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Car-to-X-Kommunikation: Hersteller arbeiten an Standard - Gesprächige Autos für die Sicherheit

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Die neue E-Klasse macht es schon: Sie kommuniziert mit anderen E-Klassen und warnt so vor Gefahren. Andere Hersteller sollen sich der Car-to-X-Kommunikation anschließen.

Car-to-Car-Kommunikation: Wenn einer ausrutscht, werden die anderen gewarnt. Autohersteller arbeiten an einem gemeinsamen Standard Car-to-Car-Kommunikation: Wenn einer ausrutscht, werden die anderen gewarnt. Autohersteller arbeiten an einem gemeinsamen Standard Quelle: Daimler

Stuttgart - Blicken wir mal kurz in die Zukunft, in den Winter: Die Temperaturen liegen knapp über dem Gefrierpunkt. Die Straßen sind weitgehend trocken und frei von Eis. Allerdings nicht überall. Auf einer Brücke haben Wind und Feuchtigkeit eine vereiste Stelle produziert. Ein Autofahrer merkt das zu spät. Sein Auto kommt ins Schleudern, das ESP greift ein und rettet die Situation.

Gleichzeitig meldet das Auto den Ausrutscher an Autos in der Nähe. Deren Fahrer sehen auf ihrem Display ein Schleuder-Icon als Hinweis und hören die Warnung „Achtung, Glatteisbildung voraus!“ Die Gefahr wäre gebannt, bevor sie akut wird.

Schon länger beschäftigen sich Autohersteller mit der sogenannten Car-to-X- (Auto-zu-Infrastruktur) und Car-to-Car-Communication. Sie kommt sogar schon zum Einsatz. Navigationssysteme mit dem Dienst RTTI (Real Time Traffic Information) melden über im Fahrzeug montierte SIM-Karten - oder über das mit dem Bord-Infotainment verlinkte Smartphone - GPS-Daten an einen zentralen Server. Bewegt sich das Auto nicht, obwohl es sich auf einer Fahrbahn befindet, steht es offenbar im Stau. Die Information wird an die Navis anderer Autos geschickt, der Stau wird auf der Karte angezeigt.

Nach der Limousine der E-Klasse wird der Kombi mit dem Ca-to-X-System auf die Straße kommen, die S-Klasse folgt mit dem Facelift Nach der Limousine der E-Klasse wird der Kombi mit dem Ca-to-X-System auf die Straße kommen, die S-Klasse folgt mit dem Facelift Quelle: Daimler

Die E-Klasse spricht mit der E-Klasse

Mercedes geht nun einen Schritt weiter. Die Stuttgarter wollen Informationen direkt von Auto zu Auto schicken. Das funktioniert derzeit nur zwischen den Modellen der neuen E-Klasse-Baureihe W213. Und auch nur dann, wenn der Käufer sich die große Head-Unit fürs Cockpit gegönnt hat.

Bestimmte kritische Situationen können dann an andere E-Klasse-Fahrer gesendet werden. „Das geschieht innerhalb weniger Sekunden je nach Stärke des Mobilnetzes“, sagt Mathias Hartl, bei Daimler zuständig für Car-to-X Kommunikation. Zuvor laufen die Daten über das Daimler Vehicle Backend. Mercedes weiß zwar bei der Eingangsmeldung, welches Fahrzeug die Information gesendet hat, doch „die Warnung geht stets anonymisiert raus“, so Hartl.

Bisher gehen andere Autofahrer allerdings leer aus. Noch. Künftig sollen möglichste viele Fahrer Warnungen aufs Display bekommen, egal in welchem Auto sie sitzen. Dazu müssten sich allerdings die Hersteller an einen Tisch setzen. Immerhin: Volkswagen, Porsche, Audi, BMW und Mercedes haben das bereits getan. Ihr Ziel: Ein gemeinsames Backend zum Datenaustausch erstellen und nutzen.

„Wer mitmachen will, kann dies gerne tun“, sagt Hartl. Das Daimler Vehicle Backend ist so gestaltet, dass andere Autohersteller an den Server angeschlossen werden können. Man hofft, in einigen Jahren so weit zu sein. Klar ist zumindest schon das Ziel: Unfallvermeidung und mehr Sicherheit für den Autofahrer.

Warnung vor der Wanderbaustelle

In einem gemeinsamen Papier der Hersteller sind 13 Szenarien erfasst, bei denen andere Verkehrsteilnehmer gewarnt werden sollen. Da zählen Glatteisbildung, Starkregen, Unfall, Panne, Nebel, Rutschgefahr, ESP-Eingriff und Vollbremsung mit Auslösen der Warnblinkanlage, aber auch eine Wanderbaustelle ist mit aufgeführt.

In Hessen läuft dazu ein Pilotprojekt. Dabei ist der Anhänger, der die Wanderbaustelle absichert, nicht nur mit einem großen blinkenden Pfeil ausgestattet. Sondern auch mit einem GPS-Empfänger und einem Mobilfunk-Modul. Der Hänger sendet seine aktuelle Position an den Server der Bundesanstalt für Straßenwesen in Bergisch-Gladbach. Hier holt sich Mercedes die Information ab und schickt sie an die E-Klasse. Im Display erscheint das typische Icon einer Baustelle (Sandhaufen mit schaufelnder Person).

Mercedes weist in der E-Klasse auf die Gefahr unmittelbar hin. „Die Warnung kommt etwa zehn Sekunden vorher“, sagt Car-to-X-Experte Hartl.

Der Fahrer kann Gefahrenstellen melden

Doch der Autofahrer kann auch selbst tätig werden. Über eine Taste im Lenkrad oder den Dreh-Drücksteller in der Mittelkonsole lassen sich Gefahren melden. Liegen zum Beispiel Steine auf der Fahrbahn, ist ein Laster hinter einer Kurve liegengeblieben oder ein Fahrradfahrer auf der Autobahn unterwegs, können andere Autofahrer gewarnt werden.

Nach der E-Klasse Limousine W 213 wird im Herbst der Kombi S 213 das Car-to-X-Modul erhalten. Danach folgt die S-Klasse (Baureihe W 222) im Zuge der anstehenden Modellpflegemaßnahme. Sukzessiv soll Car-to-X bis hinunter zur Kompakt-Plattform (A- und B-Klasse) eingebaut werden. Die anderen Hersteller halten sich mit konkreten Bekenntnissen noch zurück. Wir rechnen damit, dass 2017 weitere Modelle, etwa aus dem VW-Konzern, mit Car-to-X-Technologie auf die Straßen kommen. Für Autofahrer gilt: Je mehr, je besser.

Quelle: SP-X (Michael Specht)

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