Bischen OT: Popcorn und E-Mobilität

Wer ein bischen Zeit über und technisches Interesse hat, möge sich mal diesen Vortrag (36 Minuten) anhören.

Er geht zwar eigentlich um Autos, aber ich denke, das wird auch den Motorradmarkt betreffen.

Die Zukunft hat schon begonnen...

Beste Antwort im Thema

So, jetzt habe ich den Film auch gesehen.
Muß Tesla ja ganz gut bezahlt haben, den Typen...

Ich bezweifle nicht, dass es technisch möglich ist, innerhalb der nächsten 10 Jahre Elektroautos herzustellen, die in Punkto Fahrverhalten, Reichweite und Preis mit einem heutigen Golf mithalten können, wenn nicht sogar besser sind.

Aber ich glaube trotzdem nicht, dass das die beste Möglichkeit ist. Da bleibe ich bei den Erdgasautos.

Dass Elektromobilität sich zumindest in den derzeitigen politischen Rahmenbedingungen nicht in großem Rahmen durchsetzen wird, liegt insbesondere am Infrastrukturproblem.

Ich habe das irgendwo hier im Forum schonmal geschrieben aber ich wieder hole es an dieser Stelle nochmal:

Ich wohne in einer größeren Mehrfamilienhaus-Wohnanlage.
Ich schätze mal 80 Wohneinheiten.
Unterm Haus befindet sich eine Tiefgarage mit ungefähr 100 Stellplätzen.
In der Tiefgarage befindet sich eine 230V Steckdose. Allgemeinstrom für den Hausmeister.
Wenn ich jetzt ein Elektroauto haben wollte, hätte ich die Wahl, den Eimer vorm Küchenfenster auf dem Gehweg zu parken und das Stromkabel aus dem Fenster zu hängen oder einen Kampf gegen die Hausverwaltung zu führen um meinen provaten Stromanschluß in die Tiefgarage legen zu lassen.
Da die Hausverwaltung nicht blöd ist, wird sie natürlich nein sagen. Sonst könnte ja jeder Mieter plötzlich mit Sonderwünschen ankommen.
Selbst, wenn die Hausverwaltung mir meinen Anschluß jetzt erlaubt und der Typ aus dem Vortrag hat ansatzweise recht, dann sind in 10 Jahren 75% der Autos Elektrofahrzeuge.
Das hieße, in unserer Tiefgarage würden sich 75 Elektroautos mit zugehörigen Ladestationen befinden.
Da sich dann jeder eine Ladestation an seinen Platz hängt, muß das Stromnetz entsprechend ausgeführt sein.
Der Einfachheit halber bekommt jeder eine 16A Drehstromsteckdose. Das sind 11kW.
Also befindet sich in der Garage eine Anschlußleistung von 825kW. Das ist eine Menge.
Auf Schnellladestationen und solche Schwerze verzichte ich in meiner Überlegung jetzt mal. Dann wirds noch abenteuerlicher.

Von Wohnanlagen wie der, in der ich wohne gibt es jede Menge.
Eine Siedlung aus Einfamilienhäusern dürfte aber ungefähr die gleichen Randbedingungen haben.

Wenn ich eine Tiefgarage wie unsere, eine Wohnsiedlung, ein Parkhaus oder was auch immer mit Ladestationen ausrüsten will, dann sind die Niederspannungsnetze (außer vielleicht in Gegenden, wo es früher viel Nachtspeicherheizung gab) hoffnungslos überfordert.

Überall ist die Rede vom Netzausbau im Bereich des Hochspannungsnetzes. Vom Netzausbau im Bereich des Mittel- und Niederspannungsnetzes habe ich noch nie gehört.

Das sind Faktoren, die von den Befürwortern der Elektromobilität nie erwähnt werden...

Ich fange jetzt nicht mit Absurditäten wie dem Gasthof in Kufstein an. Der hat garantiert nicht die Anschlußleistung um auch nur zwei Autos gleichzeitig zu laden.

Wenn man wirklich Elektromobilität durchsetzen will, dann muß die Politik auch in diesem Bereich tätig werden. Dann wirds aber wieder eine deutliche Verteuerung des Strompreises geben. Wahrscheinlich die E-Mobility-Umlage oder sowas.

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Zitat:

Original geschrieben von Lewellyn


Das mag alles von Deiner Perspektive aus richtig scheinen, Sampleman, der Vortrag ist aber aus einer anderen Perspektive. 
Er ist auch nicht an Konsumenten gerichtet, der Vortrag wird vor Entscheidern der deutschen Automobilindustrie gehalten. Nicht auf einem Grünen-Parteitag.

Die Bedenken zu dem Vortrag aus der Sicht sampleman´s kann ich auch nachvollziehen.

Wenn es politisch gewollt wäre, dann hätten wir das alles schon...es ist aber nicht gewollt.

Solange die Erdöllobby die Weltmärkte beeinflusst, wird es auch n i c h t gewollt.

Die richtige Zeit zum Einstieg wäre schon vor zig Jahren gewesen, aber da war es politisch auch nicht gewollt, weil der Sprit noch so billig war.

Selbst nach der Ölkrise in den Siebzigern blieben Startsignale für die Entwicklung weg.

Keine Lobby in Politik, Wirtschaft, keine Infrastruktur.

Warum soll man sich also jetzt für teures Geld  so was kaufen, nur weil einige Propheten dies so schönreden? 

Die Intention des Vortrags ist ja eine andere. Die Entscheider der deutschen Automobilindustrie sind die Angesprochenen. Nicht wir als Endverbraucher.

Es ist als Warnung gemeint, nicht zu meinen, das der Verbrennermotor in 10 Jahren noch einen ähnlichen Stellenwert hätte wie heute.

Der Endverbraucher entscheidet das rein über den Preis. So, wie heute E-Fahrzeuge noch Exoten sind, weil die noch 50% teurer sind als Verbrenner, so wird das Verhältnis kippen, wenn E-Autos plötzlich billiger sind als Verbrenner.

Und wer da dran zweifelt, dass das rasch passiert, sollte sich an den Zeitraum erinnern, die die LCDs gebraucht haben, die Röhren zu verdrängen.

Ich betrachte die Sache viel simpler: Woran scheiterte denn die Elektromobilität bisher? An den Akkus. Oder besser: Den Kosten für die Akkus.

Vor zwanzig Jahren kostete ein Akkupack aus vier Mignon-Zellen mit je 1,2 V und 500 mAh gut und gerne 30 € und mehr. Heute bekommt man vier Mignon-Akkus mit 1,2 V und irgendwas zwischen 1.500 und 2.000 mAh im Discounter um die Ecke für nicht einmal ein Zehntel des damaligen Preises, d. h. der Preis liegt effektiv bei 1/30 bis 1/40. Dafür verfügen die Zellen neben mehr Kapazität auch über eine höhere Leistungsfähigkeit in Form von höheren Strömen, besserer Schnelladefähigkeit und höherer Zyklenfestigkeit.

Die Dinger werden natürlich auch weiterhin immer billiger und leistungsfähiger.

Das erste Elektrofahrzeug, das ich in Natura erleben durfte, war ein Elektro-Kart. Ich war als Kind (oder Jugendlicher?) auf einem Kart-Lehrgang des ADAC. Dort fuhren wir mit Benzin-Karts, die ca. 125 km/h schnell waren. Einer der Teilnehmer des Kurses fuhr nur so aus Interesse mit: Es handelte sich um den Weltmeister im Elektro-Kart (irgendeiner Klasse). Das Ding unterschied sich von den Benzin-Karts dadurch, daß links und rechts je eine Lkw-Batterie war, ein lächerlicher Elektromotor war hinten eingebaut (der Größe nach zu urteilen der Anlasser eines dicken Sechs- oder Achtzylinders) und die Steuerung war digital: Ein und Aus. Volle Pulle oder Nix. Bei wohlgemerkt 190 km/h Spitze. Das Tempo wurde mittels der Bremse und durch manuelles Ein- und Ausschalten des Motors durch den Fahrer geregelt.

Natürlich ist so ein Sportgerät nicht unbedingt alltagstauglich, aber im Grunde ist die Technik simpel. Ein bißchen Elektronik für die Regelung, dazu bessere Akkus und schon können wir auf Getriebe, Kupplung und Co. verzichten.

Und die Akkus werden wie wir wissen immer billiger! Kosten jetzt brauchbare Akkus z. B. noch ein Drittel des Fahrzeugpreises, wird das schon in ein paar Jahren nur noch ein Bruchteil davon sein.

Daß es nicht mehr lange, also vermutlich nur noch wenige Jahre dauern wird, bis Elektroautos kaum noch teurer als Benziner sein können, liegt also auf der Hand. Allerdings ist der Unterhalt eines Elektrofahrzeugs billiger und die schon bestehenden Überkapazitäten mit Konkursen der Solarpanelhersteller bieten ebenfalls Potential. Im Klartext: Wenn das 20.000 € Auto als Elektrovariante sagen wir mal 25.000 € kostet (und das wird recht schnell der Fall sein), dann werden die Verkaufszahlen rasant ansteigen.

Denn daran scheiterte die Elektromobilität bisher: Sie war unwirtschaftlich. Aber das ist bald vorbei. Was der simple Grund dafür ist, daß es bald massenhaft Elektroautos geben wird.

Was die Pedelecs betrifft: Vor wenigen Jahren war ein Sechser im Lotto wahrscheinlicher als ein solches Teil zu sehen. Inzwischen sieht man hier auf dem Land, wo fast alle mit dem Auto und nur ein paar ältere Leute mit dem Rad zum Supermarkt fahren bald mehr Pedelecs als herkömliche Fahrräder. Das klassische Fahrrad ist out, die Pedelecs sind extrem im Kommen - zumindest auf dem Lande. Zusätzlich zu den Fahrrädern hat selbst Aldi schon Pedelecs im Angebot; auch das ist ein überdeutliches Zeichen dafür, daß die Dinger den Massenmarkt erreicht haben.

Gruß Michael

Zitat:

Original geschrieben von sampleman


Und ich bin mal gespannt, wann ein E-Hersteller mal ernsthaft das Problem der Leute adressiert, die keine Garage mit Stromanschluss haben.

Genau DAS!

Und so lange es keine Alternative, wie zum Beispiel 10 min Tankstellen gibt, sehe ich da für eine große Masse schwarz mit Elektroautos.

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Universell passende Akkuzellblöcke die schnell an der "Tankstelle" gegen volle getauscht werden könnten wären da wohl die praktikabelste Lösung für alle die "normal" Tanken gewohnt sind. Je 10Ah* Block X Euro, die dicke Oberklasse Limo lädt dann halt doppelt soviel ein wie der kleine Stadtflitzer.

*alle Zahlenwerte rein fiktiv

Zitat:

Original geschrieben von CalleGSXF


Wieder son langer Text. 🙄

Guter Mann, wenn ich dich intellektuell überfordere, dann ist das beabsichtigt;-)

Was ist "intellacktual"?

Zitat:

Original geschrieben von cng-lpg


<span style="line-height: 1.6em; display: inline !important;">Im Klartext: Wenn das 20.000 € Auto als Elektrovariante sagen wir mal 25.000 € kostet (und das wird recht schnell der Fall sein), dann werden die Verkaufszahlen rasant ansteigen.</span>
Denn daran scheiterte die Elektromobilität bisher: Sie war unwirtschaftlich. Aber das ist bald vorbei. Was der simple Grund dafür ist, daß es bald massenhaft Elektroautos geben wird.

Ich halte das nicht als Grund dafür, dass der baldige Umbruch erfolgt.

Es fehlt nämlich die nötige Infrastruktur (Ladestationen, Ausbau des Stromnetzes),

zur Zeit fehlen bisher jegliche Möglichkeiten zum schnellen Wechsel von Akku-Packs.

Nicht jeder Berufstätige die Möglichkeit, die Akkus bei sich zu Hause aufzuladen.

Sämtliche Hersteller müssen zudem erstmal entsprechende Servicemöglichkeiten/Werkstätten umrüsten. Das kostet nicht nur Zeit, sondern verschlingt auch Unsummen an Geld.

Die Hersteller der herkömmlichen Antriebe haben zwar schon einige Anstrengungen unternommen, die in Richtung E-Mobilität gehen, diese sind aber bis jetzt nur der Tropfen auf den heissen Stein.

Die Kostensenkung kann bestenfalls als Kaufanreiz für ein E-Fahrzeug herhalten, ersetzt aber nicht notwendigen Begleitmaßnahmen, die für ein dauerhaft gutes Funktionieren dieses Systems Voraussetzung sind.

Diejenigen mit Strom in der Garage sind aber schon mal 7-stellig.

Und wenn Nachfrage da ist, gibt's auch ein Angebot. Wie lange hat es gedauert, Deutschland flächendeckend mit mobilem Internet auszustatten?

Bei uns am real gibt's jetzt schon verstromte Stellplätze.

"Während sie einkaufen, laden wir ihr Auto wieder auf..."

Ich habe mir Thomsens Vortrag jetzt ein zweites Mal gegönnt und wirklich genossen.
Ich lade das Video gerade herunter.
Ich bedanke mich bei Lewellyn für den link zu einem höchst interessanten und spannenden Vortrag.
Mein Mercedes muss noch bis 2017 halten.
Sobald ich ein E-Auto bezahlen kann, hab ich eins.

So, jetzt habe ich den Film auch gesehen.
Muß Tesla ja ganz gut bezahlt haben, den Typen...

Ich bezweifle nicht, dass es technisch möglich ist, innerhalb der nächsten 10 Jahre Elektroautos herzustellen, die in Punkto Fahrverhalten, Reichweite und Preis mit einem heutigen Golf mithalten können, wenn nicht sogar besser sind.

Aber ich glaube trotzdem nicht, dass das die beste Möglichkeit ist. Da bleibe ich bei den Erdgasautos.

Dass Elektromobilität sich zumindest in den derzeitigen politischen Rahmenbedingungen nicht in großem Rahmen durchsetzen wird, liegt insbesondere am Infrastrukturproblem.

Ich habe das irgendwo hier im Forum schonmal geschrieben aber ich wieder hole es an dieser Stelle nochmal:

Ich wohne in einer größeren Mehrfamilienhaus-Wohnanlage.
Ich schätze mal 80 Wohneinheiten.
Unterm Haus befindet sich eine Tiefgarage mit ungefähr 100 Stellplätzen.
In der Tiefgarage befindet sich eine 230V Steckdose. Allgemeinstrom für den Hausmeister.
Wenn ich jetzt ein Elektroauto haben wollte, hätte ich die Wahl, den Eimer vorm Küchenfenster auf dem Gehweg zu parken und das Stromkabel aus dem Fenster zu hängen oder einen Kampf gegen die Hausverwaltung zu führen um meinen provaten Stromanschluß in die Tiefgarage legen zu lassen.
Da die Hausverwaltung nicht blöd ist, wird sie natürlich nein sagen. Sonst könnte ja jeder Mieter plötzlich mit Sonderwünschen ankommen.
Selbst, wenn die Hausverwaltung mir meinen Anschluß jetzt erlaubt und der Typ aus dem Vortrag hat ansatzweise recht, dann sind in 10 Jahren 75% der Autos Elektrofahrzeuge.
Das hieße, in unserer Tiefgarage würden sich 75 Elektroautos mit zugehörigen Ladestationen befinden.
Da sich dann jeder eine Ladestation an seinen Platz hängt, muß das Stromnetz entsprechend ausgeführt sein.
Der Einfachheit halber bekommt jeder eine 16A Drehstromsteckdose. Das sind 11kW.
Also befindet sich in der Garage eine Anschlußleistung von 825kW. Das ist eine Menge.
Auf Schnellladestationen und solche Schwerze verzichte ich in meiner Überlegung jetzt mal. Dann wirds noch abenteuerlicher.

Von Wohnanlagen wie der, in der ich wohne gibt es jede Menge.
Eine Siedlung aus Einfamilienhäusern dürfte aber ungefähr die gleichen Randbedingungen haben.

Wenn ich eine Tiefgarage wie unsere, eine Wohnsiedlung, ein Parkhaus oder was auch immer mit Ladestationen ausrüsten will, dann sind die Niederspannungsnetze (außer vielleicht in Gegenden, wo es früher viel Nachtspeicherheizung gab) hoffnungslos überfordert.

Überall ist die Rede vom Netzausbau im Bereich des Hochspannungsnetzes. Vom Netzausbau im Bereich des Mittel- und Niederspannungsnetzes habe ich noch nie gehört.

Das sind Faktoren, die von den Befürwortern der Elektromobilität nie erwähnt werden...

Ich fange jetzt nicht mit Absurditäten wie dem Gasthof in Kufstein an. Der hat garantiert nicht die Anschlußleistung um auch nur zwei Autos gleichzeitig zu laden.

Wenn man wirklich Elektromobilität durchsetzen will, dann muß die Politik auch in diesem Bereich tätig werden. Dann wirds aber wieder eine deutliche Verteuerung des Strompreises geben. Wahrscheinlich die E-Mobility-Umlage oder sowas.

Das Batterieproblem lässt sich doch ganz einfach lösen

einfach einen LKW Anhänger ans Auto anhängen,
auf dem ein Kohlekraftwerk installiert ist

Warum muss man denn zu Hause tanken können? Kann man doch jetzt auch nicht.

Es gab mal sehr interessante Ansätze im Bereich Batteriewechseltechnik.
Better Place hatte da in Zusammenarbeit mit Renault einen sehr interessanten Ansatz.
Würde auch meine Bedenken im Bezug auf den Netzausbau relativieren.
Allerdings sind die pleite.

Wir rüsten gerade fast alle unsere Verwaltungen auf digitales Kabelfernsehen um. Mit Rückkanal und so.
Dazu müssen alle Wohnungen mit neuen Kabeln versehen werden.

Da ist die Verkabelung einer Tiefgarage pillepalle gegen. 😉

Im übrigen braucht die Stromwirtschaft die E-Autos als Pufferspeicher für Solar und Windenergie.
Ein Auto steht täglich locker 22Stunden ungenutzt herum. Da kann man viel Energie rein und wieder rausleiten in der Zeit.

Der Besitzer gibt nur an, wieviel Kapazität er zum Zwischenspeichern freigibt. Dafür gibt's dann den Fahrstrom ermäßigt.

Oder so...

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