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Was die Diesel-Garantien der Hersteller bringen - Garantien und Versprechen sollen den Diesel retten

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Der Diesel darf nicht sterben, finden die Hersteller. Und wollen den Käufern die Angst vor Fahrverboten nehmen. Was die Garantien und Versprechen bringen, lest Ihr hier.

Berlin – Vertrauen ist gut, eine Garantie ist besser. Um ihre Diesel vom Hof zu kriegen, verfahren im Moment viele Autohersteller nach diesem Motto. Schließlich drohen spätestens seit dem 27. Februar ganz konkret Fahrverbote für Dieselautos. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte sie nach geltendem Recht für zulässig erklärt.

Das Vertrauen in den Diesel war allerdings schon vorher stark eingeschränkt. Der Absatz sinkt durch die aufgeheizte Diskussion seit Monaten. Im März 2018 betrug der Dieselanteil an den Neuzulassungen nur noch 31,4 Prozent – ein (erneuter) Rückgang um 25,4 Prozent im Vergleich zum März 2017.

Das Problem für die Hersteller ist erheblich. Bis 2021 muss der CO2-Flottenausstoß runter auf durchschnittlich 95 g/km. Sonst drohen hohe Strafzahlungen. Doch im vergangenen Jahr stieg er erstmals seit Jahren wieder an. Aus zwei Gründen: Die Kunden kauften (mal wieder) mehr SUV. Und sie kauften weniger Diesel. Selbstzünder mögen Probleme mit dem Schadstoffausstoß haben, doch beim CO2-Ausstoß stehen sie nun mal besser da als Benziner.

Der Diesel wird lebendig geredet

Logisch, dass Vorstände aus der Autoindustrie nicht aufhören zu betonen, dass der Diesel mindestens mittelfristig unverzichtbar ist. Von Ausnahmen abgesehen. Volvo hat bereits angekündigt, keine neuen Diesel mehr zu entwickeln. Plug-in-Hybride als Alternative, die vor allem auf dem Papier wenig CO2 ausstoßen, finden jedoch erst langsam ins Angebot. Aktuell gibt es sie nur mit absurd hohen Motorleistungen.

Toyota glaubt unterdessen gar nicht mehr an den Diesel. Der Hersteller hat angekündigt, den Antrieb noch in diesem Jahr auslaufen zu lassen. Kein großer Verlust für die Japaner. Europaweit betrug der Dieselanteil beim Hybrid-Pionier 2017 nur sieben Prozent. In Deutschland sind es 5,5 Prozent. Vor Fahrverboten müssen sich kaum Toyota-Fahrer fürchten. Toyota wirbt online aktuell mit dem Slogan: "Innenstadt serienmäßig - Wir fahren Hybrid".

Andere Hersteller kämpfen an zwei Fronten. Ältere Fahrzeuge mit der Schadstoffnorm Euro 4 oder schlechter sollen mit Abwrackprämien von der Straße geholt werden. Fiat und Peugeot zahlen sogar schon für Euro-5-Diesel Umtauschprämien. Andere haben die Prämien, die zunächst nur bis Ende 2017 gelten sollten, bis zum Sommer verlängert. Das soll helfen, mehr sauberere Autos mit geringerem Stickoxidausstoß auf die Straßen zu bringen und so die Luft in den Innenstädten besser machen.

Forderungen nach Hardware-Nachrüstung für Diesel

Doch dass der Effekt groß genug ist, um Fahrverbote zu verhindern, darf man bezweifeln. Die Rufe nach Hardware-Nachrüstungen verstummen nicht. Deren Umsetzung wäre jedoch langwierig, mindestens schwierig, in manchen Fällen unmöglich und auf jeden Fall teuer. Mit Hilfe von Prämien alte, schmutzige Diesel von den Straßen zu bekommen, gefällt den Herstellern besser. Sie kurbeln den Neuwagenabsatz an. Der Ruf des Diesels jedoch wird dadurch nicht besser. Eher im Gegenteil.

Also reagieren die Autobauer mit Versprechen und Garantien. Im Kern geht es dabei immer um das Gleiche: Wer beim Vertragshändler einen Diesel bestellt, der später von einem Fahrverbot betroffen ist, darf ihn an den Händler zurückgeben. Der Kunde darf ihn gegen ein Auto tauschen, das nicht vom Fahrverbot betroffen ist. Ob das hilft, das Image des Diesels zu verbessern?

Zumindest könnte die Garantie Dieselkäufern die Angst davor nehmen, sich ein neues und in wenigen Monaten wertloses Stück Metall in die Einfahrt zu stellen. Doch was bringen die Diesel-Garantien konkret? Ein Überblick der wichtigsten Hersteller-Versprechen.

BMW Diesel-Rücknahmeversprechen

BMW hat europaweit einen Dieselanteil von rund 70 Prozent. In Deutschland waren es 2017 immer noch fast 58 Prozent. Bis zum 30. Juni 2018 gibt BMW fürs Neu- und Gebrauchtwagen-Leasing von Dieselautos ein „Rücknahmeversprechen“. Sollte im Umkreis von 100 Kilometern um den Erstwohnsitz oder Arbeitsplatz des Leasingnehmers ein Fahrverbot ausgesprochen werden, das den geleasten BMW betrifft, kann er auf ein vergleichbares Modell umsteigen.

Als vergleichbar gilt bei BMW ein Fahrzeug, das einen um maximal 15 Prozent niedrigeren Grundpreis hat als der zuvor geleaste Diesel. Zudem erlaubt BMW als Alternative zum Leasing eine Anschlussfinanzierung über ein Modell, das genauso teuer oder teurer ist als der betroffene Wagen. Ein einmaliges, ganztätiges Fahrverbot an einem beliebigen Wochentag in einem bestimmten Gebiet reicht bereits aus.

Audi Rücknahmeversprechen

Bei der Volkswagen-Tochter Audi gilt das "Rücknahmeversprechen" ebenfalls nur für Leasing-Fahrzeuge. Seit dem 1. April und noch bis zum 30. Juni gilt für abgeschlossene Verträge: Wer während der Laufzeit mit seinem TDI von einem Fahrverbot betroffen ist, darf tauschen. Auch hier muss die Einschränkung in einem Radius von 100 Kilometern rund um Erstwohnsitz oder Arbeitsplatz greifen.

Das Verbot muss in einer Gemeinde auf Basis des BVerwG-Urteils zum Zwecke der Luftreinhaltung ausgesprochen werden und ausschließlich für Diesel gelten. Der neue Leasingvertrag muss über ein Fahrzeug abgeschlossen werden, dessen Grundpreis maximal 15 Prozent unter dem des betroffenen liegt. Auch Audi bietet alternativ einen Darlehensvertrag über ein gleich teures oder teureres Auto an. Audis Dieselanteil lag im vergangenen Jahr EU-weit bei rund 60 Prozent, in Deutschland bei gut 55 Prozent.

Nissan Innenstadtgarantie

Nissan hat bereits angedeutet, dass eine Zukunft ohne Diesel vorstellbar sei. Aktuell liegt der Marktanteil in Europa jedoch noch bei etwa 47 Prozent. In Deutschland entfielen 2017 weniger als 30 Prozent der Neuzulassungen auf Diesel.

Der Hersteller gibt eine „Innenstadtgarantie“ auf Quashqai- und X-Trail-Modelle mit Dieselantrieb. Sie gilt nur für finanzierte Fahrzeuge. Das Fahrverbot muss im Umkreis von 100 Kilometern um den Wohnort des Käufers ausgesprochen werden und an mindestens 30 Tagen pro Jahr gelten. Außerdem nimmt Nissan das Auto nur zurück, wenn das Fahrverbot nicht durch andere Maßnahmen umgangen werden kann. Also etwa durch Hardware- oder Software-Nachrüstungen.

Weiterer Haken an der Garantie: Nissan ermittelt den Restwert für den Rückkauf zum Zeitpunkt der Rückgabe nach Schwacke. Ein Wertverlust wegen zunehmender Dieselfahrverbote wäre dann bereits eingepreist. Keine guten Aussichten für den Tauschwilligen.

Peugeot Diesel-Sorglos-Garantie

Man könnte Peugeot als Dieselmarke bezeichnen. Zumindest sind die Franzosen bekannt für ihre Selbstzünder und die frühe Einführung des Partikelfilters. Zudem erfüllen bereits viele Fahrzeuge die neue Abgasnorm Euro 6d-Temp. Der Dieselanteil hält sich trotzdem in Grenzen, denn Peugeot verkauft vor allem in Segmenten mit niedrigem Dieselanteil. Europaweit liegt er bei knapp 50 Prozent, in Deutschland sind es 37 Prozent.

Seit dem 1. April bietet Peugeot eine „Diesel-Sorglos-Garantie“ und erstreckt sie wie Audi oder BMW ausschließlich auf Leasing-Fahrzeuge. Sie gilt für Diesel-SUV der Baureihen 2008, 3008 und 5008. Im Tausch muss ein Vertrag über einen Peugeot-Benziner abgeschlossen werden.

Die sonstigen Bedigungen sind strenger als bei den meisten anderen Herstellern. So muss das Fahrverbot in einem Umkreis von maximal 50 Kilometern um den Wohnort des Leasingnehmers gelten. Lässt es sich durch Nachrüstungen aufheben, gewährt Peugeot kein Recht zur Beendigung des alten und Abschluss eines neuen Vertrags. Außerdem verlangt Peugeot, dass das Diesel-Fahrverbot an „mindestens 30 unmittelbar aufeinanderfolgenden Tagen/Jahr“ gilt.

Skoda Diesel-Versprechen

Skoda gewährt sein „Diesel-Versprechen“ nicht nur für finanzierte oder geleaste Dieselautos, sondern auch für gekaufte. Seit dem 1. April gilt für Neu- und Jahreswagen mit Abgasnorm Euro 6: Wird der Käufer an seinem Wohn- oder Arbeitsort innerhalb von 48 Monaten nach dem Vertragsschluss von einem Fahrverbot erwischt, nimmt der Skoda-Händler den Diesel zurück.

Wie üblich muss das Verbot in einem 100-Kilometer-Radius um Wohnort oder Arbeitsstelle gelten. Für den Rückkaufpreis setzt Skoda den Restwert an, der bereits zum Kaufzeitpunkt zu erwarten war. Ein extremer Preisverfall durch flächendeckende Fahrverbote wird damit nicht an den Käufer weitergereicht. Das ersetzende Auto darf maximal 6 Monate alt sein oder 10.000 Kilometer auf dem Tacho haben. Skodas Dieselanteil in Europa liegt bei gut 40 Prozent, in Deutschland ganz knapp darunter.

Volkswagen Deutschland Garantie

Bei VW gilt die sogenannte „Deutschland Garantie“ bis Ende 2018. Wer einen Neu- oder Jahreswagen beim Händler kauft, kann ihn drei Jahre lang zurückgeben, falls ein Dieselfahrverbot am Wohn- oder Arbeitsort greift. Und zwar muss das Verbot an der genauen Adresse von Wohnort oder Arbeitsstelle gelten. Ein Fahrverbot in einem bestimmten Umkreis genügt nicht. Jedenfalls gilt das für Privatkunden. Bei Firmenkunden reicht ein Umkreis von 50 Kilometern um die Firmenadresse aus.

Den Rückkaufwert setzt VW mit dem Zeitwert bei der Rückgabe laut Einschätzung der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) an. Der durch Dieselfahrverbote verursachte Wertverlust würde hier also durchschlagen. Allerdings erhält der Kunde zusätzlich eine Prämie, die maximal der sogenannten Umweltprämie entspricht, die VW seit einigen Monaten anbietet. Je nach Fahrzeug bewegt die sich zwischen 3.000 (Polo) und 10.000 Euro (noch aktueller Touareg). Bei einem Golf gibt es 5.000 Euro, beim Passat 8.000 Euro.

Fazit: Drohende Fahrverbote in Innenstädten

Je nach Hersteller gibt es also für zwei bis vier Jahre die Gewissheit, mit einem neuen Diesel überall fahren zu dürfen - oder das Auto eintauschen zu können. Allerdings besteht bei neuen Autos nur eine geringe Gefahr, von Fahrverboten betroffen zu sein. Denn aktuelle Modelle sind vom Gerichtsurteil nicht betroffen. Alle erfüllen mindestens die Abgasnorm Euro 6.

Zunächst dürfen Fahrverbote nur für Diesel mit der Abgasnorm Euro 4 oder schlechter gelten. Ab dem 1. September 2019 dürfen sie auf die Norm Euro 5 erweitert werden. Das Gericht mahnte außerdem Verhältnismäßigkeit an. Von Verboten für Euro-6-Diesel ist im Urteil nicht die Rede. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" berichtet allerdings, dass langfristig Einschränkungen für bestimmte Dieselfahrzeuge mit Euro-6-Norm drohen könnten.

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