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Ford F-150 Raptor im Test: Fahrbericht, technische Daten - Downsizing in der Biturbo-Schrankwand

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In einen Ami gehört ein Blubber-V8? Nicht beim Ford F-150 Raptor. Der Fullsize-Truck kommt mit V6-Biturbo. Amerikanisches Downsizing mit 450 PS im Fahrbericht.

Widebody serienmäßig: Der Raptor kommt ohne Spiegel auf satte 219 Zentimeter Breite. Hinzu kommen 450 PS, Allrad und eine riesige Sandkiste dahinter Widebody serienmäßig: Der Raptor kommt ohne Spiegel auf satte 219 Zentimeter Breite. Hinzu kommen 450 PS, Allrad und eine riesige Sandkiste dahinter Quelle: Arild Eichbaum

Von Arild Eichbaum

Stuttgart - Unter riesige US-Motorhauben gehören riesige Motoren. Blubbernde V8 mit Literleistungen wie aus dem vergangenen Jahrtausend. "Bullshit" sagt das Motörchen im amerikanischsten aller US-Fahrzeuge. Im Ford F-150 Raptor steckt ein 3,5-Liter-V6 mit der Bezeichnung "Ecoboost". Downsizing auf US-amerikanisch im Pick-up-Segment. Immerhin ein anderes Ami-Klischee erfüllt der 2.500-Kilo-Ford bestens: Der grimmige Auftritt macht die Bahn frei. Das kann nicht schaden angesichts von 5,89 Metern Länge, 3,70 Metern Radstand und 2,19 Metern Breite - ohne Außenspiegel.

Kenner erkennen die Performance-Variante des F-150 sofort am großen Ford-Schriftzug im Grill, wo sonst das blaue Oval sitzt. Falls er nicht mit den optionalen Raptor-Stickern beklebt ist. Dann braucht es keine Kenner. Für uns Europäer beeindruckend am Fullsize-Pick-up: die schiere Größe. Die LED-illuminierte Ladefläche selbst misst 1,70 Meter in der Länge, 1,29 Meter in der Breite zwischen den Radhäusern und 54 Zentimeter in der Höhe. Entspricht einem Volumen von 1.495 Litern. Aufpreispflichtig: Die Sprühbeschichtung des Ladebetts ist resistent gegen allzu schnelles Verkratzen und erlaubt sorgenfreie Beladung. Vielleicht mit einem Quad?

Grollen gehört zum Handwerk. Der Doppelrohrauspuff leistet beim Sound einen guten Job Grollen gehört zum Handwerk. Der Doppelrohrauspuff leistet beim Sound einen guten Job Quelle: Arild Eichbaum Cleveres Detail auf der sandkistengroßen Ladefläche: Die Heckklappe des Raptor bietet neben einer ausklappbaren Trittstufe einen Teleskopmast zum sicheren Festhalten und lässt sich per Fernbedienung öffnen. Zudem befand sich der so genannte Bed Extender an Bord, der mehr Stauraum bei geöffneter Heckklappe ermöglicht.

Außen groß, innen groß

Die Super-Crew-Kabine bietet fünf Insassen jede Menge Raum. Den zentralen Hinterbänkler stört dabei kein Kardantunnel. Allerdings: Wer hier sitzen will, muss erst einmal den Raptor erklimmen. 26 Zentimeter Bodenfreiheit erlauben eine Unterboden-Inspektion auch ohne Hebebühne.

Den Einstieg erleichtern Trittbretter, auf denen es bei Nässe schon mal rutschig werden kann. Gut am Griff an der A-Säule festhalten! Sitzt man drin, sitzt man aber sehr fein: Leder, Carbon und orangefarbene Akzente schmeicheln Augen und Fingern. Die Leder-Alcantara-Sitze vorne bieten ordentlichen Seitenhalt, auf der Rückbank sichern sich die Passagiere besser gegenseitig gegen das Herumrutschen ab.

Wie bei einem klassischen Station Wagon gibt es fünf elektrische Fensterheber, der letzte bedient die Heckscheibe. Das Armaturendesign und die Oberfläche des Ford-Infotainments wirken von europäischen Ford-Modellen vertraut. Kleiner Nachteil dieses Grauimports: Das Navi findet sich in Europa nicht zurecht. Müssen wir im Ernstfall die nächste Tanke eben selbst finden.

Hunger auf Strecke, Durst auf Sprit

Jetzt aber Schiebedach auf und los. Einige Assistenten unterstützen beim Manövrieren des Schiffs: Das Allradsystem beherrscht sechs Modi, Der Totwinkel-Warner erkennt auch Querverkehr. Die Rückfahrkamera ist bei einem fast sechs Meter langen Vehikel eine echte Hilfe, wer einen Hänger zieht, schätzt die dabei unterstützenden Systeme. Anhängelast? Großzügige 3.629 Kilogramm.

Aufpreispflichtig und riesig: Das Panoramadach bringt mehr Sonne herein als manches Softtop oder Targadach Aufpreispflichtig und riesig: Das Panoramadach bringt mehr Sonne herein als manches Softtop oder Targadach Quelle: Arild Eichbaum Der Ford F-150 gilt als ausgebufftes Leichtbauwunder. Den Namen des F-150 Raptor könnte dennoch sein großer Hunger inspiriert haben. Unser Verbrauch summiert sich auf im Schnitt 17,86 l/100 km. Gar nicht so weit weg vom US-Normverbrauch (14,7 l/100 km), relativ betrachtet. Bei beherrschter Fahrweise ist dieser Wert problemlos erreichbar. Nur: Eine beherrschte Fahrweise fällt schwer, angesichts des 3,5-Liter-V6 mit 691 Newtonmetern Drehmoment bei 3.500 Touren vor der Brust.

Die Maximalleistung von 450 PS liegt bei 5.000 Umdrehungen an, und danach ist noch lange nicht Schluss. So kann Downsizing auch in einer Schrankwand funktionieren: Der Raptor stürmt in 5,1 Sekunden von 0 auf 96 km/h und regelt wie viele US-Trucks bei Tempo 170 ab.

Leicht vergisst man angesichts des herrlichen Donnergrollens, dass es noch andere Pedalhaltungen als Bodenblech gibt. Wandert der rechte Fuß auf das Pedal links daneben, überzeugt der Raptor allerdings auch: Die vier Scheibenbremsen dimensionierte Ford dem rasenden Riesen entsprechend.

10 Gänge, bald auch im Mustang

Unterfahrschutz, 33 respektive 36 Zentimeter Federweg sowie die 315er-„All Terrain“-Reifen auf 17-zölligem Leichtmetall verlangen eigentlich nach einer frisch ausgehobenen Baugrube. Das geht heute leider nicht, keine Zeit. Also nur Landstraße: Dort punktet der Raptor mit tadelloser Traktion, unerwartet geringen Abrollgeräuschen und gar nicht mal so hoher Seitenneigung in Kurven – für fast zwei Meter Fahrzeughöhe zumindest.

Dass die blattgefederte Hinterachse bisweilen kräftig trampelt? Ist so, dennoch federt der F-150 Raptor subjektiv harmonischer als der kleinere Ranger, mit dem Ford die Pick-up-Fans in Europa abspeist. Die in drei Modi einstellbare elektrische Servolenkung erlaubt sogar, den riesigen Raptor mit einem Finger zu rangieren. Gibt's auch als City-Mode zum Beispiel im Fiat 500. Die Schaltarbeit übernimmt Fords neueste Wandler-Automatik, die demnächst auch in den Mustang einzieht. Hier erleben wir sie schon mal: Mustergültig weiche, fast unmerkliche und dabei sehr schnelle Gangwechsel, das haben andere auch. Was noch nicht jeder hat, sind 10 Gänge.

Nicht sexy, aber die inneren Werte zählen: Der H.O. 3.5L EcoBoost V6-Biturbo mit 450 PS und 691 Nm Nicht sexy, aber die inneren Werte zählen: Der H.O. 3.5L EcoBoost V6-Biturbo mit 450 PS und 691 Nm Quelle: Arild Eichbaum Was die größte Leistung des Extrem-Pick-ups ist: Abgesehen von der brutalen Beschleunigung und dem wüsten Sound fährt er sich erfreulich unspektakulär. Kein ausbrechendes Heck, kein Reifenqualm, wenig Lärm im Innenraum. Am Ende kann der F-150 Raptor auch einfach ein großes Fahrzeug mit hoher Sitzposition und reichlich Raum für Hobby und Insassen sein. So Pkw-artig dieser Ford Truck ausfällt, ist es kein Wunder, dass der F-150 seit Jahren das begehrteste Fahrzeug in den USA ist.

Und hier? Im offiziellen Programm der europäischen Ford Händler taucht der F-150 Raptor nicht auf, bleiben also Importe. Der in den USA ab 50.020 US-Dollar erhältliche Truck kostet bei diesen Anbietern hierzulande rund 90.000 Euro.

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Technische Daten Ford F-150 Raptor

  • Aufbau: Doppelkabine
  • Motor: 3,5-l-V6-Biturbo-Benziner
  • Getriebe: Zehnstufen-Automatik
  • Leistung: 450 hp SAE net/457 PS (331 kW) b. 5.000 U/min
  • Drehmoment: 691 Nm b. 3.500 U/min
  • Antrieb: Allradantrieb, Hinterachsdifferenzialsperre
  • 0-96 km/h: 5,1 s
  • Höchstgeschwindigkeit: 170 km/h
  • Verbrauch: 13,1 l/100 km
  • CO2: 280 g/km
  • Länge: 5.890 mm
  • Breite: 2.458 mm inklusive Spiegel
  • Höhe: 1.993 mm
  • Radstand: 3.700 mm
  • Leergewicht: 2.584 kg
  • Zuladung: 544 kg
  • Anhängelast: 3.628 kg
  • Ladefläche: 1701 x 1676 mm; 1285 mm zw. d. Radhäusern
  • Basispreis: 50.020 US$, in Europa (mit div. Extras) ca. 90.000 €

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