Sei kein Horst!
Bin über nen interessanten Artikel im Kurvenjägerforum gestolpert
Leider Gottes stimmt es wirklich, es sind immer mehr Horsts unterwegs...
Zitat:
Die Tage habe ich mit Ralf telefoniert, und weil es Ralf bis tief in seine Seele interessiert, wohin die ganze Zweiradszene geht, quatschen wir oft genau darüber. Zum Beispiel lebt unsere zunehmend zivilisiertere Gesellschaft immer kindersicherer, sodass sie immer mehr in Frage stellt, ob sie es gut findet, dass wir uns auf einen Beinahe-Rennmotor mit 16.000 Umdrehungen praktisch direkt draufsetzen, um uns damit durch das Häckselsieb „Leitplanke“ zu beschleunigen. Das ist einfach so und sollte uns nicht weiter stören. Ich finde es beispielsweise moralisch verwerflich, Audi zu fahren. Das ist einfach so und sollte Audisten nicht weiter stören. Wir leben derzeit in einer recht freien Gesellschaft, deshalb sind sowohl der Häcksler als auch das Audiauto legitime Lebenszeitinvestitionen.
Was mich jedoch stört, wo ich total die Hasskappe aufsetze, das ist diese innere Abwehr der Motorradszene gegen Neulinge. Da kommt ein junger Mensch trotz des abwehrenden Zeitgeistes heute noch zur wunderbaren Welt des Kraftrads, ein in höchstem Maße freudiges Ereignis, sollte man meinen! Es werden ihm Blumen zugeworfen, sollte man meinen, von wohlriechenden Körpern des präferierten Geschlechts gebrauchte Unterwäsche! Die Entscheidung des jungen Menschen wird in kunstvollen Gesängen zum Himmel hoch gelobt, sollte man meinen, genauso wie seine Genitalien! Leider sieht die Wahrheit anders aus, düster und böse.
Es ist wie eine Stuttgarter Dorfkneipe (denn Stuttgart ist Deutschlands größtes Dorf): Einige alte Horsts sitzen dort in ihrem Forumsstammtisch. Sie reden über früher, als alles noch besser schien, weil sie noch besser waren. Heute sind sie verbittert oder wirken zumindest so auf den jungen Menschen, der sich am Stammtisch dazusetzt. Er hat den Führerschein gemacht!, freut er sich. Wie geil ist das denn?! Ein billiges Motorrad hatte er schon vor dem Schein, jetzt sucht er billige Klamotten: „Welche billigen Klamotten sind denn die am wenigsten schlechten?“, will er wissen. Ein Raunen geht um den Tisch. Die Horsts schmatzen verächtlich. „Woisch“, sagt einer, „Wenn du keine drölftausend Euro für eine Schwabenlederkombi, Daytona-Stiefel und Held Phantom GPs hascht, dann solltest du das mit den Motorrädern einfach lassen.“
Und alle nicken. Jaja, der Horst, der hat Recht. Kein Meder ohne Leder! Und dem Bub sei’ neues altes Motorrad hat ja nedmal ABS. Geknickt verlässt der junge Mensch die Forumskneipe, um jetzt ohne Ratschläge irgendeine Ausrüstung innerhalb seines Budgets zu kaufen. Manche Mädels machen den Fehler, die Zubehörfrage frühzeitig vor Motorrad oder Schein zu stellen, manche von den Manchen sind von den Horstantworten derart enttäuscht, dass sie sich ein anderes Hobby suchen. In wenigen Wochen wird Horst sich wundern, warum das ihm irgendwie ästhetisch erscheinende Mädel keine diamantpaillettierte Kombi aus Cognac-gegerbtem Schwabenleder gekauft und nach ihrer Eingangsfrage überhaupt nix mehr gepostet hat. Komisch.
Das bringt mich vor allem deshalb zur nuklearen Weißglut, weil ich diese Horsts kenne. Keiner von denen hat als erste Ausrüstung Schwabenlederunterhosen gehabt, jeder hat mit einer löchrigen Jeans angefangen und kam sich wie ein Panzer vor, als er sich seine erste Kunstlederjacke holen konnte, die mit den Abriebeigenschaften von sabbergetränktem Zigarettenpapier glänzte. Die Dreistigkeit, mit der sie ihre eigene Laufbahn unter den Tisch kehren und so tun, als wäre Jugend etwas, das nur früher, zu ihrer Jugend, passiert ist, weckt in mir den tiefen Wunsch, ihnen in hohem Bogen auf den Stammtisch Knochen zu kotzen.
„Aber Sicherheit“, will der Horst jetzt sagen. „Fresse!“, will ich da sagen. Wenn der junge Mensch die maximale Sicherheit will, sucht er kein Motorrad, sondern eine gut gepolsterte Gummizelle. Ausnahmslos jeder Vielfahrer, den ich kenne, hat sich nach seinem bescheidenen Anfang zügig mit besserem Zubehör eingedeckt, denn besseres Zubehör macht einfach mehr Spaß. Er wird sich iterativ selber besser sichern. Man muss aber irgendwo anfangen, und zwar nicht bei zehntausend Euro für einen Hobby-Einstieg. Für die meisten jungen Menschen sind zehntausend Euro genausoviel wie das gesamte Eurorettungsschirm-Budget: eine vollkommen unwirklich scheinende Masse an Geld. Wenn das nicht von den Eltern kommt, woher dann? Bestimmt nicht aus den zweihundert Euro Sklaventaschengeld ihrer ersten Prakti-Stelle. Das würde Jahre dauern, und Jahre sind für einen jungen Menschen exakt genausoviel wie die Unendlichkeit.
Ich mag mit dem Thema nicht mehr in die Foren gehen. Ich mag nicht mit Horst diskutieren, das ist schon zu oft passiert. Deshalb freue ich mich über jeden guten Tip für Einsteiger: Welche Billigsachen habt ihr als erstes kaufen können und wie waren eure Erfahrungen damit? Wir finden bestimmt ein paar gute Tips, die wir abgebrannten Anfängern weitergeben können. Zum Beispiel: kein Horst sein.
Quelle: http://www.mojomag.de/2012/11/nachwuchs-verpiss-dich/
Beste Antwort im Thema
Bin über nen interessanten Artikel im Kurvenjägerforum gestolpert
Leider Gottes stimmt es wirklich, es sind immer mehr Horsts unterwegs...
Zitat:
Die Tage habe ich mit Ralf telefoniert, und weil es Ralf bis tief in seine Seele interessiert, wohin die ganze Zweiradszene geht, quatschen wir oft genau darüber. Zum Beispiel lebt unsere zunehmend zivilisiertere Gesellschaft immer kindersicherer, sodass sie immer mehr in Frage stellt, ob sie es gut findet, dass wir uns auf einen Beinahe-Rennmotor mit 16.000 Umdrehungen praktisch direkt draufsetzen, um uns damit durch das Häckselsieb „Leitplanke“ zu beschleunigen. Das ist einfach so und sollte uns nicht weiter stören. Ich finde es beispielsweise moralisch verwerflich, Audi zu fahren. Das ist einfach so und sollte Audisten nicht weiter stören. Wir leben derzeit in einer recht freien Gesellschaft, deshalb sind sowohl der Häcksler als auch das Audiauto legitime Lebenszeitinvestitionen.
Was mich jedoch stört, wo ich total die Hasskappe aufsetze, das ist diese innere Abwehr der Motorradszene gegen Neulinge. Da kommt ein junger Mensch trotz des abwehrenden Zeitgeistes heute noch zur wunderbaren Welt des Kraftrads, ein in höchstem Maße freudiges Ereignis, sollte man meinen! Es werden ihm Blumen zugeworfen, sollte man meinen, von wohlriechenden Körpern des präferierten Geschlechts gebrauchte Unterwäsche! Die Entscheidung des jungen Menschen wird in kunstvollen Gesängen zum Himmel hoch gelobt, sollte man meinen, genauso wie seine Genitalien! Leider sieht die Wahrheit anders aus, düster und böse.
Es ist wie eine Stuttgarter Dorfkneipe (denn Stuttgart ist Deutschlands größtes Dorf): Einige alte Horsts sitzen dort in ihrem Forumsstammtisch. Sie reden über früher, als alles noch besser schien, weil sie noch besser waren. Heute sind sie verbittert oder wirken zumindest so auf den jungen Menschen, der sich am Stammtisch dazusetzt. Er hat den Führerschein gemacht!, freut er sich. Wie geil ist das denn?! Ein billiges Motorrad hatte er schon vor dem Schein, jetzt sucht er billige Klamotten: „Welche billigen Klamotten sind denn die am wenigsten schlechten?“, will er wissen. Ein Raunen geht um den Tisch. Die Horsts schmatzen verächtlich. „Woisch“, sagt einer, „Wenn du keine drölftausend Euro für eine Schwabenlederkombi, Daytona-Stiefel und Held Phantom GPs hascht, dann solltest du das mit den Motorrädern einfach lassen.“
Und alle nicken. Jaja, der Horst, der hat Recht. Kein Meder ohne Leder! Und dem Bub sei’ neues altes Motorrad hat ja nedmal ABS. Geknickt verlässt der junge Mensch die Forumskneipe, um jetzt ohne Ratschläge irgendeine Ausrüstung innerhalb seines Budgets zu kaufen. Manche Mädels machen den Fehler, die Zubehörfrage frühzeitig vor Motorrad oder Schein zu stellen, manche von den Manchen sind von den Horstantworten derart enttäuscht, dass sie sich ein anderes Hobby suchen. In wenigen Wochen wird Horst sich wundern, warum das ihm irgendwie ästhetisch erscheinende Mädel keine diamantpaillettierte Kombi aus Cognac-gegerbtem Schwabenleder gekauft und nach ihrer Eingangsfrage überhaupt nix mehr gepostet hat. Komisch.
Das bringt mich vor allem deshalb zur nuklearen Weißglut, weil ich diese Horsts kenne. Keiner von denen hat als erste Ausrüstung Schwabenlederunterhosen gehabt, jeder hat mit einer löchrigen Jeans angefangen und kam sich wie ein Panzer vor, als er sich seine erste Kunstlederjacke holen konnte, die mit den Abriebeigenschaften von sabbergetränktem Zigarettenpapier glänzte. Die Dreistigkeit, mit der sie ihre eigene Laufbahn unter den Tisch kehren und so tun, als wäre Jugend etwas, das nur früher, zu ihrer Jugend, passiert ist, weckt in mir den tiefen Wunsch, ihnen in hohem Bogen auf den Stammtisch Knochen zu kotzen.
„Aber Sicherheit“, will der Horst jetzt sagen. „Fresse!“, will ich da sagen. Wenn der junge Mensch die maximale Sicherheit will, sucht er kein Motorrad, sondern eine gut gepolsterte Gummizelle. Ausnahmslos jeder Vielfahrer, den ich kenne, hat sich nach seinem bescheidenen Anfang zügig mit besserem Zubehör eingedeckt, denn besseres Zubehör macht einfach mehr Spaß. Er wird sich iterativ selber besser sichern. Man muss aber irgendwo anfangen, und zwar nicht bei zehntausend Euro für einen Hobby-Einstieg. Für die meisten jungen Menschen sind zehntausend Euro genausoviel wie das gesamte Eurorettungsschirm-Budget: eine vollkommen unwirklich scheinende Masse an Geld. Wenn das nicht von den Eltern kommt, woher dann? Bestimmt nicht aus den zweihundert Euro Sklaventaschengeld ihrer ersten Prakti-Stelle. Das würde Jahre dauern, und Jahre sind für einen jungen Menschen exakt genausoviel wie die Unendlichkeit.
Ich mag mit dem Thema nicht mehr in die Foren gehen. Ich mag nicht mit Horst diskutieren, das ist schon zu oft passiert. Deshalb freue ich mich über jeden guten Tip für Einsteiger: Welche Billigsachen habt ihr als erstes kaufen können und wie waren eure Erfahrungen damit? Wir finden bestimmt ein paar gute Tips, die wir abgebrannten Anfängern weitergeben können. Zum Beispiel: kein Horst sein.
Quelle: http://www.mojomag.de/2012/11/nachwuchs-verpiss-dich/
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125 Antworten
Zitat:
Original geschrieben von cng-lpg
Die man gegen Geld natürlich auch in China bekommt, nur habe ich da aus politischen Gründen Probleme mit. Ganz ehrlich: BMW könnte sich mit einem minimal geringeren Gewinn bescheiden und den Leuten in Europa den Job gönnen.
Ja, da bin ich durchaus bei dir, so kann man das sehen. Aber erstens ging es bei der Kritik an "made in China" nicht um die Politik, sondern darum, dass früher alles qualitativ besser war. Chinesische Waren müssen nicht schlecht sein.
Ich glaube, BMW hatte zwei Gründe für ihre Fertigung in China: Erstens müssen sie mit anderen Herstellern konkurrieren, die zum Teil auch in der Dritten Welt produzieren. Der Preis scheint bei einer großen BMW nicht so das Problem zu sein, bei einem kleinen Einsteigerkrad schon. Als BMW den Loncin-Motor in der G650 einführte, haben sie alle Maschinen der Serie erst einmal um 1.000 Euro billiger gemacht. Nach "mit einem minimal geringeren Gewinn bescheiden" sieht das nicht aus. Man darf auch nicht vergessen, dass der Lohnanteil bei einem Motorrad höher ist als bei einem Auto, weil da mehr von Hand gemacht wird.
Der zweite Grund: BMW sieht China als wichtigen Absatzmarkt der Zukunft und ist dort zweiradmäßig noch gar nicht präsent. Deshalb erschien es sinnvoll, vor Ort eine eigene Fertigung aufzuziehen.
Ob man das gut finden muss, sei jedem selbst überlassen.
Zitat:
Original geschrieben von sampleman
Horstismus, so viel Zeit muss sein;-)
Stammtischgeklopfe á la "Früher konnte man Motorräder noch selbst reparieren, heute kommt alles aus China und ist scheiße" das ist für mich Horstismus. PS: Einen Dell'Orto Viefachvergaser konntest du noch nie reparieren, da bin ich mir sicher ohne dich persönlich zu kennen;-)
Dell'Orto Vie
rfachvergaser...so viel Zeit muss auch sein

Dafür gibt es praktische Lektüre siehe Bild unten.
Der Fachmann hat sein Wissen ebenfalls aus diesen Bereichen, wo er gerne auch nach gestandener Erfahrung, hin und wieder mal reinschaut

Zitat:
Original geschrieben von Vulkanistor
Diese Teile funktionieren tatsächlich noch an modernen digitalen Vermittlungsstellen der Telekom, da sie weiterhin das sog. Impulswahlverfahren unterstützt. Das ist praktizierte Nachhaltigkeit. Niemand ist also gezwungen sich ein neues Plastiktelefon zu kaufen
Gutes Beispiel für "früher war nicht alles besser": klebendes Relais im Modem konnte Verwählen bewirken. Und auf die Leitungsstörungen durch Pulswahl kann ich gut verzichten, in den 90er waren Verbindungen häufNO CARRIER
@Sonntagsnachtfahrer:
Dein Modem ist viel zu modern gewesen und gehörte schon zu den "billigen" Fernmeldeeinrichtungen, auch wenn es für Dich seinerzeit vielleicht teuer gewesen ist.
Hochwertige Kontakte, wie sie früher in den Fernsprechern eingebaut waren klebten so gut wie nie fest. Ebenso war ein richtiges Fernmelderelais extrem hochwertig und langlebig.
Aber bevor wir hier in Nostalgie versinken:
Die alte "Klappertechnik" mit Relais war für Datenverbindungen oder gar Internet gar nicht vorgesehen. Ebenso würde sie den heutigen Telefonverkehr gar nicht mehr schaffen. Die Älteren erinnern sich bestimmt noch daran, dass man häufig zu Weihnachten gar nicht durchkam und schon nach den ersten paar gewählten Nummern besetzt war.
Heute braucht höchstens noch eine SMS zu Silverster mal eine Stunde. Aber SMS ist ja auch bald veraltet.
Die technischen Anforderungen haben sich komplett geändert, und daher macht Technik die ewig hält keinen Sinn. Sonst hätten wir heute noch den alten Mist und der Biker Treff wäre eine Seite im viel zu teuren BTX Netz der Deutschen Bundespost, die keine Sau ansehen würde.
Ehm, das ist heute immer noch so. Wenn ich an Silvester meine Mutter anrufen will dauert es je nach dem immer noch ne halbe Stunde auf dem Handy.
USRobotics (ab 1200 Mark) hatten Optokoppler, die klebten auch nie. Für die deutsche Postzulassung brauchten sie aber ein Relais, pfft.
Aber genug Off-Topic..