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Flexible Verkehrsschilder im MOTOR-TALK-Test - Diese Schilder stehen wieder auf

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Die Reparatur eines umgeknickten Verkehrsschildes kostet mindestens 150 Euro. Flexible Pfosten sollen den finanziellen Aufwand künftig senken. Wir haben die Aufsteh-Schilder getestet.

Die neuen Knick-Schilder im Test: MOTOR-TALK Redakteur Constantin Bergander prüft die Flexibilität des Biege-Elements Die neuen Knick-Schilder im Test: MOTOR-TALK Redakteur Constantin Bergander prüft die Flexibilität des Biege-Elements Quelle: MOTOR-TALK / Christoph Michaelis

Berlin – Ein kleiner Schubser genügt, und jedes gängige Verkehrszeichen knickt um. Die dünnwandigen Rohre haben gegen ein Auto keine Chance. Die meisten Autofahrer betrachten das Umfahren eines Verkehrsschilds als Kavaliersdelikt und begehen Fahrerflucht. Das wieder Aufstellen kostet dann mindestens 150 Euro. Der Pfosten muss immer getauscht werden. Wenn mehr als das Rohr beschädigt ist, kann sich die Summe verdreifachen.

Eine Erfindung aus Italien will nun Abhilfe schaffen: Pfosten-Einsätze mit Federgelenken. Sie bringen die Schilder nach einer Kollision in ihre Ursprungsposition. Das spart Reparaturkosten und soll sogar etwas netter zum Auto des Unfallverursachers sein. Die Firma Crescendi vertreibt die Schilder in Deutschland.

So funktionieren die flexiblen Schilder

Ein Blick auf die Technik: Das Verkehrsschild richtet sich selbstständig wieder auf Ein Blick auf die Technik: Das Verkehrsschild richtet sich selbstständig wieder auf Quelle: MOTOR-TALK / Christoph Michaelis Die Einsätze gibt es in den üblichen Straßenschild-Durchmessern (60 und 76 Millimeter). In ihnen sitzen Tellerfedern, die mit einer Kette am Boden befestigt sind. Wird der Pfosten abgeknickt, spannen sich die Federn und ziehen das Schild in die ursprüngliche Position zurück. Das Element ersetzt 43 Zentimeter Rohr und wird mittels Spreizschrauben befestigt.

Am Straßenrand sind Verkehrsschilder in mehr als zwei Meter Höhe montiert. Damit Wind und Fußgänger die neuen, flexiblen Rohre nicht bewegen können, haben die Federn eine Vorspannung von sieben Tonnen. Der mögliche Neigungswinkel beträgt 45 Grad. Die niedrigere Variante, etwa für Verkehrsinseln, hat eine Vorspannung von 1,4 Tonnen und kann um 110 Grad geknickt werden.

Crescendi-Vertriebsleiter Dieter Klomfass schürt Erwartungen: Sein System könne 300 Kollisionen unbeschadet überstehen. Er habe erst zwei Fälle erlebt, in denen Autos die Kette gedehnt und damit den Einsatz beschädigt haben – beide mit Geschwindigkeiten von weit über 100 km/h.

Ein Männerauto braucht Narben

Bundesweit gibt es mittlerweile mehr als 400 Stehauf-Schilder. Zwei davon stehen im Berliner Bezirk Marzahn-Hellersdorf, acht weitere warten auf die Montage. Auf einem Bauhof in Hellersdorf darf ich die Technik inspizieren und am eigenen Auto erfahren.

Da ich meine Autos liebe und jeder Kratzer schmerzen würde, leiht mir mein Kumpel Sudan seinen Golf 3 - mein ehemaliges Winterauto. Der fährt ohnehin nur noch seine letzten Kilometer bis zur nächsten, unüberwindbaren Hauptuntersuchung.

Bei der langsamen Fahrt gegen das Schild gibt die Stoßstange nach. Bei der langsamen Fahrt gegen das Schild gibt die Stoßstange nach. Quelle: MOTOR-TALK / Christoph Michaelis Trotzdem möchte ich ihn nicht kaputt fahren. Also rolle ich vorsichtig vor das flexible Schild und gebe erst im letzten Moment Gas. Der 90-PS-Motor schiebt den betagten VW gegen den Pfosten. Ich spüre, wie etwas nachgibt. Doch das Schild bewegt sich nicht.

Stattdessen arbeitet sich der Pfosten in die Stoßstange und drückt den Grill aus der Fassung. Der Kennzeichenhalter splittert. Mist. „Nicht schlimm, ein Männerauto braucht Narben“, sagt Sudan später. Spätestens jetzt ist die Fahrzeugfront überholungsbedürftig. Ich hatte die Nachgiebigkeit mehr auf Seiten des Schilds erwartet.

Flexi-Schilder: Nicht ausprobieren

Das das nicht geklappt hat, liegt am Aufbau der Stoßstangen: Zwischen Prallschutz und Stoßstangenhaut sind einige Zentimeter Platz. Der Kunststoff gibt nach und bleibt zum Teil verformt, der Lack reißt und Abstandssensoren sowie Reinigungsanlagen können beschädigt werden. Außerdem kann sich das Schild unter dem Auto verkeilen und Motor- und Unterbodenteile beschädigen.

Autos und Motorräder profitieren von den flexiblen Schildern also nicht. Das bestätigte der ADAC: Ein Sprecher konnte in dem System keine Verbesserung für die Verkehrssicherheit erkennen. Ein Pfosten müsse Aufprall-Energie aufnehmen, nicht wieder abgeben.

Um die Funktionsweise zu testen, ohne dem Golf den Rest zu geben, verändern wir den Versuchsaufbau. Wir befestigen ein Seil an Schild und Anhängerkupplung von Klomfass‘ Opel Insignia (ca. 1,6 Tonnen, 160 PS) und ziehen es zur Seite. Das funktioniert. Das Schild richtet sich problemlos wieder auf. Die kleinen Schilder lassen sich sogar mit Manneskraft bewegen – für einen Abknickwinkel von mehr als 45 Grad war ich aber nicht stark genug (ca. 95 Kilogramm, kräftig).

Klappschilder rentieren sich nach zwei Unfällen

Neuer Versuchsaufbau: Wir ziehen das Schild. Hier zeigen sich die Qualitäten des Feder-Elements Neuer Versuchsaufbau: Wir ziehen das Schild. Hier zeigen sich die Qualitäten des Feder-Elements Quelle: MOTOR-TALK / Christoph Michaelis Die Knickhalterung kostet 319 bis 359 Euro. Das System wird immer dann eingesetzt, wenn Schilder bereits beschädigt sind und repariert werden müssen. Auf dem Papier rechnet sich das Knick-Element nach zwei Kollisionen. Über den praktischen Nutzen gibt es noch keine Studien: Die Schilder werden erst seit neun Monaten aufgestellt. Wie oft sie seitdem umgeknickt wurden, ist nicht dokumentiert.

Während die Testphase in Marzahn-Hellersdorf anläuft, lehnt Charlottenburg-Wilmersdorf die Klapp-Schilder ab. Der Berliner Tagesspiegel berichtet, dass Bezirksstadtrat Marc Schulte die Einsätze für zu teuer hält. Jährlich investiere der Bezirk nur etwa 5.000 Euro in neue Schilder, Klapp-Schilder würden sich nicht rentieren. Die meisten Stehauf-Pfosten gibt es im Süden der Republik.

 

Quelle: MOTOR-TALK

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