C70II Rost beim Verdeck-Dachelement
hab heute alle Dichtungen gereinigt (mit Gummiplegemittel) und eingeölt (Öl von Volvo - 60Euro).
Dabei ist mir aufgefallen, dass der Lack abblätter und sich bereits erste Rostbläschen unter dem verbleibendem Lack bilden, und zwar beim vorderen Dachelement, ganz vorne wo das Dach auf die A-Säule aufliegt.
Ich vermute drei Ursachen:
1. zu heftiges "Runterknallen" des Dachelements auf die A-Säule beim Schließen
2. die Dichtungen waren sehr spröde und verdreckt - dies kratzt am Lack und "scheuert" ihn auf Dauer weg
3. Fehlkonstruktion - in meinem Augen gehört eine derart belastete Stelle besser geschützt (dickerer Gummi, sonstwie??)
Mein Wagen ist Bj. 2006 und hat nun 205tkm runter.
hat sonst noch jemand dieses Lack/Rost-Phänomen? Und vor allem, was kann man dagegen machen??
Beste Antwort im Thema
Hallo,
sorry, der nachfolgende Beitrag ist etwas länger geraten, aber ich hoffe trotzdem lesenswert.
Bei den Dichtungen von Klappdach-Cabrios ist es häufig der Fall, dass hier so einiges an alten Pflegetipps gegebn wird. Daher trag ich hier mal meine persönlichen Erkenntnisse zu diesem Thema zusammen.
1. Die Dichtung - Gummi ist nicht Gummi:
Ein Bestandteil der Dichtungen im Dachbereich kann Gummi (Kautschuk) sein, aber Dichtungen aus reinem Gummi würden kaum ein Jahr halten. Reiner Kautschuk würde sich mit Wasser und Sonnenlicht (Bildet Wasserstoffperoxid - Oxidation des Kautschuk zu einem schmierigen Zeugs) zersetzen. Daher sind die heutigen Dichtungen im Dachbereich aus verschiedenen Komponenten und teilweise schichtweise aufgebaut. Dem eigentlichen Kautschuk/Grundstoff werden verschiedene Zusätze zugegeben, die zum Beispiel dafür sorgen, dass die Dichtung im Winter nicht bretthart wird, oder im Sommer wegfliesst. Die Dichtungen von Klappdachcabrios werden teilweise auch mit einer dünnen Schutzschicht (UV-Schutz und glattere Dichtfläche) beschichtet. Wenn die zerstört wird, gibt es Dichtigkeitsprobleme. Auch ist die Dichtung die denkbar ungünstigste Form, da nur "auf Stoss" ohne viel Anpressdruck und ohne Überlappung. Aus dem Grund sollte man mit "agressiven" Mitteln an den Dichtungen vorsichtig sein.
2. Die sanfte Pflege
Am besten pflegt man die Dichtung, indem man sie erstmal mit einem feuchten Tuch mit einem sanften Spülmittel von Staub, Schmutz und Pflegeresten (z.B. auch Wachs aus der Autowaschanlage) sanft befreit. Nicht rubbeln! (Zerstörung der obersten Schutzschicht möglich). Dann Klarspülen mit sauberem Wasser (Seifenreste entfernen). Danach sollte man wieder ein Trennmittel auftragen, das die Reibung zwischen dem lackierten Dachelement und der Dichtung mindert (Vermeidung von Quietsch- und Knarzgeräuschen). Und genau hier kommen bei vielen Automarken für das Klappdach perfluorierte Öle zur Anwendung. Diese werden dünn oberflächlich angewandt. "Einziehen" können diese nur, wenn die Dichtung schon nicht mehr völlig in Ordnung ist (Risse, aufgeplatzt, gealtert). Daher reicht es in der Regel, das Spezialöl dünn aufzutragen. Daher auch der Schwamm, der überflüssiges Mittel wieder mitnimmt. Keinesfalls sollte man diese Öle auf die Haut oder andere Teile aufbringen (siehe auch Nebenwirkungen weiter unten).
Von Mittelchen, wie Silikonöl oder Gummipflegestiften würde ich dringend abraten (Aufquellen der Dichtung, Zerstörung des Aufbaus). Auch Hirschtalg und Vaseline ist nicht geeignet, da nicht für den breiten Temperaturbereich im Dachdichtungsbereich einsetzbar. Der Einsatz solcher Mittelchen kann zwar für die Dichtung gutgehen, das hängt aber von der Zusammensetzung des Pflegemittels ab.
Eine Dachdichtungspflege kann man, wie die Fahrzeugwäsche, von der Nutzung/Verschmutzung abhängig machen. Ich mache diese Dichtungspflege z.B. ein/zweimal im Jahr (meist Frühling und Herbst).
3. Die Autohersteller-Pflegeöle
Diese Öle sind sehr spezielle perflourierte Öle (Perfluoropolyether - PFPE) und haben zum Teil auch kleinste Partikel (z.B. Teflon - PTFE) zur Schmierverbesserung und Viskositätseinstellung drinnen. Weiterhin ist das Öl auch von der Viskosität über einen sehr weiten Temperaturbereich nutzbar, weil es nicht bei hohen Temperaturen (Sommer), wie Wasser rinnt und bei tiefen Temperaturen (Winter) zu klebrigem Honig wird. Ein weiterer Vorteil ist, dass diese Öle sehr reaktionsträge sind (chemisch inert), also die Struktur und Zusammensetzung der Dachdichtung nicht angreifen können.
4. Mein Beipackzettel (Nebenwirkungen)
Perfluorierte Öle sind ein für diese Anwendung gut geeignetes Produkt, dass aus meiner Sicht mit einem Anwendungshinweis kommen sollte.
- Nicht mit dem blossen Finger auftragen, immer Schwämmchen und Handschuhe verwenden
- Nicht auf Lackflächen auftragen
- Möglichst sparsam verwenden
- Vor Kinder bzw. Laienhänden geschützt aufbewahren
--> Warum nicht mit dem Finger auftragen? Hier sollte man daran denken, dass perflourierte Öle ein künstliches Produkt sind, und manche Fluorverbindungen unter bestimmten Bedingungen Gesundheitsprobleme verursachen könnten. Ein Beispiel, dass man aus meiner Sicht nicht machen sollte, ist z.B. nach dem Auftragen mit dem verschmutzten Finger eine Zigarette zu rauchen (vergleiche PTFE-Emfehlung - Polymerfieber).
-->Warum nicht auf Lackflächen auftragen? Genauso wie hochkriechfähige Silikonöle, bekommt man das Mittel nur sehr schwer von der Oberfläche wieder ab. Eine nachträglich aufgebrachte Schicht (also eine Lackierung oder Pflegemittel) löst sich dann von der Oberfläche wieder ab (Trennmittel).
--> Warum sparsam verwenden? Erstens ist das Zeug sehr teuer, zweitens muss man es nicht überallhin am Wagen verteilen. Diese Öle zersetzen sich kaum, sind also sehr langzeitstabil und verbleiben in der Umwelt (also je nach "Herumgesuppe" auch im Fahrzeuginnenraum!).
Also für den TE:
Erst Dichtung reinigen, dann Lackschäden beseitigen und gut trocknen lassen, und dann Volvo-Pflegemittel auftragen. Und bitte Finger weg von "Pflegestiften".
Gruss Neo
16 Antworten
ich möchte keinem sein fachwissen in abrede stellen (danke Neo für den ausführlichen bericht), die meinungen scheinen da weit auseinander zu gehen.
mir z.b. hat meine werkstatt auf die frage, was ich zum pflegen der dichtungen nehmen soll, geantwortet, ich könne handelsübliche gummipflegeprodukte verwenden.
ich kann mir gut vorstellen dass es teure und spezialisierte produkte gibt, die dichtungen sehr gut pflegen. aber ich kann mir nicht vorstellen dass 'Gummipflegestifte' (auf silikonbasis) aus der autozubehör-abteilung die dichtungen aufquellen und zerstören lassen.
auch wenn eine autodichtung heutzutage gegenüber vor 30 jahren ein ausgetüftelteres produkt ist, so gehe ich davon aus dass auch ein pflegestift nicht mehr derjenige ist wie vor 30 jahren und die ansprüche und beschaffenheit der heutigen dichtungen berücksichtigt. denn auch diese hersteller haben interesse daran, dass ihre produkte funktionieren.
(oder böse gesagt: man kann auch ein produkt herstellen, dass dem benutzer ein gutes gefühl bringt aber nichts nützt, kaufen wird er es trotzdem. aber kauptt machen darf es trotzdem nichts).
Hallo Marcel,
jeder darf natürlich machen, was er für das richtige hält. Ja, es gibt inzwischen Silikonfreie Pflegestifte, es ist aber trotzdem ein Glücksspiel, was so manche Hersteller da reinpacken. Und nicht jede Dachdichtung ist gleich.
Ich empfehle mal im EOS-Forum zu lesen. Hier mal ein Thread zum Silikonthema . Allerdings scheinen die Probleme da inzwischen nicht mehr so gehäuft aufzutreten, ev. weil inzwischen das perflourierte Öl genutzt wird.
Zum Glück ist am WE erstmal Sonne und Wärme angesagt, da ist die Dichtung unwichtig und das Dach im Kofferraum versenkt. 😎
Btw. dem TE könnte beim Vorgänger ev. dasselbe passiert sein, Dichtung gepflegt und danach eine Stelle nachlackiert. Das geht aber nicht gut, da sich der Lack durch das Pflegemittel wieder ablösen kann.
Gruss Neo