• Online: 3.656

Motorsport News

Die neuen F1-Triebwerke im Detail

verfasst am

Der neue Formel 1-Motor für 2013 sorgt für Diskussionen. Die offizielle Verlautbarung der FIA verriet noch nicht alle Details des neuen Triebwerks. Wir sagen Ihnen, wie der F1-Vierzylinder genau aussehen soll und welche Bedenken die Hersteller vorbringen.

Die neue Generation Formel 1-Motoren soll 2013 kommen: 1,6 Liter Hubraum, vier Zylinder in Reihe, Direkteinspritzung mit 500 bar, 12.000/min Maximaldrehzahl und Energierückgewinnung sind das Gerüst einer streng limitierten Motorenformel. Hätte die FIA den Motorenbauern alle Freiheiten gewährt, hätten Mercedes, Ferrari, Renault und Cosworth gestreikt.

Kein Wettrüsten beim neuen Formel 1-Motor

"Es wäre ein nicht bezahlbares Wettrüsten geworden", bestätigt Cosworth-Mann Gallagher. Als Privatfirma muss Cosworth mit den Formel 1-Motoren Gewinn machen. "Wenn die Regeln so geschrieben werden, dass man mit 200 Millionen Euro Einsatz alle Rennen gewinnt, sind wir draußen", warnte die Manufaktur aus Northampton den Verband.

Der neue Formel 1-Motor ist ein maßgeschneidertes Konzept. Der Hybridantrieb (KERS) ist in das Vierzylinder-Paket integriert. IndyCar und der Le Mans-Veranstalter ACO haben sich für einen eigenen Weg entschieden. Die US-Szene setzt auf 2,4 statt 1,6 Liter Hubraum, auf eine V6-Architektur und Biturbo. In Le Mans konkurrieren V8- gegen V6-Motoren, Sauger gegen Turbo, Benziner gegen Diesel. Von Weltmotor kann keine Rede sein.

Turbo von der Stange ohne Ladedruck-Limit

Die Hersteller der Formel 1-Motoren und die FIA arbeiten derzeit an einer freiwilligen Kostenbremse für die Entwicklung. Vorbild ist die Ressourcenbeschränkung für den Bau und Einsatz der Autos. Im Entwurf des technischen Reglements für 2013 ist der künftige Antrieb bis ins Detail definiert.

Aus Kostengründen wird nur der Turbolader von der Stange sein. Jeder soll sich einen Lader für ein paar tausend Euro auf dem Markt kaufen können. Deshalb kann die FIA beim neuen Formel 1-Motor auf ein Ladedrucklimit verzichten. Die weiteren Eckpunkte: Motor, Aufladung, Energiespeicher und Leistungselektronik müssen in eine Box von 60 Zentimeter Länge, 100 Zentimeter Breite und 80 Zentimeter Höhe passen.

Neuer Formel 1-Motor genau definiert

Die Befestigungspunkte des neuen Formel 1-Motors mit dem Chassis sind genau festgelegt, damit keiner auf die Idee kommt, den Vierzylinder zu kippen oder gar quer einzubauen. Es erleichtert auch den Wechsel von einem Hersteller zu einem anderen. Das Gesamtgewicht der gesamten Leistungseinheit wird auf ein Minimum von 140 Kilogramm festgesetzt, wobei sich der Energiespeicher in einem Fenster von 25 bis 30 Kilogramm bewegen muss.

Die Mittelachse der Kurbelwelle liegt 90 Millimeter über dem Boden des Fahrzeugs. Das ist um 32 Millimeter höher als bei den derzeitigen Formel 1-Motoren im V8-Format. Ventildurchmesser unter fünf Millimetern sind verboten, genauso Zahnradstärken von weniger als acht Millimeter beim Stirnradsatz. Die Bohrung ist auf 88 Millimeter festgelegt. Die Durchflussmenge des Benzins darf 100 Kilogramm pro Stunde nicht übersteigen. Unterhalb von 8.500/min sind gar nur 73 kg/h erlaubt. Daraus ergibt sich die von Todt angestrebte Verbrauchsreduzierung.

Beim neuen Formel 1-Motor soll nur noch ein Eingriff pro Jahr erlaubt sein. Die Differenzierung findet bei der Energierückgewinnung statt. Das Hybridsystem KERS wird deutlich leistungsfähiger, auch wenn Pläne vom Tisch sind, die Auspuffwärme als zweite Energiequelle zu nutzen. Die Leistung wird von 60 auf 120 Kilowatt verdoppelt. Pro Runde darf eine Energie von zwei Megajoule gespeichert und bis zu vier Megajoule abgerufen werden - also die zehnfache Menge dessen, was 2011 erlaubt ist.

Am Hybrid führt kein Weg vorbei

Die Teams haben die Wahl: entweder ein größerer PS-Schub über eine kürzere Zeitspanne oder etwas weniger Leistung über einen längeren Zeitraum. Das soll Überholmöglichkeiten schaffen. Ein Beispiel: Würde man sich wie bisher auf eine Leistungsabgabe von 82 PS beschränken, wäre der Boost aus der Elektroreserve 33,3 statt 6,7 Sekunden pro Runde verfügbar. Mit KERS haben sich die Kritiker inzwischen abgefunden. An Hybridtechnologie führt beim neuen Formel 1-Motor kein Weg mehr vorbei, das sehen auch die Kritiker ein.

Formel 1-Chef Bernie Ecclestone hat jedoch Bedenken beim Sound. Ein Vierzylinder-Turbo mit 12.000/min, wird das nicht wie eine Nähmaschine klingen? "Keine Angst", kontert Todt. "Wir haben Soundanalysen durchgeführt. Der Motor wird gut klingen." Tatsächlich war FIA-Motorenexperte Gilles Simon beim Antriebsspezialisten Ricardo, um der Frage nach dem Klang der neuen Formel 1-Motoren nachzugehen. Außerdem sei daran erinnert, dass der BMW-Vierzylinder-Turbo der achtziger Jahre seine bis zu 1.400 PS recht lautstark kundgetan hat.

Montezemolo will neue Formel 1-Motor verschieben

Ferrari-Präsident Luca di Montezemolo spricht für eine Firma, die berühmt für ihre Zwölfzylinder geworden ist. Er akzeptiert die grüne Motorenformel nur unter Protest. Während ein 1,6-Liter-Vierzylinder für Renault die ideale Marketingplattform darstellt, sind die neuen Formel 1-Motoren für Ferrari ohne weiteren Nutzen. "Wir werden wegen der Formel 1 keinen Vierzylinder für unsere Straßenautos bauen", poltert der Ferrari-Chef. "Wenn es die geringste Möglichkeit gibt, den Vierzylinder noch zu kippen, werde ich sie wahrnehmen."

Und wenn es nur darum geht, die Einführung der gehassten Vierzylinder um eine Saison zu verzögern. "Wir sehen eine Chance dafür. Dazu brauchen wir Einigkeit", heißt es aus Maranello. Die FIA lehnt ab, die neuen Formel 1-Motoren zu verschieben. Man müsse jetzt Flagge zeigen, wo alle Welt von umweltfreundlicher Technologie spricht, wo die Automobilhersteller in der Serie längst abgerüstet haben.

 

 

Quelle: Auto Motor und Sport

Avatar von AutoMotorUndSport
55
Diesen Artikel teilen:
55 Kommentare: