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Bundestagswahl 2017: Verkehrspolitische Forderungen der Parteien - Das planen die Parteien rund um Auto und Verkehr

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Noch Zweifel, wo am Sonntag das Kreuz hin soll? Wir haben die verkehrspolitischen Forderungen der Parteien auf Grundlage der Wahlprogramme zusammengefasst.

Wohin kommt das Kreuz? Am Sonntag haben wir die Bundestagswahl Wohin kommt das Kreuz? Am Sonntag haben wir die Bundestagswahl Quelle: dpa/Picture Alliance

Berlin – Ja, man sollte wählen gehen bei der Bundestagswahl 2017 am Sonntag, 24. September. Und nein, man sollte seine Wahlentscheidung nicht nur von verkehrspolitischen Erwägungen abhängig machen. Auch wenn Themen rund um Auto und Verkehr im August das alles beherrschende Thema in vielen Medien waren.

Was man dabei bedenken sollte: Der im Sommer heftig umstrittene Themenkomplex Diesel, Fahrverbote und Stickoxide spielt in den Wahlprogrammen der Parteien eine deutlich kleinere Rolle als in den Medien der letzten Wochen. Die Parteien haben ihre Wahlprogramme zur Bundestagswahl 2017 vor dem Sommer verabschiedet, als die Diskussion um den Diesel deutlich weniger überhitzte.

Wann kommt die Maut? Fünf von sieben Parteien, die wohl in den Bundestag einziehen, sagen: wenn es nach uns geht, nie. Wann kommt die Maut? Fünf von sieben Parteien, die wohl in den Bundestag einziehen, sagen: wenn es nach uns geht, nie. Quelle: dpa/Picture Alliance Maßgeblich sind in jedem Fall die Wahlprogramme und nicht die Sommerinterviews: Auf die Inhalte der Wahlprogramme haben Parteitage ihre Führung festgelegt. Die Themen und Forderungen aus den Wahlprogrammen werden also Eingang in Koalitionsvertrag oder Oppositionsarbeit finden.

Auffällig ist: Das alles beherrschende Thema im Verkehrsbereich gibt es nicht. Jede Partei setzt ihre eigenen Schwerpunkte. Der ökologische Umbau des Verkehrs, so scheint es, wird (fast) überall für unausweichlich befunden – ob, wie und wann die Politik eingreifen muss, wird dagegen höchst unterschiedlich bewertet. Oder gar nicht. Nur zu wenigen konkreten Fragen nehmen alle Parteien in ihren Wahlprogrammen Stellung. Beispiel Tempolimit auf Autobahnen und Einführung der beschlossenen Pkw-Maut:

Thema CDU SPD Grüne Linke FDP AfD
Tempolimit Nein k.A. 120 km/h AB 120 km/h; 30 km/h Nein Nein
Pkw-Maut einführen Ja Nein Nein Nein Nein Nein

 

Wir fassen daher hier vor der Wahl die verkehrspolitischen Forderungen der Parteien noch einmal kurz zusammen und geben eine Einschätzung ab: Wie ernst nimmt die jeweilige Partei das Thema überhaupt?

CDU/CSU

Einschätzung: Die Union aus CDU und CSU möchte am verkehrspolitischen Status Quo wenig ändern, aber in einzelnen Bereichen Verbesserungen erzielen. Bei einigen Detailfragen werden Veränderungen explizit abgelehnt, etwa bei Fahrverboten oder Fahrprüfungen für Senioren. Der Stellenwert der Verkehrspolitik scheint für die CDU eher hoch. Hier die wichtigsten Vorhaben:

  • Sanierung von Straßen, Autobahnen und Brücken beschleunigen, ein Planungsbeschleunigungsgesetz soll eingeführt werden
  • Neue Lkw sollen mit einem automatischen Bremsassistenten ausgerüstet werden.
  • Keine verpflichtenden Fahrprüfungen für Senioren
  • Stickoxidbelastung in Städten bis 2020 deutlich reduzieren. Strategien sollen mit Kommunen erarbeitet werden
  • Keine generellen Fahrverbote für bestimmte Fahrzeugtypen wie Diesel
  • Förderung der Vernetzung von Verkehrsmitteln zur Verbesserung des Verkehrsflusses
  • Alternative Antriebe fördern: alternative Kraftstoffe, Elektro, Wasserstoff
  • Fuhrparks von Behörden, Betrieben, Taxi, ÖPNV zügig auf Elektro umrüsten

SPD

Einschätzung: Die SPD hat nur wenige konkrete Vorstellungen zur Verkehrspolitik, andere Themen stehen im Vordergrund. Für einschneidende Änderungen setzt die Partei sich einen weit gesteckten Zeithorizont, klare Aussagen zu einzelnen Aspekten der Verkehrspolitik fehlen weitgehend. Wichtigstes Projekt der SPD im Verkehrssektor scheint die Verbesserung des Schienenverkehrs.

  • „Verkehrswende“. Bis 2050 soll der Verkehr „digital, schadstofffrei, barrierefrei und sicher“ sein
  • Neue Konzepte wie Carsharing fördern, v.a. im ländlichen Raum
  • Auto muss emissionsfrei werden
  • Ambitionierte Grenzwerte für den Schadstoffausstoß von Pkw
  • Produktion und Entwicklung moderner E-Autos in Deutschland
  • Keine Mautpflicht für Lkw unter 7,5 t
  • „Deutschlandtakt“ Fahrplan
  • Digitale Mobilitätsplattform für Buchung aller Verkehrsträger schaffen
  • Anschaffung von Bussen und Taxis mit alternativem Antrieb fördern

Grüne

Einschätzung: Die Grünen sehen eine ökologische Verkehrspolitik als wichtigen Baustein ihrer Umweltpolitik. Für die Partei ein zentrales Politikfeld. Im Wahlprogramm finden sich konkrete und ausführliche Stellungnahmen zu verkehrspolitischen Themen. Das Ziel der vorgeschlagenen Maßnahmen ist, den Pkw-Verkehr zugunsten umweltfreundlicherer Verkehrsträger zurückzudrängen.

  • Autos müssen so umgerüstet werden, dass Grenzwerte im Straßenverkehr eingehalten werden
  • „Blaue Plakette“ soll eingeführt werden (heißt: ja zu Fahrverboten für ältere Diesel)
  • Innovative Mobilität (Carsharing etc) vorantreiben, ÖPNV und Radverkehr fördern
  • Erhalt vor Neubau, Schiene vor Straße, mehr Geld für Radwege
  • Alle Lkw ab 3,5 Tonnen in die Lkw-Maut
  • Ab 2030 nur noch abgasfreie Autos neu zulassen
  • Kfz-Steuer und Dienstwagensteuer an Verbrauch und Schadstoffausstoß ausrichten
  • Tempolimit auf Autobahnen: 120 km/h
  • Nein zu Lang-Lkw

Dicke Luft in Innenstädten: Das Thema dominierte den Sommer, findet aber in den Wahlprogrammen nur am Rande statt Dicke Luft in Innenstädten: Das Thema dominierte den Sommer, findet aber in den Wahlprogrammen nur am Rande statt Quelle: dpa/Picture Alliance

FDP

Einschätzung: Die FDP setzt im Wahlprogramm andere Schwerpunkte als die Verkehrspolitik. Das Kapitel zur Mobilität ist kurz und wenig konkret. Digitalisierung und autonomes Fahren werden als Chance gesehen. Autonome Fahrzeuge erhöhten die Mobilität derer, die heute darin eingeschränkt sind.

  • Ja zu Lang-Lkw
  • Nein zur Pkw-Maut
  • 20 Jahre lang 2 Mrd. Euro jährlich für Sanierung der Verkehrsinfrastruktur in Kommunen und Ländern
  • Kein generelles Tempolimit, kein Tempo 30 flächendeckend in Ortschaften
  • Entwicklungen im Verkehrswesen dürfen durch Monopolregelungen nicht behindert werden

Linke

Einschätzung: Die Linke misst der Verkehrspolitik, gemessen am Umfang des Themas im Wahlprogramm, eine hohe Bedeutung bei. Die verkehrspolitischen Forderungen der Linken würden gravierende Veränderungen für viele Verkehrsträger bedeuten. Im Kern soll das Verkehrsnetz „ökologisch und sozial“ umgestaltet werden. Die zur Erreichung dieses Ziels vorgeschlagenen Maßnahmen sind konkret und weitgehend.

  • Perspektivisch kostenloser Nahverkehr für alle
  • Nein zum Bundesverkehrswegeplan: ÖPNV und Radverkehr statt neue Autobahnen
  • Keine Pkw-Maut, sie schaffe den „Gläsernen Bürger“
  • Abschaffung der Subventionen für Diesel, Flugbenzin und Biokraftstoff
  • Mehrwertsteuer auf alle Flugtickets einführen, auf Bahntickets halbieren
  • Dienstwagen nach ökologischen Kriterien besteuern
  • Pendlerpauschale soll Nutzung von ÖPNV attraktiver machen
  • Folgekosten von zu viel Abgasen nach „Verursacherprinzip“ den Autoherstellern in Rechnung stellen
  • Tempolimit: 120 km/h auf Autobahnen, Regelgeschwindigkeit von 30 km/h in Ortschaften
  • Wildtierbrücken an Bundesstraßen ab 3 Fahrspuren
  • ÖPNV nach bundesweit einheitlichen Standards, regulierter Taxibetrieb als Teil dessen

AfD

Einschätzung: Der verkehrspolitische Forderungskatalog der AfD ist kurz, die Partei setzt im Wahlprogramm andere Schwerpunkte. Öffentlich-Private Partnerschaften bei Infrastrukturprojekten lehnt die Partei generell ab. Größere Änderungen am Status Quo wären die Abschaffung von Umweltzonen sowie die Einbeziehung der Achslast pro Achse in die Berechnung der Lkw-Maut.

  • Einbeziehung von Achslast je Achse in Berechnung der Lkw-Maut
  • Keine Diskriminierung von Verkehrsmitteln wie dem Diesel
  • Kein Tempolimit, Abschaffung von Umweltzonen
  • Konjunkturprogramm für Sanierung und Ausbau von Schienen, Straßen, Wasserwegen, Brücken
  • Moderne Logistikkonzepte im Güterverkehr
Avatar von bjoernmg
Renault
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