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Der neue Ferrari in der Technik-Kritik

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auto motor und sport stellt die neuen Formel 1-Autos der Saison 2011 vor. In unserer Serie sagen wir Ihnen, was im Vergleich zum Vorjahresauto neu, was gut oder schlecht ist und wo die Technikgeheimnisse liegen. Den Auftakt macht der neue Ferrari F150.

Ferrari hat als erstes Team die Katze aus dem Sack gelassen. Der Traditionsrennstall präsentierte am 28. Januar in Maranello seinen Red Bull-Herausforderer für 2011. Auf den ersten Blick ein optimiertes Vorjahresauto. Wir sagen Ihnen, ob mehr unter der roten Karbonhaut steckt.

Die Typbezeichnung:

Bei Ferrari gibt es kein System. Mal erweist man dem inzwischen verstorbenen Fiat-Patriarchen Gianni Agnelli (F2003-GA) die Ehre, mal wird an 60 Jahre Ferrari in der Formel 1 erinnert (F60), und diesmal setzen die Ferrari-Strategen auf den Nationalstolz. F150 weist auf 150 Jahre Vereinigung Italiens hin.

Das ist neu am Ferrari F150:

Die Nase ist um rund sieben Zentimeter höher. Der kastrierte Diffusor braucht Luft. Weil der Rumpf praktisch waagerecht in das Cockpit übergeht, sind die charakteristischen Höcker im Bereich der Vorderachse fast verschwunden. Gleiches Spiel bei den Seitenkästen. Es fehlt die elegante Beule an der Außenseite. Die Seitenteile wachsen waagerecht aus der Fahrgastzelle. Aus der Vogelperspektive ist gut zu erkennen, dass die Seitenkästen nach hinten deutlich spitzer zulaufen. Auf Höhe der Hinterachse trifft sich die Verkleidung an einem Punkt. Dort war der Vorgänger wesentlich breiter.

Die Airbox ist schlanker und flacher. Dafür sitzt der Fahrer etwas höher. Das Kombi-ähnliche Heck ist verschwunden. Das Reglement erlaubt in dem Bereich keine Karrosserieteile mehr. Das Heck fällt steiler nach unten ab. Wenn der Diffusor gekappt ist und nur noch 125 Millimeter hoch sein darf, muss die Strömung auf der Oberseite und zum unteren Heckflügel-Element optimiert werden. Der Heckflügel sitzt auf einer Strebe und hat unten stark nach vorne gezogene Endplatten. Da soll die Luft am Ende des Unterbodens besser kanalisiert werden.

Unter der Haube:

Das neue Getriebe baut extrem schmal. Das bringt Diffusorfläche. Die KERS-Elemente mit deutlich geschrumpften Batterien sitzen unter dem Tank. Das senkt den Schwerpunkt. Der Generator flanscht leicht nach links versetzt am Motor an. Vor zwei Jahren lag er auf einer Linie mit der Kurbelwelle. Dafür musste Ferrari den Öltank teilen. Der Kunstgriff erlaubt nun den Einbau eines hohen einteiligen Öltanks. Diese Lösung spart Länge.

Der Auspuff bläst in den Diffusor. Die Airbox-Öffnung wurde verkleinert, weil die Fahrer im Cockpit etwas aufrechter sitzen, um eine bessere Sicht zu haben. Deshalb wurde aus einer ovalen eine beinahe runde Öffnung. Der Helm des Fahrers liegt damit voll unter der Öffnung und stört nicht die Luftzufuhr zum Motor. Die Kühleinlässe sind geschrumpft und höher angebracht. Die heiße Kühlluft entweicht komplett am Ende der Motorabdeckung.

An der Vorderradaufhängung lässt sich eine breitere Basis der Dreieckslenker erkennen. Hinten ist die Aufhängung nach vorne gepfeilt und von der Geometrie völlig neu. Das lässt folgenden Schluss zu: Der Ferrari wurde vorne kürzer und hinten länger. Die Pfeilung nach vorne verfolgt noch einen weiteren Zweck: Der Diffusor muss atmen können. Dafür müssen alle störenden Aufhängungsteile aus dem Weg geräumt werden.

Das wurde kopiert:

Beim flachen Heck stand der letztjährige Red Bull Pate. Mit einer Zugestreben-Aufhängung (Pullrod) wie bei der Konkurrenz wollte sich Technikchef Aldo Costa aber nicht anfreunden. Seine Fahrwerksspezialisten vertrauen weiter dem Druckstrebenprinzip (Pushrod). Die Einlässe für die Kühler sind McLaren-like. Die einteilige Heckflügel-Stütze zeigte uns 2010 schon Renault.

Eigene Ideen:

Die nach vorne gepfeilte Hinterachse erfüllt den gleichen Zweck wie die von Red Bull vor zwei Jahren reaktivierte Pullrod-Lösung. Mit der Nase setzte Ferrari einen Rekord. Noch nie war der Abstand zum Frontflügel so groß. Interessant ist der Luftauslass am Ende der Airbox. Statt wie Red Bull die heiße Abluft aus den Kühlern aus einer Kanonenrohr ähnlichen Öffnung entweichen zulassen, stanzte Ferrari links und rechts der Airbox-Finne zwei dünne Schlitze.

Das kommt noch:

Das Präsentationsauto ist erst zu 60 Prozent der Ferrari, der in Bahrain fährt. Frontflügel, Heckflügel, Diffusor und Leitbleche stammen entweder direkt vom Vorjahresauto oder wurden geringfügig modifiziert, um dem Reglement zu genügen.

Fazit:

Der F150 reißt einen nicht vom Hocker. Er wirkt vorne plumper, hinten aufgeräumter. Schade, dass die Höcker auf dem Chassis und den Seitenkästen weg sind. Das gab dem Auto eine gewisse Eleganz und Charakter. Das Auto ist im Großen und Ganzen eine Weiterentwicklung des 2010er Modells mit den notwendigen Änderungen zur optimalen Anströmung des Diffusors und zur schlauen Unterbringung der KERS-Elemente. Aber das steht bei jedem im Lastenheft. Wenn Ferrari einen Trick ausgepackt hat, dann ist er entweder sehr gut unter der Verkleidung versteckt, oder er wird mit Verspätung ausgepackt.

Note: 7 (von 10) - Da muss noch etwas kommen, damit die Konkurrenz das Grübeln anfängt. Aber manchmal sind die logischen Lösungen besser als die riskanten.

 

 

 

Quelle: Auto Motor und Sport

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