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Das Geheimnis der Red Bull-Flügel

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Der Red Bull RB7 ist das beste Auto im Formel 1-Feld. Unsere exklusive 3D-Animation zeigt die genialen Tricks der Aerodynamiker um Designchef Adrian Newey. Wir verraten Ihnen im Detail, wie die Motortechnik den Ingenieuren dabei geholfen hat, die beweglichen Flügel noch effektiver zu nutzen.

Adrian Newey denkt ein Rennauto zu Ende. Man tut dem Designgenie Unrecht, wenn die Überlegenheit des RB7 auf den Frontflügel reduziert wird, der sich bei voller Fahrt zur Straße hin absenkt. Das wäre Newey viel zu eindimensional gedacht. Nicht ein Supertrick schafft Vorteile, sondern ein stimmiges Gesamtwerk. Der Flügeltrick funktioniert nur, weil der RB7 schon im Stand von vorne nach hinten um drei bis vier Grad angewinkelt ist. Kommt der Anpressdruck hinzu, kratzen die Flügelendplatten auf dem Asphalt.

Das ganze Auto arbeitet dann wie ein Diffusor. Deshalb ist der Red Bull mit vollem Tank am ehesten verwundbar. Da drückt das Benzingewicht das Auto hinten in die Knie. Das stört die perfekte Abströmung. Die Anstellung erklärt auch die bescheidenen Topspeeds der Red Bull. Das Gerede vom brustschwachen Renault-V8 ist dummes Zeug. Der Werks-Renault liegt mit dem gleichen Motor in der Topspeed- Tabelle immer weiter oben.

Red Bull steht angewinkelt im Wind

Das führt zu der Frage, warum es nicht jeder so macht. Die Antwort ist simpel. Weil es unheimlich schwierig ist, bei so viel Federweg auf der Hinterachse einen stabilen Abtrieb zu generieren. Der höher stehende Diffusor bietet zwar mehr Expansionsfläche, doch er ist auch gegen seitliche Einströmung schwerer abzudichten. Red Bull nutzt die Auspuffgase als eine Art künstliche Abdichtleisten.

Mercedes-Teamchef Ross Brawn und McLaren-Kollege Martin Whitmarsh räumen ein, dass die Anstellung einen Teil des Flügelmysteriums erklärt, aber eben nicht alles. "Nehmen wir an, dass der Red Bull hinten 20 Millimeter höher steht als unsere Autos. Bei einem Radstand von 3,40 Meter und einem Überhang von einem Meter vorne ist der Frontflügel acht Millimeter unter unserem Niveau. Beim Fahren sehen wir aber größere Unterschiede. Die machen etwas Schlaues mit dem Flügel, das steht fest."

Motor-Trick sorgt für stabilen Abtrieb im Heck

Renault sorgte mit der Aussage für Aufregung, wonach der Verbrauch um zehn Prozent gestiegen sei, seit der Diffusor permanent angeblasen wird. Sebastian Vettel hält das für übertrieben. Kein Mensch nimmt beim Start freiwillig 15 Kilogramm mehr Benzin an Bord. Im Training tun bei Minimalbetankung zehn Prozent mehr nicht weh. "Für jedes Rennen", relativiert Renault-Ingenieur Remi Taffin, "gibt es eine Matrix, bei der wir den Zeitverlust durch das höhere Spritgewicht gegen den Abtriebsgewinn abwägen. Davon hängt ab, wie oft wir den Trick einsetzen."

Die Technik, den Diffusor anzublasen, wurde verfeinert. Renault pumpt beim Gaswegnehmen nicht nur Luft durch den Motor, sondern spritzt bei Spätzündung auch gezielt Benzin mit ein. Das hat zwei Effekte: Die Auspuffgase haben eine höhere Temperatur und mehr Energie. Beides hilft der Strömung. "Der aerodynamische Vorteil ist enorm", verrät Taffin.

Eigentlich ist der Red Bull RB7 nur eine Evolution des Vorjahresautos. Nach Neweys Aussage wurde der größte Fortschritt bei der Standfestigkeit erzielt. Früher waren seine Kreationen immer mit Fehlern behaftet. Die Produktion musste sich erst an Neweys gehobene Ansprüche gewöhnen. Bevor er 2006 nach Milton Keynes umzog, baute Red Bull ganz normale Rennautos. Jetzt sind sie außerirdisch.

KERS, Kühlung und Tank sind am Limit

Der kompromisslose Konstruktionsansatz birgt trotzdem Risiken. KERS, die Kühlung und die Tankgröße sind am Limit gestrickt. KERS, weil Newey die Komponenten an Stellen verstaut, wo sie seine Idee vom perfekten Rennauto nicht stören. Er hätte die Batterien und die Elektronik wie die anderen unter dem Fahrersitz oder dem Tank platzieren können, doch das hätte den Schwerpunkt gehoben, weil der Fahrer höher sitzt oder der Tank nach oben wandert. Jetzt muss er damit leben, dass die Unterbringung am und im Getriebegehäuse unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringt.

Wer den Heckbereich so flach und schmal haben und gleichzeitig den Radstand nicht auf "die Länge eines Busses" anwachsen lassen will, der muss beim Tankvolumen an das Mindestmaß gehen. Whitmarsh gibt zu: "Unser Auto ist so lang, weil wir bei normaler Tankgröße hinten schmal bauen wollten." Der Radstand des McLaren misst 18 Zentimeter mehr.

Red Bull mit Problemen bei Hitzerennen

Bei Normaltemperaturen gesteht Newey seinem Auto nur einen Auslass für die heiße Kühlluft zu. Er liegt am Ende der Airbox. Was bei Hitzerennen passiert, zeigte sich in Malaysia. Drei zusätzliche Kiemen rechts und links vom Cockpit störten die sensible Aerodynamik derart, dass die Überlegenheit dahinschmolz wie das Trockeneis in den Kühlschächten. McLaren war nicht besser in Sepang. Red Bull war schlechter.

Wer Red Bull mittelfristig schlagen will, muss Adrian Newey entführen. Oder die Aerodynamik verbieten. In unserem exklusiven Technik-Video zeigen wir Ihnen die Tricks des Red Bull noch einmal im Detail. Die 3D-Animation zeigt die beweglichen Flügel, den Auspufftrick und die Anstellung des gesamten Autos im Vergleich zum konventionellen McLaren.

 

 

Quelle: Auto Motor und Sport

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