Bei Unfall: Sanität anfordern oder nicht?
In einem engen gewundenen Tal in Süddeutschland wurde ich mit dem PW von einer schnellen Motorradgruppe überholt. Weil einer der Motoradfahrer frontal in eine Felswand fuhr, holte ich diese nach wenigen Minuten wieder ein. Nach meinem Ermessen, war der Bewegungsablauf des verunfallten Motoradfahrers gestört.
Da im Tal kein Handyempfang möglich war, bot ich an, aus dem Tal zu fahren und eine Ambulanz anzufordern. Die Motorradkollegen lehnten dies vehement ab und machten auch keine Anstalten selber die Ambulanz zu rufen (was vermutlich auch mit einem Motorrad schneller gewesen wäre (Offroad)).
Am nächsten Tag las ich in der Zeitung, dass der Motorradfahrer noch am Unfallort verstorben ist, was mich anschliessend längere Zeit in Gedanken beschäftigte.
Letzten Monat bin ich in Deutschland selber zu Fuss verunfallt und es bestand Verdacht auf Schädel- und Wirbelsäulenverletzung. Die Ambulanz wurde ohne Rückfrage durch Dritte sofort angefordert. Ich wurde anschliessend diesbezüglich informiert.
Die Abklärung durch die Sanitäter zeigte, dass ich zwar verletzt war, aber keinen Transport ins Spital benötigte, sondern nur eine Ueberwachung des Zustandes durch eine weitere Person während 24 Stunden und den Weitertransport durch ein Taxi.
Was war mit den Kosten der Sanität?
Man erklärte mir, dass eine begründete Anforderung der Sanität ohne anschliessenden Transport in Deutschland kostenfrei sei. (Ob das immer so ist, habe ich nicht überprüft.)
Dies würde bedeuten, es besteht keinerlei Anlass aus Kostengründen das Aufbieten der Sanität zu verzögern oder darauf zu verzichten.
22 Antworten
Zitat:
@Nogolf schrieb am 9. Februar 2024 um 17:50:01 Uhr:
Alarmierung von Polizei und Rettungsdienst inklusive der Erstversorgung vor Ort kostet in Deutschland generell nichts. Also weder den Alarmierenden, noch den Verunfallten. Erst bei einem Transport ins Krankenhaus fällt ggf. eine Eigenbeteiligung durch den Verunfallten an.
Richtig
Zitat:
Auch ein Feuerwehreinsatz, z.B. um bei einem Unfall ausgelaufene, kleinere Mengen an Betriebsstoffen zu binden, ist kostenfrei. Selbstverständlich können auf den Unfallverursacher, je nach Sachlage, ggf. entsprechende Verwarn- oder Bussgelder zukommen.
LG
NoGolf
Falsch. Den Feuerwehreinsatz bezahlst Du sehr wohl. Er ist lediglich über die Haftpflichtversicherung abgedeckt. Verursacht man aber mit z.Bsp einem abgemeldeten/nicht versicherten KFZ einen derartigen Einsatz, dann kommen da schnell ein paar große Scheine zusammen. Als ich mit der Enduro den Golf erlegte, hatte ich die Rechnung in der Hand. Nach Weitergabe an die Haftpflicht wurde sie durch die Assekuranz beglichen
Das ist je nach Gebührenordnung unterschiedlich und kann sich von Gemeinde zu Gemeinde unterscheiden.
In Berlin nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Also bei einem Verkehrsunfall höchst selten.
Andere Gemeinden, andere Sitten.
@ twindance:
was, wenn der Verunfallte gar nix entscheiden kann?
was, wenn die Kumpels die Rettung / Polizei nicht rufen, weil sie Drogen intus haben, auf geklauten Maschinen unterwegs sind, die Situation nicht einschätzen können ... und lassen den "Freund" sterben?
was, wenn der Notarzt entscheidet, weil der Verletzte das gar nicht kann?
Ich hoffe, ich habe nie einen so schweren Unfall, dass ich entscheidungsunfähig bin ... und Du kommst zufällig vorbei!
Ich hab ne Ausbildung als Rettungssanitäter und bin selbst Rettungswagen gefahren ...
"jeder Mensch darf selber entscheiden" gilt sicher in den meisten Fällen, aber nicht im o.g. Fall
vorsätzliche Körpeverletzung? im Gegenteil: wenn Du erste Hilfe versagst, machst Du Dich strafbar
Ich würde "Den Feuerwehreinsatz bezahlst Du sehr wohl" zu "Theoretisch könnte die jeweilige Kommune eine Rechnung stellen, sofern der Einsatz nicht im Zusammenhang mit einer Menschenrettung stand" ändern ... so zumindest lt. Art. 28 bayerisches Feuerwehrgesetz. Ich war viele Jahre bei einer großen Stützpunktfeuerwehr aktiv. Wir nahmen bei einem VU noch nicht mal die Daten der Unfallbeteiligten auf. Genauso sehen das meines Wissens nach die entsprechenden Gesetze der anderen Bundesländer auch nicht vor.
Mit der unterlassenen Hilfeleistung bin ich 100% bei Dir. In dem von mir geschilderten Fall hätte noch nicht einmal der Notarzt den Verunfallten so ohne Weiteres gegen seinen Willen "einsacken" können.
Zitat aus dem Eröffnungsbeitrag des TE:
Zitat:
Nach meinem Ermessen, war der Bewegungsablauf des verunfallten Motoradfahrers gestört.
Der Verunfallte war somit wohl bei Bewusstsein und um "Bewegungsabläufe" erkennen zu können hat er wohl auch kaum auf dem Boden gelegen. Wenn dann er und/oder seine Begleitung eine medizinische Versorgung ablehnen, liegt sicher keine unterlassene Hilfeleistung seitens des TE vor.
Ähnliche Themen
Doch, dies gilt im o.g. Fall - der Verunfallte war bei Bewusstsein. In diesem Fall bist Du selbst als Notarzt verpflichtet, den Willen des Betroffenen zu respektieren. Wenn Du ihm gegen seinen Willen in einem derartigen Fall nur einen venösen Zugang legst und der Betreffende zeigt Dich an, dann bist Du dran - ohne wenn und aber. GEGEN den Willen des Betreffenden kannst Du NUR im Falle der Eigen- oder Fremdgefährdung bei offensichtlich eingeschränkter Einsichtsfähigkeit MIT richterlicher Entscheidung tätig werden. Viel Spaß im Alpental ohne Handy-Empfang. Im Gegensatz zu sicher wohlmeinenden und moralisch respektablen Beitragserstellern habe ich diese Probleme durchaus selbst im Alltag zu bedenken - ich fahre seit einigen Jahrzehnten als Notarzt da draußen rum. Also erzählt bitte nix vom Pferd 😉. Unterlassene Hilfeleistung wird erst relevant, wenn erwünschte Hilfe versagt wird!
Hätte der TE in diesem konkreten Fall den Notarzt gerufen und er wäre eingetroffen, ein paar Motorradfreunde pöbeln ihn voll "Ey Aldda, mach Flocke, wir brauchen Dich hier nicht und --- Tschüß" - was meinst Du was der Notarzt macht? Sich mit der Meute anlegen? Nööö, der setzt sich in sein NEF und fährt ein paar Kurven weiter, wird die Freunde der Rennleitung rufen und warten, bis er gefahrlos da dran kann. In einem beschaulichen hessischen Städtchen als noch recht junger unerfahrener Notarzt voll Elan und Glaube an das Gute im Menschen unterlief mir mal ein derartiger Fehler. Der liebende Angetraute der schwerkranken Frau war so gar nicht mit dem Erscheinen der Rettungskette einverstanden und nach kurzem Palaver wurde ich mit einem Messer an der Kehle zurück auf die Straße begleitet.
Sicher extreme Fälle, aber in Stress-Situationen können Menschen echt komisch reagieren und als Unbedarfter sollte man möglichst an das eigene Fell denken - wenn man nicht Chuck Norris oder Rambo ist 😁.
Der TE hat alles richtig gemacht - Hilfe anbieten, Hilfe abgelehnt, Rückzug.
Moin!
Ich würde in nahezu allen Fällen den Notruf kontaktieren. Die Meinung anderer ist mir da ziemlich egal - zumal da ja dann auch gerne mal viel Ego dabei ist. Von sonstigen "Gründen", warum man gerade keinen RTW/Polizei anwesend haben will mal ganz ab.
Zum anderen ist der Umstand, dass sich jemand hinstellt und halbwegs klar artikuliert, bewegt etc. kein Zeichen für irgendwas: Der Körper wird gerade mit Adrenalin geflutet. Schmerzresistenz ist ziemlich hoch. Innere Blutungen, Knochen(an)brüche etc. pp., werden evtl. (noch) gar nicht registriert.
Ich mache zwar regelmäßig selbst verschiedene Ersthelfer-Schulungen, auch im "deutlich erweiterten" Umfang, aber dennoch käme ich nicht auf die Idee, da eine sachgerechte Entscheidung treffen zu können, ob jemand noch weiterfahren kann - wie sollte es dann der Betroffene, ggf. unter Schock stehend, Ego angekrazt, voller Adrenalin?
Ob der RTW-Einsatz nun ein paar Euro kostet oder nicht, ist mir da wirklich vollkommen egal.
Da man als Laie die Verletzungsschwere ohnehin nur unzureichend Einschätzen kann, würde ich im Zweifel immer Hilfe holen. Das ist Gewissenssache, ich möchte nicht das jemand stirbt der durch meine Hilfe gerettet werden könnte, und hoffe das viele andere ebenso denken...
Ja, aber auch nicht übertreiben. Wenn der Fahrer nach dem kleinen Ausrutscher weiter fahren will, ihn auf keinen Fall daran hindern, Schlüssel abziehen oder auf dem Boden festhalten wenn er fuchtig wird 😁
Ich bin da ganz bei @twindance
Man kann den Leuten nicht sofort unterstellen, dass sie nicht mehr voll zurechnungsfähig sind nur weil sie mal in der Wiese gelandet sind...ist alles Ermessungssache, vielleicht erstmal eine Minute plaudern..."Hallo, ich bin der XXX, wie heisst Du, hast Du Schmerzen, was ist passiert, bleib erstmal sitzen/liegen, ganz ruhig...Es dauert vielleicht 20 Minuten bis der Rettungswagen da ist, da kann man sich schon eine Minute Zeit nehmen um sich ein Bild von der Lage machen. Ausser natürlich bei deutlich sichtbaren Blutungen, Verletzungen usw...