Wenn ein Stern verglüht?!

Mercedes E-Klasse W210

Artikel bei NTV:
http://www.n-tv.de/.../Wenn-ein-Stern-verglueht-article9982501.html

Was sagt ihr? Brennt er noch, glüht er schon oder ist es bald nur noch Asche?

Beste Antwort im Thema

So sehr du, DSD, im Großen und Ganzen Recht hast, so muss ich im einen oder anderen Detail doch widersprechen bzw. den Blickwinkel da und dort korrigieren.

Zuerst einmal glaube ich das ganze Gequake mit den Kosteneinsparungen nur bedingt. Vermutlich werden die Investoren in den Versammlungen mit demselben Marketinggewäsch zufriedengestellt, das auch wir als Kunden zu hören bekommen.

Dass die Baureihe 124 nur aus Qualitätserkmalen bestand, das ist doch auch unhaltbar. Abgesehen vom Rostdrama erinnere ich nur an den populären Taxleraufstand! Im Gegenteil, vermutlich ist ein 210er -- angesichts seiner deutlich höheren Komplexität -- sogar relativ verlässlicher als sein Vorgänger: Es ist leicht, Mängel in Baugruppen zu vermeiden, die nicht da sind! Alleine die Tatsache, dass die Baureihe 210 gerne gekauft wurde ist doch ein Zeichen, dass der höhere Komfort, die bessere Fahrstabilität, die modernen Motoren angenommen wurden und die damit einhergehende Zunahme der technischen Komplexität vom Hersteller durchaus passabel beherrscht wurde.

Daimler hat leider einen gewissen Hang zum Drama und ich meine damit, dass es immer wieder und recht regelmäßig Zäsuren gab, wo großer, stürmisch eroberter technologischer Fortschritt durch die Realitäten ... nun ja ... eingeholt wurde. Ob nun Wasserlacke, schlappe Kettenspanner, CDI-Technik, kippende Autos, "wartungsfreie" Automatik, Elektronik, bröselnde Abgaskrümmer, rücklauffreie Piezo-Injektoren, mürbe Kettenräder, Siebenganggetriebe, Turbobenziner oder SBC-Wahnsinn, Mercedes war immer ganz vorn dabei und am Puls der Zeit, beanspruchte immer die modernsten Technologien für sich und ging damit natürlich auch einige Risiken ein -- und wie gesagt: Nicht erst seit 1996!

Nicht zuletzt aus diesem Pionieranspruch und den sich daraus ergebenden Risiken beim Kunden entwickelte sich auch eine ausgeprägte "Kulanzkultur", die noch immer ihresgleichen sucht -- wenngleich es auch nie zum Mut eines umfassenden Garantieangebotes reichte.

Wäre das Resumeé jeder Baureihe aber ein Negatives, dann weckte Mercedes schon lange nicht mehr die Begehrlichkeiten, die auch heute noch deutlich zu spüren sind! Wer noch polarisiert, der lebt!

Was man Daimler in den letzten Jahren eventuell konkreter ankreiden kann, das ist eine gewisse Verlagerung hin zu ausgesprochen teuren Serienschwächen. Auch wenn die sehr vielen OM 651-Kunden nicht im Regen stehen gelassen werden und nachträglich kostenlos standfeste Technik verabreicht wird und auch wenn zuvor acht Jahre lang mit schier sinnlosem Arbeits- und Materialeinsatz die braune Pest in Zaum gehalten wurde, ja, auch wenn sehr, sehr viele SBC-Einheiten kostenlos aus dem Markt genommen wurden, so muss man doch sagen: Etwas mehr Sorgfalt täte gut, irgendwer wird das Ganze ja bezahlen müssen ... und das ist am Ende doch immer der Kunde.

Als kleine Fische erscheinen mir da vergleichsweise Probleme wie das untaugliche Kettenrad beim 350er oder die vereinzelten Turboladerprobleme bei den neuen CGIs. Dass die Injektoren im 210er nach 200.000 km gerne undicht werden ist doch vergleichsweise höchstens lästig.

Was der Kunde als Qualität empfindet, ist auch recht vielfältig. Dies ist sehr stark von biologischen wie sozialen Faktoren und der persönlichen Erfahrung abhängig.

Ein noch stürmischer Endzwanziger definiert unter der Qualität des Fahrzeuges nunmal ganz was anderes als ein gereifter Mitfünziger, der eine wünscht sich direkten Fahrbahnkontakt, den allezeit geforderten "Spaß am Fahren", wo alte Hasen am liebsten unbehelligt von Frostaufbrüchen und unaufgeregt nach langer Fahrt aus der Karosse steigen.

Die Zurschaustellung des Autos als Ausdruck des Ringens um soziale Anerkenung und Abgrenzung ist genauso gegeben wie der dadurch bewirkte bedeutende wirtschaftliche Druck auf den Käufer bzw. Leasingnehmer.

Und der, in langen Jahren des Autobesitzes "wieder Gesundete", und menschlich in sich ruhende Mitmensch wird auf all das weniger geben, als auf Standfestigkeit und unerschütterliche Verlässlichkeit.

Ist es hier so falsch, dass Daimler sich aktiv bemüht, jeder Zielgruppe ein passendes Modell zu bieten? Muss man dies zwangsweise als ein Verzetteln in eine zerklüftete Modellpolitik darstellen?

Die Autohersteller schienen sich -- bis vor nicht allzulanger Zeit -- den Käuferkreis durchaus passend zu diesen Kriterien aufgeteilt zu haben. BMW für die jungen Wilden, Mercedes für die Statusbewussten und VW/Audi für die Pragmatiker unter uns.

Nun scheint es eben gesellschaftliche Veränderungen zu geben, die die daraus korrellierenden Marktanteile zum Vor- oder Nachteil der einzenen Hersteller verschieben. Die permanente und nachweislich wirksame Mediengehirnwäsche mit ihrem fast schon bis zur Unerträglichkeit postulierten Jugendlichkeitswahn hat zur Folge, dass Käufer, die früher kein Problem mit einem "spießigen" oder "dezenten" Auto gehabt hätten, plötzlich zu Modellen mit peinlich-grellbuntem Tagfahrlicht und dynamischen Karosserieschnitt greifen, obwohl Einstieg wie Nutzwert stark eingeschränkt sind -- von der freien Sicht nach hinten ganz zu schweigen. Man muss doch nur mal die Kundschaft und ihren Fuhrpark beobachten, die auf einem MB-Parkplatz ein- und aussteigt ...

Man kann es einem Großhersteller nicht ankreiden, dass er diese "Drift" mitmacht, schließlich ist er auch Arbeitgeber für Zehntausende und auch seinen Investoren verpflichtet. Weltverbesserer scheitern regelmäßig und das sture beharren auf dem noch gestern Bewährten birgt die Gefahr großer Marktanteilsverluste.

Ob nun der aktuell eingeschlagene Weg der zielführendste ist, das ist vom eigenen Standpunkt schwer einzuschätzen. Vermutlich haben sich im Daimler-Konzern mehr kluge Leute darüber den Kopf zerbrochen, als es sich unsereins überhaupt vorstellen kann.

Besondere Vorsicht ist beim Urteilen angebracht, da die Erkenntnis, dass der eigene Anspruch zunehmend nicht mehr als Hauptziel erkennbar ist, der eigenen Eitelkeit schmerzt. Aber Achtung! Es gab eine Zeit, da haben wir uns "unseren Mercedes" als Symbol für unseren eigenen Ausspruch ausgesucht, wir sind die Ersttäter! Als Kunde besitzen wir nun mal keine direkte Macht über die Zielsetzungen des Unternehmens, das Unternehmen gehört anderen! Wer mitgestalten will, der muss Daimler-Aktien kaufen und zwar nicht zu knapp, dann darf er erwarten, beim Mitreden auch gehört zu werden.

Wenn ich so durch das 212er-Forum streune erkenne ich, dass die Zufriedenheit mit dem aktuellen Modell nicht übel ist, ja viele den 212er höher schätzen als alle Vorgänger. Sind die alle dumm? Ich denke: Nein, viele hatten ja den direkten Vergleich. Nur weil ein paar Spätpubertierende dort laut herumgröhlen sind nicht alle 212er-Fahrer vom Stern Geblendete. Auch die Baureihe 204 scheint tadellos zufrieden zu machen und der GLK kommt erstaunlich gut weg, auch bei Komfortbewussten.

Die Verkaufszahlen sind soweit nicht schlecht, sie könnten halt nur besser sein. Der Wolfsburg-Konzern und BMW zeigen vor, wie man die Chancen in Ost wie West erfolgreicher nutzt. Nur dort hapert es bei Mercedes in puncto Stückzahlen! Hier in Mitteleuropa ist die Luft auf Dauer raus. Die lange erwartete Begrenzung der Wachstumsspirale ist hier, wie in den USA, halt deutlich erreicht, da ist kein "noch mehr" zu holen.

Aus all diesem Geschreibsel folgt: Der mitteleuropäische und unzufriedene Konsument sollte sich fragen: "Ist das noch meine Marke?" oder "Ist das noch mein Modell?" -- und nicht: "Was soll Mercedes anders machen?"

EDIT: Noch ein bisserle "herumgefeilt" ...

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P.S.: Noch was: wie man es richtig macht, zeigt übrigens seit 60 Jahren Toyota. Keine Fusionen, keine geldgeilen Aktionäre und ziemlich einfache Strategie: einfach gute Autos bauen, sogar die viel belächelte Marke Lexus hat in den Staaten ein besseres Image als Mercedes.
Passend dazu übrigens gerade dieser Artikel:

http://www.spiegel.de/.../...den-wiederaufstieg-schaffte-a-880165.html

Ja ja, unser heissgeliebter Schwabenstern, er wird nie verglühen wie hier schon gesagt. Alleine den Name kann man dann teuer verkaufen, Kreidler gibt es ja auch noch. Aber es stimmt schon das der Lack nicht mehr so ist wie in den dreißigern. Was mir nicht gefällt , das mann auf Teufel komm raus jede Fahrzeugklasse bestzen muß. Nur weil BMW den 1er hat und Audi den A1 auch verkaut, hat mann das Konzept der alten A-Klasse über den Haufen geworfen, ist aber auch kein Wunder es git ja dafür die B-Klasse und schon die B-Klasse war eigene Konkorenz im Haus, es sind zuviele Modelle. Naja, wer sich mal mit den Erfinder unserer Sterne, also mit seiner Kronik befasst hat, der weiß was Karl Benz alles so gemacht hat, wieviel Firmen er hatte und auf welche Geschäfte er sich eingelassen hat, bis es endlich die Erfolgsmarke "Mercedes" gab, der weiß, Mercedes steht wieder am Anfang, kann also nur besser werden. Das war dann meine Meinung zu Thema, bis in alle Ewigkeit  GHU 230

Zitat:

Original geschrieben von LordChaos80


Alle reiten hier auf der Qualität herum, die unter dem Sparzwang so dramatisch leiden und im stetigen Fall in ungeahnten Tiefen versinken soll... Klingt zwar zunächst zugegebenermaßen recht logisch, aber ist es denn wirklich so? Ohne hier irgendetwas beweisen zu können oder zu wollen, habe ich eher den Eindruck, dass hinsichtlich der Qualität die absolute Talsohle in der Ära Schrempp zu verorten und somit als bereits durchschritten anzusehen ist.

Weiterhin ist es mein Eindruck, dass man sich in den letzten Jahren vielmehr sichtlich müht, das während dieser Zeit so ramponierte "Premium-Image" zurück zu gewinnen. Schaut Euch doch mal die 211er-Möpfe an, die (dann auch unter Zetsche!) mit ihren gefühlten 10 Millionen Änderungen und Verbesserungen als direkte und unumgängliche Reaktion auf das Vormopf-Technik-Desaster kamen. Schaut Euch die 212er an oder auch die Baureihen 204 und 221. So sehr man hier und da zurecht über einige Designs schimpfen mag - findet Ihr denn wirklich, dass das qualitativ schlechte Autos sind? Ich würde meinen, sie sind hinsichtlich ihrer Mängellisten und -Schweren weitaus unauffälliger als unsere (trotzdem zu Recht geliebten) Glubschaugen, unauffälliger als die 202er und die Vormöpfe der Baureihen 220 und 203. Gerade bei der W220-S-Klasse als Prestige-Träger der Marke war das Geschrei doch groß, als sich, vom Rost einmal ganz abgesehen, plötzlich billigste Materialen in den Innenräumen fanden... Wer aber hat beim 221 noch geschrien? Eigentlich keiner, denn es gab ja auch schlicht und einfach keinen Grund dazu.

Ich will einfach nur sagen: Lasst die Kirche doch auch mal im Dorf und verklärt nicht immer so sehr die Vergangenheit. Was waren denn die Strich-Achter bitteschön für unsägliche Rostlauben? Wo sind die 124er so perfekt, wie sie immer gern dargestellt werden? Zetsche mag zwar ein paar Ideen bezüglich der Markenpositionierung und der Produktdesigns haben, die uns vielleicht nicht immer so gut gefallen, aber er ist immer noch AUCH ein Ingenieur, der einfach gute Autos bauen bzw. zumindest mit seinem Namen verbunden wissen will. Ich finde, das spürt man dann auch, wenn man in ihnen sitzt - und sei es nur im W212-Taxi...

Bei ziemlich neuen BR wie der W212 braucht man Zeit, um die Qualität zu beurteilen. Schließlich genießen die Meisten noch Garantie oder Kulanz. Klar, große Patzer wie Extrem-Rost (w210) oder elektronische Anfälligkeit (w211) scheinen nicht mehr an der Tagesordnung zu sein aber ob die BR w212 noch so problemlos viele Kilometer runterspülen kann wie z.B. die BR124 (Mopf 0 & 1) wird sich erst mit der Zeit zeigen müssen. Dass man grobe Fehler zunächst vermeidet, reicht noch nicht für den Premium-Anspruch.

Die im Vergleich zur Vergangenheit verschlechterte Qualität der Fahrzeuge ist nur eine Facette im Gesamtspektrum der Ursachen des Niedergangs des Daimlerkonzerns , wenngleich ein wichtige .
Was bedeutet es eigentlich , wenn Herr Schrempp zur Einführung des 210ers und Herr
Dr . Zetsche zur Einführung des 212ers erklären , man habe im Vergleich zu ihren jeweiligen Vormodellen 25-30% der Kosten einsparen können ? Und : Was heisst "Qualität" eigentlich ? Was ist da zu beurteilen ? Weiterhin ist es sicher kein Zufall , daß
diese Erklärungen jeweils auf Aktionärs - Hauptversammlungen abgegeben worden waren .
Natürlich heißt eine 25%ige Kosteneinsparung nicht platterweise , daß die Qualität um 25% gesunken ist -der größte Teil dürfte auf Rationalisierungsgewinne wie Produktivitätssteigerung durch Automatisierung etc . zurückzuführen sein . Aber auch zunehmende Arbeitshetze , Druck auf die Zulieferer , Verlagerung der Produktion in Billiglohnländer etc. tragen zur Kostenminimierung bei - und , last , not least , eine "Qualitätsverschlechterung" .
Woran läßt diese sich nun festmachen ? Eine Qualitätsverschlechterung stellt sich dar als Einsparung zuvor vorhandener Ausstattungsdetails , als Materialverschlechterung ,
als Verarbeitungsmangel und als Erprobungsdefizit von Fahrzeugkomponenten . Am besten wird das an Beispielen deutlich .
Beim 124er gab es über dem Rückspiegel eine kleine , klappbare Sonnenblende , beim 210er gab es da nur ein schwarz schraffiertes Feld im Scheibenglas .
Beim 124er sind die im Innenraum verwendeten Kunststoffe höherwertig als im 210er ,
wo sie nach einigen Jahre weich und stumpf werden .
Viele 212er (aber auch nicht alle !) weisen Knarzgeräusche im Innenraum , besonders
im Armaturenbrett auf ; die Endkontrolle läßt zu wünschen übrig (Fahrzeuge werden
mit auf dem Kopf stehenden Schriftzügen oder unterschiedlich bezogenen Sitzen ausgeliefert)
Beim 212er wurde die Langzeiterpobung der 4 - Zylinderdieselmotoren (Injektoren , Steuerkette , Pleuellager) und der 4 - Zylinder -CGI - Motoren (Turbolader) auf den Kunden übertragen .
Diese Beispiele sind völlig beliebig aus einer großen Anzahl herausgegriffen , einige sind sehr bedeutsam , andere eher Lappalien , illustrieren aber jeweils den Gesamtprozeß .Im Endeffekt liegt sehr wohl ein nachweisbarer Qualitätsverlust vor .

Andere Aspekte des Niedergangs werde ich in weiteren Beiträgen thematisieren .

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So sehr du, DSD, im Großen und Ganzen Recht hast, so muss ich im einen oder anderen Detail doch widersprechen bzw. den Blickwinkel da und dort korrigieren.

Zuerst einmal glaube ich das ganze Gequake mit den Kosteneinsparungen nur bedingt. Vermutlich werden die Investoren in den Versammlungen mit demselben Marketinggewäsch zufriedengestellt, das auch wir als Kunden zu hören bekommen.

Dass die Baureihe 124 nur aus Qualitätserkmalen bestand, das ist doch auch unhaltbar. Abgesehen vom Rostdrama erinnere ich nur an den populären Taxleraufstand! Im Gegenteil, vermutlich ist ein 210er -- angesichts seiner deutlich höheren Komplexität -- sogar relativ verlässlicher als sein Vorgänger: Es ist leicht, Mängel in Baugruppen zu vermeiden, die nicht da sind! Alleine die Tatsache, dass die Baureihe 210 gerne gekauft wurde ist doch ein Zeichen, dass der höhere Komfort, die bessere Fahrstabilität, die modernen Motoren angenommen wurden und die damit einhergehende Zunahme der technischen Komplexität vom Hersteller durchaus passabel beherrscht wurde.

Daimler hat leider einen gewissen Hang zum Drama und ich meine damit, dass es immer wieder und recht regelmäßig Zäsuren gab, wo großer, stürmisch eroberter technologischer Fortschritt durch die Realitäten ... nun ja ... eingeholt wurde. Ob nun Wasserlacke, schlappe Kettenspanner, CDI-Technik, kippende Autos, "wartungsfreie" Automatik, Elektronik, bröselnde Abgaskrümmer, rücklauffreie Piezo-Injektoren, mürbe Kettenräder, Siebenganggetriebe, Turbobenziner oder SBC-Wahnsinn, Mercedes war immer ganz vorn dabei und am Puls der Zeit, beanspruchte immer die modernsten Technologien für sich und ging damit natürlich auch einige Risiken ein -- und wie gesagt: Nicht erst seit 1996!

Nicht zuletzt aus diesem Pionieranspruch und den sich daraus ergebenden Risiken beim Kunden entwickelte sich auch eine ausgeprägte "Kulanzkultur", die noch immer ihresgleichen sucht -- wenngleich es auch nie zum Mut eines umfassenden Garantieangebotes reichte.

Wäre das Resumeé jeder Baureihe aber ein Negatives, dann weckte Mercedes schon lange nicht mehr die Begehrlichkeiten, die auch heute noch deutlich zu spüren sind! Wer noch polarisiert, der lebt!

Was man Daimler in den letzten Jahren eventuell konkreter ankreiden kann, das ist eine gewisse Verlagerung hin zu ausgesprochen teuren Serienschwächen. Auch wenn die sehr vielen OM 651-Kunden nicht im Regen stehen gelassen werden und nachträglich kostenlos standfeste Technik verabreicht wird und auch wenn zuvor acht Jahre lang mit schier sinnlosem Arbeits- und Materialeinsatz die braune Pest in Zaum gehalten wurde, ja, auch wenn sehr, sehr viele SBC-Einheiten kostenlos aus dem Markt genommen wurden, so muss man doch sagen: Etwas mehr Sorgfalt täte gut, irgendwer wird das Ganze ja bezahlen müssen ... und das ist am Ende doch immer der Kunde.

Als kleine Fische erscheinen mir da vergleichsweise Probleme wie das untaugliche Kettenrad beim 350er oder die vereinzelten Turboladerprobleme bei den neuen CGIs. Dass die Injektoren im 210er nach 200.000 km gerne undicht werden ist doch vergleichsweise höchstens lästig.

Was der Kunde als Qualität empfindet, ist auch recht vielfältig. Dies ist sehr stark von biologischen wie sozialen Faktoren und der persönlichen Erfahrung abhängig.

Ein noch stürmischer Endzwanziger definiert unter der Qualität des Fahrzeuges nunmal ganz was anderes als ein gereifter Mitfünziger, der eine wünscht sich direkten Fahrbahnkontakt, den allezeit geforderten "Spaß am Fahren", wo alte Hasen am liebsten unbehelligt von Frostaufbrüchen und unaufgeregt nach langer Fahrt aus der Karosse steigen.

Die Zurschaustellung des Autos als Ausdruck des Ringens um soziale Anerkenung und Abgrenzung ist genauso gegeben wie der dadurch bewirkte bedeutende wirtschaftliche Druck auf den Käufer bzw. Leasingnehmer.

Und der, in langen Jahren des Autobesitzes "wieder Gesundete", und menschlich in sich ruhende Mitmensch wird auf all das weniger geben, als auf Standfestigkeit und unerschütterliche Verlässlichkeit.

Ist es hier so falsch, dass Daimler sich aktiv bemüht, jeder Zielgruppe ein passendes Modell zu bieten? Muss man dies zwangsweise als ein Verzetteln in eine zerklüftete Modellpolitik darstellen?

Die Autohersteller schienen sich -- bis vor nicht allzulanger Zeit -- den Käuferkreis durchaus passend zu diesen Kriterien aufgeteilt zu haben. BMW für die jungen Wilden, Mercedes für die Statusbewussten und VW/Audi für die Pragmatiker unter uns.

Nun scheint es eben gesellschaftliche Veränderungen zu geben, die die daraus korrellierenden Marktanteile zum Vor- oder Nachteil der einzenen Hersteller verschieben. Die permanente und nachweislich wirksame Mediengehirnwäsche mit ihrem fast schon bis zur Unerträglichkeit postulierten Jugendlichkeitswahn hat zur Folge, dass Käufer, die früher kein Problem mit einem "spießigen" oder "dezenten" Auto gehabt hätten, plötzlich zu Modellen mit peinlich-grellbuntem Tagfahrlicht und dynamischen Karosserieschnitt greifen, obwohl Einstieg wie Nutzwert stark eingeschränkt sind -- von der freien Sicht nach hinten ganz zu schweigen. Man muss doch nur mal die Kundschaft und ihren Fuhrpark beobachten, die auf einem MB-Parkplatz ein- und aussteigt ...

Man kann es einem Großhersteller nicht ankreiden, dass er diese "Drift" mitmacht, schließlich ist er auch Arbeitgeber für Zehntausende und auch seinen Investoren verpflichtet. Weltverbesserer scheitern regelmäßig und das sture beharren auf dem noch gestern Bewährten birgt die Gefahr großer Marktanteilsverluste.

Ob nun der aktuell eingeschlagene Weg der zielführendste ist, das ist vom eigenen Standpunkt schwer einzuschätzen. Vermutlich haben sich im Daimler-Konzern mehr kluge Leute darüber den Kopf zerbrochen, als es sich unsereins überhaupt vorstellen kann.

Besondere Vorsicht ist beim Urteilen angebracht, da die Erkenntnis, dass der eigene Anspruch zunehmend nicht mehr als Hauptziel erkennbar ist, der eigenen Eitelkeit schmerzt. Aber Achtung! Es gab eine Zeit, da haben wir uns "unseren Mercedes" als Symbol für unseren eigenen Ausspruch ausgesucht, wir sind die Ersttäter! Als Kunde besitzen wir nun mal keine direkte Macht über die Zielsetzungen des Unternehmens, das Unternehmen gehört anderen! Wer mitgestalten will, der muss Daimler-Aktien kaufen und zwar nicht zu knapp, dann darf er erwarten, beim Mitreden auch gehört zu werden.

Wenn ich so durch das 212er-Forum streune erkenne ich, dass die Zufriedenheit mit dem aktuellen Modell nicht übel ist, ja viele den 212er höher schätzen als alle Vorgänger. Sind die alle dumm? Ich denke: Nein, viele hatten ja den direkten Vergleich. Nur weil ein paar Spätpubertierende dort laut herumgröhlen sind nicht alle 212er-Fahrer vom Stern Geblendete. Auch die Baureihe 204 scheint tadellos zufrieden zu machen und der GLK kommt erstaunlich gut weg, auch bei Komfortbewussten.

Die Verkaufszahlen sind soweit nicht schlecht, sie könnten halt nur besser sein. Der Wolfsburg-Konzern und BMW zeigen vor, wie man die Chancen in Ost wie West erfolgreicher nutzt. Nur dort hapert es bei Mercedes in puncto Stückzahlen! Hier in Mitteleuropa ist die Luft auf Dauer raus. Die lange erwartete Begrenzung der Wachstumsspirale ist hier, wie in den USA, halt deutlich erreicht, da ist kein "noch mehr" zu holen.

Aus all diesem Geschreibsel folgt: Der mitteleuropäische und unzufriedene Konsument sollte sich fragen: "Ist das noch meine Marke?" oder "Ist das noch mein Modell?" -- und nicht: "Was soll Mercedes anders machen?"

EDIT: Noch ein bisserle "herumgefeilt" ...

Uneingeschränktes "Bravo" + Grün für A - D !

Hallo A-D , liebe Gemeinde !

Zitat:

Dass die Baureihe 124 nur aus Qualitätserkmalen bestand, das ist doch auch Unhaltbar. Abgesehen vom Rostdrama erinnere ich nur an den populären Taxleraufstand! Im Gegenteil, vermutlich ist ein 210er -- angesichts seiner deutlich höheren Komplexität -- sogar relativ verlässlicher als sein Vorgänger...

Völlig klar ! Der Niedergang des Daimler - Konzerns ist ja auch als Prozeß zu verstehen und nicht als urplötzliches , katastrophales Einzelereignis . Dieser Prozeß begann schon Anfang der 80er Jahre unter Reuter und nicht etwa erst unter Schrempp ! Im Zuge der von Milton Friedman und seinen "Chicago - Boys" ausgehenden neoliberalen Ideologie wurden auch unter deutschen Managern plötzlich Begriffe wie "Shareholder

Value" etc. populär . "Think Big !" wurde zur Parole (auch was die eigene Entlohnung anbelangt !) und unter einem "Technologie - Weltkonzern" wollte es Reuter dementsprechend gar nicht mehr machen ! Die Autos wurden fast zur Nebensache ! Auch ihre Qualität sank damals schon erheblich ab . Sowohl der W201 als auch der W124 waren qualitativ minderwertiger als der W123 . Wenn ich alleine an die schäbig aussehenden grauen Plastik - Radzierblenden denke , bei denen sich nach kurzer Zeit der Klarlack ablöste (das sah aus ! 😕😰🙁 ) und das mit den schön lackierten und verchromten 123er Radzierblenden vergleiche - ein Unterschied wie Tag und Nacht ! Und auch sonst wussten die Taxler , warum sie demonstrierten ! Nur das überragende Design der neuen Baureihen unter Bruno Sacco , der "Baby - Benz" als neues Angebot unterhalb der gehobenen Mittelklasse und neue Technik - Features wie Raumlenker - Hinterachse , Einarm -Wischer und teilweise erneuerte Motoren bewahrten Daimler damals vor der drohenden Katastrophe : Milliarden - Verluste

hatte schon Reuter eingefahren , das war keineswegs das Privileg seines Nachfolgers !

Fehlentscheidungen haben also eine lange Tradition bei Daimler und die Erfahrung lehrt : Schlimmer geht's immer ! Ob nun Schrempp das größte Desaster der Konzerngeschichte verursacht hat oder sein jetzt amtierender Nachfolger das schaffen wird , ist ja geschichtlich auch noch nicht entschieden...😎

Ob die jetzigen Fahrzeug -Designer für ihren Chef die Karre so aus dem Dreck ziehen können wie das damals
B. Sacco konnte , darf mehr als bezweifelt werden ...😛

Der Einsatz von lackierten Kunststoffen ist anfangs sicher eine problematische Anwendung gewesen. Heute hält ja zum Glück die Farbe ... aber auch hier sieht man wieder die Vorreiterrolle und die Bereitschaft zum (uneinschätzbaren) Risiko.

Wenn ich mich richtig erinnere, dann war ja auch die Einführung des 190ers nicht unbedingt von allen gern gesehen und auch die -- bis auf den Rost -- nicht so üble erste C-Klasse wurde heftig angefeindet.

Was mich immer verblüfft ist das sture Festhalten an als problematisch erkannten Details. Auf der einen Seite werden Abgaskrümmer und Wandler-Kupplungen innerhalb weniger Jahre -zigfach überarbeitet, woanders wird stur weiterproduziert, wie zB bei der Lackmisere beim 210er.

Zitat:

Schlimmer geht's immer!

Das könnte tatsächlich in mancher Hinsicht das Konzernmotto sein. Auch hier steht ein denkbares Ende des möglichen "Wachstums" zu befürchten ... 😁

Was für mich bleibt ist die Erkenntnis:
Einen Mercedes kauft man, obwohl es ein Mercedes ist!

Man sollte vielleicht den Herren in den Schlatzentralen von Mercedes nahe legen,sich mal durchs Forum zulesen um die Kundeninteressen im Fokus zubehalten,dann wird der Rest von selbst kommen.

Obwohl ich manchmal glaube,dass der ein oder andere sich hier bestimmt auch schonmal zu Wort gemeldet hat...und wenn es nur die PR-Abteilung war.

jetzt wollen wir mal der ganzen sache die schärfe nehmen und uns darauf konzentrieren, warum wir mercedes fahren...
dabei kann ich jetzt nur von mir ausgehen. ich fahre mercedes weil ich in meinem wohnberereich die beste rundumbetreuung,
wie qualitative arbeit der mb - werkstatt, den umgang mit mir als kunden der nicht nur ein modell der marke fährt usw... habe.
was will ich damit sagen?
die politik eines jeden unternehmens generiert sich nicht nur, wie bisher etwas einseitig beleuchtet, in der entwicklung
und produktion neuer modelle ( wo qualität,design usw. gewiss eine bedeutende rolle spielen), sondern in der umfassenden
betreuung vor ort ( verkauf, werkstatt, kulanz ).
wer ist denn für den stinknormalen kunden mercedes ?
das sind die niederlassungen, die örtlichen mb - händler ganz einfach die repräsentanten vor ort.
fragt mal mäxchen müller wer mercedes ist... warum werden durch die autopresse wie zb. " auto, motor und sport "
ständig qualitätsüberprüfungen der werkstatt- u. händlerketten der einzelnen marken, wo mb in den letzten jahren auf den
vordersten rängen zu finden war,durchgeführt???
richtig, denn der ruf eines unternehmens wird vor allem im direktkontakt mit dem kunden vor ort bestimmt.
ist dieser zufrieden, wird dieser wieder bei seinem händler kaufen.
das gilt für den privat - und auch für die großkunden.
qualitative schwankungen,designtechnische entgleisungen in der modellpalette haben alle, somit auch bmw u. audi.
ich möchte hier nur beispielsweise an das werk des letzten bmw chefdesigners ( chris b... ) bzw. das audi " haifischmaul " erinnern.
pro mercedes muß man hier noch die überdurchschnittlichen kulanzleistungen bei fehlern, wie den rost unseres 210ers,
jetzt in der baureihe 212 bei dem injektorenproblem u. anderem heranziehen,was bei anderen s. g. premium marken
keinesfalls normal ist.
zum schluß gesagt, wollte ich die sicht der dinge, was einen hersteller wie mb noch ausmacht in eine etwas andere richtung
lenken.
wie immer grüße
siggi

Das Audi-Maul erinnert mich am ehesten an Munchs "Der Schrei" ... 😁

Grundsätzlich gebe ich dir völlig Recht. Die Menschen hinter der Marke machen sie erst lebendig.

Sachlich schätze ich die E-Klasse (egal ob jetzt als 210er oder 211er) wegen ihres ausgeprägten Nutzwertes bei hohem Komfort und dezenter Optik. Letzteres ist halt zuletzt mit dem 212er ein bisserl verlorengegangen.

@ DSD,

so ganz will ich Dir n icht folgen.

Wenn Du den Innenraum / Plastik vom 201 und 124er vergleichst (mit neiueren Modellen)
Dann sollte man cuh fairerweise sagen, dass die A-Bretter fast immer eingerissen sind
und die Kunstoffbezüge auf den Türpappen sich am oberen Ende abgelöst haben.

Das habe ich bein 210er 211 und 212 noch nicht beobachtet.

Wir müssen uns damit (als MB Freunde) abfinden, dass die Autos
verstärkt für China, Rus etc. gebaut werden.

da ist der Geschmak anderes. (Finde ich ja selbst nicht gut)
Ich denke, durch eine Abspeckung der Fahrzeugpalette
wird man das Gegenteil erreichen.

Wie sah es 1980 aus?:

S-Klasse (der 126er) war damals absolut führend.
e-Klasse (123er barock aber gut. Rostete aber fast genauso wie der /8
Sl-Der letzzte aus dem Vollen gefräst.
G- Garde eingefürht (aber damals fürs Militär geplant)

Mit dieser Modell politik würden die das heute niemals schaffen.

Grüße

Hallo , lieber Siggi ,
ich gebe dir völlig recht : Service , Kulanz ,Verläßlichkeit , Ersatzteilbevorratung etc. sind im Alltag von eminenter Bedeutung ! Ich selbst habe mit meiner NL eigentlich fast nur positive Erfahrungen gemacht und das auch stets betont . Aber selbst das sehen viele schon ganz anders .
Wenn ich Kritik an Daimler übe , dann nicht , weil ich ein notorischer Querulant bin oder der Firma nur das Schlimmste wünsche - nein , ganz im Gegenteil ! Ich denke , Daimler ist auf einem falschen und verhängnisvollen Weg . Und das ist mir auch nicht völlig egal , da ich mir ja andere Autos kaufen könnte - und so masochistisch , wie A-D das formulert hatte

Zitat:

Einen Mercedes kauft man, obwohl es ein Mercedes ist!

bin ich nun auch nicht veranlagt !😉😎

Zitat:

Original geschrieben von dickschiffsdiesel


Und das ist mir auch nicht völlig egal , da ich mir ja andere Autos kaufen könnte - und so masochistisch , wie A-D das formulert hatte

Zitat:

Original geschrieben von dickschiffsdiesel



Zitat:

Einen Mercedes kauft man, obwohl es ein Mercedes ist!

bin ich nun auch nicht veranlagt !😉😎

Was sonst? Selbst

8

Ringe im Logo ergeben keinen Stern😎

Was macht das Ansehen einer Auto - Marke aus ? Die Form ihrer Modelle ? Jein .
Die in ihnen verbaute Technik ?Jein . Ob sie schnell , praktisch , teuer/billig , umweltfreundlich oder was auch immer sind ? Jein , jein , jein...
In erster Linie ist es der soziale Status ihrer Besitzer . Durch jahrzehntelange Bemühungen (bis hin zur Lehrlingsausbildung) um bedingungslose Qualität und
technischen Fortschritt zugleich wurde Mercedes zum Fahrzeug der Reichen und Mächtigen weltweit , die sich das etwas kosten lassen konnten , in einem solchen Fahrzeug fahren zu können . Gleichzeitig gelang Mercedes das Kunststück , diesen aus der automobilen Oberklasse herrührenden Nimbus auch auf andere Fahrzeugkategorien , vom
Sportwagen bis hin zu Nutzfahrzeugen übertragen zu können . Auch ein 180 D - Taxi
in den 50er Jahren vermittelte dem Fahrgast eine Ahnung vom Adenauer - 300er !
Dieses aus der Vergangenheit überkommene Gefühl , es als Mercedes - Fahrer sozial
"geschafft" zu haben , ist das Image -Geheimnis von Mercedes und sorgt für fast ungebrochene Markentreue der Kunden . Da ihre Voraussetzungen jedoch leider weggefallen sind , fragt es sich - wie lange noch ?🙄

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