nach Sport.

Vor dem jetzigen Facelift gröhlte ein V8 in dem Zweisitzer, der noch SLK 55 hieß. 5,5 Liter Hubraum hatte der, 421 PS und 540 Newtonmeter Drehmoment – und er saugte die Luft an. Der V6 lässt sich von zwei Turbos beatmen, leistet 367 PS und 520 Newtonmeter. Dank der neuen Neungang-Automatik und etwas weniger Gewicht (15 Kilo) beschleunigt er aber nur ein Zehntelchen langsamer auf Tempo 100, in 4,7 Sekunden. Und das fühlt man. Er drückt richtig gut, der „kleine“ V6. Mehr Schub, mehr Leistung? Braucht man gar nicht. Aber ein V8-Sauger ist Charakterdarsteller, ein V6 mehr der Supporting Act.

Auffällig wendig

Gucken wir uns das gesamte Ensemble an. Dazu zählen beim SLC 43 zum Beispiel eigenständige Vorder- und Hinterachsen, die in Teilen vom Mercedes-AMG C 63 stammen. Außerdem wurden Motor und Differenzial straffer gelagert. In unserem roten Freund für ein paar Stunden steckte außerdem eine mechanische Sperre. Dafür muss man zwar das Handling-Package kaufen - mit gut 3.300 Euro kein Schnäppchen. Aber es lohnt sich.

Der Rote war ohne Verstellfahrwerk „AMG Ride Control“ unterwegs. Ganz schön straff also, prima, um schnell um die Ecken zu kommen oder aggressiv die Kehren anzugreifen. Wenn man es eingangs nicht total übertreibt, bleibt der SLC schön neutral und untersteuert kaum. Trotz fast 1,6 Tonnen Gewicht fühlt er sich leichtfüßig an, wendig und unkompliziert.

Mercedes-AMG SLC43: Blick ins Cockpit Mercedes-AMG SLC43: Blick ins Cockpit Quelle: Daimler Für den Spaß sollte man allerdings das ESP mindestens in den „Sport Handling“-Modus schalten. Ein Knopfdruck in der Mittelkonsole, und der SLC lässt deutlich mehr Schlupf zu. Auf engsten Serpentinen regelt das ESP sonst am Kurvenausgang gnadenlos die Leistung weg, wenn man aufs Gas tritt. Im Sport Handling Mode hingegen hängt der SLC freimütig, aber gut kontrollierbar das Heck raus. Ganz ausschalten lässt sich das ESP auch. Was fehlt, ist ein bisschen mehr Bremspower. Die vier Kolben vorn dürften die 360-Millimeter-Scheiben gerne aggressiver in die Zange nehmen.

Ziemlich sicher: Auf der richtigen Straße mit den richtigen Kurven fährt der SLC 43 dem Vorgänger davon. Was ihm an Power fehlt, macht er durch das ausgewogene, agile Handling wett. Und dazu passt der V6 womöglich doch besser als ein brachialer V8. Wer weiß.

Und um nochmal auf die Eingangsfrage zurückzukommen: Warum gibt es so wenige Roadster? Keine Ahnung, ehrlich.

Technische Daten Mercedes-AMG SLC 43

  • Motor: 3,0-Liter-Biturbo-V6
  • Antrieb: 9-Gang-Automatik, Hinterradantrieb
  • Leistung: 367 PS bei 5.500-6.000 U/min
  • Drehmoment: 520 Nm bei 2.000-4.200 U/min
  • Verbrauch laut NEFZ: 7,8 l/100 km
  • 0 – 100 km/h: 4,7 s
  • Leergewicht (EU): 1.595 kg, DIN 1.520 kg
  • Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
  • Länge: 4,142 m
  • Breite: 1,817 m
  • Höhe: 1,304 m
  • Radstand: 2,430 m
  • Kofferraum: 335 l (geschlossen)
  • Preis: ab 59.887 Euro

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