Sun Sep 23 16:35:51 CEST 2018
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Tobner
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Kommentare (8)
Tja, in den letzten Monaten ist Zeit meine kostbarste Ressource, deshalb stehen Dinge wie Blogartikel im Hintergrund. Trotzdem will ich den Reisebericht zuende bringen... Etappe 9: Ladogasee - St. Petersburg Wir packten unsere 7 Sachen ein und starteten. Thomas hatte die Karte auf die Motorhaube des Suburban gelegt und rührte mit seinem Finger darauf herum: "Hier ist ein schöner Spot, direkt am Ladoga, dort grillen wir." - "Und hier ist ein alter Stadtteil, den müssen wir sehen." [bild=16] [bild=17] [bild=18] [bild=2] Plan war, auf der Ostseite nach Süden um den Ladoga zu fahren und dann westwärts nach St. Petersburg zu fahren. Was ich noch anmerken muss, dass wir, außer Thomas, entsetzt waren, wie die Russen lebten. Am Vorabend war es so dunkel, dass wir es nicht direkt sahen, aber jetzt sahen wir das Elend der Landbevölkerung. Die Russische Landbevölkerung lebt in Bretterhaufen, sporadisch mal mit Fenster oder Tür. Kanalisation haben die Dörfer sehr selten. Wahnsinn. Wenn man soetwas sieht, muss man jede Minute froh sein, in Deutschland einen hohen Lebensstandart zu besitzen und es nicht als Selbstverständlichkeit hinnehmen... [bild=7] [bild=8] [bild=9] [bild=13] [bild=14] [bild=15] Irgendwann nervte wieder der winzlige Tank des Subarus und wir mussten Sprit fassen. Wir hielten an einer "Tanke" und fragten uns, was zu Hölle DAS da war?! [bild=10] [bild=11] [bild=12]Eine Tankstelle. Bestehend aus einem Überseecontainer, darin alte Fässer und IBCs, voll mit Sprit. In den Seiten hat der Russe Löcher in den Container gefressen und Zapfsäulen hineingestellt. Die Zapfpistole ruhte in einem umgeschweißten Feuerlöscher. Abenteuerlich. Wahnsinn. Wie geht das Tanken? Nebenan stande ein Verschlag aus Holz und Blech. Darin eine Frau, die die Tankstelle im Griff hatte. Über einen Lautsprecher schnauzte die uns schnarrend an. Thomas übersetzte. Man wählt einen Betrag, den man Tanken will, die Frau gibt den Betrag an Sprit frei und man tankt. 25Euro wählte ich und musste meine Sparkassenkarte in die Blechhöhle geben. Mulmig tippte ich die PIN ein und schon durfte ich Tanken. Man kann zwischen 76, 92 und 95 Oktan wählen. 76 Oktan, mit was fahren die denn noch rum?! [bild=6]Wir fuhren weiter durch die Dörfer, ich kam aus dem Staunen kaum wieder heraus. Es war wirklich eine Wahnsinns-Erfahrung. Dann bogen wir auf die Schnellstraße, die um den Ladoga führt, ein und waren in einer automobilen Anarchie. Kriegsähnliche Zustände, jeder gegen jeden. Jeder kennt die Dashcam-Videos von den Russen, und ich war entsetzt, dass es wirklich so aussieht im Straßenverkehr. Halsbrecherische Überholmanöver, egal ob links vorbei bei Gegenverkehr oder mit über 140 Sachen durch den Dreckstreifen rechts vorbei. Dazwischen linksabbieger, die auf der Autobahnähnlichen Straße wenden wollten, daneben die sagenhaft behämmerten ZEBRASTREIFEN!!!! Zebrastreifen auf einer Schnellstraße! Was macht man wenn man da angesohlt kommt und jemand am Zebrastreifen steht? Anhalten? Da knallt einem der nächste ungebremst ins Heck. Ausweichen? Da drängt man den Kinderbus, der gerade mit 140 und vollem Gegenverkehr überholt, von der Straße. Man kann nichts anderes machen als hoffen, dass die Omi dort stehenbleibt. Was passiert, wenn man dort auf Straße tritt, sieht man in den Dashcam-Videos. Der Nerven kitzelten bis in die Haarspitzen. Natürlich muss man dann auch noch auf die badewannengroßen Schlaglöcher aufpassen, mithilfe denen man sich die Achsen in Rekordzeit ausbauen könnte... Das Kolonnenfahren war genauso schwierig bis fast unmöglich, weil sich andauernd fremde Autos zwischen und drängten und weiter überholten. Dazu MUSS man tatsächlich öfters auf den Dreckstreifen ausweichen, weil sonst der Russe in seinem Lade im Gegenverkehr am LKW zerschellen würde. Ich bin mir auch sicher, dass die Russen einen rammen würden. Ein Wahnsinn, mir war das alles VIEL zu stressig. Dann möchte man überholen, Team Sisu mit Thomas, der voll im Russenmodus war, zog einfach raus, wir hinterher. Die Straße ist kerzengerade (fast immer und überall) und die Gegenfahrbahn ist frei. Man zieht raus, plötzlich knallt einer ganz links, halb auf dem Dreckstreifen vorbei. Währenddessen zieht ganz gemächlich einer aus einer Nebenstraße auf die Gegenfahrbahn. Spaß. Und am Ende kommt noch ein russischer Redneck mit dem Niva aus dem Unterholz und gurgt einem noch in die Quere. Ich muss schon sagen, ich hatte echt Angst, auf Russlands Straßen einen schlimmen Unfall zu bauen. Thomas war da ganz ruhig. "Du darfst nicht in den Rückspiegel schauen, das macht hier niemand. Blinken und fahren, die anderen passen sich schon an..." Um Himmels Willen. Das Himmelfahrtskomando dauerte an, bis wir Tanken mussten und als Snack einen "Schawerma" aßen. Was ein traumhaftes Gericht, es war der Himmel auf Erden. War ich evtl. im Straßenverkehr gestorben? Auch wenn der Schuppen echt gruselig aussah, das Essen war bombe. Man sah aber zum Glück die Küche nicht. [bild=20]Emotion-Overload. Und das heftige, nämlich den Stadtverkehr, hatten wir noch vor uns. Aber bevor wir nach St. Petersburg fuhren, bogen wir kurz vorher richtung Süden ab und starteten eine spontane Sideseeing-tour. Durch die Dörfer gelangten wir zufällig an ein altes Kloster, bei dem wir uns nur etwas umschauen wollten. Plötzlich kam ein schwarz gekleideter, alter Herr auf zu und fragte, was wir wollten. Er nannte sich selbst einen Pope (orthodoxer Priester) und hat vor geschätzt 200 Jahren in Darmstadt studiert. Er konnte kaum noch deutsch... [bild=3] [bild=4] [bild=26] [bild=27] [bild=28] [bild=29] Wir rollten weiter, wir mussten noch nach St. Petersburg und halb durch die Stadt. Ich kürze auch hier ab. Chaos. kriegsähnliche Katastrophe im Straßenverkehr und wir mittendrin. Wir waren froh, dass der gigantische Suburban hinter uns fuhr. An den trauten sich die Russen nicht heran. Wir erfüllten die Tagesaufgabe: Das finden einer geheimen Bar. Dort war das "Hallo" mit den anderen Teilnehmern riesig, wir freuten uns, überlebt zu haben. Die anderen waren schon Stunden dort und hatten schon recht männlich einen sitzen. Mutig, in Russland herrscht 0.0 als Alkoholgrenze, ein Verstoß kostet fast 4 stellig (EURO!). Zudem bekommt man das Problem, dass das rechtmäßige Klären des Problems mehrere Wochen dauern kann, in denen auch noch das Visum abläuft. Oder man versucht die Polizei zu schmieren, was fast immer geht, aber halt nur fast. Das muss man echt nicht haben, also nur ne Cola trinken und weiterfahren. [bild=81]Wir duschten und trafen uns wieder mit Thomas, Annika und Alexej, der schräg gegenüber ein gregorianisches Restaurant ausgemacht hatte. Dort angekommen gab es Mors und die Karten. Wir konnten uns nicht entscheiden und fragten die wirklich genervt wirkende Kellnerin, was zu empfehlen sei. Die Antwort war sinngemäß "alles, ich kann euch nicht die ganze Karte vorlesen". Prima. Letztendlich einigten wir uns, dass sie von allen etwas brachte und wir alles ausprobierten. Nach 10 Minuten stande der Tisch so voll, dass wir keinen Platz mehr zum Essen hatten. Käsebrot, Soljanka, Pelmini, Hackbällchen mit verschiedenen Soßen, Fischzeugs, Salate, verschiedene Weine und Gelumbe standen zum Verzehr. Wir schlugen uns die Bäuche voll, Quatschten etwas und zahlten irrwitzige 55€ für alles. Super! Tageskilometer: 476km [bild=23] [bild=21] [bild=24] [bild=25] [bild=1] [bild=30] [bild=31] [bild=32] [bild=33] [bild=34] [bild=35] [bild=36] [bild=37] [bild=38] [bild=40] In der Stadt gingen dann tatsächlich auch Probleme mit dem Subaru los. Ein Geräusch bündelte meine Aufmerksamkeit, es war ein ganz leises kratzen vom Rad hinten rechts. Es war kaum hörbar, aber unsere geübten Ohren entging es nicht. Vllt Eis, was am Reifen kratzt?! Könnte sein. Wir fuhren erstmal weiter Richtung Grenze. [bild=39]Als wir über die Grenze rollerte, fiel mir ein gigantischer Stein vom Herzen. Die ganze Anspannung fiel von mir ab. Erst jetzt fiel mir auf, wie anstrengend das für mich gewesen ist, nicht ungedingt das fahren, aber die Angst, in einen Crash verwickelt zu werden. Wir hatten es ohne schlimme Polizeikontrollen oder Zwischenfälle geschafft. So viel Glück hatte nicht jeder, beim abendlichen Zusammentreffen ging herum, dass 2 Rallyefahrer am morgen doch noch nicht ganz nüchtern waren und die Polizisten mit viel Geld schmieren mussten. Zu ihrem Glück ging das... Das Feriendorf war wie ein Indianerdorf gestaltet. Als Versammlungsort stande dort ein riesiges Tipi (sicher 15m im Durchmesser und wer weiß wie hoch), darin war mittig eine Feuerstelle, darum sitzplätze. Am Rand war eine Bar und eine kleine Bühne mit Livemusik. Es war eine atemberaubende Atmosphäre und unsere Laune stieg....bis es hieß, es gibt nichts zu Essen mehr. Wie bitte WAS?! Schock. Wie jetzt, nichts mehr??? WAS? ...nichts zu essen...auf einer Party...tzzz...nicht mit mir...mir doch egal ob das parken hier verboten ist...ich fahr da jetzt hin... [bild=41][bild=42]Vor dem Zelt war ein Außenbereich mit einer Art überdachter und beleuchteter Bar, perfekter Spot zum grillen. Wir hatten nicht mehr sooo viel Grillmaterial, aber wir schmissen alles aufs Grill, was da war. Es war wieder gelungen, so ein Grill auf der Anhängerkupplung von zwei verrückten Bastlern sorgt immer wieder für Heiterkeit. Die Teams, die nach uns kamen und auch etwas angesäuert wegen der fehlenden Verpflegung waren, waren auch glücklich, noch etwas warmes zwischen die Kiemen zu bekommen. Wir standen noch recht lang am Feuer, quatschten und tranken Coktails. Ich glaubte, langsam waren die Leute auch nicht mehr der Meinung, wir sind irgendwelche Hanswürste, die nicht wissen, was sie machen. Vielmehr machte es den Eindruck, die Leute fingen an uns zu respektieren, weil wir mit einem so schäbigen Auto so weit gekommen waren. Einige fragten uns um Rat wegen ihren Autos, einige wollten unsere Heizung für ihre nächste Rallye kaufen, viele machten Fotos. Das war echt beflügelnd. Nichts desto Trotz mussten wir ins Bett. Der Veranstalter organisierte, wie in Vilhelmina, Schlafplätze für alle. Der Schlafsaal war auf dem Dachboden eines der alten Häuser, die dort standen. Es war simpel, es waren Nischen abgetrennt, in jeder Nische 2 Betten. Leider war es ziemlich kalt dort oben, der kleine Elektroheizer vermochte gegen die Kälte nicht viel zu helfen. Ich legte mich hin, hatte aber den Schlafsack im Auto vergessen. Auch, wenn ich mich in der Bettdecke einrollte, fing ich mitten in der Nacht an zu frieren und so war der Schlaf nicht unbedingt erholsam... [bild=43] [bild=44] [bild=45] Tageskilometer: 410km Etappe 11: Raudsilla - Siauliai [bild=46]Ich hatte vergessen zu erwähnen, dass es in dem Feriendorf kein Wasser gab. Nicht mal kaltes. Damit war das morgendliche "Fertigmachen" etwas unkonfortabel. Camping eben. Zähne putzen mit kaltem Wasser, umziehen bei Eiseskälte. Da wird man auch nur sehr langsam warm. Team Sisu und Wildeast wollten Wasser kochen und türkischen Kaffee trinken, doch leider versagte der Gaskocher. Unser ziemlich klappriger und recht günstiger Benzinkocher half wahre Wunder. Mein Arbeitskollege brauchte mich glücklicherweise auf den Trichter, dass Gaskocher ab einer bestimmten Temperatur nicht mehr funktionieren, weil das Gas nicht mehr ausströmt. Deshalb gab er mir den Benzinkocher mit. "Der geht immer!" [bild=5]Ansonsten war der Tag (und die kommenden Tage) recht emotionslos. Das hatte mehrere Gründe. Es schlich sich eine sachliche Routine ein. Morgens fuhr Franke, ich saß daneben und schaute aus dem Fenster, nach dem Mittag (meist ohne Malzeit bei einem der vielen Tankstops) tauschten wir und ich fuhr bis abends. Zwischendrin beratschlagten wir uns mit Mario und Franzi zwecks der Übernachtung und alberten über Whatsapp herum. Sehr viel mehr gab es die Tage nicht zu sehen. Und die Landschaft oder die Länder selbst waren auch nicht mehr so faszinierend wie Skandinavien oder Russland. Siteseeing ging auch nicht, dafür waren die Tagesetappen zu weit. Plan war, schon etwas "vorzufahren", um noch das Roadbook mit Bilder zu füllen und entspannt am Zieleinlauf einzutreffen. Wäre da nicht das schlimme Geräusch aus dem Radkasten... Mittags rollten wir in einer kleinen Stadt nordlich von Riga ein. Wir hatten ein kleines Restaurant am Wasser gefunden, welches eine astreine Küche bot. Ich bin nicht so der Foodblogger oder Schickimicki-Essenfotografierer, aber diesmal musste ich ein Bild machen: [bild=49] Danach fuhren wir weiter und hielten wir nochmal kurz an der Küste an. Der Walter gab uns den Tipp, wie es genau dazu kam, weiß ich nicht mehr. Doch dort machten wir folgende Schnappschüsse: [bild=47] [bild=48] Abends quartierten wir uns in Litauen, in der Vorstadt von Siauliai ein. Abends wurde die Gangart wieder etwas zorniger, da es wieder recht spät wurde. Ein kleines Ereignis war noch das umfahren einer Autobahn, während dem wir auf der Karte auf eine gelbe (also schon etwas größere) Landstraße fuhren. Leider war das definitv einer der schlechtesten Straßen des gesamten Trips, ich habe nur ein kurzes Video dazu gemacht. <iframe class="video youtube-player" width="425" height="355" type="text/html" src="https://www.youtube.com/embed/yqi3HZEZbvg" allowfullscreen="1" frameborder="0"></iframe> So ging es übrigens über 2h. Das Geräusch aus dem Radkasten haben wir bei dem Geschepper und Gekrache natürlich nicht gehört, aber abends wussten wir, dass die Straße es noch viel schlimmer gemacht hat. Wir hätten ehrlich gesagt nach den ersten 10min auf der Straße gedacht, das hält der Subaru niemals aus. So eine schlimme Vergewaltigung des Autos habe ich auch noch nie mitgemacht. Ich hatte regelrecht Angst um die Technik und Angst, dann mitten in der Nacht in Litauen zu stranden mit kaputtem Auto. So unwahrscheinlich war es auch nicht, ein Audi A4 B5 zweier Rallyeteilnehmern ist auf so einer Strecke mehr oder minder gestorben (Querlenker kaputt gegangen) und eine andere Teams hatten defekte Reifen oder Radlagerschäden. Schlimm... [bild=50]Abends quartierten wir uns bei einem älteren Ehepaar ein, die ein Nebenhaus für Übernachtungen vermieteten. Die Bude war klein, die Einrichtung war alt, aber die Zimmer waren spottbillig und es gab Duschen und ein Bett. Am nächsten morgen wollten wir nach dem Geräusch sehen, da wir regelrecht erschrocken waren, als wir wieder auf eine ordentliche Straße fuhren und nunmehr ein richtiges Schaben und Kratzen hörten. Tageskilometer: 630km Etappe 12: Siauliai - Marienburg [bild=51]Der Tag begann ohne Fürhstück in der Herrberge, dafür mit Herumgefummel am Auto. Wir entschieden, dass wir so nicht weiterfahren wollten und dem Problem auf dem Grund gehen wollten. Wir hatten schon eine Vermutung, die dem Fehlerbild gerecht werden könnte: Wir vermuteten, dass ein Spannstift in der Trommelbremse herausgerissen war, der den Bremsbelag arretierten. Dadurch kann sich der Bremsbelag vom Ankerblech weg bewegen und sich in der Bremstrommel verkanten. Das ruft ein Geschwindigkeitsabhängiges Schaben und Kratzen hervor. "Wir bauen den ganzen Hafer aus der Trommel raus und fahren mit 3 Bremsen weiter..." Mario und Franzi bekamen große Augen. Zurecht, die Idee ist wirklich etwas krass. Aber besser als stranden. Und mit 3 Bremsen kommt man noch nach Hause. Wir wühlten wieder unser Werkzeug raus, was unter dem Bett in den Mulden der originalen Sitzbank lagerte. Ich bockte das Auto auf und Franke setzte den Knebel samt verlängerungsrohr an, um das Rad zu lösen. Er dreht ohne Kraft die Mutter. "Guck mal, die Mutter ist lose" Die zweite Mutter auch. Wie jetzt?! Letztendlich waren alle 5 Muttern lose. Und zwar nicht nur los, sondern 2-4 Umdrehungen runter. Warum uns das 2km vorher nicht aufgefallen ist, konnten wir uns nicht erklären. Wir hatten das Rad gedreht und dabei nichts gehört... Die Testfahrt zeigte sich mehr als befriedigend, das Geräusch und das blockieren der Bremse war weg. Gott sei Dank! Wir starteten in den Tag. Wie schon beschrieben, waren die letzten Tage etwas emotionslos. Oder besser gesagt emotionsloser als die ersten 10 Tage. Wir fuhren zum "Hill of Crosses" und verbrachten eine bedächtige Stunde an diesem Ort. Danach ging es weiter. Wir hatten die letzten Tage schon gut durchgeplant, also hielten wir uns an den Plan. Im Nachhinein betrachtet nahmen wir uns dadurch wahrscheinlich noch etwas das Abenteuergefühl... [bild=52] [bild=53] Das erklärte Ziel war Marienburg in Polen. Das Roadbook gab 2 Routenvorschläge: Einmal durch Kaliningrad, einmal außen rum. Hier muss noch gesagt werden, dass Kaliningrad zur russischen Förderation gehört und praktisch noch Russland ist. Bedeutet natürlich wieder Einreise- und Auseisestress, Sprachbarriere und Stress auf den Straßen. Durch unsere Dummheit, beim Russlandvisum nur einmalige Einreise beantragt zu haben, waren wir eh raus und hätten nicht über Kaliningrad fahren können, selbst, wenn wir es gewollt hätten. Wir fuhren außen rum, Team Sisu trennte sich erneut von uns fuhr über Kaliningrad. Die Etappe war beinahe öde. Sie war so öde, dass ich kaum noch Erinnerungen daran habe und auch nicht ein Bild an dem Tag gemacht habe. In Marienburg hatte Mario ein super Hotel aufgetan. Es hatte 3 Sterne und kostete mit Frühstück um die 20 Euro pro Nacht. Die Bude war der nackte Oberwahnsinn. Alles neu, alles hochwertig und die Leute supernett. Durch Zufall war Walter vom Team Woldo auch in Marienburg und wir trafen und spontan im Hotelrestaurant zum Abendessen. Das war auch der letzte Abend im Ausland. Am nächsten Tag sollten wir über die deutsche Grenze rollen. [bild=58] [bild=59] Tageskilometer: 675km Etappe 14: Marienburg - Peenemünde [bild=60]Zum Frühstück war Walter schon unterwegs und hinterließ uns wieder einen Süßigkeitenbeutel 😁 [bild=55] [bild=56] [bild=64] Danach fuhren wir schnurstracks Richtung Swinemünde auf Usedom. Dort warteten wir eine Stunde auf die Fähre, nachdem wir irgendwie total irritiert waren, dass wir mit einer Fähre fahren mussten. Außenrum ging nicht, Brücken gab es nicht. Mit dem Blick auf GoogleMaps wussten wir dann auch warum... Danach waren wir wieder in Deutschland. DEUTSCHLAND. Wir waren wieder in der Heimat. Wahnsinn. Wie als wäre nichts gewesen. Es fiel wieder etwas Anspannung von uns. Wir hatten wieder gewohnten Boden unter den Rädern. Völlig überglücklich gingen wir an der peenermünder Promenade in eine Pizzaria essen und danach fuhren wir auf den Campingplatz, den wir klargemacht hatten. Die letzte Nacht wollten wir nochmal, im ursprünglich geplanten Sinne campen. Das taten wir auch. Das Wetter war mitTemperaturen um den Gefrierpunkt schon sehr mild und wir schliefen wie die Murmeltiere. Im wahrsten Sinne des Wortes: Ein Traum! [bild=61] [bild=62] [bild=63] Tageskilometer: 500km Etappe 15: Peenemünde - Hamburg - Heimat [bild=65]Etwas kribbelig standen wir auf. Man fühlte etwas Euphorie in unserem kleinen Wolfsrudel, die Stimmung war gut. Die sanitären Einrichtungen auf dem Campingplatz waren super, also duschten wir und starteten mit einem frischem Kaffee in den Tag. Unser erstes Ziel war ein Rossmann oder ähnliches, in dem wir die Bilder für das Roadbook ausdrucken und aufklebten. Danach ging es auf die Autobahn. Am ersten und letzten Tag der Rallye waren Autobahnen erlaubt, also nutzten wir es auch. Es war traumhaft. Einfach mal "Meter machen". Gegen 3 oder 4 Uhr nachmittags erreichten wir Hamburg. Die Zielveranstaltung war wieder am Elbufer. Wir mussten also durch die Stadt, wobei mir persönlich etwas mulmig wegen unseres Rallyeautos und der Polizei war. Wir wurden aber glücklicherweise nicht angehalten und erreichten die Zielveranstaltung. Ein Wahnsinns-Gefühl!!!!!! [bild=66] Nachdem wir über die Ziellinie rollten, beglückwünschten sich alle Teams und wir plauderten mit anderen Teams und Besuchern. Da wir über Mittag durchgefahren waren und wir bis zur Abendveranstaltung etwas Zeit hatten, schmissen wir den Grill ein letztes mal an. Für die Besucher ein echter Hingucker! Wir (oder eher ich, weil Franke leider nicht dabei sein konnte), bekam unheimlich viel Zuspruch und Komplimente. Wir waren "Sieger der Herzen", die verrückten Sachsen mit ihrem rollenden Seelenverkäufer, die es problemlos geschafft hatten und immer mit einer lustigen Annektode oder einem lockeren Spruch aufwarten konnten. Wir waren soetwas wie ein Running-Gag. Die Leute freuten sich, wenn sie während der Reise des bunten Trümmer sahen und wussten, dass wir IMMERNOCH fuhren. Und wir hatten es geschafft. Viele meinten, sie hätten bei der Startveranstaltung niemals gedacht, dass wir es mit dem Auto hätten schaffen können. Beflügelt von den tollen Gesprächen und den netten Leuten, musste ich leider Abschied nehmen. Wir wollten noch nach Hause fahren, wir wollten nicht in HH übernachten. Das eigene Bett ist dennoch am schönsten und wir mussten beide am Montag wieder arbeiten, und es war Samstag Abend. Am Sonntag 500km heimfahren und dann "ankommen" wäre stressig gewesen. Der Abschied fiel mir wirklich schwer, schließlich wächst man mit den Leuten auf so einer Reise schnell zusammen. Wir fuhren los, tankten noch einmal voll und ließen HH hinter uns. Auf der BAB war es Nachts ruhig und so fuhren wir, total geflasht von den ganzen Emotionen und Eindrücken, einfach heim. Die letzte Etappe mit 500km verging wie im Flug und so kamen wir halb 2 in der Nacht zuhause an. Wir hatten die letzten 500km darüber nachgedacht, nach Hause zu kommen, sodass es wenig besonderes war, endlich zuhause angekommen zu sein. Ich ging ins Bett schlief fast bis Sonntag mittag. Tageskilometer: 900km Gesamt-km: ~9500km <iframe class="video youtube-player" width="425" height="355" type="text/html" src="https://www.youtube.com/embed/5C_0ISdi4Ew" allowfullscreen="1" frameborder="0"></iframe> Outro Ich habe so meine Schwierigkeiten, diverse Sachverhalte besonders zu umschreiben oder in die Länge zu ziehen, was mir im Deutschunterricht öfters mal kopfzerbrechen bereitete. So weiß ich auch gerade nicht so recht, wie ich hier eine umfangreiche Zusammenfassung schreiben soll. Es ist tatsächlich eine wahnsinnig tolle Reise gewesen. Ein Abenteuerurlaub, der in der heutigen Zeit voller All-Inclusive-Billigreisen in überfüllte Hotelanlagen seines Gleichen sucht. Ein Trip, der so viel Potential hat, das man es selbst in vielen Wochen und Monaten auf Achse nicht ausreizen kann. Es ist fast schon traurig, dass die Reise wirklich nur 2 Wochen andauerte und dass man in den 2 Wochen über 9000km gefahren ist. Man sieht soviele Dinge, dass man garnicht alles "behalten" kann. Man fährt so viele Kilometer, dass man fast schon hetzen muss. Ich behalte die positiven Aspekte in Erinnerung. Die vielen Dinge, die ich gesehen haben, die vielen Leute, die ich kennengelernt habe. Die Vielen Bilder, die ich mir anschaue, wenn ich malwieder etwas Fernweh habe. Die 2 Wochen Ausnahmezustand, in denen ich wirklich nur an die Reise dachte und mit den tollen Dingen auf der Reise so beschäftigt gewesen bin, dass ich keine Minute an die Arbeit, den Stress oder den Alltagstrott zuhause dachte. Es war eine der schönsten Erfahrungen, die ich in meinem Leben bisher machen durfte. Dafür bin ich dankbar. Ich werde öfters gefragt, was die Reise so gekostet hat. Kurz und knapp: Mit Startgebühr, Sprit, Fähren, Vorbereitung, Visa und Hotels waren es um die 3500€ zu zweit. Leider muss ich hier sagen, dass man von den 950€ Startgebühr nicht viel bekommt. Da wären Start- und Zielveranstaltung, die mehr oder weniger aus einer Alurampe und einem Banner, ein paar Zäunen und Durchsageanlage bestehen, die beiden Events mit Unterkunft (wobei Raudsilla zwar toll, aber zum nächtigen umbrauchbar war, zudem gab es kein Wasser und nichts mehr zu essen) und ein Paket mit den Aufklebern und 2 Pullovern. Ich hatte ehrlich gesagt mehr von dem Geld erwartet. Kein Support bei Pannen, kein Support bei Problemen in den einzelnen Ländern (einer wurde in Schweden sehr teuer geblitzt und hatte Probleme, andere in Russland), keine Visa oder sonst etwas. Die Teams mussten sich komplett selbst organisieren, orientieren und alles selbst zahlen. Ohne Whatsapp-Gruppe und GPS wären sicher einige Aktionen nicht so gut ausgegangen. Hier erinnere ich mich an einige Abtaucher in tiefe Schneewehen im Menschenleeren Schweden und die folgenden Hilferufe im Netz, Pannen oder auch unsere Hotelsuche in Schweden. Ich muss sagen, von der Arbeit des SAC war ich doch etwas enttäuscht. Ich möchte es kaum schreiben, aber ich persönlich habe das Gefühl, keine Reise sondern den Lebensunterhalt einer oder mehrerer Veranstalter zu zahlen. Vielleicht liege ich auch falsch... Epilog Laut Wikipedia ist ein Epilog ein Nachtrag zum Drama 😁 Das Drama fing leider erst nach der Reise an. Auspacken, umräumen, waschen, alles wieder an die Leute verteilen, die mir diverse Dinge geliehen hatten, Arbeiten gehen... Ich habe also, nachdem wir das ganze Rallyezeug demontiert hatten, angefangen, die hintere Stoßstange abzubauen, weil ich ganz genau wusste, dass dort drunter eine Katastrophe lauerte. Die Ecke am Radlauf HL, die bei Subaru IMMER rostet, wurde vom Vorbesitzer schon "repariert" und zugeschmiert, JETZT wollte ich es wissen und popelte die Reparatur auseinander. Seht selbst. [bild=67] [bild=68] [bild=69] [bild=70] Danach stocherte ich die Schweller ab, die waren ja hinten sowieso nicht mehr existent. Die waren ebenfalls total fratze. Dann baute ich Stoßstange runter und bestaunte die Ecken der Radhäuser links und rechts. Da war NICHTS MEHR. Krass. auf der Beifahrerseite war die komplette Ecke weg. WEG. Nicht mehr da. Alles klar... [bild=71] [bild=72] [bild=73] [bild=74] [bild=75] [bild=76] Es gab nur noch Schrott. Vorher wollte ich aber den Motor messen, weil er ja mit voller Beladung keine 130 mehr lief. Den Fuffi investierte ich und wir maßen die Leistung. Der Motor drückte noch 89,6PS. Original hat er 90PS, also passte das ziemlich gut. Da blieb für die enorme Performance-Einbuße tatsächlich nur die Beladung und der Luftwiderstand durch den Dachkorb. Krass... [bild=77] [bild=78] [bild=79] Die Motorhaube hängt jetzt in unserer Schrauberhöhle, als stilles Denkmal an dieses unglaubliche Auto, mit der wir die Reise unseres Lebens machen durften. [bild=80] |
Sun Sep 23 17:42:32 CEST 2018 |
ToledoDriver82
Wahnsinn und absolut genial...mehr fällt mir gerade nicht ein 😁 und LRP hat dann den Rost bekommen 😁
Sun Sep 23 22:21:22 CEST 2018 |
PIPD black
Da habt ihr wohl die Tour eures Lebens gemacht. Davon werdet ihr noch lange zehren. Glückwunsch, dass der Subaru euch heil nach Hause gebracht hat, auch wenn nur noch Fragmente überlebt haben.
Vielen Dank, dass du/ihr uns teilhaben lassen habt......wenn auch mit Verspätung.
Auf die nächste Überraschung deinerseits.😛
Mon Sep 24 09:56:10 CEST 2018 |
Tobner
Danke Leute 🙂
ja LRP meinte nur "Oh Gott, dafür kann ich dir kein Geld mehr geben." 😁
Ja es hat sich wirklich arg verspätet, aber ehrlich gesagt hatte ich nur bedingt Lust den Bericht zu schreiben. Es ist ja auch nicht ohne und geht nicht zwischen Tür und Angel 😉
Mon Sep 24 10:36:03 CEST 2018 |
ToledoDriver82
Das will ich glauben,ihr habt ja auch ganz schön was erlebt
Mon Sep 24 11:04:04 CEST 2018 |
Antriebswelle52206
Einfach klasse! Vielen Dank für die tollen Reiseberichte und Hut ab! :-)
Mon Sep 24 19:05:42 CEST 2018 |
Reifenfüller133375
Vielen Dank für den sehr ausführlichen Reisebericht, war spannend zu lesen 🙂 Ich würde auch gern mal ne Rallye mitmachen, wenn auch nicht ganz so extrem. War doch ein schönes letztes Abenteuer für den Subaru.
Wed Sep 26 14:21:47 CEST 2018 |
Tobner
Danke für das Feedback 🙂
Ja klar, die Rallye hat schon sehr viel Spaß gemacht, ich kann es jeden nur empfehlen 🙂
Sat Sep 29 00:08:38 CEST 2018 |
AgilaNJOY
Vielen Dank für die Fortsetzung - ich habe immer mal wieder gehofft, dass sie noch kommt!
Die Bilder muss ich mir nochmal anschauen, da sind ja ein paar sehr schöne dabei...
Gratuliere Euch zum Erlebnis und freu mich auf andere spannende oder verrückte Berichte.
Deine Antwort auf "Baltic Sea Circle - Teil 2"