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Falcon99

Grund für die Blogerstellung war für mich, eine möglichst große Zahl von Leuten zu erreichen, um über die Unausgegorenheit der blauen Umweltplakette zu informieren und zu diskutieren.

Mon Jun 06 15:39:36 CEST 2016    |    Falcon99    |    Kommentare (1)

Hallo liebe Mitforisten,
Grund für die Erstellung meines ersten Blog-Artikels ist meine Aufregung über die Blaue Umweltplakette. Diese ist laut Verkehrsminister Dobrindt "unausgegoren und mobilitätsfeindlich", und genauso sehe ich das auch.

Für mich geht es um die Fraktion der Youngtimer-Fahrer mit Euro2-Norm, welcher nach Forderungen der Deutschen Umwelthilfe (DUH) die blaue Umweltplakette versagt bleiben soll.

Zunächst einige persönliche, teils emotionale Anmerkungen, allein aufgrund derer die Blauen Plakette für mich schon einen Irrwitz darstellt:
- Die Euro2-Benziner werden alt und weniger, stellen also schon zahlenmäßig eine Minderheit dar, sodass allein schon aufgrund dieser Tatsache nur eine geringe Umweltbelastung zu erwarten ist.
- Dazu kommt, dass ein 20 Jahre altes Auto oft mit Herzblut gepflegt wird, sonst hätte es dieses Alter gar nicht erst erreicht. Man hat sich über viele Jahre hinweg Wissen über das Fahrzeug angeeignet, kennt Stärken, Schwächen des Fahrzeugs.
- Ein einfacher Austausch gegen ein neueres Fahrzeug, wie von so manchem Politiker gefordert, ist für viele Youngtimer-Fahrer aus emotionalen Gründen absolut undenkbar.
- Wer sich nur ein altes Auto leisten kann, für den wäre eine zwangsweise Neuanschaffung eines KFZ aufgrund der blauen Plakette eine soziale Härte und damit eine unzumutbare finanzielle Belastung.
- Jedes neu produzierte Fahrzeug, für das man ein altes KFZ ausmustern müsste, erzeugt eine Menge an CO2. Substanz, die vorhanden ist, weiter zu nutzen, spart also CO2 und schützt somit das Klima.

Das Umweltbundesministerium BMUB sagt ja sowieso, dass ALLE Benziner, die aktuell über eine grüne Plakette verfügen, automatisch eine blaue erhalten würden. Eigentlich ein Grund zur Beruhigung für die Youngtimer-Fahrer.

Zitat aus dem TAZ-Interview mit Frau Hendricks vom 09.04.2016, auf der BMUB-Internetseite gespeichert:

Zitat:

taz: Frau Hendricks, Sie wollen Fahrverbote ausweiten – wer soll draußen bleiben?
Barbara Hendricks: Ich möchte den Kommunen ermöglichen, Fahrzeuge mit hohem Stickoxidausstoß aus kleinräumigeren Stadtgebieten auszuschließen, die besonders stark mit diesen Schadstoffen belastet sind. Das betrifft LKW und Diesel-PKW ohne EURO 6 Norm, jedoch keine Benziner.

Zitat aus der FAQ der BMUB-Homepage zur blauen Plakette, Stand 06.06.2016:

Zitat:

Für welche Fahrzeuge soll es in Zukunft Beschränkungen geben?

Das steht noch nicht endgültig fest. Das Bundesumweltministerium wird das mit den Ländern und den anderen Ressorts genau prüfen. Betroffen sein werden Diesel-Fahrzeuge mit hohem Stickoxidausstoß. Es wird Ausnahmeregelungen geben, um soziale Härten zu vermeiden. Benziner und Elektrofahrzeuge werden nicht betroffen sein.

Quellen:
http://www.bmub.bund.de/.../

Zitat aus einem Artikel der BILD-Zeitung in der Onlineausgabe zur blauen Plakette:

Zitat:

Wer bekommt die neue Plakette?

Nur Besitzer von Pkw mit der Abgas-Norm Euro6 (NOx-Ausstoß max. 80 Milligramm/km). Diese Norm erfüllen aktuell aber nur knapp 500 000 Diesel-Fahrzeuge (die meisten seit 2015 zugelassen).

Alle Benziner, die bereits heute eine grüne Umweltplakette haben, bekommen laut Umweltministerium automatisch eine blaue.

Quelle:
http://www.bild.de/.../...-verbot-fuer-13-mio-autos-45280092.bild.html

Doch die Aussage bzgl. blauer Plakette für ALLE Benziner ist für mich nicht in trockenen Tüchern, da zahlreiche Medien immer wieder anders berichten (--> Blaue Plakette bei Benzinern erst ab Euro3). Ich frage mich: Haben all diese Zeitungsblätter schlecht recherchiert, oder einfach nur die Forderungen des Hintergrundpapiers der DUH übernommen, ohne Gegenprüfung mit den Aussagen des BMUB?

Das Hauptthema, mit dem ich mich aber eigentlich befassen möchte, sind die absolut widersprüchlichen Angaben zum NOx-Ausstoß von Euro2-Ottomotoren. Sind diese wirklich so dreckig, dass ihnen eine blaue Plakette verweigert werden sollte?

Die blaue Plakette wird ja auch als NOx-Plakette bezeichnet. Doch wie steht es um den Stickoxid-Ausstoß der Euro2-Benziner? Hierzu finden sich interessante Infos im Internet. Anlaß für die Umwelthilfe, die blaue Plakette älteren Benzinern zu versagen, war laut deren Hintergrundpapier von August 2014 eine Berechnung mittels des sogen. Handbuchs für Emissionsfaktoren HBEFA, Version 3.1. Weitere Informationen dazu hier:

http://www4.lubw.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/77522/
und hier
http://www.umwelt.sachsen.de/.../...32_MKeller_20141208_korrigiert.pdf

Das Hintergrundpapier der deutschen Umwelthilfe in der Version von August 2014 besagt Link, Tabelle auf Seite 3, dass Euro2-Benziner "innerorts" einen NOx-Ausstoß von lt. Tabelle ca. 710 mg/km hätten, dem ca. 150 mg/km bei Euro3-Benzinern gegenüberstehen. Das ist so hoch gegriffen, das läge sogar über der Typprüfung für Euro2-Benziner, und kann so einfach nicht stimmen! Die Emissionsgrenzwerte laut Wikipedia Link liegen bei Euro2-Ottomotoren bei kombiniert HC + NOx bei 500 mg/km (!)

Das wohl aktuellste Hintergrundpapier, Stand April 2016 Link hat diesen Wert für Euro2-Benziner bereits nach unten korrigiert, auf ca. 430 mg/km. Hier wird außerdem, anders als im DUH-Papier von 2014, neben oder unter der Tabelle auf Seite 3 überhaupt keine Quelle mehr für die Angaben der NOx-Werte genannt (!) Sucht man im PDF nach dem Stichwort "HBEFA", so wird man !nicht! fündig.

Ein Papier über den HBEFA 3.2, zu finden auf der Seite des Umweltbundesamts Link besagt auf Seite 7 einen innerortigen NOx-Ausstoß für Euro2-Benziner von ca. 320 mg/km.

Und nun zu einem Papier aus dem Jahre 2010 Link. Der TCS = Touring Club Schweiz hat umfassende Abgastests durchgeführt. Konkret geht es mir um die untere Tabelle auf Seite 24. Laut dieser Tabelle stoßen Euro2-Benziner bei innerortiger Geschwindigkeit (ich setze jetzt mal 30-50 km/h voraus) ca. zwischen ca. 80 und 150 mg/km aus, und befinden sich dabei nur knapp über dem Level von Euro3-Benzinern. Ein so haushoher Abstand, wie in den Tabellen der Dt. Umwelthilfe zu sehen, besteht eindeutig nicht.

Zur Erinnerung: Der Euro6-NOx-Grenzwert bei Dieseln beträgt 80 mg/km, wird aber regelmäßig massiv überschritten, siehe Link (Autobild).

ZUSAMMENFASSUNG des Artikels - Innerort-Werte Euro2-Ottomotoren:
080-150 mg/km NOx-Ausstoß gem. des Papiers des TCS von 2010, circa-Werte.
320-710 mg/km NOx-Ausstoß laut der obigen Quellen laut HBEFA Version 3.1 sowie 3.2, je nach Quelle, circa-Werte

PERSÖNLICHES FAZIT:
- Es bestehen beim HBEFA eklatante Widersprüche in Bezug auf den NOx-Ausstoß von Euro2-Benzinern. Offensichtlich läßt der HBEFA viel Interpretationsspielraum zu, sonst käme es nicht zu derart unterschiedlichen Ergebnissen.
- Euro2-Benziner sind, legt man den ADAC-Ecotest und die Testergebnisse des TCS zugrunde - gegenüber den meisten Dieseln in Bezug auf NOx-Ausstoß sehr saubere Fahrzeuge, auch solchen Dieseln mit der Euronorm 6.
- Euro2-Benziner sind, selbst wenn man die unrealistisch hohen NOx-Werte des DUH-Hintergrundpapiers von August 2014 zugrunde legt (710 mg/km innerorts), noch viel sauberer als die dreckigsten unter den Euro6-Dieseln beim ADAC-Ecotest (z. B. Volvo S60 D4, 1167 mg/km).
- Schon aufgrund der geringen verbliebenen Stückzahlen von Euro2-Benzinern, wäre durch ein Innenstadt-Verbot kaum irgendeine Verbesserung zu erwarten.
- Dass nach den Forderungen der Deutschen Umwelthilfe Euro6-Diesel - jetzt auch noch mit einer blauen Umweltplakette geadelt würden, und vergleichsweise saubere Euro2-Benziner draußen bleiben sollen, ist für mich eine absolut unverständliche Sache.

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