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Kopfüber in Down Under

Ein Leben am anderen Ende der Welt

Thu Jul 22 11:10:51 CEST 2010    |    MartinSHL    |    Kommentare (38)

Da stand ich nun...einsam und verlassen am Frankfurter Flughafen.
Es war gerade 6 Uhr und meine Laune auf einem absoluten Tiefpunkt.

Die Tatsache, dass ich wenige Stunden vorher bei 42Grad in Sydney den Flieger bestiegen, und nun bei Minus 11Grad selbigen wieder verlassen hatte, dazu bekleidet nur mit T-Shirt und sommerlicher Hose, machten meine Laune auch nicht besser.
Auch der Fakt, dass mein Gepäck über mehrere Stunden hinweg verschollen blieb und ich dadurch einen Anschlußzug nach dem anderen verpasste, erhellten meine Laune nicht wirklich. 😠
Vom unfreundlichen Zollbeamten ganz zu schweigen...

Endlich in der Heimat angekommen, gönnte ich mir ein paar Stunden Schlaf um dann abends zum ersten Mal nach 1 Jahr wieder mit allen Freunden gemeinsam was trinken zu gehen.
Doch hier traf mich gleich der nächste "Kulturschock":
Hatte ich vor einem Jahr meine Stadt verlassen, weil mir das gesamte Leben dort zu langweilig und eintönig erschien, musste ich nun feststellen, dass nach solch langer Zeit sich absolut nix geändert hatte.
Man konnte noch immer exakt die Uhr danach stellen, wer mit wem zu welchem Zeitpunkt das Lokal betrat.
Es war so, als wäre ich nie weggewesen, als wäre hier in diesem Städtchen die Zeit einfach für ein komplettes Jahr stehen geblieben.

Ich mein...klar, Wunder hatte ich auch nicht erwartet, aber wenigstens irgendwas Neues, irgendeine klitzekleine Veränderung....aber nein, es war einfach alles genau so wie eh und je.
Ich war schockiert! 😰

Die nächsten Tage gingen ins Land mit diversen Erledigungen, ich war vorläufig erstmal wieder in mein altes Kinderzimmer im Haus meiner Eltern eingezogen bis ich wusste, wie es weitergehen wird.
Und um versichert zu sein, musste ich mich natürlich auch erstmal beim Arbeitsamt melden.
Hier war es dann mit meiner Freude über "Back in good old Germany" dann endgültig vorbei.
Wo man hinschaute sah man nur triste Gesichter, kein Lächeln, jeder war mit sich selbst beschäftigt, kein fröhliches "G`Day!" oder "How you Doing?". Alles grau in grau....sowohl das Wetter als auch die Menschen selber. Und natürlich Papierkram ohne Ende zum ausfüllen.
Ach wie schön war doch das unbeschwerte Leben in Down Under gewesen, wo jeder Antrag maximal aus einer DIN A4-Seite bestanden hatte. 🙁

Es gingen weitere Tage ins Land und es kam irgendwann die Frage aller Fragen, welche nur eine Mutter stellen kann:
"Und wie geht es nun weiter?"
Ich gab die einzig logische Antwort: "Ich fliege zurück!"
Die Reaktion meiner Mutter war ziemlich identisch mit der, welche sie bei meiner ersten Entscheidung schon zeigte. 😉

Gesagt, getan. Ein Mann ein Wort....und so saß ich kurze Zeit später wieder im Flieger Richtung Australien.
Diesmal hatte ich einen alten Klassenkameraden von mir dabei, welcher auch unbedingt dieses Abenteuer erleben wollte.
Zielflughafen war diesmal direkt Perth, die Stadt, in welcher ich mich ja von Anfang an "wie zu Hause" gefühlt hatte, daher war es die naheliegendste Entscheidung, auch hier wieder zurückzukehren.

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Wie bereits in einem vorhergehenden Artikel erwähnt, hatte man mir ja bei den Fässern seinerzeit einen Festjob angeboten gehabt, da ich aufgrund meiner Arbeitsweise wohl recht positiv aufgefallen war.
Somit führte mich mein erster Weg direkt einen Tag nach Ankunft wieder zu den Fässern, wo man mir bereits mit offenen Armen entgegen kam und ich herzlich empfangen wurde.
So trat ich nun meine zweite "Fässer-Stapel-Karriere" an und auch mein Kamerad durfte umgehend hier arbeiten.

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Allen anderen dort tätigen Backpackern wurde verkündet, wer ich bin und das bitte ab sofort alle nach meinen Maßstäben zu arbeiten hätten... 😁
Herrlich, ich war zurück! 😎

Jedoch trennten sich die Wege von mir und meinem Kumpel recht schnell. Das Arbeiten hatte er nicht wirklich erfunden und jeden Tag um 5Uhr aufstehen war auch nicht so sein Ding.
Daher suchte ich mir nach 2 Wochen ein kleines Haus, wo ich mit anderen Backpackern WG-mäßig lebte.

So gingen die nächsten anderthalb Monate ins Land und ich war wieder "Lord of the Drums" in einem völlig unbeschwerten Leben.

Herz, was willst du mehr.

Doch dann hatte ich eine Begegnung, welche es mir kalt den Rücken runterlaufen lies.
Es war kurz nach 5 Uhr morgens und ich war mit meinem Mietwagen wie immer auf dem Weg zur Arbeit, als ich mich einer Straßenunterführung näherte.
Schon von weitem sah ich das unter der Brücke geparkte Fahrzeug, ein großer Koloss, welcher sich schwarz in der Nacht abzeichnete.
Ich war noch mehrere hundert Meter entfernt, und hatte dennoch bereits Gänsehaut am ganzen Körper.
Ganz langsam stieg in mir ein seltsam vertrautes, aber dennoch gleichzeitig befremdliches Gefühl in mir auf.
Irgendwas stimmte hier nicht....

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Aber noch bevor ich in Sichtreichweite kam war mir klar:
Das kann nur LANNY sein!!!
Jetzt mag man mich für bescheuert erklären, schließlich gibt es diese alten Landcruiser gerade in Australien wie Sand am Meer und einer sieht aus wie der andere....aber dennoch; ich wusste es, dies war MEIN alter treuer Wegbegleiter!
Ich hielt sofort an und stand einfach nur reglos für eine Weile da und starrte den Wagen an.
Der Anblick, welcher sich mir jedoch bot, war alles andere als freudig.

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Den Wagen hatte es übel zugerichtet und er sah jetzt aus wie ein Polo Harlekin.
Ein paar Tage später machte ich den Besitzer ausfindig und unterhielt mich lange mit ihm.
Das Fahrzeug hatte in der Stadt einen Zusammenstoß mit einem Linienbus und wurde dabei schwer beschädigt.
Zusätzlich wurde kurz danach eingebrochen und die Scheiben eingeschlagen, die Zylinderkopfdichtung hatte ebenfalls ihren Geist aufgegeben.
Von dem einst für mich persönlich so gewaltigen Landcruiser war nur noch ein Häufchen Altblech übriggeblieben. 🙁

Da ich wie auch damals schon, Dank vieler Überstunden und Wochenendschichten bei den Fässern recht gut Geld verdiente, nahm ich mir wieder ein bisschen Zeit zum reisen und machte mich erneut entlang der Westküste auf den Weg. Diesmal jedoch nur mit einem Mietwagen.

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Erster Stopp war erneut Lancelin mit seinen Sanddünen, welche ich seinerzeit bereits mit Lanny durchquert hatte.
Als leidenschaftlicher Snowboarder konnte ich es mir hier natürlich nicht nehmen lassen, mal das Sandboarding auszuprobieren.
Man kann sich gar nicht vorstellen, wo man hinterher alles Sand am Körper haben kann.... 😁

Auch die Pinnacles lagen wieder auf meinem Weg und sind immer einen Zwischenstopp wert.
Weiter gings Richtung Norden, wieder vorbei an den Blowholes, Monkey Mia (das Delphinresort) und Shell Beach, Endziel sollte das auch schon im Vorjahr besuchte Ningaloo Reef bei Exmouth sein.

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Hier begab ich mich dann auf einen der bis heute faszinierendsten - und gleichzeitig respekteinflößendsten - Tripps meines Lebens; einem Tauchgang mit Walen.
Alleine schon so weit draußen auf dem offenen Meer zu sein, dass man nirgends mehr Land erblicken kann, ist schon mitunter leicht gewöhnungsbedürftig (der Film "Open Water" lässt grüßen^^), dort dann aber auch noch das Boot zu verlassen und ins Wasser zu springen, erforderte schon etwas Überwindung.

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Doch das, was dann folgt, entschädigt einfach für alles und ist an ergreifenden Momenten kaum zu überbieten.
Stilvoll, lautlos und absolut majestätisch gleitet aus den blauen Tiefen dieser König des Meeres empor.
Ein Wal von 15m Länge und wir als verschwindent kleine Menschen völlig ungelenk und unbedeutent daneben.
Hier wird einem erstmal bewusst, wie klein der Mensch doch eigentlich ist. Und das nicht nur auf die Körpergröße bezogen, sondern generell auf sein Handeln und Erscheinen.
Man hält unweigerlich den Atem an, hat wahnsinnigen Respekt vor diesem riesigen Geschöpf und kann einfach nur staunend und respektvoll zuschauen.

Ein definitiv empfehlenswertes Erlebnis, welches ein Stück weit prägt und man vor allem auch mal einen Einblick, in eine sonst verborgene Welt bietet.

Nach diesem Tripp ging es zurück nach Perth und später Anfang Sommer auch wieder zurück nach Deutschland.
Diesmal war ich emotional nicht so aufgewühlt und freute mich sogar auf meine Rückkehr.
Es war herrliches Wetter bei meiner Ankunft in Frankfurt und irgendwie hatten die letzten Monate Australien nochmal gut getan, um innerlich meinen "australischen Seelenfrieden" zu finden.
Ich konnte dadurch positiv mit dem Thema abschließen ohne das Gefühl zu haben, dass ein Teil von mir unten geblieben wäre.
Ich war voller Tatendrang und wollte nun zielstrebig in die Zukunft blicken.

Jedoch lies ich es mir nicht nehmen, den gesamten Sommer 2006 erst noch ausgiebig im Freibad zu verbringen, so viel Zeit musste sein. 😎
Auch hier musste ich mich natürlich aus Versicherungsgründen erstmal wieder beim Arbeitsamt melden, welche natürlich nix besseres zu tun hatten, als mich in einen Englischkurs zu stecken... *lol* 😁 🙄

Nunja, hat dennoch Spaß gemacht, der aus London stammende Dozent und ich waren die Einzigen, die sich fließend unterhalten haben, während alle anderen dumm dreinschauten.^^

Der Sommer ging ins Land und ich fing Ende Herbst an, mich wieder zu bewerben.
Aus der (für mich persönlich) langweiligen Kleinstadt wollte ich unbedingt weg, nachdem ich nun die große weite Welt gesehen hatte und zurück in eine Bank wollte ich auch nicht unbedingt.
So verschlug es mich dann im Winter 2006/2007 ins Rhein-Main-Gebiet, wo ich bis heute auch noch lebe.

300km von meiner Heimat entfernt....16.000km von der Heimat meines Herzens entfernt...aber in Gedanken immer dort.
Der zurückliegende Teil meines Lebens wird immer Bestandteil in meinem Denken, Handeln, Tun sein.
Ich schwelge oft und gerne in den abenteuerlichen Erinnerungen und weiss....irgendwann werde ich wieder zurück sein.


Thu Jul 08 16:36:02 CEST 2010    |    MartinSHL    |    Kommentare (12)

Meine Schwester war nun wieder zurück nach Deutschland geflogen und ich trat meine vorerst letzte Reise an.

Da ich gerne die letzten 2 Wochen in "saus und braus" in Sydney verbringen wollte, musste ich vorher nochmal ein bisschen arbeiten gehen. So ergab es sich, dass ich erneut 600km ins Landesinnere fuhr, um nach Griffith zu gelangen.

Dieser Ort ist, ebenso wie bereits in meinem zweiten Australienblog über Shepparton berichtet, eine große landwirtschaftliche Farmerregion. Auch hier gabs mal wieder von Äpfeln, Birnen, Orangen....bis hin zu Zwiebeln und Karotten alles mögliche zum ernten.

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Griffith ist eine recht coole Stadt, überall Backpacker und Farmer und genau richtig, um sich zum einen mal vom Getümmel an der Ostküste zurückzuziehen, zum anderen auch um ein bisschen Geld beim Arbeiten zu verdienen....denn hier mitten in der Pampa gibts eh nix, wofür man es ausgeben könnte...*gg*

Und die Region ist großer Anlaufpunkt für alle "Newbies"....daher war ich nach nun fast einem Jahr Aufenthalt ein "alter Hase" und konnte abends aufm Campingplatz die ein oder andere Geschichte erzählen. Bereits der Moment, wo ich mit meinem alten Geländewagen den Platz befuhr sprach Bände....alle standen mit offenem Mund rum und schauten interessiert zu mir rüber.... 😁

Nunja, genug des Eigenlobs. 😎

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Die erste Woche hier arbeitete ich in einer "Karottensortierfabrik".
Möhren - hart, holzig, bitter im Geschmack und meist völlig deformiert - wurden hier an einem Fließband transportiert und mussten nach Größe sortiert und dabei vom oberen Teil (wo die Blätter raus kommen) getrennt werden.
Wenn ich mich recht erinnere, wurden diese für Speißen und Karottensaft, der Ausschuß als Tiernahrung weiterverarbeitet.

Apropos Deformierung, ich darf vorstellen: Herr und Frau Karotte:
😁 😁 😁 😁 😁 😁

Auf dem Bild links ist auch an der Vorderkante des Fließbands eine aufstehende Blechkante zu sehen, hierauf wurden die Karotten geschlagen um den oberen Teil abzutrennen. Da es sich nicht um irgendein scharfes, sondern ganz gewöhnliches Baumarktblech handelte, ging die Tätigkeit ziemlich stark auf die Arme, insbesondere auf die Ellenbogengelenke.
Da man nach geschaffter Menge bezahlt wurde, versuchte ich natürlich mal wieder der Schnellste von Allen zu sein. 😮
Nach ner Woche war ich reif für eine Reha-Behandlung, da ich kaum noch die Arme bewegen konnte.

Aber zum Glück war die Saison ohnehin grad zu Ende und ich nahm einen neuen Job, diesmal in einer "Zwiebel-Abpack-Fabrik" an.
Auch hier liefen wieder über ein Fließband die Zwiebeln, mussten nach Größe sortiert und in die auch bei uns handelsüblichen Netze verpackt werden. Nur eben, dass es 50kg-Netze waren und diese anschließend auf Paletten 2m hoch gestapelt werden mussten.

Dreimal dürft Ihr raten, wer den schweren Teil der Arbeit übernommen hat....

Bereits beim Betreten der Arbeitshalle hat es einem für die nächsten 2 Stunden die Tränen in die Augen getrieben. Ich heule normalerweise schon beim normalen Zwiebelschneiden, aber die Arbeit hier stellte alles in den Schatten.
Einzig der Firmenchef war da recht imun dagegen, sogar ganz im Gegenteil, er verspeißte die rohen Zwiebeln wie unsereins Äpfel ist! 😰 😰 😰

Auch eine unschöne Sache durfte ich hier erleben, beim Abladen eines Trucks sprang der Fahrer vom Trailer und landete dummerweise auf einer Spanngurtöse, was dazu führte, dass er mit vollem Schwung umknickte und es ihm den Fuß regelrecht abgerissen hat. Das Schienbein stand nach vorne durchs Fleisch raus und der Fuß hing nur noch an einem kleinen Fetzen Fleisch.

Selbst die herbeigerufenen Rettungsdienste sagten, dass sie noch nie eine solch schlimme Fußverletzung gesehen hatten.
Ein Anblick, der sich mir selbst heute noch beim bloßen Gedanken den Magen umdrehen lässt. 🙁

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Aber davon abgesehen, war das Leben hier echt wunderbar relaxed und wir Campingplatzbewohner genossen an den freien Wochenenden die Zeit in einem etwas entfernt gelegenen Waldstück.
Hier wurde gegrillt, die ganze Nacht über Lagerfeuer und Nacktbaden (scheiße....war ne verlorene Wette...😁) im angrenzenden Fluß gemacht. Einfach nur wunderbar zum entspannen, fast ein perfektes Strandfeeling mitten hier in der Einöde.
Ein bisschen "rumposen im Gangsterstyle" gehörte natürlich mit dem passenden kultigen Auto auch dazu. 😎

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Aber alles Schöne hat irgendwann mal ein Ende und so rückte auch meine Visumbefristung unaufhaltsam näher.
Da ich noch ein bisschen Zeit in Sydney verbringen wollte (Weihnachten stand vor der Tür), war es nun an der Zeit, Abschied zu nehmen.
Abschied von allen hier auf dem Campingplatz neu gewonnen Bekanntschaften....und Abschied von meinem bis dahin so treuen Weggefährten Lanny.
Um mir den Abschied jedoch etwas zu verschönern, schaffte ich es, den guten alten Wagen für nahezu das Doppelte zu verkaufen, wie ich ihn selber einst eingekauft hatte. 😁
Nochmals zur Erinnerung: das Dach war defekt und nur notdürftig repariert und auch sonst hatte der Wagen mittlerweile einiges an Strapazen hinter sich, war über Stock und Stein gejagt worden...

So konnte ich jedoch als "gemachter Mann" die restliche Zeit in Sydney gut über die Runden bringen.

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Anschließend trat ich, vom neuen Autobesitzer noch zum Bahnhof gebracht, meine erste (und gleichzeitig letzte) Australienreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln an.

Und glaubt mir, 600km mit dem Zug durchs Niemandsland können wahnsinnig lang und einsam werden.
So saß ich nun schweigend ans Fenster angelehnt und schwelgte in Erinnerungen, welche das letzte Jahr geprägt hatten.
Gedanklich ging ich irgendwie nochmal meine komplette Reise durch, erlebte jeden einzelnen Moment nochmals im Schnelldurchlauf.

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Ich hatte es geschafft...!!! Meinen lang gehegten Traum der Australienumrundung wahr gemacht und das alles mit eigenem Willen.
Ich hatte wahnsinnig viel erlebt, ich hatte mich ein gutes Stück weit verändert, denke heute über gewisse Dinge einfach aufgrund meiner oft entbehrungsreichen Erfahrungen anders, als es mitunter die breite Masse tut. Aber ich kann sicherlich mit Fug und Recht behaupten, zu wissen warum ich eben so oder so denke und handel.

Ich habe Erfahrungen sammeln dürfen, welche mich wahnsinnig stolz machen und von denen ich gerne berichte.
All dies ging mir auf dieser Fahrt durch den Kopf....und ja, ich gestehe, ich konnte es mir nicht verkneifen, die ein oder andere Träne auf dieser Fahrt zu vergießen. Denn eins war mir mit dem Verkauf von Lanny schlagartig bewusst:
Mein Abenteuer war zu Ende. 🙁

All das Erlebte war vorbei und würde fortan nur noch in meinen Gedanken existieren.
Der gute Lanny, der mich an all diese faszinierenden Orte gebracht hatte, ohne den dieses gigantische Abenteuer niemals in der Art möglich gewesen wäre...dass, was ich mit Australien verbinde, verbinde ich unweigerlich mit diesem Fahrzeug....und genau das war nun weg und ich allein. 🙁

Wenn immer ich heute an diese Zeit denke, lass ich dabei den australischen Sänger John Williamson laufen, und besser als er hätte ich es auch nicht sagen können: "It´s raining on the rock in a beautiful Country, and im proud to travel this big Land, like an Aboriginie".

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Die letzten 2 Wochen in Sydney gingen recht schnell ins Land. Ich verbrachte die meiste Zeit wieder am Strand oder mit Vorbereitungen auf meine Rückkehr.

Dann kam Weihnachten....und das, liebe Blogleser, hat mal rein gar nix mit dem Weihnachten zu tun, wie wir es hier in Deutschland oder auch Europa kennen.
Es ist australischer Hochsommer, es herrschen fast an die 40Grad im Schatten, daher ist es auch nicht verwunderlich, dass die Aussies diesen Tag hauptsächlich am Strand verbringen und anschließend den Barbeque anwerfen.

Man ist mit Badehose und Flip-Flops unterwegs und im Radio läuft "Jingle Bells"....nein, eine wirkliche Weihnachtsstimmung will dabei nicht so recht aufkommen. Aber zumindest mal wieder eine Erfahrung wert gewesen. 😁

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Warum ich jedoch meinen Flug so legte, dass ich 2 Tage vor Sylvester abfliege, ist mir ehrlich gesagt bis heute ein Rätsel.
Denn insbesondere das Feuerwerk in Sydney ist nachdem, was ich auf Videos gesehen habe, der absolute Wahnsinn, die gesamte Harbour Bridge steht dabei wohl in Flammen.
Aber nunja, hat leider nicht sollen sein. Ein andermal ganz sicher! 😉

So bestieg ich nun den Flieger um zum ersten mal nach gut einem Jahr wieder Fuß auf deutschen Boden zu setzen.
Hinter mir lagen herrliche und unvergessliche Monate, Sommer/Sonne/Strand und Meer jeden Tag, ein unglaublich relaxtes Leben und wahnsinnig freundliche Menschen....

Und was lag vor mir?

Frankfurt/Main...Minus 11 Grad....und ein Zollbeamter, der mich früh um 5Uhr mit einem mehr als unfreundlichen "Morgen!" begrüßte.
"Welcome back" sag ich da nur!

Ohje....wo war ich da nur gelandet... 🙁 🙁 🙁


Thu Jul 01 12:19:55 CEST 2010    |    MartinSHL    |    Kommentare (13)

[bild=1][bild=2]
Da war ich nun angekommen im äußersten Nordosten....eine dreiviertel Umrundung Australiens lag bereits hinter mir....und vor mir das Paradies für jeden Ossi: Bananen, so weit das Auge reichte! 😁 😁 😁
Von daher war es natürlich für mich selbstredent, dass ich unbedingt auf einer Bananenplantage arbeiten wollte.
Dies tat ich dann auch in dem kleinen Städtchen Innisfail, südlich von Cairns.
Aber da endete das Paradies ganz plötzlich, denn das "Banana-Humping" gehört zu den mit Abstand körperlich schwersten Arbeiten, welche man machen kann. Und - mit etwas Pech - auch zu den tödlichsten. 😰

Denn, neben mitunter giftigen Spinnen, nisten sich auch gerne Ratten in den Stauten ein (und damit sind keine europäischen Ratten gemeint, sondern Viecher in der Größenordnung eines Hasen!). Die selbst sind noch nicht das Problem, aber Rattenurin kann, insofern es in den menschlichen Körper gelangt, tödlich sein.

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Nun mag man sich fragen "Wie zur Hölle soll man Rattenurin aufnehmen?". Ganz einfach: in dem man offene Wunden hat.
So war leider auf der Farm, auf welcher ich nun anfing, erst 3 Wochen vorher ein englischer Backpacker gestorben, weil er dieses "Gift" über eine offene Wunde am Rücken abbekommen hatte.
Da traf es sich natürlich hervorragend, dass ich mich just einen Tag vorher in Cairns noch frisch am Oberarm tätowieren lassen hatte.... 🙄
Der Farmer war begeistert und wollte mich umgehend am ersten Tag wieder entlassen. 🙁

Also habe ich notgedrungen lange Kleidung tragen müssen und zusätzlich den Arm mit Folie umwickelt, damit die offene Wunde , was ein frisches Tattoo ja ist, nicht irgendwelchen Kontakten ausgesetzt ist.
Nach einer knappen Woche war das aber zum Glück erledigt. 🙂

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Oben erwähnte ich, dass die Arbeit mitunter zu den schwersten gehört. Auch dies ist leicht erklärt, denn so ein "Bananabunch" (komplette Staute) wiegt im Normalfall zwischen 60-80kg, besonders gute Exemplare sogar bis zu 120kg....und diese müssen, nachdem sie durch eine zweite Person mit einer Art Machete vom Baum abgeschlagen wurden, durch eine einzelne Person mit der Schulter aufgefangen und abtransportiert werden. Je nach Fallhöhe und Bunchgröße zwingt einen das recht ordentlich in die Knie.
Das ganze bei herrlich erfrischenden 45Grad im Schatten und einer Luftfeuchtigkeit, die jeder Sauna spottet.
Ich habe hier mitunter bis zu 10L Flüssigkeit am Tag zu mir genommen und einfach so wieder rausgeschwitzt. 😰

Aber dennoch - oder gerade wegen? - dieser Strapazen hat mir dieser Job unheimlich Spaß gemacht.
Es war mal wieder eine völlige Abwechslung zu meinem 8 Jahre gewohnten Bürojob in der Bank.
Man musste nicht groß nachdenken, hatte keine Verantwortung und konnte den ganzen Tag an der frischen Luft und in der Sonne sein. Herz was willst Du mehr...!

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Hier durfte ich dann auch endlich den wohl meistersehnten Kindheitstraum eines jedes Mannes erfüllen: Träcker fahrn! 😁
Mit dem gings über die Plantage um die geernteten Bunches zu transportieren. Ein riesen Gaudi das Teil.
Hab damit gleich mal nen Lamborghini gerammt....aber das war zum Glück nur ein anderer alter Träcker auf der Farm. 😉

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Auch hier bekam ich mal wieder Dank meiner "deutschen Gründlichkeit" ein dauerhaftes Jobangebot.
Aber nunja...so schön wie es hier bei der heiß begehrten "unter-dem-Ladentisch-Ware" auch sein mag, dass muss man nicht unbedingt dauerhaft machen. 😉
Zumal hier oben in Quennsland in der Regenzeit die Temperaturen und Luftfeuchtigkeit noch weiter ansteigen...nee, nee....außerdem wollte ich ja irgendwann meine Australien-Umrundung beenden.

An einem freien Wochenende hatte ich mir dann vorgenommen, noch einen weiteren großen Outbacktrail mit dem Landcruiser zu unternehmen, hinauf zum Cape Tribulation, der absolut nördlichsten Spitze Australiens, von wo man aus sogar bis nach Papa Neuguinea sehen kann bei gutem Wetter.
Leider stieß hier Lanny an seine Grenzen.
Das Gelände, welches es zu durchfahren galt, war eine Mischung aus europäischen Mittelgebirgen und "Teletubby Wiesen-Hügellandschaft".
Jedoch machte der Wagen bei steilen Anstiegen schlapp und wurde immer langsamer.
Ich hatte vorher in Alice Springs das Fahrzeug mal in einer Werkstatt komplett durchchecken lassen, dabei wurde festgestellt, dass von den einst 6 Zylindern einer bereits komplett ausgefallen, und die anderen 5 im günstigsten Falle auf 50% liefen.....somit standen mir quasi noch 2,5 Zylinder für mein riesen Outbackschiff zur Verfügung, kein Wunder, dass er da bei solchen Steigungen nicht mehr vorwärts kam. Sehr schade und muss (und werde!) ich wohl irgendwann noch nachholen, aber vorerst beschränkte ich dann meine weiteren Fahrten auf mehr oder weniger flaches Gelände.

Hier trennten sich dann auch Daniels und meine Wege, denn sein Visum neigte sich dem Ende entgegen und er musste innerhalb von 3 Tagen nach Sydney gelangen, um seinen Flug zu erwischen.
Verwundern wird es wohl kaum einen, dass ich am fünften Tag einen Anruf von ihm erhielt, dass er es natürlich nicht rechtzeitig geschafft hatte und nun ein paar Tage später heimfliegt.... 😁 *Chaot*

Auch ich machte mich weiter auf den Weg Richtung Süden, denn meine Schwester kam extra aus Deutschland und hatte ihren Urlaub so geplant, dass wir 2 Wochen zusammen von Brisbane nach Sydney reisen konnten.

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Vorher machte ich jedoch noch einen Stopp in Nemos Heimat, dem berühmten Great Barrier Reef.
Hier bestieg ich dann für 3 Tage ein kleines Segelboot, zu dessen Crew früher (muss Ende der 80er/Anfang 90er gewesen sein) kein geringerer als Prinz Charles gehörte und wir umsegelten die Whit Sundays, wohl eines der schönsten Inselgebiete.
Ein Abstecher zum "White Heaven Beach" gehört natürlich ebenfalls dazu, dies gilt als der schönste Strand weltweit, jeden Tag wird hier bedingt durch Ebbe und Flut das Muster im Wasser neu angeordnet.

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Anschließend ging es nun wie geschrieben direkt nach Brisbane, um meine Schwester in Empfang zu nehmen.
Um die Wartezeit zu verkürzen, kümmerte ich mich um die Reparatur des defekten Daches.
Nachdem ich bei angefragten Werkstätten Preise von um die 2.000Dollar zu hören bekam, entschied ich mich für eine "abenteuergerechte Do-it-yourself" Variante:
Ich habe das Dach angehoben, ein paar Dosen Bauschaum (wie er zum Abdichten von Fenstern genommen wird) druntergesprüht und aushärten lassen, dann am Rand sauber abgeschnitten und mit ausreichend Silikon abgedichtet. Fertig war mein neues Dach! 😁

In Brisbane buchten wir dann erstmal eine recht abenteuerliche Fahrt mit dem "Aqua Duck", ein Bus, umgebaut zu einem Amphibienfahrzeug, welches also sowohl zu Land, als auch im Wasser bestens vorwärtskommt. Das war dann mal eine Stadttour der anderen Art. Kann ich nur empfehlen, wenn Ihr mal die Gelegenheit dazu habt.

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Um meiner Schwester jedoch auch ein bisschen Outbackfeeling zu zeigen, führte uns der nächste Weg nach Fraser Island, eine Sandinsel nördlich von Brisbane.
Und das ist nicht nur irgendeine Insel, sondern die größte Sandanhäufung weltweit.
Es gibt auf der gesamten Insel keine feste Erde und - um eine Vorstellung vom Ausmaß zu bekommen - die Insel besteht aus mehr Sand, als die gesamte Wüste Gobi überhaupt hat.
Das Befahren ist daher ausschließlich mit einem Geländewagen möglich.

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Wir verbrachten hier 3 Tage und 2 Nächte, um die Insel einmal komplett zu umfahren.
Es ging auch diesmal wieder quer durch Flußläufe....vorbei an alten gestrandeten japanischen Luxuslinern und auch direkt in die Inselmitte, zum Lake Mckenzie, dem saubersten See der Welt.
Ich habe noch nie im Leben so absolut blaues Wasser gesehen.
...und selten so viele Dingos. Welche sich dann nachts auch erstmal gemütlich über unsere gesamten Essensvorräte hergemacht haben. Und ich wunder mich noch, was da nachts unterm Auto so rumkratzt. Nunja, ich hoffe die Gummitierchen und vor allem das halbe Kilo Margarine haben geschmeckt.... 😁

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Aber auch diese Zeit hat nun irgendwann mal ein Ende und so zogen wir weiter nach Süden, machten hier und da noch ein paar kleine Abstecher wie zum Beispiel nach Surfers Paradise oder zum "Most easterly Point of Australia" um dann in Sydney anzukommen.
Zum einen, weil der Rückflug für meine Schwester von hier aus ging....zum anderen ein ganz besonderer Moment für mich persönlich...denn genau hier hatte vor fast 1 Jahr mein großes Abenteuer begonnen.

Das Gefühl, als ich mit dem Wagen in die Stadt reinfuhr und die Harbour Bridge überquerte ist einfach unbeschreiblich gewesen.
Ich kann nicht abstreiten, dass das für mich ein recht sentimentaler Augenblick gewesen ist, hatte ich es ja nun endlich geschafft, meinen riesen Traum komplett zu verwirklichen. Ich war tatsächlich einmal komplett um den gesamten australischen Kontinent gefahren, war an Stellen gewesen, die kaum einer bisher gesehen hat, bin durch unzähliche kleine und große Abenteuer gestolpert, habe Menschen aus aller Herren Länder kennenlernen dürfen....und das alles auf eigene Faust.
Ja, ich war verdammt stolz! Und bin es auch bis heute noch.

Aber noch war meine Zeit nicht zu Ende hier. Nach dem Heimflug meiner Schwester brach ich noch ein letztes Mal auf um im Landesinneren zu arbeiten.

Eine Reise, von welcher ich ohne Lanny wiederkehren würde...


Blogempfehlung

Mein Blog hat am 27.08.2010 die Auszeichnung "Blogempfehlung" erhalten.

Blogautor(en)

MartinSHL MartinSHL

Xenon-Blender :-)


Jahrgang 1980, schon von klein auf eine Leidenschaft für alles mit Rädern entwickelt. Erst wurde das Fahrrad gepimpt, später die Autos. :D
Auch beruflich voll dem Automobil verschrieben.

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