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E-Autos im Carsharing - Carsharing-Kunden verbrennen lieber Sprit

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Der Carsharing-Trend und das Elektroauto könnten sich perfekt ergänzen. Doch die Verbindung kriselt. Ein Grund ist das dünne Netz an Ladesäulen, ein anderer sind die Kunden.

Der Carsharing-Dienst Car2go bietet in Berlin keine E-Autos zur Kurzzeitmiete mehr an Der Carsharing-Dienst Car2go bietet in Berlin keine E-Autos zur Kurzzeitmiete mehr an Quelle: Daimler

Köln - Für Carsharing-Kunden zählen die bekannten Nachteile von E-Autos nicht. Die geringe Reichweite spielt für den Kurzstreckeneinsatz in der Stadt kaum eine Rolle, ebenso wenig stört der hohe Preis oder die Unsicherheit über die Batterielebensdauer. Auch auf der Anbieterseite könnte das Elektromobil ein Hit sein: Die Wartungskosten sind gering, der Imagegewinn hoch. Doch bisher bleibt der Boom elektrisch angetriebener Kurzzeit-Mietautos aus. Künftig könnte der Bestand sogar schrumpfen.

Ohne Förderung wird das Interesse nachlassen

Sowohl Drive Now als auch Car2go sind auf ein gut ausgebautes Netz an Ladestationen angewiesen Sowohl Drive Now als auch Car2go sind auf ein gut ausgebautes Netz an Ladestationen angewiesen Quelle: Drive Now

Fast jedes zehnte Carsharing-Auto in Deutschland ist aktuell batteriebetrieben. Von den insgesamt 1.561 Stromern zählen rund 950 zu den Flotten der Carsharing-Töchter von Autoherstellern, wie der Bundesverband Car Sharing (BCS) in Berlin ermittelt hat. 245 fahren in den gemischten Flotten kleinerer stationärer Car-Sharing-Unternehmen, 366 sind für spezielle E-Auto-Anbieter unterwegs.

Vor allem bei den beiden Letzteren hat sich die Elektro-Euphorie mittlerweile gelegt. Die Zahl der dort zugelassenen Batterie-Mobile werde in Zukunft wieder sinken, prognostiziert Willi Loose, Geschäftsführer des BCS. „Ein Großteil der Fahrzeuge ist im Rahmen von Förderprojekten angeschafft worden“, sagt er. Laufen die Projekte aus, verschwinden auch die Autos bald wieder.

Ohne finanzielle Anreize verliert für viele Anbieter der elektrische Kurzzeit-Mietwagen an Reiz. „Die Margen im Carsharing sind gering“, sagt Loose, „die Kosten für E-Autos hoch.“ Für die meist mittelständischen Unternehmen stelle sich die Frage, ob sie ein Batteriemobil oder lieber drei konventionelle Fahrzeuge anschaffen.

Auf Nachlässe beim Kaufpreis können sie mangels Stückzahl kaum hoffen. Was noch schwerer wiegt: Viele Kunden verschmähen das E-Auto. „Wenn beide Fahrzeuge nebeneinander stehen, sind konventionelle Modelle immer besser ausgelastet als E-Autos“, sagt Loose. Er vermutet Berührungsängste der Nutzer.

Eine Rolle spielen dürfte die Angst, mit leerem Akku liegen zu bleiben. Das mag im Stadtverkehr irrational sein – trotzdem sind eingeschränkte Reichweite und lange Ladezeiten auch für die Kurzstrecken-Mobile ein Problem. Vor allem auf Anbieterseite. Der nämlich braucht ein intelligentes Lademanagement, muss bei der Reservierung des Kunden schon den mehrstündigen Tankstopp an der stationären Ladesäule berücksichtigen. Eine ordentliche Auslastung ist so nur schwer zu erreichen.

In Stuttgart wird Car2go weiterhin seine 500 Elektro-Smarts anbieten In Stuttgart wird Car2go weiterhin seine 500 Elektro-Smarts anbieten Quelle: picture alliance / dpa

Die Suche nach einer Ladestation

Während die stationären Anbieter die Autos zumindest einigermaßen sicher an ihren jeweiligen Standorten aufladen können, sind Free-Floating-Anbieter wie Car2go oder Drive Now auf eine gute öffentliche Ladeinfrastruktur angewiesen. Die Kunden können die Autos innerhalb eines bestimmten Gebietes an jedem Ort abstellen, am besten jedoch an einer Ladesäule - so es denn genug davon gibt. Was längst nicht überall der Fall ist.

So war das dünne Netz an Stromtankstellen für Daimler-Tochter Car2go einer der Gründe, sich mit seinen rund zwei Dutzend Elektro-Smarts aus Berlin zurückzuziehen. Aktuell fahren in der Hauptstadt nur noch konventionell angetriebene Carsharing-Smarts. Ändern dürfte sich das in nächster Zeit nicht. Grundsätzlich glaube man an das E-Auto als Carsharing-Fahrzeug, heißt es in Stuttgart. Konkrete Pläne für eine erneute Ausweitung der Flotte gebe es aber nicht.

Drive Now will seine Fahrzeugflotte von 100 auf 400 Elektro-Fahrzeuge aufstocken Drive Now will seine Fahrzeugflotte von 100 auf 400 Elektro-Fahrzeuge aufstocken Quelle: Drive Now

Zunächst bleibt es bei Car2go daher bei den 500 Elektro-Smarts am schwäbischen Firmensitz. Dort funktioniert das Mobilitätsmodell – auch, weil im Rahmen des „Schaufensters Elektromobilität“ in der Landeshauptstadt rund 500 öffentliche Ladepunkte errichtet wurden. Andere Städte können von solchen Zahlen nur träumen.

Drive Now weitet E-Auto-Angebot aus

Das weiß man auch bei Wettbewerber Drive Now, dem Carsharing-Angebot von BMW und Sixt. Auch die Münchner sehen Schwierigkeiten bei der Elektrifizierung der Flotte. Trotzdem wollen sie zunächst in Vorleistung gehen.

Aus den aktuell 100 E-Mobilen in drei Städten sollen bis Ende des Jahres 400 in fünf Städten werden. Nach München, Hamburg und Berlin will man dann auch in Düsseldorf und Köln werbewirksam mit dem Elektrokleinwagen BMW i3 vertreten sein. Die Autos stehen dann bereit – die Infrastruktur wird nachziehen, so die Hoffnung.

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